Elternschrecks Meinung zu 1x1- Spielen (offtopic aus "suche Geschichten zum 1x1)


  • Ganz egal, wieso sie wo sind, sollen Kinder nach aktuellen pädagogischen Grundsätzen ja dort abgeholt werden, wo sie sind, also müssten auch die SekI-Kollegen sich dann eben entsprechend nach unten begeben, wie es die Grundschullehrer ja auch schon seit eingier Zeit tun mussten.


    Wenn man das nicht tut, dann hat man in Pädagogik einfach in letzter Zeit einen gewissen Wandel verpasst!


    Das Argument, dass die Kinder nach der vierten Klasse nicht (mehr) das können, was die "guten" Noten versprechen, kann man genausogut für den Übergang Schule - Universität nennen. Die "Studierfähigkeit" von vielen Abiturienten (nicht von allen) ist, auch dank G8, sicherlich nicht mehr dieselbe wie vor einigen Jahren. Sind wir jetzt alle (und damit meine ich auch die GS-Kollegen/-innen) schlechte Lehrer geworden? Ich glaube kaum. Die Gesellschaft und damit auch die Kinder haben sich geändert. Und Pädagogik kann nicht alles "ausbügeln". Ich glaube schon, dass in der GS das unter den jeweiligen Umständen Mögliche getan wird. Manchmal geht einfach nicht mehr, insbesondere wenn man mit der realistischen Einstellung an die Sache herangeht, dass auch das Lehramt nur ein Beruf wie viele andere auch ist. Und kein Ort der Selbstaufopferung, wie es sich wohl manche realitätsferne Hochschuldidaktiker wünschen: "Lehrer sollen brennen." Gemeint ist wohl "verbrennen".


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Oh man, da hat ja jemand noch Steinzeitpädagogik gelernt und gehört wohl auch zu den allzeit beliebten Pädagogen, die nie iene Fortbildung brauchen, weil Neuheiten eh blöd sind :rolleyes:

    Es kommt immer darauf an, ob die Neuheiten einem sinnvoll erscheinen oder nicht. Nur, weil auf einer Fortbildung neue Dinge vermittelt werden heißt es nicht, dass diese per se gut sind.


    Es geht übrigens nicht nur dem sehr erfahrenen Kollegen Elternschreck so, sondern auch Anfängern wie mir. Auch ich bevorzoge eine Leistungsorientierung. Meine Schulzeit liegt nicht wirklich so lang zurück und dort war es bereits so, dass mir der Unterricht von jungen Referendaren und sehr jungen Kollegen in der Regel nicht so zugesagt hat. Klar, denen fehlte natürlich auch ein wenig Souveränität und Erfahrung, aber das war es gar nicht.


    Es war einfach das wilde Methodenbrimborium, das veranstaltet wurde und die fachlichen Aspekte zunehmend verdrängte. Mal ein Beispiel aus einem Fach, das nichts mit meinen geliebten Naturwissenschaften zutun hat.
    Vielleicht kann der verehrte Kollege Elternschreck auch etwas dazu beisteuern:


    In dem Fach Musik hatten wir eine ältere Lehrerin, die uns vor allem sehr viel Musiktheorie vermittelt hat. Das war dann für einige (mich eingeschlossen) erstmal gar nicht so einfach! Es war aber eine Herausforderung, es waren "hard facts" und tiefergehende Dinge mit Niveau. Wir waren gerade dabei uns mit Tonarten zu beschäftigen (Lydisch, Phrygisch, Ionisch und wie sie alle heißen, ich müsste googeln) und diese in verschiedenen Stücken zu analysieren, als die gute Frau erkrankte und wir als Vertretung eine sehr junge Lehrerin (Referendar oder schon fertig weiß ich gar nicht) bekamen. Es war deutlich, dass sie viel moderner ausgebildet war.
    Was haben wir bei dieser Frau gemacht? Wir haben Popsongs "analysiert", ich sollte besser sagen angehört und dann über die lyrics gesprochen! Das war natürlich für den Großteil der Klasse total spannend und auf einmal waren viel mehr Meldungen zu beobachten. Leider bin ich aus diesen Stunden mit nichtssagendem "Wissen" herausgekommen und ich habe seitdem auch nicht mehr für Musik lernen müssen. Es ging gar nicht mehr darum zu begreifen, wie Musik funktioniert, sondern nur noch darum Dinge zu machen, die einen Großteil der Schüler zum Mitmachen zu bewegen.
    Das sehe ich als massive Herunternivellierung des Niveaus an.


