Vertretungsstelle als finanzieller Ruin?

  • Ich unterrichte 10 Stunden wöchentlich an einem Berufskolleg. Heute habe ich meine Bezügemitteilung erhalten - das Grundentgelt liegt bei 800,-€ und so erhalte ich in Steuerklasse II (3 Kinder alleinerziehend/keine Kirchensteuer oder VWL) 630,-€ netto monatlich.


    Mir erscheint das Grundentgelt doch sehr niedrig zu sein- laut Tarifrechner müßte das Gehalt um einiges höher liegen (trotz Stufe 0).
    Mein Stundenlohn liegt netto somit bei 15,75 €. Wenn ich dann bedenke, dass ich darüber hinaus mindestens 10 Stunden Vorbereitung und Nachbereitung, Korrekturen etc. benötige...


    Wie kann das sein? Arbeiten denn alle Vertretungslehrer in NRW für 15,-€ die Stunde? Ich bin wirklich verzweifelt, denn selbst wenn ich die Möglichkeit habe die Stunden auf 20 Stunden zu verdoppeln, empfinde ich ein Gehalt von 1200,-€ netto als extrem niedrig.


    Woran liegt es, dass man als Vertretungslehrer so wenig verdient?

  • Die Frage ist ja, welche Ausbildung du hast. Ich werde als Studentin bei E6 eingestuft und bekomme dadurch bei voller Stelle Brutto ca. 1800 Euro in Stufe 1.
    Halbe Stelle (hier 14 Stunden) wären dann auch nur ca. 900 Euro brutto. Also liegt das etwa in deinem Bereich. Damit wäre ich übrigens bei 15 Euro die Studen noch glücklich gewesen. Netto kam bei mir die letzten Monate ca. 530 Euro raus, damit wäre ich unter 10 Euro die Stunde und davon ist dann noch Kinderbetreuung und Fahrtkosten zu tragen (bei 38 km einfache Fahrt 4 Tage die Woche ganz schön heftig).

  • Als ich vor einem Jahr noch EZU-Kraft war, habe ich mit vollen 28 Stunden 1560€ netto bekommen. Damit läge ich in dem Bereich, den du bekommst. Als Beamter bekommt man Brutto gar nicht mal sooo viel mehr, man hat halt viel weniger Abzüge durch Krankenkasse und Sozialbeiträge.

  • Herzlichen Dank für eure Rückmeldung. Ich denke, dass die Tätigkeit als Lehrer häufig klischeehaft bewertet wird: ein hohes Gehalt, sehr viel Freizeit... usw. - die Realität holt einen doch schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Insbesondere diejenigen, die -wie ich- zurvor in der freien Wirtschaft gearbeitet haben und dachten, mit dem Lehrerberuf das gelobte Land zu erreichen... haha, ich muß über meine Fehleinschätzung schmunzeln. Respekt vor allen, die diesen doch sehr anstrengenden Beruf gewissenhaft ausüben!!!

  • Zitat

    Original von floridapanthers
    Naja, als verbeamteter Lehrer kann ich mich eigentlich nicht beklagen. Es gibt genug Berufe, die noch unfairer entlohnt werden ...


    Lehrer sind (nach Berücksichtigung der Inflkationsrate) dank diverser Sparorgien mittlerweile unter den Top-Gehaltsverlierenr. Einfach einmal zu Platz 8 durchklicken:
    http://www.ftd.de/politik/deut…den-berufen/50057605.html


    Die Gewinner gibt's hier:
    http://www.ftd.de/politik/deut…den-berufen/50057233.html


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag

    Warum unterscheiden im ersten Link eigentlich zwischen Lehrer und Sportlehrer an Schulen?


    kl. gr. Frosch


    P.S.: habe mir mal alle Gewinnerberufe angesehen.
    Wenn ich nicht gerade Bankkaufmann, ein Angestellter mit Führungsaufgaben, Architekt, Makler, im Marketing oder Grafiker würde ich (selbst wenn ich zu den Gewinnern gehören würde) neidisch auf das Durchschnittsgehalt eines verbeamteten Lehrers schauen. Die nicht genannten Gewinnerberufe liegen nämlich unter dem Lehrereinkommen.


    Besonders sarkastisch finde ich den Spruch "Gastronomie lohnt sich". Die verdienen gut 20 % weniger als der Durchschnittslehrer mit Verbeamtung.


    Und Mikael: der Panther aus Florida sagt ja nicht, dass wir mehr Geld bekommen haben, er sagt ja nur, dass man sich nicht beklagen kann.

