Hat hier noch jemand ADHS?

  • Ich bin gerade mitten im Diagnoseverfahren und wundere mich selber darüber, dass ich volle Stelle und Hunderte Klausuren im Jahr irgendwie geschafft habe.
    Ich hoffe, dass sich jetzt durch Therapie und ggf. Medikamente etwas ändert.


    Seit meine Tochter im kKabbelalter ist und wir ein Haus sanieren, bin ich nur noch fertig und nun habe ich eine Erklärung.


    Wie geht es euch?


    Wann habt ihr die Diagnose bekommen, was macht ihr therapeutisch und wie meistert ihr euren Alltag?

  • Vollzeit, Korrekturen, Kind und Hausrenovierung - würde mir auch schon so reichen, um völlig fertig zu sein.


    Wie bist Du darauf gekommen, dass Du ADHS hast?


    Grüße
    Raket-O-Katz

  • Ich hatte es als Kind schon, damals hieß es MCD - ich war allerdings an der Grenze, so dass ich keine Therapie dagegen bekommen habe. ich war halt hibbelig und unruhig, habe aber meine Schullaufbahn irgendwie hinbekommen, ghenauso wie Studium und Ref. Nuin aber bricht alles zusammen. Vor 4 Wochen bin ich dann in Mutter-Kind-Kur gegangen und habe da von meinem Chaos berichtet. Die Therapeutin gab mir ein Buch und ich las bei Wikipedia nach. Ich erkannte mich sofort wieder und mir wird nach und nach klar, dass ich einen Großteil meines Lebens bisher darauf verwendet habe, mich anzupassen. ich dachte, das geht allen so, aber jetzt stellt sich heraus, dass ich einfach "anders" bin und es in vielen Dingen schwerer hatte. Meine Depressionen (ganz schlimm in der Schwangerschaft: http://www.schwangerschaftskrise.de ) und mein niedriges Selbstwertgefühl rühren wahrscheinlich auch daher, dass ich immer "falsch" war und mich verstellen musste.


    Durch eine ausführliche Diagnostik und eine Therapie hoffe ich, zur "Normalität" zu gelangen und mich selbst zu finden.



    DIe Kriterien für ADHS im Erwachsenenalter sind folgende:


    1. Das Gefühl, keine Leistung zu vollbringen und/oder sein Ziel nicht zu erreichen (unabhängig von bereits erbrachten Leistungen)
    2. Schwierigkeiten, sich selbst zu organisieren.
    3. Häufiges Hinauszögern von Aufgaben, bis dann der Druck Probleme bereitet.
    4. Probleme, eine Arbeit erfolgreich zu beenden, da oft an mehreren Projekten simultan gearbeitet wird.
    5. Eine Tendenz, zu sagen, was einem in den Sinn kommt, ohne den notwendigerweise passenden Zeitpunkt gewählt zu haben oder eine angemessene Formulierung zu suchen.
    6. Eine ständige Suche nach immer stärkeren Reizen und Stimulation (physischer und psychischer Art)
    7. Unfähigkeit, Langeweile zu ertragen
    8. Leichte Ablenkbarkeit, vor allem beim Lesen und anderen konzentrationsfordernden Tätigkeiten, die nicht im unmittelbaren Interessenbereich des Patienten liegen.
    9. Aufmerksamkeitsprobleme bei längerem Zuhören.
    10. Oft kreativ, intuitiv, intelligent.
    11. Probleme, bekannte Wege zu gehen oder Anweisungen zu folgen.
    12. Ungeduldig – niedrige Frustrationstoleranz.
    13. Impulsives Handlungsprofil. Begeisterungsfähig, aber auch zu spontanen und unüberlegten Handlungen tendierend.
    14. Ständige Neuplanung der eigenen Zukunft.
    15. Über triviale Gegebenheiten wird oft endlos nachgedacht; tatsächliche Gefahren werden jedoch übersehen
    16. Gefühl der Verunsicherung
    17. Ausgeprägte Stimmungsschwankungen, bis hin zu manischen Depressionen. Oft von der präsenten sozialen Umwelt abhängig.
    18. Reizbarkeit und Neigung zum Zynismus, vor allem im höheren Alter.
    19. Körperliche oder geistige Ruhelosigkeit.
    20. Eine Tendenz zu Suchtverhalten.
    21. Mangelnde Introspektion.




