1. Klasse - was tun bei unge(er)zogenen Kindern?

  • Hallo,


    ich bin langjährige Grundschullehrerin aus Österreich, am Rande der Verzweiflung, die auf ihre "alten Tage" nun Hilfe und Tipps im Internet sucht.


    Was tut ihr eigentlich, wenn ihr Kindern in der ersten (zweiten) Klasse nicht Herr werdet? Wenn sie ständig das Gegenteil tun, von dem was sie tun sollen und auch noch die anderen mitreissen? (Geht im Unterricht ständig raus, macht die Arbeiten in der Klasse nicht mit oder bewusst anders, bringt keine Hausaufgaben, weiß alles besser und belehrt etc)


    Was tut ihr in den Fällen in denen es in meiner Kindheit Eckestehen, Zusatzaufgaben, Nachsitzen etc. gab?
    (Die Eltern sind keine Hilfe da sie selbst überfordert sind.)
    Gibt es erziehungspsychologische Kniffe, die an mir vorübergegangen sind?


    Ich hatte in den letzten Jahren zunehmend mehr von diesen "kleinen Wilden", aber dieser treibt mich noch in den Wahnsinn.


    Vielen Dank und liebe Grüße
    Hermi

  • So pauschal kann man das nicht sagen. Kommt immer auf die Situation und das Kind an. Was mir IMMER hilft - Austausch mit Kollegen. Im Notfall schicke ich Kinder auch einfach mal ne Stunde in eine vierte Klasse. DAS wirkt manchmal WUNDER...... dort müssen sie dann erzählen, warum sie überhaupt da sind. Das mache ich aber nur bei den "Härtefällen".
    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Ja, das mache ich auch am ehesten: In eine andere Klasse schicken (meine Kollegin der Nachbarklasse ist eine ganz strenge, das wirkt oft schon gut) oder wenn sich jemand einen richtigen Knaller leistet, schicke ich ihn/sie auch mal zum Schulleiter und das Kind bekommt da eine Standpauke. Das wirkt ganz gut.
    Wenn es dafür noch nicht schlimm genug ist, dann je nach Kind auch erstmal zum Arbeiten alleine in den Nebenraum.


    Pausenverbot gebe ich auch ganz selten mal (das muss man immer gut abwägen, ob das nicht alles nur noch schlimmer macht), aber wer Pause macht (also nichts tut) während die anderen Kinder arbeiten, der muss diese Arbeit dann eben mal erledigen während die anderen Pause haben.


    Ansonsten vielleicht eher positive Verstärkung? Also sowas wie ein Smileyheft oder eine Regelampel und dann nach Sammeln Belohnungen.

  • willst du mal tauschen?...ich hab 11 Stück davon im meiner Klasse (=die ganze Klasse), seit Schulbeginn besteht meine Hauptaufgabe im Disziplinieren...."Lass das.." "Bleib sitzen.." "Lass deinen Nachbarn in Frieden" "Wir laufen nicht mit der Schere in der Hand durch die Klasse" "ALLE schauen zu mir" "Der Mund ist jetzt zu" "Lass die Jause / Stifte /Bücher deines Nachbarn in Ruhe"....da könnt ich jetzt pausenlos weiterschreiben.


    Kurzum: Es NERVT - und wenn ich als Mutter erfahren würde, wie sich mein Sohn in der Schule aufführt, dann würd ich ihm gehörig den Marsch blasen....traurig, dass die Eltern da selber überfordert sind...aber manche Jungs sind halt die kleinen Prinzen


    Kopf hoch - andere Lehrer haben auch unfolgsame Schüler :thumbup:


