Seiteneinstieg nach dem Studium oder im Studium umsatteln - Fragen aus dem Thread " Seiteneinstieg - ich komme (hoffentlich)"

  • Es ist doch definitiv eine "Entwertung" des Lehrerberufs und des Lehramtsstudiums, wenn es überhaupt nicht mehr darauf ankommt, ob jemand pädagogisch vorqualifiziert ist oder nicht. Das geht dann in die Richtung "Lehrer kann jeder". Notfalls halt ein kleiner Crashkurs Pädagogik nebenbei.


    Kann jetzt auch jeder Lehrer Jurist oder Mediziner werden? Warum eigentlich nicht. Man kann ja schon einmal anfangen, Klienten zu beraten oder Patienten zu operieren. Die fehlenden Grundlagen bringt man sich dann halt "on the job" bei, oder halt im Crashkurs, so nebenbei...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Kann jetzt auch jeder Lehrer Jurist oder Mediziner werden? Warum eigentlich nicht. Man kann ja schon einmal anfangen, Klienten zu beraten oder Patienten zu operieren. Die fehlenden Grundlagen bringt man sich dann halt "on the job" bei, oder halt im Crashkurs, so nebenbei...

    Der Unterschied ist eben, dass es Berufe gibt, die nur dann überhaupt ausführbar sind, wenn viel Spezialwissen vorhanden ist und manche, die zumindest relativ gut ausführbar sind, wenn das Spezialwissen nicht vorhanden ist.
    Das Spezialwissen, dass man im Lehrerberuf benötigt und was nicht mal eben "jeder" kann, ist eben das Fachwissen in den beiden studierten Fächern. Man kann die durchschnittliche Mutter von zwei Kindern nicht Physik in der Oberstufe unterrichten lassen, unmöglich, da fehlt das Spezialwissen.


    Dieses Spezialwissen wird aber eben von den Seiteneinsteigern mit Diplom in dem Fach mehr als geboten.
    Was man sonst noch zum Lehrerberuf braucht ist meiner Meinung nach, und das ist ein Charakteristikum des Berufs, nur durch tatsächliches Unterrichten (mit entsprechender Supervision) wirklich zu erlernen. Eben "on the job".
    Es kann in anderen Lehrämtern anders sein, aber ich kann vom Gymnasiallehramt zweifelsfrei behaupten, dass die mageren Pädagogik und Philisophie Pflichtkurse (also die Theorie) nahezu Null gebracht haben, aber jede einzelne Stunde selber gehaltener Unterricht + Rückmeldung vom Lehrer im Praxissemster extrem viel.


    Das ist doch aber auch in anderen Berufen so. Ich behaupte mal, dass der durchschnittliche Mensch ohne die passende Berufsausbildung zum Beispiel als Erzieher leichter adäquate Leistung bringen kann, als als Elektroinstallateur. Auch wird es leichter sein als Quereinsteiger sich das Putzen selber beizubringen, als als Feinmechaniker zu arbeiten.
    Manche Tätigkeiten, und dazu gehört eben vieles aus dem Bereich der Pädagogik, sind einfach natürlich und kein Hexenwerk. Die oben erwähnte Mutter von mehreren Kindern würde als Erzieherin zumindest relativ gut die Stelle ausfüllen können, als Automechaniker aber vermutlich nicht annähernd, weil dazu zu viel Spezialwissen erforderlich ist.


    Ich möchte nicht behaupten, dass Laien genauso gut in diesen Berufen arbeiten können wie Leute, die es gelernt haben, aber es ist doch einfach unbestreitbar, dass es Berufe gibt in denen man ohne das nötige Spezialwissen vllt 5% der möglichen Leistung bringt und Berufe, in denen eine fehlende Ausbildung immer noch 70 % Leistung ermöglicht.


    Ich behaupte eben, dass die Anforderungen an Spezialwissen im Lehrerberuf vor allem das Fachwissen der Fächer betreffen, und, dass der Rest wirklich "in the job" erlernt werden muss und auch kann.
    Ganz anders ist es eben in Berufen wie dem Arzt. Dort kann man nicht mit gesundem Menschenverstand mal eben eine Operation machen und dabei durch Supervision lernen, wohingegen ein Diplom-Physiker eben durch gesunden Menschenverstand und Supervision schon das Unterrichten erlernen kann.


    Es gibt nicht wirklich viel "Spezial- " oder "Geheimwissen" in der Pädagogik und Didaktik, das man als normaler Mensch nicht kennt. Natürlich ist ein perfekt ausgebildeter Didaktiker immer besser, hat mehr Kniffe und Methoden drauf, aber ein normaler Mensch macht intuitiv schon einmal sehr vieles richtig, was in einem Beruf wie dem Hirnchirurgen so nicht gegeben ist.


    Man muss sich doch nur mal überlegen, welche Erkenntnisse der Pädagogik jetzt so bahnbrechend sind und dem Laien so etwas von unverständlich, dass nur Experten mit diesem Wissen ausgestattet sind, wie z.B. ein Informatiker eben die Syntax einer Programmiersprache kennt, die man erst erlernen muss um überhaupt in dem Beruf arbeiten zu können.
    Fände ich wirklich mal interessant, was für Wissen wäre es, das einem so dringlichst fehlen soll als Seiteneinsteiger und, das auf andere Weise als "on the job" vermittelt wird?

    Einmal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • @Silicium:
    Und warum gibt es dann überhaupt ein Lehramtsstudium? Und Didaktik-Professuren? Kann man doch alles abschaffen. Spart sicherlich eine Menge Geld.


    Oder ist das Lehramtsstudium vielleicht nur ein "Trick" der Kultusministerien, um einen "Pool" von Absolventen zu erzeugen, die aufgrund des Fehlens alternativer adäquater Berufsmöglichkeiten (der M.Sc. oder der M.A. wird dem durchschnittlichen Lehramststudenten immer fachlich überlegen sein) dem Nachfrage-Monopolisten "Staat" auf dem Lehrerarbeitsmarkt hilflos ausgeliefert sind und sich Jahr für Jahr schlechtere Arbeits- und Bezahlungsbedinungen aufoktruieren lassen?