    Dies ist ein exemplarisches Beispiel, es gibt unzählige weitere, in denen die moderne Didaktik sich imho eben nicht als überlegen präsentiert. Zumindest nicht im Sinne einer Leistungsorientierung.

  • @Silicium:
    Dir fehlt einfach die Praxiserfahrung. Wenn du erst einmal fünf Jahre unterrichtet hast, vielleicht durchaus auch mit "schwierigerem" Schülerklientel (und das ist heutzutage auch am Durchschnitts-Gymnasium allgegenwärtig), und dabei vielleicht merkst, dass du nicht alleine auf der Welt bist, sondern in einem äußerst komplexen Umfeld aus Schülern, Kollegen, Schulleitung, Eltern, Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie öffentlicher Wahrnehmung agierst, und DANN immer noch dieselbe Einstellung wie jetzt hast, dann nimmt man dich vielleicht etwas ernster.


    Vielleicht solltest du aber auch Hochschuldidaktiker oder Bildungspolitiker werden. Irgendwie passt du da hinein.

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Das Argument, dass die Kinder nach der vierten Klasse nicht (mehr) das können, was die "guten" Noten versprechen, kann man genausogut für den Übergang Schule - Universität nennen. Die "Studierfähigkeit" von vielen Abiturienten (nicht von allen) ist, auch dank G8, sicherlich nicht mehr dieselbe wie vor einigen Jahren. Sind wir jetzt alle (und damit meine ich auch die GS-Kollegen/-innen) schlechte Lehrer geworden? Ich glaube kaum. Die Gesellschaft und damit auch die Kinder haben sich geändert. Und Pädagogik kann nicht alles "ausbügeln". Ich glaube schon, dass in der GS das unter den jeweiligen Umständen Mögliche getan wird. Manchmal geht einfach nicht mehr, insbesondere wenn man mit der realistischen Einstellung an die Sache herangeht, dass auch das Lehramt nur ein Beruf wie viele andere auch ist. Und kein Ort der Selbstaufopferung, wie es sich wohl manche realitätsferne Hochschuldidaktiker wünschen: "Lehrer sollen brennen." Gemeint ist wohl "verbrennen".

    Stimme dir schon zu! Ich glaube auch, dass an den Grundschulen genauso gut / schlecht unterrichtet wird wie an weiterführenden Schulen. Ich sehe die "Schuld" mehr bei den Ansätze, die in der modernen Pädagogik und Didaktik vertreten werden. Diese sind nicht immer so ideal und ob ein Lehrer gut oder schlecht (in meinen Augen) unterricht hängt halt davon ab, wie sehr er sich einer Leistunsnivellierung anschließt oder nicht.
    Wenn ich von naturwissenschaftlichen Kollegen höre, dass jetzt im Physikunterricht auch in jeder Stunde soziale Kompetenzen vermittelt werden sollen, dann frage ich mich, was das soll. Ich meine, dass man bei einer Gruppenarbeit automatisch sozial interagiert ist ja klar. Aber wie soll ich denn eine Stunde explizit so planen, dass andere soziale Kompetenzen geschult werden? Das raubt doch unheimlich Kraft und Zeit, sowohl mir bei der Vorbeitung, als auch den Schülern im Unterricht. Diese Zeit sollte mit fachlichen Problemen verbracht werden.
    Ableitungsregeln noch mal auf Vordermann bringen, noch mal wiederholen wie das mit dem Strom so funktioniert etc. Fachlich müssen die Schüler was lernen, soziales Kompetenztraining in Physik ist einfach fehl am Platz und senkt das Niveau. Naja, ich könnte tausende Beispiele nennen.

  • Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass das pseudokindgemäße und zu kuschelige Herangehen an den Unterrichtsstoff in den letzten Jahren auch (!) zu einem Leistungsverfall und damit Leistungsherunternivellierung in den Rechen- und mathematischen Fähigkeiten unserer Schüler geführt hat.

    DAS unterschreib ich gerne!!!!!!!!