    gruß


    shopi

  • Ich stelle häufig die Sitzordnung um, dass hilft schon bei den weniger schwierigen Fällen. Soweit es geht gibt es auch Einzelplätze. Wenn es Kinder gibt, die nicht arbeiten wollen und so stören, wie du es beschrieben hast, biete ich mehrere Aufgabenformate an. Wenn die Kinder das Gefühl haben selber aussuchen zu dürfen, machen sie auch etwas (und wenn sie eine Aufgabe 5 mal machen). Irgenwann haben sie sich dann dem Unterricht angeschlossen.
    Nichtgemachte Hausaufgaben werden nachgeholt. Wenn es nicht mit der Hilfe der Eltern geht, dann arbeiten die Kinder bei mir nach. Dazu verabrede ich mit den Eltern einen Termin. Ist zwar Mehrarbeit für mich, manchmal bekomme ich dann aber auch Hinweise, warum das Kind im Unterricht blockiert oder stört.
    Pausen- oder Fußballverbot geht auch manchmal. Ansonsten würde ich mit den Kindern die Regeln des Schulalltages besprechen und gemeinsam mit den Kinder ausmachen, was passieren soll, wenn jemand z. B. durch Stören die Regeln nicht einhält. Mit Piktogrammen am besten visualisieren. Das schaffen auch schon Erstklässler zumal sie im Kindergarten auch Regeln hatten.

  • Ändere doch mal den Blickwinkel.
    Da ist ein kleiner Junge der aktiv sein will, reden will, neugierig ist, sich bewegen muss, schon allerhand kann, alles wissen will...
    Und wie soll er bei Dir sein?
    Er soll stillsitzen, zuhören, das Maul halten, tun was Du ihm sagst, nachmachen was Du ihm vormachst...
    Das hält doch keiner aus.
    Lass ihn doch lernen was er wissen will, beantworte ihm seine Fragen, lass ihn reden.


    Bei mir gab es nur drei Verbote für die kleinen Kinder: Es ist verboten, Kindern weh zu tun und sie zu beleidigen. Es ist verboten, Kindern etwas weg zu nehmen. Es ist verboten sie an der Arbeit zu hindern.
    Dazu gabs drei Erlaubnisse und die sind viel wichtiger: Es ist erlaubt umherzugehen, miteinander zu reden und zusammenzuarbeiten. Es ist erlaubt alles zu benutzen was im Zimmer ist.


    Bei der Arbeitsweise die ich zugelassen habe, waren die Kinder fast immer aktiv und auch erfolgreich. Sie haben selbstständig und miteinander gelernt und gearbeitet.
    Bei der üblichen Arbeitsweise mit stillsitzen und zuhören sind die meisten Kinder fast immer passiv und warten ab, dass ihnen ein Auftrag gegeben und erklärt wird.
    Die Lehrerin versteckt "Ostereier", führt die Kinder hin und lässt sie sich geben.

  • Hallo kukuruz, auch ich erlebe natürlich immer wieder, dass Kinder ihren eigenen Kopf haben. Sie wollen eben oft nicht das tun, was man von ihnen will. Ich bin immer sehr gut damit gefahren, meinen Druck wegzulassen. Denn oft entsteht eine sehr ungesunde Spirale von Forderungen und Widerstand. Das belastet alle Seiten. Ich habe dann im Laufe meiner Berufsjahre das Gegenteil von dem getan, was ich in meiner Ausbildung gelernt habe. Ich habe sie gelassen...und schon nach kurzer Zeit wollten sie dann arbeiten, weil sie ja eigentlich doch etwas machen wollten. Sie sind wissbegierig und motiviert, wenn man sie nicht in ein Schema presst. Auch wenn das für Dich im "normalen Unterrichtsablauf" nicht machbar scheint, habe ich in fast 30 Berufsjahren die Erfahrung gemacht, dass am Ende alles passt. Der Weg dahin ist wesentlich stressfreier für die Kinder und Dich, wenn Du ihnen Freiräume lässt. Wie robischon bereits bemerkte, ist eine anregende Umgebung für die Kinder Motivation genug. Die Umsetzung dieses Weges ist im normalen Schulbetrieb nicht einfach. Auch ich bin noch lange nicht zufrieden mit meinem jetzigen Unterricht. Du kannst ja an einigen Stellen einmal anfangen, den Kindern Freiräume zu lassen. Der Rest entwickelt sich dann Stück für Stück wie von selbst.Ich hoffe meine Erfahrungen konnten Dir ein wenig helfen.

