Ref in Bayern? Was ist dort schwieriger?

  • Ein wesentlicher Faktor ist sicherlich auch noch die Anzahl der Stunden....


    NRW in EINEM Schuljahr: 14 Stunden (9 eigener Unterricht, 5 Ausbildungsunterricht) - effektiv wird man in den übrigen 6 Monaten auch 14Std hospitieren und Ausbildungsunterricht machen nehme ich an!?


    NDS: 10 Stunden (6 eigenverantwortlich, 4 Ausbildungsunterricht bzw. Hospitation) über die ganzen 18 Monate - wobei es je nach Seminar sicherlich, sowie nach Unterrichtsfächern, die Zahlen um 2 Stunden nach oben oder unten varrieren können...das kommt dann im nächsten Quartal oben drauf oder runter..


    Bayern: ??? 17 Stunden im Einsatzjahr oder wie?


    SH: 10Stunden komplett eigenverantwortlich + individuell Hopsitationen

  • Bayern: ??? 17 Stunden im Einsatzjahr oder wie?

    Bayern am Gymnasium: Erstes Halbjahr: 1,5 Monate Hospitationen und einzelne Stunden Lehrversuche, danach in jedem Fach eine Klasse, die von einem Betreuungslehrer an den Referendar abgegeben wird. Je nach Fächerkombination bedeutet dies 4 bis 8 Stunden pro Woche (bei zwei Fächern) betreuter Unterricht.
    Zweites und drittes Halbjahr: 17 Stunden pro Woche eigenverantwortlicher Unterricht (ein Betreuungslehrer, der dafür keine Stundenermäßigung bekommt, korrigiert die Leistungserhebungen des Referendars nach und besucht ihn pro Halbjahr in jedem Fach mindestens 3 Mal, der Direktor der Einsatzschule besucht ihn einmal pro Halbjahr)
    Letztes (viertes) Halbjahr: In jedem Fach wird eine (manchmal auch zwei) Klasse(n) übernommen, wenn man Glück hat von einem anderen Lehrer, der einen betreut, ansonsten wird der Unterricht eigenverantwortlich gehalten. Bedeutet normalerweise ca. 6-8 Stunden Unterricht pro Woche. In jeder der drei Phasen ist eine Lehrprobe zu halten, im Einsatzjahr wird zusätzlich die Staatsarbeit geschrieben und man kehrt 4 bis 5 Mal für 2-3 Tage an die Seminarschule zurück, um die sogenannten Seminartage (Fachsitzungen mit den Seminarlehrern) zu besuchen. Für jeden Seminartag muss ein Bericht über die Tätigkeit an der Einsatzschule vorgelegt werden, der in die Beurteilungsnote eingeht.

    • Offizieller Beitrag


    ich frag jetzt mal ganz doof.. wer ist denn dabei? der fachleiter? oder der mentor aus der schule?


    irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass die fachleiter vom seminar jeden ref 40x besuchen.....


    -.


    Nach einem (kurzen) Schuljahr im NDS-Ref:


    12 Besuche im Fach A (Fachleiter immer dabei)
    10 Besuche im Fach B (Fachleiter immer dabei)
    3 Besuche der Seminarleitung (jemand der Seminarleitung dabei)
    1 Besuch der Schulleitung (sie war aber auch bei einzelnen anderen Besuchen dabei)
    2 Lehrproben im Fach A (Fachleiter und Seminarleitung und Schulleitung dabei)
    1 Lehrprobe im Fach B (Fachleiter und Seminarleitung und Schulleitung dabei)


    Es kommen noch 6 Monate. Bzw. 2,5-3 Monate bis zum Besuchsstopp.


    Chili

  • Und die 17 Stunden sind am Gym mittlerweile leider Standard und durch die Intensivierungsstunden und 3-stündige Kernfächer im G8 auch leicht verteilbar.

    Allerdings - und das sollte man auch erwähnen - wird jede Stunde, die über die zehn (elf?) Pflichtstunden hinausgeht, voll bezahlt (allerdings nur, wenn sie auch tatsächlich gehalten wurde). Ich bin so im Einsatzjahr auf rund 1600 Euro netto gekommen; das ist schon ein anderer Schnack als die rund 1000, die in der übrigen Zeit rauskommen.



    Gruß
    Fossi

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Du wirst auf diese Frage wahrscheinlich keine befriedigende Antwort bekommen, denn es gibt wenig Menschen, die ein Ref sowohl in Bayern wie in einem anderen Bundesland gemacht haben.



    Mich gibt es! Ich habe mein Ref nach dem 1. Ausbildungsabschnitt (= 1 Semester) abgebrochen und jetzt in Hessen noch einmal neu angefangen. Das Ref in Hessen ist ein Spaziergang verglichen mit Bayern!