    Vielleicht findet sich da ja auch jemand wieder :)

  • Die Quelle anzugeben ist immer hilfreich:
    http://de.wikipedia.org/wiki/A…C3%B6rung_bei_Erwachsenen
    :doc:


    Dort findet sich auch der Vermerk:

    Zitat

    Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung. Näheres ist auf der Diskussionsseite angegeben. Hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung.


    Seit einer Löschdiskussion im Mai 2009 hat sich an dem Artikel nichts wesentliches geändert, die Hauptkritik dürfte sich nicht erledigt haben:

    Zitat

    Der Artikel ist dermaßen fehlerhaft, chaotisch und schlecht geschrieben, dass eine Überarbeitung meiner Auffassung nach nicht sinnvoll ist. Die von einer amerikanischen Webseite übernommenen Diagnosekriterien sind nicht korrekt übersetzt, z.T. grob verfälscht. Auf die Charakteristika von ADHS bei Erwachsenen wird kaum eingegangen, sondern immer wieder auf ADHS bei Kindern zurückgegriffen und darüber referiert. Die umfangreichen, auch im Internet verfügbaren deutschsprachigen Informationen über ADS im Erwachsenenalter finden keinen Eingang in den Artikel. Im gegenwärtigen Zustand erfüllt der Artikel keinesfalls die qualitativen Anforderungen von Wikipedia, allemal nicht die Anforderungen, die an gesundheitsrelevante Artikel zu stellen sind. --Almeida 00:04, 19. Mär. 2009 (CET)


    http://de.wikipedia.org/wiki/W…ei_Erwachsenen_.28erl..29

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    2 Mal editiert, zuletzt von alias ()

  • Nach den o.g. Kriterien habe ich das auch. Und zwar in einer ausgeprägten Form. Kann ALLES mit "ja" beantworten...
    Und das meine ich frei von Ironie 8o

    They'll never know the lovely dance,
    Can never feel the touch of night,
    For tame birds sing a song
    Of freedom while the wild birds fly.

  • Zitat

    Original von Friesin
    *grübel*


    ich bin ja immer ein wenig skeptisch bei ADS, muss ich ehrlich sagen....


    haben wir nicht alle ein wenig ADS ?
    Ich meine, sind diese ganzen "Symptome" wirklich krankhaft?


    Es gibt ja auch eine medizinische Sichtweise, die besagt, dass bei den AD(H)S- Leuten etwas im Gehirn von Geburt an anders ist als bei anderen. Sie können nicht zwischen den Eindrücken ausfiltern und stehen sich oft deshalb selbst im Weg, um das man laienhaft auszudrücken.

  • ich habs halt jahrelang auch nicht ernstgenommen und dachte, ich bin halt verpeilter als andere. Aber als dann eine depressive Episode nach der anderen kam, ich meinen Unterricht nicht mehr auf die Reihe bekam, weil ich mich in Planungen verzettelte und in meiner Wohnung etliche Fliegen das rumstehende vergammelte Essen bevölkerten, habe ich mir schon einige Gedanken gemacht.
    Jeder hat etwas ADHS in sich, aber bei mir ist es einfach zu viel. ich fange morgen mit der Diagnostik an und bin sehr gespannt - so kann es nicht weitergehen - ich verstelle mich nur noch, weil ich so "unpassend" bin.

  • Wie kommt man auf die Idee, sich selbst anhand eines wikipedia Artikels (oder meinetwegen auch anderer Internetquellen oder Bücher) zu diagnostizieren?
    Wenns danach ginge hätte ich schon häufiger sehr verschiedene und teilweise tödliche (auch Geistes-)Krankheiten gehabt.
    Ist die Krankheit schon von einem Arzt diagnostiziert worden?


    Zu Friesin


    Ich bin da auch ziemlich skeptisch. Wenn ich mir ansehe, wie viele Kinder, aber auch Erwachsene mit AD(H)S diagnostiziert werden, kann da irgendwas nicht stimmen. Zumal die meisten (jedenfalls in meinem Bekanntenkreis) höchstens etwas hibbelig sind, ihr Leben aber trotzdem gut im Griff haben (auch ohne Medikamente).



    Die meisten Punkte treffen so oder so ähnlich auch auf mich zu. Vor Allem Punkt 10. :) Und ich habe sicher kein AD(H)S.