    • Offizieller Beitrag

    Ganz so einfach wie meine zwei Vorschreiber sehe ich das nicht.
    Ich habe zwar als Gymnasiallehrerin so gut wie keine Erfahrung mit Grundschulkindern, aber zu Hause hockt eine Dreijährige und trotzt. Und wenn ich die immer so lassen würde, wie sie will- du lieber Himmel!
    Bei schwierigen Schülern stelle ich mir die Frage: Warum reagieren die so, wie sie es gerade tun? Ist es wirklich Langeweile oder Unterforderung? Das ist es nämlich beileibe nicht immer.
    Manchmal wollen Kinder nämlich auch austesten- und wenn man dann nicht konsequent ist, hat man später ein größeres Problem. Ich nehme ganz stark an, dass es auch bei robischon Konsequenzen beim Übertreten der drei Verbote gab...
    In deinem Fall Kukuruz, würde ich dem betreffenden Schüler Zusatzaufgaben geben, ihn zum "Experten" deklarieren und ihn evtl. auch ein Stück des Unterrichtes- leider weiß ich nicht, inwieweit man das in der Grundschule überhaupt kann- auch vorbereiten lassen.
    Die Tipps von Nici311 finde ich auch sehr gut.

  • Nein, es gab keine Konsequenzen oder etwa Strafen.
    Die drei Verbote schützen Kinder.
    Damit sind sie einverstanden. Manchmal musste ein Kind daran erinnert werden. Dann hab ich gesagt: Es ist verboten...
    Die Erlaubnisse sind es auf die es ankommt.
    Dein dreijähriges Kind will immer wieder wissen wie es mit Dir dran ist, wie Du zu ihm stehst, ob Du zu ihm hältst.
    Kompliziert, wenn Du doch Lehrerin bist die Kindern sagen will was sie tun sollen und wie sie sich verhalten sollen und was sie nicht dürfen, sonst....
    Als Lernbegleiter und Beantworter aller Fragen hatte ich es da einfacher.
    Klar wurde getestet, ob das alles echt ist. Es war echt und sie konnten sich drauf verlassen.

    • Offizieller Beitrag

    Ich hatte eigentlich schon auf das Geheimrezept (Lass sie einfach machen..) gewartet. :rolleyes:


    Ist halt blöd, wenn die Kinder dann nach der 4. Klasse nicht richtig lesen, schreiben und rechnen können, weil sie nicht so ganz viel doll Lust dazu hatten.
    Leider hab ich das sogar bei Kindern einer Freien Schule erlebt - und da ist das Klientel handverlesen und privat zahlend!
    Ich mag mir gar nicht vorstellen, was aus meinen Brennpunktkids würde, wenn ich die immer einfach so machen lasse, wie sie Lust haben (viele haben nämlich keine Lust und kriegen auch von alleine keine! Dazu kommt, dass manche Kinder nicht die einfachsten Regeln des Miteinanders beherrschen und auf die drei Verbote einen... wenig geben würden.).


    Ich finds langsam fahrlässig, immer wieder mit diesem "Lass sie lernen" zu kommen. Man verbaut Kindern auch Chancen auf weiterführende Schulen, wenn man sie nicht ans Lernen und ein Stück weit auch an die herkömmlichen Verhaltensregeln in der Schule heranführt.


    Ich hab das früher auch mal anders gesehen, aber mittlerweile verstehe ich meine jüngere Kollegin, die viele alte Methoden zur Disziplinierung (erfolgreich) anwendet. Die Kinder machen bei ihr doofe Zusatzaufgaben, stehen auch mal ne Weile, müssen Entschuldigungsbriefe schreiben - alles natürlich mit Unterschrift der Eltern. Sie ist halt sehr konsequent, was ich nicht immer bin und wird von ihren Schülern durchaus gemocht und respektiert.
    War anfangs entsetzt, als sie mir ein Kind in die Klasse schob, dass dann bei mir 5 Minuten stehen und die Wand angucken sollte... da war ich neu an der Schule und kannte andere Kinder.
    Ihre Klasse weiß auch, was wann für eine Sanktion erfolgt. Nun, in der vierten Klasse machen sie das schon eigenständig.


    Neulich hatte ich eine aufschlussreiche Situation in ihrer Klasse: habe einen Jungen zum zweiten Mal ermahnt und auch gesagt: Ich ermahne dich jetzt schon zum zweiten Mal! Daraufhin hat er genickt und ist kurz darauf aufgestanden und raus gegangen. Ich dachte, er muss aufs Klo, aber als er nicht wiederkam, hab ich mal nachgesehen. Er stand vor der Tür. Als ich ihn fragte, was er da mache, sagte er: Du hast mich doch zweimal ermahnt. Dann müssen wir 5 Minuten raus gehen. - Ich muss dazu sagen, er ist schon so ein verschmitzes Kind und er hat dabei gegrinst. Aber letztlich zeigt das, dass die Kinder ihre Regeln kennen und auch entsprechende Strafen tolerieren. Wenn man sie wirklich, wirklich konsequent durchzieht - egal, was ist, diese Regeln gibt es und es passiert immer etwas, wenn ich sie übertrete.