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Und warum gibt es dann überhaupt ein Lehramtsstudium? Und Didaktik-Professuren? Kann man doch alles abschaffen. Spart sicherlich eine Menge Geld.

    Das Lehramtsstudium wird ja mittlerweile massiv umgebaut und enthält nach neuer Prüfungsordnung meines Wissens mehr Didaktikanteile.


    Aber die Didaktik, die ich durch das Lehramtsstudium einem Seiteneinsteiger voraus habe (je EIN Kurs in beiden Fächern), sowie die Pädagogik (2 sinnfreie Vorlesungen, 2 halbwegs sinnvolle Seminare) rechtfertigen es nicht zu behaupten ich hätte einen so großen didaktischen und pädagogischen Vorsprung gegenüber einem Seiteneinsteiger, dass ich mich als "gelernt" und ihn als "ungelernt" bezeichnen könnte. Was habe ich einem Seiteneinsteiger denn voraus? Die von mir genannten Kurse sind so allgemein und enthielten so viel Triviales, wenn man das verpasst hat als Seiteneinsteiger, dann fällt das nicht auf.
    Wie ich schon einmal an anderer Stelle geschrieben habe, die natürliche Schwankung an Talent ist mit Sicherheit größer als der Zuwachs an Unterrichtskompetenz während des ersten Staatsexamens.
    Anfänger sind wir Lehramtsstudenten genauso wie Seiteneinsteiger.


    Die Ausbildung zum Lehrer findet, zumindest in BW, erst im Referendariat statt wohingegen das erste Staatsexamen mit dem Lehrerberuf einfach sehr wenig zu tun hat. Es ist eben der Teil des Studiums, in dem es nahezu ausschließlich um das Erwerben der fachlichen Kompetenz in den zwei Fächern geht.



    Warum dennoch ein Lehramtsstudium? Naja, erstmal studiert man zwei Fächer auf Staatsexamensniveau, was man normalerweise so nicht macht. Da hat man ein Fach + Nebenfächer.


    Warum sollte man die Didaktikprofessuren abschaffen? Natürlich nicht, das Unterrichten muss ja auch professionalisiert werden. Allerdings hat das mit dem ersten Staatsexamen nichts zutun. Die Didaktik lernt doch am Studienseminar im Referendariat. Und der Seiteneinsteiger muss da doch auch entsprechende Studien betreiben.


    Ich stelle die These auf, dass wenn Nichtlehramtsstudenten direkt nach dem Abschluss mit den Lehramtsstudenten (selber Motivation + Talenten) ins Referendariat gehen würden ohne eben ein Lehramtsstudium gemacht zu haben, würden aus ihnen genauso gute oder schlechte Lehrer wie aus den Lehramtsstudenten.


    Man kann jetzt eben noch diskutieren, ob das, was die Seiteneinsteiger statt des regulären Referendariats machen müssen dem ungefähr gleichwertig ist.
    Man muss bei den Seiteneinsteigern aber eines Bedenken, was ich für total wichtig halte:
    Sie halten mehr Stunden als der normale Referendar!


    Meine Erfahrung aus dem Praxissemester lässt mich zu folgender These kommen: Jede selber gehaltene Unterrichtsstunde bringt signifikant mehr Kompetenzzuwachs als vergleichbare Zeit mit Gruppenpuzzle Spielen und Diskussionen im Seminar über irgendwelche theoretischen Texte.
    Wenn man dann noch Tipps nach einer selbstgehaltenen Stunde durch Supervisoren bekommt ist der Kompetenzzuwachs sogar noch exponentiell größer.


    Ich denke folglich, dass aus Seiteneinsteigern (viel Unterrichtserfahrung durch viele zu haltende Stunden + (zumindest Teile der) Theorie zu Pädagogik muss ja auch nachgelernt werden) im Durchschnitt (gleiches Talent vorausgesetzt) keine schlechteren Lehrer werden, als die, die aus regulären Lehramtsstudentenlaufbahnen hervorgehen.


    Es mag für manchen regulären Lehrer eine bittere Pille zu sein, dass auch Seiteinsteiger dasselbe Unterrichtsniveau erreichen, wie man als regulärer Lehramtsstudent. Ich halte das aber für sehr wahrscheinlich.

  • Tja, vor dem Satz "Lehrer kann jeder" fürchten sich grundständige Lehrer offenbar. Wieso eigentlich? Es gibt doch in sehr vielen Bereichen Quereinsteiger. Da werden Physikerinnen Bundeskanzlerin und Theologen Bundespräsidenten, was qualifiziert die denn? Politiker kann jeder?


    Auch im Journalismus ist der Quereinstieg eine häufige Sache. Das ist auch gut zu vergleichen: Journalisten sind nämlich, wie Lehrer, Universaldilettanten. Man kann nicht alles wissen - aber alles unterrichten/über alles schreiben. Oder? Ist die fachliche Sicherheit nicht doch die Basis für alles (und letztlich ist das Fach dabei weniger entscheidend - entscheidend sind die Methoden, die man gelernt hat)?


    Was letztlich zählt, ist doch der Erfolg. Und ein Seiteneinsteiger qualifiziert sich nun mal letztlich genauso durch eine Prüfung wie der grundständige Lehrer. Ich kann diese Empfindlichkeit immer noch nicht nachvollziehen.


    Und ja, unterrichten steckt so drin. So wie das Lernbedürfnis des Nachwuchses gibt es ein Bedürfnis der Älteren, ihr Wissen weiterzugeben. Und viele geben weiter ohne pädagogische Grundkenntnisse. Professoren, Handwerkermeister, Eltern und und und. Man kann das finden, wie man will - offenbar funktioniert es.


    Und hier will doch niemand ernsthaft behaupten, dass einem in einem Pädagogikstudium der Stein der Weisen vermittelt wird. Wie man letztlich klar kommt, hängt viel von der Persönlichkeit, vor allem aber von Erfahrung ab. Deshalb ja auch die vorgezogenen Praktika inzwischen.