  • Ich war in einer Kur, nachdem ich 6 Wochen wegen einer schweren Depression in der Klapse war. Dort zog die Therapeutin ADHS als Diagnose in Erwägung und lieh mir zwei Bücher. Mir ging dann ein Licht nach dem anderen auf.
    Ich bin nun wieder zuhause und stehe am Anfang des Diagnoseverfahrens und werde berichten, ich bin mir aber sicher, dass ich ADHS habe. Ich hatte die Diagnose schon als Kind.

  • Da es sich bei ADS um eine hirnorganische Stoffwechselstörung handelt, hat nicht jeder "ein bisschen ADS" in sich. Das ist schon ein ausgeprägtes Krankheitsbild, das sich nicht mit dem "verpeilt-sein" wegen zu viel Stress vergleichen lässt.


    Beschrieben wird der Zusammenhang zwischen Dopamin, Serotonin und Noradrenalin am Synaptischen Spalt zwischen den Gehirnzellen hier:
    http://www.neurologen-und-psyc…php3?p=1&id=110&nodeid=21


    Googeln nach "ads synaptischer spalt" bringt noch mehr Infos.


    Weil diese Störung der Transmitter vorliegt, wirkt auch das Amphetamin Methylphenidat (eher bekannt unter dem Markennamen "Ritalin" der Ciba-Geigy, die damit massiv Kohle verdient)


    Erschreckende Zahlen nennt dieser Artikel von vorgestern:
    http://www.nzz.ch/nachrichten/…uer_knaben_1.5400582.html
    Danach schlucken bereits mehr als 4% der 14-jährigen dieses Amphetamin


    Sehr lesenswerter Artikel:
    http://www.nzz.ch/nachrichten/…/articledjoin_1.9589.html

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Ich glaube auch, dass ADHS häufig als Diagnose dient, wenn keine andere Erklärung zur Hand ist.
    Allerdings kann man es auch nicht einfach abtun und sagen :"Die sind halt hibbeliger als andere." ADHS-Kinder zeigen Auffälligkeiten in den Bereichen Aufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität. Die Symptome können in den Bereichen verschieden stark ausfallen. Es ist also gut möglich, dass ein Kind sehr hyperaktiv ist, aber nur wenig auffällig in Aufmerksamkeit und Impulsivität. Das ist ganz gut zu händeln - auch in der Schule.
    Schwieriger wird es, wenn der Schwerpunkt auf der Impulsivität liegt. Es gehört oft jahrelanges Verhaltenstraining dazu, den Kinder günstige Strategien zu vermitteln, um das in Griff zu kriegen. Ob Medikamente hierbei eher förderlich oder hinderlich sind, hängt sicherlich vom individuellen Fall ab.


    Ich drücke Micky in jedem Fall die Daumen, dass sie die Ursache für sicherlich einige Schwierigkeiten gefunden hat. Wenn man ein Problem kennt, dann kann man es auch anpacken!
    Alles Gute!

  • Danke, das ist ganz lieb! Ich habe jetzt viel, viele Fragebögen ausgefüllt, die ich an die Uni-Klinik zurückschicken muss und dann werde ich ggf. zu einem Termin eingeladen, falls aus den Fragebögen bzw. meinen Antworten der Verdacht auf ADHS hervorgeht.
    Aber wenn ich so nachlese und wenn ich mir meine Fragebögen anschaue, dann bin ich mir zu 100% sicher, dass da was ist.
    Ich hatte die Diagnose ja schon als Kind, nur leider ist da nichts unternommen worden:-( Das hätte mir evtl. viel erspart.


    P.S.: In einem Buch steht direkt zu Beginn so etwas wie "ADHS gab es schon immer, es ist keine neue "Erfindung. Es ist nur durch den Wandel unserer Gesellschaft und der Ansprüche, die an uns gestellt worden, zu einem Problem für viele Menschen geworden"

    Einmal editiert, zuletzt von Micky ()

    • Offizieller Beitrag

    Hilfe, ich hab das auch! Ich kann ebenfalls viele Fragen mit Ja beantworten! 8o
    Das liegt aber vielleicht auch daran, dass diese Fragen auf vieles deuten könnten: Überlastung, Stress, Depression, "normale" Persönlichkeitsstrukturen...