  • Sowas kommt immer.
    Lass sie machen, bedeutet für viele Leute, dass Kinder nur noch Blödsinn machen.
    Wie wärs mit: Lass sie das tun was sie können.
    Dazu muss man sie nicht zwingen. Lernen können alle.
    Wenn man sie lässt.
    Traditioneller Unterricht ist zu oft, Kinder daran zu hindern was sie am Besten können.
    Weil das so viele machen, erfahren nur so wenige, wie das tatsächlich geht.
    Und dann wird drüber gespottet.
    Kinder die selbstständig schreiben und lesen lernen, können tatsächlich alles schreiben und lesen, was es gibt. Und die meisten schreiben auch nach den Rechtschreibregeln, in der dritten Klasse.
    Die Abläufe, das Verfahren und das Lernmaterial dazu kennen halt nur wenige.

  • Warum Sie als "Lernbegleiter" ständig Ihre halbgaren Lebensweisheiten in einem Lehrerforum ausbreiten, ist mir schleierhaft. "Pädagogen" wie Sie sind für die massiven Bildungsdefizite großer Teile der unterprivilegierten Kinder mitverantwortlich,
    da diese sich nicht gegen Ihre Pseudopädagogik wehren können, die letztlich nur der Selbstdarstellung bzw. der Befriedigung eigener Eitelkeiten dient .Mag sein, dass Ihr "Konzept" bei einigen Schülern auch Gutes hinterlässt. Aber den Schaden, den Ihre
    Ideen anrichten, wiegt dies nicht auf. Es ist nur zu hoffen, dass nicht zu viele unbedarfte Berufsanfänger auf den Quatsch hereinfallen, den Sie hier ständig verbreiten.

  • Toll, diese Einlassungen von einem Lateinlehrer zu dem Umgang mit Kindern im Schulanfang.
    Kein Wort, das auch nur einen Funken Hilfe darstellen könnte.
    Halbgare Lebensweisheiten?
    Soll ich mal sagen wie alt ich bin und wie viele Jahre Erfahrung ich mit Kindern und Jugendlichen in der Schule habe.
    Dazu kommen auch ein paar Jahre Erfahrung mit Lateinlehrern und ihrem Umgang mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
    Hier geht es um Schulanfänger.

  • Das ist eine sehr unangenehme Situation, kann ich mir gut vorstellen. Es zeigt, dass sie auch nicht wirklich Respekt haben. Vielleicht sollte da mal ein strenger Mann in die Klasse kommen und den Kindern mal ein bisschen Disziplin zeigen. Das war in meiner Schullaufbahn öfter so, dass es einen "strengen" Lehrer gab, der gefürchtet war.
    Ein andauernder Zustand darf das in Ihrer Klasse nicht bleiben, ich drücke die Daumen.

  • Mit Verwunderung habe ich die Äußerungen von latin_lover gelesen. Woher haben Sie Ihre Erfahrungen? ich habe mit einem eher freien Unterricht nur gute Erfahrungen gemacht. Viele Schüler meiner Klassen besuchen sehr erfolgreich weitereführende Schulen. Auch Lehrer der Sek Stufen bestätigen in Gesprächen, dass meine Schüler erheblich selbständiger sind und über ein gutes Grundlagenwissen verfügen. Für mich zeigt sich also, dass der Weg von robischon durchaus in die richtige Richtung weist. Mal ganz davon abgesehen, dass ich den Ton des Posts für reichlich unangemessen halte. Aus welchem Grund fühlen Sie sich denn angegriffen? Meiner Meinung nach werden hier im Forum doch nur unterschiedliche Ansätze diskutiert und da sollte man schon sachlich bleiben, oder? Das erwarten wir von unseren Schülern, egal welcher Altersstufe, doch auch.