    Im anderen Strang schon erwähnt: SE haben eine Probezeit. Man kann sie entfernen, wenn man merkt, es funktioniert nicht. Es ist nicht notwendig, sie einer Gesinnungskontrolle zu unterziehen. Dass jemand seinen beruflichen Weg ändert, ist doch nicht beklagenswert. Im Gegenteil!


    Unsere Schule könnte ohne SE dicht machen.

  • Man kann jetzt eben noch diskutieren, ob das, was die Seiteneinsteiger statt des regulären Referendariats machen müssen dem ungefähr gleichwertig ist.

    @Silicium
    sehr differenzierter Beitrag, mit dem ich übereinstimme.
    Kleine Korrektur:
    Wir OBAS Seiteneinsteiger machen das Referendariat genauso wie die Referendare - und mit ihnen zusammen.


    @Mickael
    Bin M. A., habe über 20 Jahre Erfahrung in der „Berufswelt da draußen“, nebenbei 3 Jahre Pädagogik studiert, 2 Kinder durch das Schulsystem gebracht und während ihres Studiums begleitet – und würde nie im Leben auf die Idee kommen, mich als „pädagogisch vorqualifiziert“, „didaktisch vollkommen“ oder „Experte[n] für das Lehren und Lernen“ (Ich weiß die Portion Selbstironie hierbei zu schätzen) zu bezeichnen. Mein Selbstverständnis ist das eines „Dazulerners“ - nicht mehr und nicht weniger. Wer darüber hinaus ist, dem gratuliere ich zur Selbstzufriedenheit. Vielleicht ist das auch der Unterschied bei den Seiteneinsteigern: diese Position war/ist „draußen" oftmals der Abgesang auf Weiterentwicklung.


    koag

  • Ich persönlich (als "grundständiger Lehrer" seit ca. 10 Jahren) glaube ja, dass die Angst vor dem "Lehrer kann jeder" schon etwas mit Eitelkeit zu tun hat. Da hat man jahrelang studiert und macht dann einen Job, den andere scheinbar auch so ohne Probleme machen können. Das Studium war natürlich trotzdem nicht sinnlos, denn wie Silicium schon sagt, bekommt man dadurch vor allem das notwendige Fachwissen. Ich stimme ihm auch darin zu, dass ich zumindest in meinem Studium in den Pflichtveranstaltungen (- und nur um die kann es hier gehen, denn freiwillig könnten sich theoretisch auch spätere Seiteneinsteiger schon im Studium für das Lehramt weiterqualifizieren) nur sehr wenig Brauchbares für den späteren Beruf gelernt habe. Anders gesagt: Das, was ich didaktisch und pädagogisch aus dem Studium mitgenommen habe, kann man quantitativ sehr leicht in einem Crashkurs vermitteln, keine Frage. Umgekehrt beharren ja auch Lehrämtler (zumindest in den Geisteswissenschaften) gerne darauf, dass sie fachlich mindestens so gut qualifiziert sind wie die Magister. Wir beanspruchen also die gleiche "Arroganz" für uns wie die Seiteneinsteiger.


    Das zweite Problem in diesem Konflikt ist sicherlich, dass es eben AUCH die Seiteneinsteiger gibt, die aus dem beruflichen Scheitern heraus in das scheinbar sichere und einfache Lehramt flüchten. Die sind natürlich untragbar, werfen aber automatisch ein schlechtes Licht auf die Seiteneinsteiger, die aus "lauteren" Gründen ins Lehramt wechseln, und die hoffentlich die Mehrheit stellen. Dass sich die Seiteneinsteiger, die wirklich unterrichten wollen, darüber aufregen, mit solchen Berufsversagern automatisch in einen Topf geworfen zu werden, ist meiner Meinung nach sehr nachvollziehbar.


    Ich denke, dass jemand, der die nötigen fachlichen Grundlagen mitbringt, auch als Magister keinen schlechteren Referendar abgibt als ein grundständiger Lehrämtler. Dass ein Seiteneinsteiger in der Regel mehr Fehler macht als ein Lehrer, der mehrere Jahre Berufserfahrung mit sich bringt, ist hoffentlich logisch. Aber das ist ja auch in jedem Beruf so.

  • Ich sehe das auch so wie Eliah. Ich wurde genauso gut augebildet wie die Magisterstudenten - ist auch nicht nur eine Behauptung, ein schlichter Vergleich der Studienordnungen zeigte damals zumindest, dass Lehramt und Magister in meinen Fächern sich nur insofern unterschieden, dass ich mehr fachwissenschaftliche Scheine machen musste als die Magisterleute :huh: . Fachdidaktische Scheine hatte ich kaum zu machen, sodass ich mich nach 12 Semestern Lehramt fachwissenschaftlich gut ausgebildet fühlte, fachdidaktisch oder päd. nicht. Es stimmt, dass ich das ohne Probleme in einem Crashkurs hätte nachholen können! Und ich fand das auch gar nicht schlimm. Entgegen der Meinung einiger, die meinen, ein Lehrer brauche mehr Didaktik als Fachwissenschaft, sehe ich das für meine Fächer am Gymnasium nicht so. Ich brauche das, was ich an der Uni in meinen Fächern gelernt habe, durchaus - ohne ein fundiertes Hintergrundwissen kann man Oberstudenschülern irgendwann nicht mehr vormachen, dass man es fachlich drauf hat. Bei unseren Referendaren kommen die, welche an der Uni schlecht abgeschnitten haben, auch oft nicht gut klar (natürlich gibt es Ausnhamen). Umgekehrt gilt das natürlich nicht. Das Referndariat und die Arbeitspraxis haben ausgereicht, mir und zahlreichen meiner Mitreferendar das notwendige praktische Wissen zu vermitteln. Ich fand es auch viel interessanter, mich mit did. und päd. Fragestellungen zu befassen, als ich echte Schüler und wirklich eigene Lerngruppen vor mir hatte. Alles andere ist doch teilweise Trockenschwimmen und viele Studenten wissen doch trotz Praktika gar nicht, wie das Schulleben wirklich aussieht.