    • Offizieller Beitrag


    Ganz egal, wieso sie wo sind, sollen Kinder nach aktuellen pädagogischen Grundsätzen ja dort abgeholt werden, wo sie sind, also müssten auch die SekI-Kollegen sich dann eben entsprechend nach unten begeben, wie es die Grundschullehrer ja auch schon seit eingier Zeit tun mussten.


    Wenn man das nicht tut, dann hat man in Pädagogik einfach in letzter Zeit einen gewissen Wandel verpasst!


    So leid es mir tut, ich muss elternschreck einmal zustimmen.
    Susannea, du hast sicherlich recht damit, dass man die Schüler da abholen muss, wo sie sich befinden. Dies betrifft speziell die Schulen, auf die alle Schüler gehen können, also z.B. Die Grundschule, die Gesamtschule, die Gemeinschaftsschule, die Sekundarschule, ...


    Das gilt aber nicht für "ganz egal, wieso sie wo sind." Denn neben den oben genannten Schultypen gibt es das dreigliedrige Schulsystem.
    In diesem Schulsystem gibt es gewisse Mindestanforderungen für den Zugang, der in der Regel durch eine Kombination aus den Schulnoten und dem Arbeitsverhalten wiedergespiegelt wird. Und das ist auch gut so.
    Wenn elternschreck nun moniert, dass Kinder mit passenden Noten an eine Schule im dreigliedrigen System kommen, die aber Im Endeffekt keine, dem Schultyp entsprechende Leistung bringen, kann das zwei Gründe haben:
    1. Die weiterführende Schule (z.B. das Gymnasium) hat still und heimlich die Ansprüche an die neuen Schüler erhöht.
    2. Die Schüler verlassen heute mit Noten die Grundschule, die im Vergleich zu früher bei gleicher Leistung besser sind. (Sprich: sie kommen aufgrund ihrer Im Vergleich besseren Noten auf eine anspruchsvollere Schulform, obwohl sie nicht die fachliche Leistung mitbringen.)


    Im 1. Fall müssten sich die Sek1-Kollegen, wie du schreibst, nach unten begeben/anpassen. Im 2. Fall müssten sich die Grundschullehrer nach oben begeben/anpassen.
    Welcher dieser beiden Fälle zutrifft (oder ob es eine Mischung aus beidem ist) muss jeder selbst entscheiden. :)


    kleiner gruener Frosch


    @pruseline: ich glaube, Jotto spielt darauf an, dass Silicium ihren Beitrag den Mods melden soll, weil sie ihn beleidigt hat.

  • In dem Fach Musik hatten wir eine ältere Lehrerin, die uns vor allem sehr viel Musiktheorie vermittelt hat. Das war dann für einige (mich eingeschlossen) erstmal gar nicht so einfach! Es war aber eine Herausforderung, es waren "hard facts" und tiefergehende Dinge mit Niveau. Wir waren gerade dabei uns mit Tonarten zu beschäftigen (Lydisch, Phrygisch, Ionisch und wie sie alle heißen, ich müsste googeln) und diese in verschiedenen Stücken zu analysieren, als die gute Frau erkrankte und wir als Vertretung eine sehr junge Lehrerin (Referendar oder schon fertig weiß ich gar nicht) bekamen. Es war deutlich, dass sie viel moderner ausgebildet war.
    Was haben wir bei dieser Frau gemacht? Wir haben Popsongs "analysiert", ich sollte besser sagen angehört und dann über die lyrics gesprochen! Das war natürlich für den Großteil der Klasse total spannend und auf einmal waren viel mehr Meldungen zu beobachten. Leider bin ich aus diesen Stunden mit nichtssagendem "Wissen" herausgekommen und ich habe seitdem auch nicht mehr für Musik lernen müssen. Es ging gar nicht mehr darum zu begreifen, wie Musik funktioniert, sondern nur noch darum Dinge zu machen, die einen Großteil der Schüler zum Mitmachen zu bewegen.
    Das sehe ich als massive Herunternivellierung des Niveaus an.


    Dies ist ein exemplarisches Beispiel, es gibt unzählige weitere, in denen die moderne Didaktik sich imho eben nicht als überlegen präsentiert. Zumindest nicht im Sinne einer Leistungsorientierung.