  • Seltsam - offenbar ist die Wahrnehmung unangemessener Posts hier sehr einseitig. Ich persönlich verstehe nichts von Grundschulunterricht - aber ich verstehe durchaus, dass Formulierungen wie
    "Toll, diese Einlassungen von einem Lateinlehrer zu dem Umgang mit Kindern im Schulanfang.
    ...
    Dazu kommen auch ein paar Jahre Erfahrung mit Lateinlehrern und ihrem Umgang mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen."
    einfach nur plump-verallgemeinernde Vorurteile sind. Von einem erfahrenen Pädagogen erwarte ich deutlich mehr! Schade um das, was dieses Forum sein könnte!

  • Meine "Philippika" ;) , Herr Robinschon, ist daraus entstanden, dass Sie auf die Probleme der OP mit Floskeln geantwortet haben, die alles andere als dazu geeignet sind, zu helfen, sondern nur dazu, ihre Ideologie zu verbreiten.
    Gerade bei Schulanfängern sollte ein gewisses regelgeleitetes Verhalten vorhanden sein bzw. trainiert werden, um eine produktive Lernatmosphäre zu gewährleisten. Sie sollten auch bedenken, dass sich die Schülerschaft in den
    letzten 10 Jahren enorm verändert hat. So viel kann ihre Praxiserfahrung in einer Dorfschule hier also nicht mehr beitragen.
    Und zur Klarstellung: Ich halte es für sehr wichtig, dass die Schüler früh lernen, auch (!) - aber nicht ausschließlich - freie Arbeitsformen und Selbstständigkeit zu nutzen. Aber dazu bedarf es eines Fundaments an Grundkompetenzen, ohne die
    ein Zusammenleben/-arbeiten in einer Schulklasse mit immer heterogeneren Schülern nicht möglich ist.
    Übrigens würde ich als Grundschullehrer bestimmt gerne auch die von Ihnen erstellten Unterrichtsmaterialien in Anspruch nehmen, die sicherlich sehr gelungen sind. Aber: Den Schülern die Möglichkeit zu bieten, selbstständig zu arbeiten ist das eine,
    das Kind mit dem Bade auszuschütten und aus einem Wolkenkuckucksheim auf die gesellschaftlichen und schulischen Verhältnisse zu blicken und darauf basierend die bildungspolitische Diskussion zu beeinflussen, das andere...

  • Das ist zermürbend. Wie wir bei solchen Problemen arbeiten:


    • Kontakt zum Elternhaus aufbauen, Ursachen erforschen, also auch: seit wann besteht das Problem?
    • Verhaltensregeln festlegen (Ich stehe im Unterricht nicht auf. Ich schlage meine Mitschüler nicht. ...) und deren Einhaltung mit Tokensystemen kontrollieren.
    • Nachsitzen gibt es bei uns nicht ... aber die Eltern hatten noch nie etwas dagegen, wenn ein Kind versäumten Unterrichtsstoff ( war nicht im Raum, passte nicht auf ...) am Nachmittag bei der Schulleiterin nacharbeiten durfte. ;) Auch bei zu spät kommenden Kindern und bei vergessenen Hausaufgaben gern mal eingesetzt. Wobei ich dabei sehr nett zu den Kindern bin, was mit sich brachte, dass einige nachfragen wann sie mal wieder kommen dürfen. Aber es wirkt! Man muss dann natürlich immer mal wieder daran erinnern: Wenn ..., dann ...!
    • Sollte es komplett eskalieren, "darf" der Schüler auch gern mal direkt raus aus der Klasse zu mir ins Büro. Das kommt auch nur noch sehr selten vor und es war auch schon so, dass das Kind nach einem Streit direkt zu mir in den Raum rauschte und sich zum Gespräch niederließ. Das ist also vielleicht eher timeout als Strafe ...
    • Hilft auch das nicht, müssen die Eltern das Kind abholen. Das passiert aber eigentlich gar nicht mehr.


    Wichtig ist, dass den Kindern die Regeln bekannt sind. Aber dafür hast du sicher schon gesorgt, oder? Sie wissen also, was sie falsch machen.