  • Zitat

    Wenn ich nicht gerade Bankkaufmann, ein Angestellter mit Führungsaufgaben, Architekt, Makler, im Marketing oder Grafiker würde ich (selbst wenn ich zu den Gewinnern gehören würde) neidisch auf das Durchschnittsgehalt eines verbeamteten Lehrers schauen. Die nicht genannten Gewinnerberufe liegen nämlich unter dem Lehrereinkommen.


    Besonders sarkastisch finde ich den Spruch "Gastronomie lohnt sich". Die verdienen gut 20 % weniger als der Durchschnittslehrer mit Verbeamtung.


    Vielleicht bin ich etwas altmodisch, aber im Gegensatz zu einem Bankster muss ein Lehrer ca. 5 Jahre auf jegliches Einkommen aus dem angestrebten Beruf dank Studium verzichten und wird im darauffolgenden Referendariat mit einem Gehalt "versorgt", über das diverse Ausbildungsberufe spätestens im dritten Lehrjahr nur lachen. Ich finde schon, dass sich eine "Investition" (und das ist ein Studium, wenn man es nicht als "Selbstverwirklichung" ansieht) lohnen sollte.


    Und für einen Makler oder Gastronomen brauchst du überhaupt keine Ausbildung. Gewerbeschein genügt.


    Ich frage ja immer wieder unsere Abiturienten, was sie denn so werden wollen. Ehrlich gesagt: Von den "guten" bis "sehr guten" Schülern will bei uns keiner mehr Lehrer werden: Ansehen in der Gesellschaft mies, Bezahlung im Vergleich zu anderen Studiengängen mies, Aufstiegschancen mies. Insofern scheinen gewissen Studien doch recht zu bekommen...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag

    Gastronom? Gewerbeschein genügt?


    Du musst ne Kneipe oder was auch immer kaufen / mieten / pachten, musst Personal bezahlen, hast riesige Auslagen ... und wenn dein Geschäft nicht läuft, landest du auch noch bei den Küchenprofis von RTL. ;)


    Im Ernst: ich wollte dich nur darauf aufmerksam machen, dass es (wie Florian es schon sagt) beim Durchschnittsverdienst schon sehr sarkastisch ist, beim verbeamteten Lehrer vom Verlierer und z.B. beim Gastronom vom Gewinner zu reden.


    halt jammern auf hohem Niveau. Dass man nie genug Geld verdienen kann und andere Leute ungerechtfertigterweise evtl. mehr verdienen, ist halt so. Ich finde es ja auch unfair, dass ich als Grundschullehrer weniger verdiene als ein Sek2-Lehrer. Trotzdem freue ich mich über meinen Verdienst und vergleiche mich nicht heulend mit Leuten, die noch weniger als ich haben und die auf nem Schleudersitz sitzen. Das wirkt eher lächerlich.


    kl. gr. Frosch


    P.S.: ich halte mich aus den Verdienstdiskussionen jetzt aber raus. Die sind eh müßig. Und außerdem will ich meine freie Zeit jetzt lieber dazu nutzen, den örtlichen Gastronom davor zu bewahren, ins RTL-Fernsehen zu kommen. ;)

    • Offizieller Beitrag

    Weil wir grad beim Thema sind...habe im letzten Jahr zum ersten Mal einen Steuerberater engagiert, weil da Sachen auf mich zukamen, die ich steuertechnisch nicht zuordnen konnte.


    Am Ende vom Lied erzählte er mir, dass ich steuertechnisch zu den Spitzenverdiern gehöre ("Sie können 100.000 im Jahr mehr verdienen und haben denselben Steuersatz wie jetzt."), aber innerhalb des Steuersatzes an der untersten Gehaltsgrenze liege.


    Ich fühle mich gut entlohnt - habe aber auch gelernt, mein Arbeitsaufkommen an den Lohn anzugleichen...logischerweise, ohne dass Schüler dabei zu Schaden kommen ;).

  • Was dein Steuerberater meint, ist der Spitzensteuersatz, und der fängt schon bei etwas über 52.000 Euro brutto im Jahr an (Verheiratete das Doppelte). Zur Einordnung einmal den Link von floridapanthers lesen.


    Nur weil man evt. den Spitzensteuersatz auf einen kleinen Teil des Einkommens zahlt (die "Spitze" eben) ist man noch lange kein Spitzenverdiener.


    Aber bei einigen scheint das politische Brainwashing ja zu funktionieren...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

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