    Achja...die schönen Kirchentonarten...der Witz ist ja bei uns steht die Vermittlung von musiktheoretischen Fähigkeiten nicht mal mehr im Lehrplan. :thumbdown: Meine 9.Klassen freuen sich jedes Jahr trotzdem wenn ich mal wieder mit den Kirchentonarten beginne. Es gibt in Musik nunmal Themen, die Schüler langweilig finden und dann solche Fragen auftauchen wie: "Für was brauchen wir das?" und dann stellen wir fest...wenn wir eine Liedanalyse machen...ach da steckt ja eine Kirchentonart drin. Ja auch in Popsongs kann sowas sogar auftauchen...zwar sehr selten...aber ja so ist...nur durch die die "frühere" Musik konnte die heutige entstehen...natürlich Popsongs anhören und dann über Lyrics sprechen...halte ich nicht für den Erwerb neuer Fähigkeiten.


    LG
    Dodo

  • Kleiner grüner Frosch: DAs sehe ich anders nicht irgendwelche Lehrer müssen sich nach unten oder oben anpassen, sondern wir müssen uns der Realität anpassen, sprich wir müssen uns den Kindern.


    Das Noten nicht viel üerb eien Leistung aussagen ist ja etwas ganz anders. Aber die Kinder, die heute an eine Schule kommen, bringen andere Voraussetzungen mit, als vor 20 jahren, daran müssen sich die Grundschulkinder anpassen und deis, was er an fachwissenschaftlichen haben will, ist nun mal weniger (in der Regel), als früher, denn es sind auch einfach andere Dinge wichtiger! Und dem müssen wir alle Rechnung tragen, egal in welcher Schulart. und nein, es gibt inzwischen nichtmehr überall das dreigliedrige Schulsystem, um eben diesem Rechnung zu tragen!


    es ist für mich nicht einzusehen, warum die Defizite, die heute mitgebracht werden in dem von Elternschreck geforderten Bereichen von den in der Grundschule ausgeglichen werden sollen, warum betrifft das denn die SekI Lehrer mal wieder nicht? Da soll alles unverädnert bleiben, nein ganz sicher nciht.


    Und da muss auch ein Elternschreck sich anpassen!

  • Ich denke, erschwerend kommt heute auch hinzu, dass a) an den Lehrplänen immer wieder und in immer kürzeren Zeitabständen "herumgeschnibbelt" wird (ich bin jetzt im 2. Jahr an der Grundschule und es gab schon drei Änderungen) und b) wir immer mehr Aufgaben wahrnehmen müssen, für die wir eigentlich nciht ausgebildet sind, bzw. für die die Zeit fehlt. Ich bereite zuhause nicht nur Unterricht vor, spreche mit den Eltern etc. sondern plage mich auch mit Verwaltungsaufgaben herum, fülle Antrage aus, muss mich mit der Arge abquälen und sogar Entscheidungen treffen, ob ein Kind psychologische Betreuung braucht, bzw. auch genau welche. Natürlich muss alles dreifach ausgefüllt werden, mehrfach abgelegt und mit allen Behörden abgestimmt werden. Vielleicht sollte der Arbeitgeber auch mal dort ansetzen (imho).


    Bei uns gibt's übrigens kein dreigliedriges Schulsystem mehr...

  • Zitat kleiner gruener frosch :

    Zitat

    Die Schüler verlassen heute mit Noten die Grundschule, die im Vergleich
    zu früher bei gleicher Leistung besser sind. (Sprich: sie kommen
    aufgrund ihrer Im Vergleich besseren Noten auf eine anspruchsvollere
    Schulform, obwohl sie nicht die fachliche Leistung mitbringen.)

    Da bin ich überzeugt, dass hier des Pudels Kern liegt. Die Folge an den Realschulen/Gymnasien ist die Herunternivellierung des Leistungsanspruchs, die wiederum zu geschönten Noten in den Abschlusszeugnissen führt und erst bei den Personalchefs/Uniprofessoren richtig entblößt wird. Nicht umsonst klagen sehr viele Chefs und Professoren, dass die Schulabgänger nichts können, obwohl sie mit guten Noten die Schulen verlassen haben.


