Inklusion : Ich kann es nicht !

  • Keine Fragen von meiner Seite aus.


    Habe jetzt die ersten 20 Seiten dieses Threads noch mal gelesen, und konnte explizit bei rotherstein KEINE prinzipielle Ablehnung der Inklusion feststellen. Was vorkam, sind Bedenken über die Umsetzung, und dass ein schönes Konzept auf dem Papier in der Praxis seine Haken haben kann.


    Mir ist ferner aufgefallen, dass die vehementen Inklusionsbefürworter noch ganz am Anfang ihrer pädagogischen Laufbahn stehen. Wer länger dabei ist, hat die Erfahrung gemacht, dass Personal auf dem Papier auch manchmal nur auf dem Papier existiert. Ein Beispiel: wenn eine Doppelsteckung aufgelöst wird, zählt das für den / die betroffen(en) nicht als Vertretungsstunde, man wäre ja ohnehin im Dienst. Nehmen wir also mal den rein hypothetischen Fall, dass mal ein Lehrer fehlt. Worauf wird dann wohl zuerst zugegriffen??


    Ganz allgemein wurde die Frage aufgeworfen, ob eine Inklusion unter den gegebenen Bedingungen wirklich sinnvoll für ALLE Betroffenen ist. Wenn schon diese Frage als Häresie gilt, und man dabei schon die Sündenböcke identifizieren kann, dann vielen Dank.


    Nutznießer der Inklusion sollen behinderte Kinder sein - und nicht das eigene Gewissen!!

    Mit meinem Verhältnis zur Realität ist alles in Ordnung. Ich lasse es alle 14 Tage vorschriftsgemäß warten.

  • Zitat Stamper95 :

    Zitat

    Mir ist ferner aufgefallen, dass die vehementen Inklusionsbefürworter noch ganz am Anfang ihrer pädagogischen Laufbahn stehen.

    Und sich deshalb noch von der bildungspolitischen Obrigkeit und pädagogischen Heilsbringern manipulieren lassen ! 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Zitat

    Nehmen wir also mal den rein hypothetischen Fall, dass mal ein Lehrer fehlt. Worauf wird dann wohl zuerst zugegriffen??

    Nicht hypothetisch bei uns, sondern ganz real.
    Wenn jemand fehlt, wird die Inklusionskollegin abgezogen... auch ganz kurzfristig... und ich stehe alleine da mit dem Inklusionskind, das mich fragt... was soll ich denn jetzt machen?
    Am Regelschulunterricht kann es nicht teilnehmen, also schüttel mir dann mal was aus dem Ärmel, denn ich bin nicht vorbereitet, denn ich dachte ja, die Inklusionskollegin ist da...
    So wird das Inklusionskind bestimmt ganz toll gefördert.

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

  • Zitat caliope :


    Zitat

    ...und ich stehe alleine da mit dem Inklusionskind, das mich fragt ...

    Kind ist gut ! Bei uns ist das eine ganze Gruppe, die dann besonders betreut werden muss und Blödsinn macht, wenn man es nicht adäquat realisieren kann. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Einen wunderschönen guten Abend !


    Ich teile nunmehr mit, dass unsere Schule ab dem nächsten keine Inklusionsklasse mehr beschulen wird. Aufgrund der Probleme, die ich in den letzten Threadseiten beschrieben habe, u.a. auch im Beitrag 740, hat der Schulträger beschlossen, die Inklusionsklasse aufzulösen.-Irgendwie hatte ich das Ganze vorher schon im Urin gehabt.


    Bemerkenswert auch der allgemeine Stimmungswechsel beim Schulträger, bei dem sich immer mehr die (vernünftige und richtige) Erkenntnis durchzusetzen scheint, dass sich die Inklusion immer mehr als eine einzige pädagogische Luftpumpennummer entlarvt.


    Ich meinerseits werde mir um das Thema Inklusion keine Gedanken mehr machen, deswegen, weil es mich nicht mehr betrifft und bis zu meiner Pension auch nicht mehr betreffen wird.


    Ach ja, nochmal an alle Inklusions-Eiferer, die immer alles so toll finden, was gutmenschlich klingt : Bei uns im Kollegium sind all diese Eiferer, die in der I-Klasse tätig waren, reihenweise langfristig gesundheitlich weggeklappt. Wir konservativen Kollegen und Inklusionskritiker durften die o.g. Weltverbesserer in dieser Klasse alle mal schön vertreten.-Noch Fragen ? 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Und ich gehe dann mal guten Mutes morgen in meine 5. und 6. Klasse Gemeinsamen Unterricht. Irgendwie geht es doch. Man sollte sich nur nicht als Lebensziel setzen, alle Schüler erreichen zu wollen.