    Vielleicht werden durch dieses Seiteneinsteigertum Leute ins "sichere Lehramt" gelockt, mag sein. Aber ehrlich gesagt, als ich mein Studium aufgenommen habe, wollte ich einfach meine Fächer studieren und habe auch aus Sicherheitsgründen Lehramt gewählt. Was ist daran so schlimm, solange man hinterher seinen Job gut macht?

  • Viele eurer Argumente sind richtig, aber das "man ungeeignete Seiteneinsteiger auch entfernen kann" ist oft nur ein Wunschtraum. Es gibt auch Schulleitungen, die entweder ganz pragmatisch froh sind, den Unterricht abdecken zu können (ungeachtet der pädagogischen Qualität), oder die einfach die arbeitsrechtliche oder menschliche Konfrontation scheuen. Das Argument "Probezeit" sticht auch nicht immer, da diese meistens mit dem akuten Mangel (siehe Pragmatismus des SL) zusammenfällt.


    Zudem: Wenn man den Lehrerberuf verstärkt für Seiteneinsteiger öffnet, gibt man mehrere Signale: 1. Pädagogik ist nicht so wichtig und 2. Das Lehramtsstudium vermittelt keine Qualifikationen, die man anders nicht auch bekommen könnte (bei gleichzeitiger Einschränkung der Berufsmöglichkeiten!)


    Was wird tendenziell passieren? Das Lehramt wird zum Sammelbecken für Leute, die es in der Wirtschaft "nicht geschafft" haben und die berufliche Sicherheit über den Seiteneinstieg suchen.


    Eventuell wird das Lehramt auch eine "Durchgangsstation" je nach Konjunkturlage: Geht's mit der Wirtschaft bergauf, sind vielleicht einige Seiteneinsteiger auch wieder schnell weg. Ist so ein "Job-Hopping" gut für die pädagogische Arbeit an einer Schule?


    Und am wichtigsten: Es werden sich hauptsächlich nur noch Idealisten für das Lehramtsstudium entscheiden. Jeder der realistisch denkt, macht erst einmal etwas anderes (mit eventuell besseren Arbeitsbedingungen und besserer Bezahlung) und hält sich das Lehramt via Seiteneinstieg nur als "Notausgang" offen.


    Ich bleibe dabei: Je mehr das Lehramt für den Seiteneinstieg geöffnet wird, desto mehr wird es "entwertet" werden. Und damit meine ich nicht nur das "Ansehen" sondern auch die Arbeitsbedingungen und Bezahlung. "A12 für alle" (denn Lehrer = Lehrer) ist ja schon in der Diskussion. Und das ist sicher erst der Anfang der Diskussion.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Es gibt auch Schulleitungen, die entweder ganz pragmatisch froh sind, den Unterricht abdecken zu können (ungeachtet der pädagogischen Qualität), oder die einfach die arbeitsrechtliche oder menschliche Konfrontation scheuen.

    Kann ich mir gut vorstellen, dass dem wirklich so ist, Mikael. Uns wurde allerdings auch im Seminar gesagt, dass es bei Lehramtskandidaten im 2. Staatsexamen sehr ähnlich gelagerte Probleme gibt.
    Nämlich, dass man dort sehr schwachen Kandidaten durchschleift, weil man es nicht verantworten möchte jemandem nach so langem Studium dann die Türen vor der Nase zuzuschlagen. Auch dies führt dazu, dass seitens der Lehramtskandidaten ungeeignete Personen als fertiger Lehrer an einer Schule landen. Ob dem wirklich so ist und in welcher Größenordnung sich das Ganze abspielt ist schwer zu sagen, aber ich denke das gilt genauso für Deine Aussage (die ich aber durchaus so auch annehmen würde).


    Zudem: Wenn man den Lehrerberuf verstärkt für Seiteneinsteiger öffnet, gibt man mehrere Signale: 1. Pädagogik ist nicht so wichtig und 2. Das Lehramtsstudium vermittelt keine Qualifikationen, die man anders nicht auch bekommen könnte (bei gleichzeitiger Einschränkung der Berufsmöglichkeiten!)

    zu 1) Eine pädagogische Ausbildung ist natürlich wichtig, aber diese erfolgt eben in Kombination mit der Praxis an der Schule. Der Teil, der bereits im Studium in Form von Vorlesungen und Seminaren erfolgt ist meiner Einschätzung nach wirklich unerheblich.
    zu 2) Ich denke gerade weil das Lehramtsstudium in der Tat eigentlich keine nicht anders zu bekommenden Zusatzqualifikationen enthält, wird das auch reformiert. Wird nicht ein Teil des Referendariats quasi in den Master of Education transferiert? Bin mir da aber nicht ganz sicher!


    Übrigens ist es in vielen Bereichen normal, dass der eigentliche Studiengang nicht das Monopol auf entsprechende Berufe in dem Feld hat. Gerade wenn Berufe in Grenzbereichen liegen sind mehrere Studiengänge eben einfach "gleich geeignet". Nicht umsonst konkurrieren Biochemiker, organische Chemiker und Pharmazeuten um gleiche Stellen. (Biologen übrigens auch oft mit, aber dreimal darf man raten, wer in der Regel das Nachsehen hat).


    Was wird tendenziell passieren? Das Lehramt wird zum Sammelbecken für Leute, die es in der Wirtschaft "nicht geschafft" haben und die berufliche Sicherheit über den Seiteneinstieg suchen.

    Kann durchaus ein wenig zu Problemen führen, gebe ich Dir recht! Dennoch muss man bedenken, dass sich auch die Lehramtsstudenten aus Motiven der beruflichen Sicherheit oder gar, weil man nichts besseres weiß, für dieses Studium entscheiden. (Gar keine Kritik, ist normal!)
    Ich glaube der Anteil an "Verlegenheitsstudenten" ist im Lehramt relativ hoch verglichen mit reinen Studiengängen.
    Lehramt (aber auch BWL z.B.) wird gerne mal gewählt, weil man sonst erstmal nicht weiß, was man machen will. Auch muss man bedenken, dass durch diese Motive nicht zwangsläufig schlechte Lehrer entstehen. Manch einer, der schon immer Lehrer werden wollte stellt vielleicht irgendwann fest, dass er gar nicht klarkommt.
    Wie hoch die Quote an "Lehrerversagern" unter den Unentschlossenen ist im Vergleich zu den Entschiedenen ist natürlich noch nicht erhoben worden, nehme ich an.