    Ein mir befreundeter Professor an einer Fachhochschule für Elektronik klagt schon seit Jahren, dass immer mehr Studenten in Mathematik scheitern würden. Nach ca. einem Jahr würden ca. dreiviertel der Studenten aus der Fachhochschule mittels Zwischenprüfung "herausgepfeffert" werden. Die Professoren und Dozenten würden dringend dafür plädieren, an den allgemeinbildenden Schulen das Leistungsniveau endlich wieder anzuheben und die Inflation zu guter Noten zu stoppen.-So viel zu den Forderungen einiger Grundschulkolleginnen, wir Sek1-/Gymnasiallehrer müssten uns nach unten orientieren. Das spätere Leben (Studium/Beruf) orientiert sich nicht nach unten !


    Ich denke, wenn man die Schüler in ihre Schullaufbahn besser sortieren würde und sich jeder Schüler in seiner richtigen (!) Schulart befinden würde, bräuchten wir über viele Probleme nicht reden und könnte endlich wieder ein gesteigertes Anspruchs- und Leistungsniveau halten.


    Ich will auch wohl glauben, dass die Arbeit in den Grundschulen aufgrund zu heterogener Gruppen sehr schwierig bis teilweise unmöglich ist, wenn man es ohne links-ideologische Schere im Kopf zugeben würde.
    Deshalb verstehe ich es nicht, dass verantwortliche Bildungspolitiker für die Grundschulen noch kein Vorsortierungskonzept erarbeitet haben. Ich könnte mir vorstellen, dass man z.B. ab der 3. Klasse die Schüler zu Hauptfachkursen mit unterschiedlichen Leistungsniveaus zuteilt, so dass potentielle Gymnasisaten sowie auch schwächere Schüler von ihrem Unterricht bestmöglich profitieren.
    Dass ich die Wahl der weiterführenden Schule nicht allein dem Elternwillen überlassen sondern dort Aufnahmeprüfungen einrichten würde, habe ich in einem anderen Thread bereits angemerkt.


    Zitat Suseanna :

    Nein ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Das spätere Leben (Studium/Beruf) orientiert sich nicht nach unten !


    Ich denke, wenn man die Schüler in ihre Schullaufbahn besser sortieren würde und sich jeder Schüler in seiner richtigen (!) Schulart befinden würde, bräuchten wir über viele Probleme nicht reden und könnte endlich wieder ein gesteigertes Anspruchs- und Leistungsniveau halten.


    Ich will auch wohl glauben, dass die Arbeit in den Grundschulen aufgrund zu heterogener Gruppen sehr schwierig bis teilweise unmöglich ist, wenn man es ohne links-ideologische Schere im Kopf zugeben würde.
    Deshalb verstehe ich es nicht, dass verantwortliche Bildungspolitiker für die Grundschulen noch kein Vorsortierungskonzept erarbeitet haben. Ich könnte mir vorstellen, dass man z.B. ab der 3. Klasse die Schüler zu Hauptfachkursen mit unterschiedlichen Leistungsniveaus zuteilt, so dass potentielle Gymnasisaten sowie auch schwächere Schüler von ihrem Unterricht bestmöglich profitieren.
    Dass ich die Wahl der weiterführenden Schule nicht allein dem Elternwillen überlassen sondern dort Aufnahmeprüfungen einrichten würde, habe ich in einem anderen Thread bereits angemerkt.)


    Tja, Elternschreck: Das spätere Leben orientiert sich zwar nicht nach unten, aber die Schulpolitik eben auch nicht an Elternschreck. Du vergisst, dass die Schule einen anderen Auftrag (und auch viel weniger Freiheiten!) hat als die Hochschulen. Wir sind hier alles nur weisungebundene Beamte (und Angestellte) und wenn der "Auftrag" heißt: Integration/Inklusion, soziales Lernen, freie Elternwahl, heterogene Lerngruppen und Nivellierung der Fachinhalte dann ist das eben so. Das entscheiden schließlich nicht wir Lehrkräfte. Was willst du in einem aussichtslosen Kampf dagegen angehen? Die Zeiten, in denen nur die Leistungsstärksten 10% eines Jahrganges auf das Gymnasium gingen und alle, die nicht mithalten konnten, schnellsten "abgeschult" wurden, sind vorbei. Das kann man gut oder schlecht finden, aber dagegen machen kannst du nichts. Eine staatlich finanzierte öffentliche Schule ist schließlich nicht für das Wohlbefinden der dort arbeitenden Lehrkräfte da, sondern erfüllt einen bildungspolitischen Auftrag. Aber den legst weder du noch irgendjemand anders von uns hier im Forum fest.