    Zu Robinschons Tipps : Ich finde sie absolut weltfremd und hoffe sehr, dass sich keine jungen Kollegen dieser Ideen annehmen, zwei Jahre experimentieren, natürlich scheitern, sich versetzen lassen und dann andere Kollegen diese klasse weiterführen müssen. Soll ja schon vorgekommen sein ...
    Vielleicht hatte er vor einigen Jahren ja wirklich persönliche Erfolge mit seiner Methode. Aber dann sollte er sie verschriftlichen und kurse dazu geben, für die, die Interesse daran haben. So häppchenweise hingeworfen kann das nur schief gehen! Und dass ihm das scheinbar nicht klar ist, lässt mich sehr an seiner Professionalität zweifeln.
    Offenes Arbeiten: immer wieder gern. Vertrauen in das Können des Kindes: Ja. ... aber nicht ohne lehrergeleitete Phasen.
    Vielleicht sind diese Lernbegleitertipps hier wirklich einfach nur fehl am Platze in ihrer Totalität? Zumindest mir geben sie nichts, außer gelegentlich mal den Drang zum Kopfschütteln.


    Lg
    Sunny

  • Ob Demostehenes so beleidigend war?
    Geht gleich so weiter.
    Ich weiß schon dass mein Umgang mit dem Lernen für etliche Gymnasiallehrer schwer zu ertragen ist. Sie können nicht verstehen, um was es geht und wollen nicht sehen, was abläuft.
    Ganz einfach: Kinder lernen nicht durch Belehrung und Erziehung mit Maßnahmen. Sie lernen durch eigene Beobachtung und eigene Erklärung von Zusammenhängen. Dabei holen sie sich durchaus Hilfen von anderen. Jedenfalls lernen sie nicht in kleinen Schrittchen, nicht der Reihe nach, nicht gleichzeitig und schon gar nicht das Gleiche.
    In Lateinstunden sollen sie das aber. Und dazu müssen sie halt stillsitzen und zuhören oder wenigstens so tun als ob.
    Wenn Kinder neugierig sind und auf die Suche gehen und Fragen stellen, könnte man sie daran hindern und sie wie üblich belehren. Das nehme ich als Erklärung für sehr viele funktionelle Analphabeten die es in Deutschland trotz Unterricht und Schulzwang gibt.
    Man kann ihnen aber auch Lernmaterial zur Verfügung stellen, sie damit selbstständig umgehen lassen und ihnen all ihre Fragen (auch wenn sie nicht "dran" sind oder vorbereitet wurden) beantworten.
    Dass was Sie da eine Ideologie nennen, ist durchaus keine. Es ist nichts anderes als das Eingehen auf das Lernen wie es kleine Kinder von selber angehen. Damit sind sie erfolgreich. Natürlich unterschiedlich schnell, aber erfolgreich.
    Zum Problem mit dem ersterwähnten Erstklässler gibt es also zwei Möglichkeiten des Umgangs. Entweder wird der Druck erhöht und der Unterricht eben wie üblich durchgezogen.
    Oder man sieht wie dieser kleine Junge selbstständig sein will und kann und gibt ihm eben all die Lerngelegenheiten und Lernmaterialien mit denen er selber umgehen kann.
    Sowas sprengt natürlich den ruhigen und geordneten Klassenunterricht, aber es ist effektiv. Kinder die immer miteinander reden dürfen, lernen von selber, sich gegenseitig zuzuhören.
    Kinder die nicht reden dürfen in der Schule, lernen sowas höchstens außerhalb. Wenn sie Gesprächspartner haben. Sonst lernen sie es eben nicht.
    Von Ihnen, Latin Lover, hab ich eigentlich keinen Vorschlag zum Umgang mit dem unruhigen kleinen Jungen gefunden.
    Rausschmeissen? Oder Ritalin?


    SunnyGS findet meine Tipps weltfremd, muss den Kopf schütteln und schlägt mir vor sie zu "verschriftlichen" (damit ist sicher gemeint, darüber zu schreiben).
    Gib mal bei amazon.de ein: Rolf Robischon.
    SunnyGS weiß auch so, wie es bei mir lief: zwei Jahre experimentieren, natürlich scheitern, sich versetzen lassen...
    Die Behauptung, sowas müsse "natürlich" scheitern, finde ich unglaublich. Woher weißt Du sowas? Es ist überhaupt nicht gescheitert und durfte auch nach äußerst misstrauischen Kontrollen durch all die Schulbehörden fortgesetzt werden. Es hat nämlich jedes Mal funktioniert, all die Jahre.

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