    - In Bayern sitzt dir immer dein Ausbilder ("Seminarleiter") im Nacken. Du musst ihm jede Stunde schriftlich dokumentieren und dich rechtfertigen, wenn etwas nicht passt.
    - Du musst abwechselnd mit deinen Fachkollegen regelmäßig fachdidaktische Veranstaltungen ("Fachsitzungen" und andere Sitzungen) protokollieren. Ist belastender als es klingt! Das Protokoll musst du dem SL geben und etwaige Beanstandungen verbessern.
    - Du hast im 2. Ausbildungsab. (2.-3. Semester) mindestens 16 Stunden eigenverantwortlichen Unterricht, wie meine Vorredner schon erwähnten. Meines Wissens hat nur NRW eine annähernd vergleichbare Arbeitsbelastung.
    - Die Ausbildungsgruppe muss sich gegenseitig bei ihren ersten Lehrversuchen hospitieren, sodass nach wenigen Wochen eine klare Rangfolge festliegt, wer der (oder eher die) Beste und wer der Schlechteste ist. Diese Rangfolge wird auch später in den Lehrprobennoten wieder zu finden sein.
    - Unterrichtsbesuche sind zwar unbenotet aber auch unangekündigt. Du kannst also nie unvorbereitet oder mit eigenwilligen Methoden in eine Stunde gehen.
    - Im Großraum München gibt es viele karrieregeile, machthungrige Snobs, die dir entweder direkt, meist aber über deine Vorgesetzten die Hölle heiß machen, wenn sie den Eindruck haben, dass ihre Kinder nicht optimal gefördert und/oder ungerecht behandelt werden (z.B. eine 2 statt einer 1 bekommen).
    - Die bayerischen Seminarleiter sind so selektiert, dass sie meistens sehr strebsame Arbeitstiere sind, die mit anders gearteten Persönlichkeiten wenig anfangen können.


    Kurzfassung: In Bayern wirst du zum gläsernen Referendar, wirst an der kurzen Leine gehalten, mit Arbeit überhäuft und einer konkurrenz- und selektionsfördernden Atmosphäre ausgesetzt.


    Bayern hat aber auch Vorteile und ist zumindest leistungsstarken, belastbaren Referendaren durchaus zu empfehlen. In Hessen vermisse ich oft Dinge, von denen ich froh bin, dass ich sie in Bayern gelernt habe.
    - Die Ausbildung ist effektiv und effizient gestaltet. Sie enthält bezüglich der Seminarveranstaltungen also nur wenig Überflüssiges.
    - Die intensive Arbeitsbelastung härtet dich für die Belastung in einer späteren Vollzeitstelle ab.
    - Die Stammschule ist deine alleinige Ausbildungsinstitution. Die Fahrerei zu einem zentralistisch organisierten Seminar entfällt.
    - Du bekommst alles Wichtige vorgekaut, was man sich in Hessen mühsam zusammensuchen und erfragen muss oder einfach nicht mitbekommt.
    - Vom Hören-Sagen sollen wohl die theoretischen Abschlussprüfungen nicht so schwer sein.
    - Bayern nimmt fast jeden Referendar auf. Zumindest bei Einheimischen gilt das sogar wenn du vorher abgebrochen hast.


    Fazit: Wenn dein 1. StEx besser als -- sagen wir 2,3 ist, brauchst du dir keine Sorgen machen. Unangenehm wird es wahrscheinlich trotzdem.


    PS.:Wenn ich noch in Bayern wäre, hätte ich jetzt keine Zeit, mit euch zu plaudern -- und das obwohl in Bayern jetzt Ferien sind und in Hessen nicht.

    • Offizieller Beitrag

    gmg:


    Es ist unterm Strich aber dennoch zu erwähnen, dass die Beboachtungen, die du schilderst, sehr stark von der einzelnen Seminarschule abhängen - als Beispiele:


    - weder meine Frau (Gym) noch ich haben jemals einzelne Stunden (außer Lehrversuche) schriftlich dokumentieren müssen in der Ausbildung (Stoffverteilung wurde gefordert, das war's)
    - Protokolle zu den Fachsitzungen waren für uns Deutschlehrer das geringste Problem, in vielen Seminaren gibt es diesbezüglich einen regen Austausch mit den Vorgängerseminaren
    - wie ein Vorredner sagte: du wirst für deine gehaltenen Stunden bezahlt


    Das macht es sicher nicht besser, denn ich habe in den letzten Jahren viel Kontakt mit Seminarlehrern gehabt. Die Bandbreite verläuft von fachlich sehr kompetent, witzig und inspirierend bis hin zu buckelnd, angepasst, egozentrisch, unfähig. So wie jedes herkömmliche Kollehium halt - außer meins :). Das Problem ist halt, wenn die eine Seite der Skala in den Ausbildungsschulen sitzt. Ein echtes Bewerbungsverfahren für Seminarlehrer gibt es halt nicht. Das einzige, wovon ich gehört habe, sind (höhö) die Fach-Noten.