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Zitat Mikael :

    Zitat

    Eine staatlich finanzierte öffentliche Schule ist schließlich nicht für
    das Wohlbefinden der dort arbeitenden Lehrkräfte da, sondern erfüllt
    einen bildungspolitischen Auftrag.

    Naja, geehrter Mikael, das Leben ist ein Geben und Nehmen ! Geht es dem Lehrer schlecht, geht es auch dem Schüler schlecht !
    Das äußert sich darin, dass der längerfristige Krankenstand unter den Kollegen steigt (auch die Burn-Out-Rate), immer mehr Kollegen das vorgesehene Pensionsalter nicht mehr erreichen, der Unterricht immer weniger mit mentaler Kraft und Qualität gefüllt werden kann...d.h., die Bildungspolitiker sind gut beraten, wenn sie Veränderungen im Schulsystem nicht auf Kosten der Lehrer und ihrer Gesundheit durchsetzen.


    Und so ganz kann ich z.B. auch nicht die Lehrergewerkschaft GEW verstehen, die sich meiner Meinung nach in der Diskussion um Veränderungen in unserem Schulsystem einseitig auf die Verbesserungen für die Schüler/Eltern fokussiert und die Perspektive ihrer eigentlichen Klientel/Kundschaft die Lehrerschaft, die durch die Veränderungen wesentlich mehr belastet wird, dabei zu sehr aus den Augen verliert und ihre Interessen gar nicht so richtig artikuliert. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • d.h., die Bildungspolitiker sind gut beraten, wenn sie Veränderungen im Schulsystem nicht auf Kosten der Lehrer und ihrer Gesundheit durchsetzen.

    Da kann ich dir ausnahmsweise mal zustimmen. Ich denke aber, Mikael bezieht sich eher auf die Tatsache, was inhaltlich durchgenommen werden soll und nicht auf die äußeren Rahmenbedingungen. Aber so gesehen entspricht es natürlich der Realität, das beides uns von oben aufgedrückt wird.

  • Dir fehlt einfach die Praxiserfahrung. Wenn du erst einmal fünf Jahre unterrichtet hast, vielleicht durchaus auch mit "schwierigerem" Schülerklientel (und das ist heutzutage auch am Durchschnitts-Gymnasium allgegenwärtig), und dabei vielleicht merkst, dass du nicht alleine auf der Welt bist, sondern in einem äußerst komplexen Umfeld aus Schülern, Kollegen, Schulleitung, Eltern, Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie öffentlicher Wahrnehmung agierst, und DANN immer noch dieselbe Einstellung wie jetzt hast, dann nimmt man dich vielleicht etwas ernster.




    Vielleicht solltest du aber auch Hochschuldidaktiker oder Bildungspolitiker werden. Irgendwie passt du da hinein.

    Tja, wenn ich denn 5 Jahren so durchhalte. Es kann nämlich durchaus passieren, dass ich nach fünf Jahren Unterricht denke:
    Ach wozu soll ich weiterhin gegen den Strom schwimmen und krampfhaft versuchen ein fachlich hohes Niveau zu halten und dabei den Gegenwind der Schüler und Eltern zu ertragen, die sich nach seichtem, mit bunten und spektakulären Experimenten gespicktem naturwissenschaftlichem Unterricht sehnen, der in erster Linie unterhalten, Spaß machen und motivieren soll und nicht auf einem fachlich hohen Niveau zu sein hat und für den man sich eben auch mal durchbeißen muss.


    Achja...die schönen Kirchentonarten...der Witz ist ja bei uns steht die Vermittlung von musiktheoretischen Fähigkeiten nicht mal mehr im Lehrplan. :thumbdown:

    Dass Musiktheorie gestrichen wurde überrascht mich absolut nicht! Das ist einfach nicht seicht genug! Alles was auch nur annähernd Niveau hat, und da könnte ich in Chemie und Physik so eeeeinige Beispiele bringen, und damit meine ich nicht nur die absolut essentielle Orbitaltheorie, was alles gestrichen wurde um das Niveau immer weiter abzusenken. Das Ganze natürlich unter dem Deckmantel, dass Platz für andere Kompetenzen geschaffen wird, die "wichtiger" sind. Komisch, dass all diese neuen Kompetenzen irgendwie nicht wirklich kompliziert und anspruchsvoll sind. Wer auch immer die Lehrpläne macht tauscht komplexe Sachverhalte gegen triviale Dinge aus und diese Methode hat System.