    Auch muss man ein bisschen schauen, ob das Versagen in der Wirtschaft unbedingt bedeutet, dass die Person auch unfähig für den Lehrerberuf ist.
    Sagen wir es mal so, in der Ellenbogenmentalität der Wirtschaft würde vermutlich so manch ein (ich möchte nicht schon wieder Kuschelpädagoge schreiben, ach, zu spät) an der Schule erfolgreicher Lehrer ebenso "versagen", kommt aber im Lehrerberuf prima klar und zeigt dann eventuell mit dem Finger auf Leute, die es in der Wirtschaft nicht gepackt haben. Ebenso könnte ein "Versager" in der Wirtschaft in der Schule Erfolg haben, weil es, und da kriege ich bestimmt Gegenwind, schon eine Parallelwelt mit anderen (nicht zwangsläufig niedrigeren) Anforderungen ist.
    Ganz abgesehen davon, dass man in der Wirtschaft auch schnell mal unverschuldetes Pech haben kann auch als Überflieger oder zumindest solide Befähigter und es deshalb "nicht geschafft".


    Und am wichtigsten: Es werden sich hauptsächlich nur noch Idealisten für das Lehramtsstudium entscheiden. Jeder der realistisch denkt, macht erst einmal etwas anderes (mit eventuell besseren Arbeitsbedingungen und besserer Bezahlung) und hält sich das Lehramt via Seiteneinstieg nur als "Notausgang" offen.

    Das gilt heute doch auch schon zum Teil, für MINT-Fächer auf jeden Fall. Ich gebe Dir recht, dass die Option einfach über den Seiteneinstieg ins Lehramt zu gehen dies verschärfen könnte. Das Hauptproblem bleiben die Rahmenbedingungen des Lehrerberufs, was das Verhältnis von Arbeitszeit und Gehalt angeht. Aber auch so Dinge wie Erwartungen an Streß spielen da eine große Rolle. Das schreckt auch sehr viele ab.
    Macht man diese Rahmenbedingungen besser, bekommt man auch Leute ins Boot, die aufgrund sehr guter Leistungen einfach zu viele bessere Möglichkeiten haben, sich aber prinzipiell in beiden Berufsfeldern vorstellen könnten und sich dann eben für die besseren Bedingungen (mehr Geld, weniger Streß und geregeltere Arbeitszeiten, Firmenwagen usw.) entscheiden.


    Je mehr das Lehramt für den Seiteneinstieg geöffnet wird, desto mehr wird es "entwertet" werden. Und damit meine ich nicht nur das "Ansehen" sondern auch die Arbeitsbedingungen und Bezahlung. "A12 für alle" (denn Lehrer = Lehrer) ist ja schon in der Diskussion. Und das ist sicher erst der Anfang der Diskussion.

    Die Argumente, die Du hervorgebracht hast, kann ich schon nachvollziehen. Ich halte es auch nicht für ausgeschlossen, dass das Lehramt entwertet wird durch eine stärkere Öffnung gegenüber dem Seiteneinstieg.
    Selbiges gilt aber auch für die massive Verschiebung hin zum Frauenberuf.

    3 Mal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Mikael
    Der Lehrerberuf wird verstärkt für Seiteneisnteiger geöffnet? Ich würde eher schätzen, dass die Chancen für SE bald drastisch sinken werden und auch momentan schon alles andere als ein leichtes Spiel sind. Auch muss ich wieder einmal betonen, dass der Seiteneinstieg eben eine Notlösung für Mangelfächer ist und bei einem Bewerbungsverfahren kein Seiteneinsetiger eine Konkurrenz zu einem regulären Bewerber ist, Ausnahmen mögen die Regel bestätigen.
    Desweiteren finde ich es immer wieder interessant, dass Seiteneinsteiger grundsätzlich in der freien Wirtschaft versagt haben und grundsätzlich kein pädagogisches und didaktisches Vorwissen haben.
    Ich sehe dann immer das Bild eines traurig blickenden, schlecht gekleideten und wenig gepflegten Zeitgenossen vor mir, der nach dem letzten rettenden Strohhalm Seiteneinstieg greift um seine Schulden bezahlen zu können, ein abgesichtertes Leben ohne Stress zu haben und armen Lehramtsstudenten, Referendaren oder voll ausgebildeten Lehrern mit seiner bloßen Existenz einen Schlag ins Gesicht zu versetzen und ihnen den Schlaf zu rauben.
    Ich habe fast ein schlechtes Gewissen, aber zum Glück lebe ich nicht in dieser wirklichkeitsfernen Szene. ;)

  • Zudem: Wenn man den Lehrerberuf verstärkt für Seiteneinsteiger öffnet, gibt man mehrere Signale: 1. Pädagogik ist nicht so wichtig und 2. Das Lehramtsstudium vermittelt keine Qualifikationen, die man anders nicht auch bekommen könnte (bei gleichzeitiger Einschränkung der Berufsmöglichkeiten!)


    Sorry, aber dein zweiter Punkt entspricht absolut der Realität, zumindest so wie ich sie erlebt habe. Und damit dein erster Punkt nicht auch noch (weiterhin) zutrifft, muss eben das Lehramtsstudium so reformiert werden, dass nicht nur die gleichen alten, nutzlosen Päda- und Didaktikveranstaltungen quantitativ erhöht werden, sondern sie müssen auch qualitativ mehr an die Bedürfnisse von Junglehrern beim Berufsanfang ausgerichtet werden. Praxisbezug, also! Wenn das endlich geschieht, dann kann man auch gegen Seiteneinsteiger sein, mit dem Argument, dass ihnen die entsprechende pädagogische und didaktische Ausbildung fehlt. Im Moment ist das aber ein reines Scheinargument!