    Ich weiß nicht, wie es bei Erwachsenen ist, aber bei ADHS Kindern denke ich doch, dass sie natürlich lernen müssen, sich in gewisser Weise anzupassen und die Erkrankung nicht als Dauerentschuldigung nutzen dürfen. Klar fällt das in vielen Bereichen schwerer und klar brauchen sie Hilfe! Aber nützt es was, wenn man weiß, dass das ADHS oder eine andere Erkrankung ist? Neigt man dann nicht viel eher zum Fatalismus? Dazu, sich mit der "Störung" abzufinden, zu denken, dass man bestimmte Dinge einfach nicht kann?
    Was meinst du denn, was man als Kind mit dir hätte unternehmen müssen?
    Interessiert mich wirklich, da man ja in unserem Job oft mit ADHS Kindern konfrontiert ist.


    Letztlich kommt es doch darauf an, sich so zu nehmen, wie man ist und mit seinen Stärken und Schwächen entsprechend umzugehen. Vielleicht mutest du dir auch etwas zu viel zu momentan? Der Beruf ist allein schon anstrengend genug (siehe die Vielzahl der Burnout-Erkrankten). Wenn dann noch ein Baby und der Hausbau dazu kommen, kommt es wohl bei den meisten zu kleinen bis schweren Krisen. Finde ich jedenfalls nicht ungewöhnlich. Mir wär's definitiv zu viel!
    Will dir die Krankheit nicht ausreden! Ist für mich nur die Frage, was du damit anfängst, wenn du es weißt. Werden Erwachsene dann auch medikamentös behandelt?


    Alles Gute!


    Melo

  • Ich habe keine Ahnung, ich werde berichten.


    P.S.: Ich finde es interessant, dass der Thread eine ganz andere Richtung eingeschlagen hat als ich intendiert hatte - ich suchte Gleichgesinnte und nun muss ich mich verteidigen. Ich denke, das liegt daran, dass ADHS immer noch als "Modekrankheit" abgetan und manchmal diese Diagnose vielleicht auch falsch gestellt wird.

    Einmal editiert, zuletzt von Micky ()

  • Hallo Micky,


    mit Selbstdiagnostik muss man ja immer vorsichtig sein. Hast du deine Diagnose auch medizinisch belegen lassen? Ich habe mich eine Zeitlang auch schon mal gefragt, ob ich selbst betroffen bin, aber Manches spricht dagegen und so habe ich beschlossen, das nicht weiter zu verfolgen. Kriterienkataloge können immer nur Anhaltspunkte liefern, aber das weißt du ja selbst am besten.


    Ich wünsche dir, dass du Gleichgesinnte findest und einen Weg findest, mit deinem Problem umzugehen.

  • Zitat

    Original von Micky
    ...
    P.S.: Ich finde es interessant, dass der Thread eine ganz andere Richtung eingeschlagen hat als ich intendiert hatte - ich suchte Gleichgesinnte und nun muss ich mich verteidigen. Ich denke, das liegt daran, dass ADHS immer noch als "Modekrankheit" abgetan und manchmal diese Diagnose vielleicht auch falsch gestellt wird.


    Ich denke, niemand hier wollte dich angreifen. ADHS ist jedoch - wie du richtig bemerkst - eine Mode"krankheit". Der Irrtum bei der Diagnose beruht meines Erachtens oft auf einem falschen, idealtypischen Menschenbild: Es wird vorausgesetzt, dass ein gesunder Mensch perfekt funktioniert und nie unkonzentriert oder abgelenkt ist.


    Ich gebe zu - wenn mich ein Thema nicht wirklich interessiert, schalte ich ab und lasse meine Gedanken schweifen.


    Habe ich deshalb AD(H)S? Sollte ich Ritalin schlucken?


    Nebenbei:


    http://home.arcor.de/eimuc/2009.pdf
    ADHS - All Das Hilft Selten - Heilungsversprechen auf dem Prüfstand - 113 Seiten PDF


    Veröffentlicht von der Elterninitiative zur Hilfe gegen seelische Abhängigkeit und religiösen Extremismus e.V. / Bayerische Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise e.V.(ADK)


    Dieser Reader ist zum Thema absolut empfehlenswert - besonders in Bezug darauf, was als Krankheit angesehen wird und wie Geschäftemacher, Scharlatane und Heilsbringer in diesem Bereich mit der Verunsicherung der Menschen arbeiten, die das Gefühl haben, sie selbst oder ihre Kinder entsprächen nicht ihrem Idealbild des "Gesunden Menschen".

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    • Offizieller Beitrag


    Danke, alias, du fasst meine Skepsis in passende Worte !!

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