    Was willst du in einem aussichtslosen Kampf dagegen angehen? Die Zeiten, in denen nur die Leistungsstärksten 10% eines Jahrganges auf das Gymnasium gingen und alle, die nicht mithalten konnten, schnellsten "abgeschult" wurden, sind vorbei. Das kann man gut oder schlecht finden, aber dagegen machen kannst du nichts. Eine staatlich finanzierte öffentliche Schule ist schließlich nicht für das Wohlbefinden der dort arbeitenden Lehrkräfte da, sondern erfüllt einen bildungspolitischen Auftrag.

    Ich muss ganz ehrlich sagen, je weniger der Arbeitgeber mir an guten Arbeitsbedingungen bietet, desto weniger bin ich bereit zurückzugeben. Noch bin ich bereit meinem Idealismus von Leistungsorientierung und fachlich niveauvollem Unterricht zu folgen und dementsprechenden Einsatz zu zeigen. Zumindest in dem Rahmen, den das Gehalt diktiert.
    Noch ist es mir ein ganz wichtiges Anliegen, dass mein Unterricht fachlich ein hohes Niveau hat und tiefe, fundierte und gut dargestellte Einblicke in die Physik und Chemie bietet.
    Aber, um es mal polemisch zu sagen, je weniger allerdings "von oben" an mein Wohlbefinden gedacht wird, desto eher stehe ich mittags auf dem Fußballplatz und kicke ein bisschen anstatt mir den Kopf zu zermatern, wie ich die schwache Klasse XY doch noch auf mein angestrebtes Leistungsniveau hoch bringe. Ich kann mir ja auch einfach sagen, dass ich mein Niveau absenken kann und das erspart mir einigen Streß.

  • Aber, um es mal polemisch zu sagen, je weniger allerdings "von oben" an mein Wohlbefinden gedacht wird, desto eher stehe ich mittags auf dem Fußballplatz und kicke ein bisschen anstatt mir den Kopf zu zermatern, wie ich die schwache Klasse XY doch noch auf mein angestrebtes Leistungsniveau hoch bringe. Ich kann mir ja auch einfach sagen, dass ich mein Niveau absenken kann und das erspart mir einigen Streß.


    Man muss nur den geeigneten Mittelweg finden zwischen "Ich hab alles getan, mich eingesetzt und ein reines Gewissen mir selbst gegenüber" und "Ich lasse mich nicht für den Job ausbrennen."

  • Zitat

    Dass Musiktheorie gestrichen wurde überrascht mich absolut nicht! Das ist einfach nicht seicht genug! Alles was auch nur annähernd Niveau hat, und da könnte ich in Chemie und Physik so eeeeinige Beispiele bringen, und damit meine ich nicht nur die absolut essentielle Orbitaltheorie, was alles gestrichen wurde um das Niveau immer weiter abzusenken. Das Ganze natürlich unter dem Deckmantel, dass Platz für andere Kompetenzen geschaffen wird, die "wichtiger" sind. Komisch, dass all diese neuen Kompetenzen irgendwie nicht wirklich kompliziert und anspruchsvoll sind. Wer auch immer die Lehrpläne macht tauscht komplexe Sachverhalte gegen triviale Dinge aus und diese Methode hat System.


    Gut das wir 5 Musiklehrer uns absolut absprechen und so noch solche Kenntnisse gezielt vermitteln können, denn keiner kann verbieten mehr zu unterrichten als im Lehrplan steht, solange wir das andere schaffen und das ist nunmal der Fall. Wir können doch nicht einfach die Grundkenntnisse weglassen und dann in 11 und 12 diese verlangen, wenn es z.B. um das Mittelalter und deren Tonsystem geht, da erst anfangen mit den Kirchentonarten wie zu spät.