  • Ich behaupte eben, dass die Anforderungen an Spezialwissen im Lehrerberuf vor allem das Fachwissen der Fächer betreffen, und, dass der Rest wirklich "in the job" erlernt werden muss und auch kann.


    da bin ich ganz anderer meinung, aber das liegt daran, dass wir hier von ganz unterschiedlichen anforderungen ausgehen.
    du wirst sek 2 lehrer. die brauchen deutlich mehr "fachwissen", als ein grundschul- oder sek 1 lehrer.
    das meine ich nicht abwertend sondern sage ich aus meiner erfahrung.
    in den jahrgangsstufen 1-10 ist der didaktikanteil der benötigt wird einfach viel größer. fachwissen spielt da eher eine untergeordnete rolle (wenn ich das gymnasium mal ausklammere).
    ich sags ja.. wer ein vollabi hat der kann sicherlich in der grundschule/hauptschule/gesamtschule "fast" alle fächer fachlich unterrichten.
    aber ohne didaktik wird es nicht klappen.
    "damals" an der gesamtschule an der ich war hatten wir die SE die bis zur 10. klasse unterrichteten, die mögen fachlich top gewesen sein, aber es brachte denen gar nichts.. bei unserer schülerschaft hatten wir ganz andere probleme.
    und daran sind unsere SE einfach ständig gescheitert... der unterricht war wirklich fürchterlich..aber gekündigt wurde keiner von denen.. nicht das ich das mitbekommen hätte...

  • in den jahrgangsstufen 1-10 ist der didaktikanteil der benötigt wird einfach viel größer. fachwissen spielt da eher eine untergeordnete rolle (wenn ich das gymnasium mal ausklammere).
    ich sags ja.. wer ein vollabi hat der kann sicherlich in der grundschule/hauptschule/gesamtschule "fast" alle fächer fachlich unterrichten.
    aber ohne didaktik wird es nicht klappen.

    Also, ich unterrichte ja nun neben der Sek.II auch zumindest die Jahrgangsstufen 5-10. Und ich muss sagen, dass das Fachwissen, auch das "Spezialwissen" wie Sprachgeschichte etc., auch hier unabdingbar ist. Nur mit einer fundierten fachlichen Grundlage hat man den nötigen Überblick über den Stoff, um angemessen didaktisch reduzieren zu können und die Schwerpunkte zu setzen. Außerdem hat man auch nur die notwendige Sicherheit, um auf unvorhergesehene Schülerfragen, die ja immer wieder aufkommen, informiert zu antworten. Mehr noch: Weil ich mir meines Fachwissens selbst so sicher bin, kann ich auch mal Unwissenheit in Einzelbereichen zugeben, ohne dass von den Schülern meine Kompetenz in Frage gestellt wird.
    Klar könnte man gerade in der Unterstufe den Schülern die Fachkompetenz auch vorgaukeln, wenn man ein guter Schauspieler ist, aber das kann ja nun wirklich nicht die Idee sein.
    Natürlich gibt es auch die Extrembeispiele, bei denen man bis in die zehnte Klasse in allen Fächern nur damit beschäftigt ist, den Schülern Benimmregeln beizubringen und sie aus dem Gefängnis herauszuhalten. Aber das ist ja nun nicht der Normalfall, und auf dieser Basis Seiteneinsteigern die Existenzberechtigung zu entziehen, halte ich für sehr gewagt. An solchen Schulen scheitern sicherlich auch viele "grundständige" Lehrer - ich würde für mich auch nicht behaupten, dass ich dort von einem Tag auf den anderen einen Fuß auf den Boden bekomme.


    Trotzdem stimme ich dir zu, dass Pädagogik und Didaktik gerade in der Sek.I (-und vermutlich noch ungleich mehr in der Primarstufe) absolut unabdingbar und (mindestens?) ebenso wichtig sind. Allerdings bleibe ich dabei, dass ich dazu an der Uni nur wenig Brauchbares gelernt habe. Das meiste Wissen und die meisten Kompetenzen in diesen Bereichen habe ich im Referendariat und im Berufsalltag entwickelt.
    Findest du denn, dass dich bestimmte Uniseminare besonders für extreme Brennpunktschulen vorbereiten haben? Wenn ja, was wurde dort vermittelt und wie? Vielleicht hast du auch einfach die besseren Seminare besucht als ich?

  • @ eliah: schöner hätte ich's auch nicht sagen können.
    Zumindest für's Gymnasium gilt sicherlich, dass ohne fundierte fachwissenschaftliche Grundlagen in allen möglichen Bereichen der Unterricht zumindest leiden könnte.
    Und da sehe ich auch den größten "Nachteil" eines Seiteneinsteigers:
    Für den Magister-Abschluss (habe ich neben dem Staatsexamen gemacht - in Bayern vor langer langer Zeit) hatte ich zum Beispiel für Germanstik ein Fach, die Themen für die Prüfungen wurden vorher abgesprochen und eingegrenzt. Für das Staatsexamen in Deutsch hatte ich aber nicht nur eine Prüfung in Literaturwissenschaft, sondern eine mündliche und eine schriftliche, und die Themen waren durchaus nicht eingegrenzt. Und daneben hatte ich auch Prüfungen in Sprachwissenschaft, Mittelhochdeutsch, Didaktik und was nicht noch alles. (Nur für das eine Fach.)
    Und so kommt's, dass ich eine ganz ausgezeichnete Literaturwissenschaftlerin bin, die aber nebenbei auch noch (zumindest ansatzweise, so bescheiden bin ich ja :whistling: ) ein bisschen von anderen Bereichen versteht und im Unterricht bei Bedarf hervorzaubern kann.
    Das können Seiteneinsteiger mit einem "bloßen" M.A.-Abschluss eben nicht.
    (Übrigens haben bei uns die Professoren in den Seminaren keinerlei Unterschied zwischen M.A.-Studenten und Lehramts-Studenten gemacht.)
    Das gilt jetzt aber für's bayerische Gymnasium. Und das heißt nicht, dass sich Seiteneinsteiger dann nicht auch entsprechend "einarbeiten" können...


    Die theoretische Didaktik, die ich an der Uni mitbekommen habe, war tatsächlich völlig für die Katz.
    Was allerdings schon sehr hilfreich war, waren die Praktika, auch wenn's nur gaaanz wenige waren - soll sich inzwischen gebessert haben.