    Aber wie gesagt: Die Dinge, die hier bisher beschrieben wurden, können nicht generell für "DIE" Ausbildung in Bayern gelten, sondern nur für Einzelschulen.

  • gmg:
    weder meine Frau (Gym) noch ich haben jemals einzelne Stunden (außer Lehrversuche) schriftlich dokumentieren müssen in der Ausbildung (Stoffverteilung wurde gefordert, das war's)

    Bei den LV mussten wir jede gehaltene Stunde detailliert mit Lernzielen (Lehrplanbezug), Zeit, Unterrichtsschritt, Medien, Lernzielkontrolle u.a. in Tabellenform abgeben.


    Als wir die Klassen bekamen, mussten wir das Ganze in abgespeckter Form im Wochentakt anfertigen.
    Für das Einsatzjahr, (das ich ja nicht mehr mitgemacht habe,)wurde angekündigt, dass wir noch ganz grob unsere wöchentlichen Aktivitäten per E-Mail dokumentieren müssten.


    Ich könnte mir vorstellen, dass die Unterschiede in der Schulart liegen. Du bist ja Realschullehrer. Vom Grundschulref weiß ich, dass es völlig anders ist als das Gymnasialref.


    gmg:
    Das einzige, wovon ich gehört habe, sind (höhö) die Fach-Noten.

    Eben! Die von mir erwähnten karrieregeilen Arbeitstiere findest du nur unter den Lehrern mit guten Noten.
    Übrigens war ich auf zwei Ausbildungsschulen verteilt, weil man mich mit meinen drei Fächern nicht auf einer unterbringen konnte. Ich konnte da keine wesentlichen Unterschiede in den Gepfolgenheiten feststellen.

    • Offizieller Beitrag


    Um es noch einmal zu betonen: Meine Frau und ich haben zur selben Zeit Referendariat gemacht. Sie an einem bayerischen Gymnasium (elitär, altsprachlich) und ich an einer bayerischen Realschule. Es gab keine Unterschiede.
    Es gibt außerdem, du darfst es mir glauben, zwischen der Realschule und dem Gymnasium in Bayern wenig Unterschiede, was Unterricht, Schulorganisation oder Ausbildung angeht.


    Ich habe übrigens auch ziemlich gute Noten gehabt, was ein entscheidender Vorteil war, um eine Stelle zu bekommen. Achja, und bei meiner Karriere hat mir das auch geholfen - und obwohl ich so karrieregeil bin und Referendare betreue, pflege ich sie als (unterbezahlte) Kollegen zu betrachten. Und ich habe das auch so selbst erlebt.

  • Ich hab vor 10 Jahren mein Ref an einer Hauptschule in Bayern gemacht. Wir mussten unserem Seminarleiter jede (JEDE!!!) im eigenverantwortlichen Unterricht (6 Stunden im ersten Jahr, 15 im zweiten Jahr) gehaltene Stunde schriftlich ausgearbeitet vorlegen. Die Artikulationen mussten annähernd so ausführlich sein, wie sie meine Refi jetzt in Hessen ihrem Ausbilder als Stunde ZEIGT. Unser Seminarleiter hat sich die Ordner nicht nur durchgeblättert, wir bekamen eine seitenweise Rückmeldung einige Wochen später. Da standen dann so lustige Sachen wie "2. Teilziel genauer angehen und im Hinblick auf das Tafelbild konkretisieren". Bei 15 Stunden in der Woche. Wir waren damals ganz schön am Rotieren.

    Vermeintliche Rechtschreibfehler sind ein Vorgriff auf kommende Rechtschreibreformen und deren Widerruf.

  • Die Artikulationen mussten annähernd so ausführlich sein, wie sie meine Refi jetzt in Hessen ihrem Ausbilder als Stunde ZEIGT. Unser Seminarleiter hat sich die Ordner nicht nur durchgeblättert, wir bekamen eine seitenweise Rückmeldung einige Wochen später.


    Was meinst du denn mit "Artikulationen"? Ich kenne das Wort nur im Sinne von 'Aussprechen' oder 'sich ausdrücken'. Im Ref kam mir dieser Begriff nie unter.

  • Artikulation hieß bei uns die schriftliche Unterrichtsvorbereitung in Tabellenform.


    Wir mussten übrigens außerdem bei Unterrichtsbesuchen alle Hefte aller Schüler vorlegen, die bei uns im Unterricht geführt wurden. Da wurde dann kontrolliert, ob jeder Hefteintrag von uns korrigiert und kommentiert war. Ich denke mit Schrecken daran.

    Vermeintliche Rechtschreibfehler sind ein Vorgriff auf kommende Rechtschreibreformen und deren Widerruf.

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