    Die Grundschulen unterrichten auch alle nach einem anderen System. Wir haben hier 6 Grundschulen und 6 verschiedene Systeme...wo soll man da in der 5.Klasse ansetzen ?(
    Die einen wissen nichts von Tonarten die anderen schon wieder zu viel. Es wäre ja zu viel verlangt, dass sich die Musiklehrer dort mal austauschen.


    LG


    Dodo

  • Es wäre ja zu viel verlangt, dass sich die Musiklehrer dort mal austauschen.


    Das ist aber das Kernproblem, was du auch auf andere Fächer und andere Schulstufen übertragen kannst. Wir haben momentan den "Aha-Effekt" und eine Spur von "Hätten wir das nicht schon früher tun können?" Es ist nämlich nicht nur wichtig, dass sich die Schulstufen untereinander vernetzen, sondern auch schulformübergreifend gearbeitet wird. Vom Prinzp her müsste es so sein, dass Fachkonferenzen nicht nur mit den eigenen Kollegen stattfinden, sondern ab und an auch mal mit denen anderer Schulen, also anderen Grundschulen, bzw. auch weiterführende Schulen UND Grundschulen. Am Grundproblem wird sich etwas ändern, wenn alle Beteiligten sich an einen Tisch setzen und besprechen, welche Möglichkeiten sich innerhalb der Richtlinien, die wir nun mal nciht ändern können, bieten.

  • Man muss nur den geeigneten Mittelweg finden zwischen "Ich hab alles getan, mich eingesetzt und ein reines Gewissen mir selbst gegenüber" und "Ich lasse mich nicht für den Job ausbrennen."

    Einen Mittelweg zwischen "sich einsetzen" und "sich zurück nehmen" zu finden ist natürlich absolut wichtig, das ist richtig. Das ist im Lehrerberuf so und auch so in den meisten Berufen, wo man recht viel selbstständig arbeiten muss und prinzipiell unendlich viel machen könnte.
    Es ging nur darum, dass eine Bildungspolitik, die zum Nachteil der Lehrer geführt wird vermutlich (also bei mir zumindest!) dazu führt, dass dieser Mittelweg eher in Richtung "sich zurück nehmen" anstatt in Richtung "mehr Einsatz zeigen" verschoben wird. Ich kann das auch keinem verdenken.
    Deshalb ist z.B. eine Bildungspolitik, die "weniger faule Lehrer haben möchte" und diese deshalb mehr gängelt und die Bedingungen verschlechtert imho kontraproduktiv. Zeige den Angestellten Dein Vertrauen, bezahle sie gut, biete ihnen was, und sie werden sich dafür bedanken indem sie mehr leisten. Das trifft auf den Großteil, so auch mich, zu.
    Je mehr man aber Kontrollen einführt, unnötige Bürokratie, Zusatzleistungen streicht, an Arbeitsmitteln spart, desto weniger wird imho rauskommen, sprich desto mehr wird Dienst nach Vorschrift auftreten, weil man sich nicht wertgeschätzt fühlt beziehungsweise gar nicht das Bedürfnis hat "etwas zurück zu geben".


    Da sprichst Du etwas Wichtiges an! Ich würde so gerne meinen Schülern auch Orbitaltheorie beibringen, weil nur durch Orbitaltheorie ein tiefergehendes Verständnis der Chemie überhaupt möglich ist.
    Und damit meine ich nicht tiefergehendes Verständis von Dingen die dann an der Uni kommen, sondern ein tieferes Verständnis von den chemischen Reaktionen, die tatsächlich im Schullehrplan sind, aber mit unzureichenden Modellen beschrieben werden.
    Das ist so unheimlich wichtig, weil, wenn man die Orbitaltheorie gut anwenden kann, einiges versteht, was man im momentanen Lehrplan als Schüler in Chemie auswendig lernen muss / hinnehmen muss. Ich habe auch schon überlegt einfach mehr zu verlangen von den Schülern, als im Lehrplan steht, sprich diese Modelle doch noch zu lehren. Das ist aber vermutlich gar nicht so gewollt und vermutlich könnte man da sogar Probleme bekommen. Ich finde es persönlich aber sehr sehr gut, dass ihr Euch dafür einsetzt, dass in Musik das Niveau hoch gehalten wird! Das nenne ich mal vorbildlichen Einsatz!

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