    Und natürlich gibt's Seiteneinsteiger, die den Job klasse machen. Genauso wie's Referendare gibt, bei denen sich mir die Zehennägel einzeln aufrollen. Pauschalisierungen werden eben niemals allen gerecht!

  • Für den Magister-Abschluss (habe ich neben dem Staatsexamen gemacht - in Bayern vor langer langer Zeit) hatte ich zum Beispiel für Germanstik ein Fach, die Themen für die Prüfungen wurden vorher abgesprochen und eingegrenzt. Für das Staatsexamen in Deutsch hatte ich aber nicht nur eine Prüfung in Literaturwissenschaft, sondern eine mündliche und eine schriftliche, und die Themen waren durchaus nicht eingegrenzt. Und daneben hatte ich auch Prüfungen in Sprachwissenschaft, Mittelhochdeutsch, Didaktik und was nicht noch alles. (Nur für das eine Fach.)
    Und so kommt's, dass ich eine ganz ausgezeichnete Literaturwissenschaftlerin bin, die aber nebenbei auch noch (zumindest ansatzweise, so bescheiden bin ich ja :whistling: ) ein bisschen von anderen Bereichen versteht und im Unterricht bei Bedarf hervorzaubern kann.
    Das können Seiteneinsteiger mit einem "bloßen" M.A.-Abschluss eben nicht.

    Hm... es ist richtig, dass wir die Themen für die Prüfung grob abgesprochen haben, aber soweit ich weiß, läuft das beim M.ed. nicht anders. Dort wird auch eingegrenzt, denn ansonsten kann eine Prüfung nur oberflächlich erfolgen, da eine Vorbereitung über ALLE Themen, die dir in deinem Studium untergekommen sind, schlicht weg nicht möglich ist. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das vor dem Master so gelaufen ist.
    Ebenfalls habe ich während des Studiums Prüfungen in Mediävistik, Linguistik und NDL durchlaufen (sowohl schriftliche als auch mündliche, da eigentlich jedes Seminar so abzuschließen war). Aber ich denke mal, dass du gerade vom Magister redest... da aber der Master of Arts ebenso mit M.A. abgekürzt wird, fühlte ich mich als Seiteneinsteiger doch glatt mal mit angesprochen. :D

  • Dort wird auch eingegrenzt, denn ansonsten kann eine Prüfung nur oberflächlich erfolgen, da eine Vorbereitung über ALLE Themen, die dir in deinem Studium untergekommen sind, schlicht weg nicht möglich ist. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das vor dem Master so gelaufen ist.


    OT:
    Na ja, aber so läuft das bayerische Staatsexamen tatsächlich ab. Die schriftlichen Prüfungen werden zentral aus München gestellt und in NdL beispielsweise kann dann von der Reformation bis zur Gegenwart alles drankommen. Es gibt mehrere Themen zur Auswahl, zum Teil sind es Analysen und Interpretationen von vorgelegten Texten oder Textauszügen mit Zusatzaufgabe zu Hintergrundwissen (Interpretieren Sie XY unter Bezugnahme auf Z), zum Teil sind das Aufgaben wie "Erläutern Sie die literaturhistorische Entwicklung des Bildungsromans anhand von drei selbst gewählten Beispielen aus unterschiedlichen Epochen!" oder "Zeigen Sie, wie sich das Motiv des Theaters auf der Bühne entwickelt hat". So oberflächlich finde ich das jetzt auch nicht.
    In den mündlichen Prüfungen werden in der Regel Themenbereiche abgesprochen.


  • Also die Behauptung, dass man als Lehrer mit Staatsexamen fachlich sogar höher ausgebildet sei als Seiteineinsteiger, die das "pure" Fach studiert haben ist schon irgendwie ein bisschen unglaubwürdig.
    Es kann unter Umständen in Germanistik tatsächlich so sein, dass da wenig Unterschied besteht, aber in den Fächern die ich kenne (Physik, Chemie) ist es definitiv nicht der Fall! Diese sind einfach zu umfangreich um als Lehramtsstudent mit 2 Fächern in jedem Fach das Niveau eines reinen Studenten zu erreichen. Ich denke fast, dass das für alle Naturwissenschaften + Mathe gelten wird.


    Und was zu den Prüfungen geschrieben wurde muss man auch ein wenig relativieren. Sicher ist das Staatsexamen, ich bereite mich gerade nebenher darauf vor (Chemie), stark in die Breite angelegt und der Stoff ist sehr sehr viel um da den Überblick zu haben.


    Aber in die Tiefe? Nein, auf jeden Fall nicht im Vergleich zu den Master Studenten. Es ist richtig, dass auch im reinen Physik und Chemie Studium Themen abgesprochen werden. In denen geht es dann aber deutlich tiefer zur Sache, als es im Staatsexamen der Fall ist.
    Da benötigt die Einarbeitung in das Spezialthema eben genauso viel Zeit wie die Wiederholung des kompletten Stoffs, der im Staatsexamen dran kommen kann!
    Ist nicht so breit, aber eben dafür viel tiefer!


    Wie ist es in Germanistik? Kommen da im Staatsexamen Fragen zu aktueller Forschung? Muss man da den Überblick haben, was die neuesten Forschungsergebnisse in den wichtigsten Arbeitsgruppen sind?
    Im Chemie Staatsexamen kommen nur Dinge dran, die man während des Studiums in Vorlesungen gelernt hat und die auch in Überblickswerken zu finden sind. Publikationen muss man nicht lesen. Habe gerade Gedächtnisprotokolle vor mir liegen. Alles von der Tiefe her machbare Dinge, kein total abgefahrener Kram. Solides Grundlagenwissen (natürlich weit über Schulniveau), aber eben Dinge, für die es reicht sie im Studium verstanden zu haben und sie zu wiederholen.


    Wenn ich dann aber höre, was die Professoren die "richtigen" Chemiker fragen (nach Absprache des Themas, klar), da geht es um komplizierteste Reaktionsmechanismen, anspruchvollste Stereochemie, in physikalischer Chemie um Quantenchemie erster Güteklasse und teilweise bis zu 20 schrittige Synthesen mit Diskussion von Alternativen.