  • ich bin seit den Osterferien alleine in meiner Inklusionsklasse... die Inklusionskollegin ist holterdipolter versetzt worden... und vertretung ist noch in der Elternzeit.
    Kommt aber bestimmt so im Juni.
    Na, das ist schön.
    Nur im Moment ist dann eben keiner da....

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

  • Und wenn du damit nicht richtig umgehen kannst, dann bist dann der Looser. So wird es uns doch Lehrern immer wieder gesagt: wir müssen uns auf die Kinder einstellen und wenn wir es nicht können, dann wir nicht richtig für den Beruf.

  • Inklusion wird auch für mich immer mehr zum "roten Tuch". Zumindest so, wie es bei uns in NRW umgesetzt wird, ist es eine absolute Mogelpackung (und das ist eigentlich noch beschönigend ausgedrückt). So löblich der Gedanke grundsätzlich auch sein mag, so lange die Rahmenbedingungen für inklusiven Unterricht so beschissen sind, wie zur Zeit bei uns, kann es nicht funktionieren.
    Bei uns sind nur knapp 50% der Stunden in den I-Klassen doppelt besetzt. Ein Großteil der Regelschullehrer, die keinerlei Ausbildung oder Fortbildung zum Thema Inklusion hatte, wurschtelt sich mehr schlecht als recht durch und hat unendlich viel Mehrarbeit, die in keinster Weise honoriert wird. Ich denke, unsere Sonderpädagogik-Kollegen haben nicht umsonst eine lange, spezielle Ausbildung gemacht. Die wird plötzlich in Frage gestellt und die Regelschulkollegen dürfen zusehen, wie sie alleine klar kommen. Entsprechendes Unterrichtsmaterial ist natürlich auch nicht vorhanden und muss selber gekauft oder "zurechtgebastelt" werden.


    Ich könnte hier noch seitenweise dazu schreiben aber das wäre nicht gesund für mich. Das Thema ist (weil ich selber betroffen bin) gerade sehr emotionsgeladen und ich bin einfach nur wütend darüber, dass unsere Landesregierung zu dem Thema nichts als Schönrederei zuzusteuern hat.


    Ganz ehrlich, wenn ich selber ein (wie auch immer) behindertes Kind hätte, würde ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, dass es an einer Sonderschule beschult werden darf...


  • Ganz ehrlich, wenn ich selber ein (wie auch immer) behindertes Kind hätte, würde ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, dass es an einer Sonderschule beschult werden darf...

    mit der ausnahme rein körperlicher behinderung bei geistiger normalbegabung (da ist inklusion, denke ich, kein problem und funktioniert tatsächlich gut, selbst an bayerischen gymnasien seit jahrzehnten!) - volle zustimmung! in den förderzentren wird tolle arbeit geleistet. persönlich würde ich mein behindertes kind, so ich denn eins hätte, sofort dort unterrichten lassen wollen. ich gehe doch auch nicht zum allgemeinarzt, wenn ich zahnschmerzen habe und erwarte fort dann top-hilfe...

  • kecks, du hast selbstverständlich Recht, ich meinte geistige Behinderungen. Bei körperlichen Behinderungen sehe ich da auch keinerlei Probleme. Das kenne ich aus meiner eigenen Schulzeit. An meinem Gym wurde sogar ein blindes Mädchen inklusiv unterrichtet und an der Schule, wo ich unterrichte, gibt es auch zwei Rollifahrer, die problemlois integriert sind.


    Während meines Studiums und dann auch nochmal kurz am Ende meines Refs konnte ich an zwei Förderschulen hospitieren. Die Arbeit, die dort geleistet wurde war super und nicht zu vergleichen mit dem, was wir uns da zur Zeit zurechtlegen (müssen).


    Edit: Ich bin nicht grundsätzlich gegen Inklusion aber die kann meiner Ansicht nach nur für alle gewinnbringend und zufriedenstellend gelingen, wenn die Rahmenbedingungen (personell, räumlich und auch die Ausstattung mit Arbeitsmaterialien betreffend) entsprechend gut sind. Das ist aber anscheinend zu teuer...

  • Dabei haben wir doch alle gelernt: die Regelschullehrer müssten sich nur "auf Inklusion einlassen" und "Heterogenität als Chance wahrnehmen"! Kann doch echt nicht so schwer sein. Diese faulen Säcke!



    (sorry, ich kann mich bei diesem Thema wirklich nur noch in Zynismus flüchten)

    Mit meinem Verhältnis zur Realität ist alles in Ordnung. Ich lasse es alle 14 Tage vorschriftsgemäß warten.

  • Entsprechendes Unterrichtsmaterial ist natürlich auch nicht vorhanden und muss selber gekauft oder "zurechtgebastelt" werden.


    Ich bin auch einfach in den Gemeinsamen Unterricht Klasse 5 und 6 geschmissen wurden, ohne dass ich ein großartige Unterstützung erfahren hätte. Ich habe weder, vom Förderlehrer, noch von Direktor (der selbst Englisch-Lehrer ist), noch vom Fachgruppenleiter irgendwelche Materialien erhalten. Die einzige Fortbildung, die zum Gemeinsamen Unterricht angeboten wurde, dauerte exakt 90 min und fand im November des Schuljahres statt.


    In der 5. Klasse habe ich 2 Jungs mit Förderschwerpunkt Lernen (mit anderen Worten: lernbehindert). Es super einfache Idee von den Jungs selbst: die Anzahl der vorbeifahrenden Autos auf der Strasse auf Englisch bis 50 laut zählen lassen! Da wäre ich ja im Leben nie darauf gekommen. Da was das erste Mal, dass die mir laut bis 50 gezählt haben, obwohl beide auch noch Dyskalkulie haben. So einfach sind manchmal Stundensequenzen bei denen.

  • Dabei haben wir doch alle gelernt: die Regelschullehrer müssten sich nur "auf Inklusion einlassen" und "Heterogenität als Chance wahrnehmen"! Kann doch echt nicht so schwer sein. Diese faulen Säcke!

    100 Punkte!

  • ... auch ich kann "es" nicht. Die anderen Lehrer auch nicht. Die Schulleitung hält sich aus dem "GU-Ding" raus und die Sonderpädagogen können es auch nicht. Auch ich bekomme kein Material von ihnen (eher umgekehrt), sie sehen den GU eh als "Übergangslösung" (vor/nach der Schwangerschaft, das letzte Jahr in Teilzeit...).


    Ich differenziere im Unterricht so weit es möglich ist und arbeite sehr offen (z. B. an Stationen), damit alle auf ihrem Niveau arbeiten können, verwende kooperative Methoden etc. Das sehe ich als Vorteil, weil man sich einfach viel mehr Mühe gibt, seinen Unterricht vorzubereiten und allen gerecht zu werden etc.
    Aber: Oft fehlt auch die Zeit und ich bereite eine Aufgabe für alle vor. Die können dann die LB-Kinder nicht lösen oder die starken Schüler langweilen sich und stören. Schade um die Kinder. Besonders die LB-Kinder bekommen bei uns einfach nicht das, was sie an einer Förderschule hätten: Wir arbeiten nun mal recht kognitiv und nicht so "lebensecht" wie sie es bräuchten: Eigentlich müssten sie 1. Erstmal Lesen und Schreiben lernen, 2. Lernen, wie sie im Leben zurecht kommen (einkaufen, Wünsche äußern, argumentieren etc.). Das können sie nicht. Ich kann es ihnen nur bedingt beibringen, weil meine Regelschüler auf einem ganz anderen Level lernen.
    Mein Fazit nach drei Jahren Inklusion: Ich würde es nie wieder machen. Es sei denn, ich bekommen umfassende Fortbildungen, fähige und engagierte Profis an meine Seite, kleine Klassen, Ausstattungen (Computer, Internet, Lernprogramme), vernünftige Räume, Verfügungsstunden für Absprachen und Stundenvorbereitungen, etc.


    Aber eigentlich denke ich, dass man zwar alle unter einem Dach (in einer Schule) lernen lassen sollte, es aber spezielle Kurse geben sollte (so wie E/G-Kurse). Wenn man also noch nicht gut lesen kann, besucht man einen anderen Kurs als jemand, der schon Interpretationen von Kurzgeschichten verfasst. Warum sollen diese Kinder denn unbedingt im selben Raum sitzen? Darin sehe ich keinerlei Vorteile. Das heißt ja nicht, dass diese Schüler nicht gemeinsam eine AG besuchen sollten oder den Sportunterricht gemeinsam haben.

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