    Das geht da eben teilweise um die Forschung, die der Prof. seit Jahren betreibt, selber einen riesigen Überblick über die Publikationen des Gebiets hat, kleinste Feinheiten versteht und einfach in dem Fachgebiet so unsagbar tief drin steckt, dass man da eben wirklich mal an den aktuellen Stand der Forschung anknüpfen kann und richtig tief einsteigen kann.


    So etwas kann man nur prüfen, wenn der Student vorher weiß, dass es um diese Themen geht. Denn die Einarbeitung in die kompliziertesten Gebiete der Chemie und Physik benötigt sehr (sehr!) viel Zeit, die man nicht eben auf Verdacht, dass es dran kommt, opfern kann. Dieses Niveau wird im gesamten Lehramtsstudium nicht erreicht!


    Das Wissen, das im Staatsexamen als solide, halbwegs tiefgehende Grundlage abgefragt wird, stellt für diese kompliziertesten Gebiete lediglich die mindeste Voraussetzung dar um überhaupt mit der Einarbeitung beginnen zu können. Man muss diese Grundlagen beherrschen um dann darauf aufbauend sich in den aktuellen Stand der Forschung einzuarbeiten.


    Bei uns wurde Beispielsweise ein Chemie-Diplomer in physikalischer Chemie Dinge gefragt, für die er zuvor extra fachfremd Mathevorlesungen aus dem Hauptstudium besuchen musste, weil die nötig waren um überhaupt das Handwerkszeug zu haben um sich in das gestellte Thema einzuarbeiten.
    DAS ist im Staatsexamen physikalische Chemie utopisch, da man von normalen Lehramtsstudenten so etwas nicht verlagen kann (auf Verdacht hin, so etwas könnte dran kommen) vorzubereiten.

  • OT:
    Na ja, aber so läuft das bayerische Staatsexamen tatsächlich ab. Die schriftlichen Prüfungen werden zentral aus München gestellt und in NdL beispielsweise kann dann von der Reformation bis zur Gegenwart alles drankommen. Es gibt mehrere Themen zur Auswahl, zum Teil sind es Analysen und Interpretationen von vorgelegten Texten oder Textauszügen mit Zusatzaufgabe zu Hintergrundwissen (Interpretieren Sie XY unter Bezugnahme auf Z), zum Teil sind das Aufgaben wie "Erläutern Sie die literaturhistorische Entwicklung des Bildungsromans anhand von drei selbst gewählten Beispielen aus unterschiedlichen Epochen!" oder "Zeigen Sie, wie sich das Motiv des Theaters auf der Bühne entwickelt hat". So oberflächlich finde ich das jetzt auch nicht.
    In den mündlichen Prüfungen werden in der Regel Themenbereiche abgesprochen.

    Ich habe wohl Prüfung mit mündlicher Prüfung gleichgesetzt. Und da fände ich es wirklich unmöglich, wenn keine Themen abgesprochen wären. Bei schriftlichen Prüfungen mit Auswahl sieht das doch aber wieder ganz anders aus. So "hart" finde ich das jetzt auch wieder nicht.

  • CountTheStars
    Das ist vielleicht Geschmackssache. Ich persönlich hätte es wahrscheinlich als einfacher empfunden, auch für die Klausuren Themen absprechen zu können, und dann dafür keine Auswahl zu haben.
    Aber das soll hier ja nun auch nicht in einen Battle ausarten, wessen Examen/Abschlussprüfung denn nun soooo viel schwerer war.


    Den Punkt, den Frau Lotte meiner Meinung nach machen wollte, hast du ja im Prinzip bestätigt. (Und man bedenke bitte, dass ich NICHT gegen Seiteneinsteiger bin!).
    Wenn für alle Magisterprüfungen Themen abgesprochen werden, die meinetwegen besonders tiefgehend geprüft werden, dann hat der Seiteneinsteiger möglicherweise sehr genaues Fachwissen in Einzelbereichen, aber kein fundiertes breites Wissen. Damit wäre dann der große Vorteil der Seiteneinsteiger, nämlich das bessere Fachwissen, zumindest für die Geisteswissenschaften auch eine Illusion. So habe ich zumindest Frau Lotte verstanden.


    Ich persönlich messe den Abschlussprüfungen keine so große Bedeutung bei. Tatsache ist, dass zu meiner Unizeit an meiner Uni die Magister und die Lehrämtler in etwa die gleichen Veranstaltungen besucht haben. Das, was die Lehrämtler an Päd/Didaktik machen mussten und das, was die MAler an Fachscheinen mehr erbringen mussten, ist meiner Meinung nach vernachlässigbar und war eine rein formale Notwendigkeit, um die beiden Studiengänge zumindest von der Studienordnung her zu unterscheiden.
    Deshalb komme ich zu dem Schluss, dass zu Beginn des Refs MAler und Lehrämtler beide gleichermaßen ohne besondere Vor- oder Nachteile dastehen. Zumindest sind die paar kleinen Vor- bzw. Nachteile, die es durch das Studium vielleicht doch gibt, kein Vergleich zu Persönlichkeitsmerkmalen und außeruniversitäten Erfahrungen, die sowohl die MAler als auch die Lehrämtler mit sich bringen und die sie von ihren Refkollegen unterscheiden. Ich meine damit Auslandsaufenthalte, zusätzliche Praktika, Berufserfahrung, Ausbildungen, persönliches Engagement, Hobbys, Interessen etc. Das alles wiegt doch viel mehr als die paar Unterschiede in den Prüfungsordnungen.


    Und ja, das bedeutet durchaus, dass der Satz "Lehrer kann jeder" stimmt - und das ärgert mich auch. Aber dafür können die Seiteneinsteiger nichts, sondern daran sind die Studienordnungen und die Dozenten der einschlägigen Veranstaltungen schuld, die dafür sorgen, dass der Lehrerberuf in der Praxis immer ein "learning on the job" ist. Das muss dringend geändert werden!

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