Inklusion - Ich könnte "brechen".

  • Anscheinend ist meine Schule ja schon die Insel der Glücksseeligkeit, so inklusionsmäßig. Unsere Förderlehrkraft muss nicht zu anderen Schulen fahren, das ist unsere. :) In meiner Klasse sind nur 20 SuS, ich habe neben dem Klassenraum einen Gruppenraum und eine tolle Sozialarbeiterin. Ist ja alles super- oder?
    Ich fühle mich dem Ganzen nämlich trotzdem nicht gewachsen. Eigentlich müssen wir die I-Kinder seperat beschulen, denn die normale Zeit reicht nunmal nicht für alle. Ich habe nur L- Kinder, da klappt das noch ganz gut. Zumal die Klasse sowieso eher leistungsschwach ist (überwiegend Kinder mit Hauptschulempfehlung). Aber ich habe ein GE- Kind. Und spätestens hier sehe ich, die Inklusion ist Besch.... und Quälerei.
    Ich weiß nicht, wie ich dieses Kind angemessen beschulen soll ohne es aus dem Unterricht im Klassenverband zu nehmen. Pf...Inklusion oder Integration. Die anderen Kinder merken doch, dass dieses Kind irgendwie anders ist, andere Aufgaben bekommt...Und nein, leider ist es in der Realität nicht so, dass die anderen Kinder sich ganz doll freuen, diesem Kind helfen zu dürfen. Im Gegenteil, ich befürchte, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis gemobbt wird. Ich habe auch Kinder mit (nicht offiziell bescheinigten) Problemen im emotional sozialen Bereich. Das sind die ersten, die die Schwächen von anderen bemerken und draufhauen. Klar, eine gute Klassenlehrerin würde da einfach rechtzeitig was machen :rolleyes:
    Das GE-Kind wäre sicher an einer Schule besser aufgehoben, wo es nicht der Klassendepp ist. Leider ist das Kind auch nicht so sehr eingeschränkt, dass es nicht merkt, dass es weniger kann und die anderen drüber lachen. Das Kind ist gerade dabei Schulangst zu entwickeln! Ich würde das Kind wirklich gerne unterstützen und fördern - aber das wäre dann aber eben nicht mehr Inklusion- und was soll das dann?? Auch die Förderlehrkraft sieht das ähnlich. Nur die Mutter leider nicht :(
    Dieses Kind profitiert eindeutig nicht von der Inklusion, im Gegenteil.

  • Vielen Dank für eure zahlreichen Antworten. Nach einem Familienwochenende ist mein Frust mal wieder für kurze Zeit etwas besser geworden. Bis dann die Ferien zu Ende sind...


    Ich habe mich in den letzten Tagen viel informiert, wie behinderte (oder wie auch immer genannte) Schüler in anderen Ländern beschult werden. Wenn man einmal die polemischen ersten Google-Seiten hinter sich gelassen hat, findet man da sehr erhellende Informationen. Nach und nach habe ich nun einzelne Ideen im Kopf, was in Zukunft nach meiner Meinung als Sonderschullehrerin umgesetzt werden KÖNNTE.


    Fakt ist, die totale Integration aller Schüler gibt es nirgendwo auf der Welt. Länder die gar keine Sonderschulen mehr haben (z.B. Italien), haben in der Regel keine Schulpflicht (Italien!) und können schwer behinderte (sowohl geistig wie auch im Verhalten) Kinder einfach ausschulen. Schöne heile Welt ohne Sonderschulen... Dieses Modell ist für mich NICHT nachahmungswürdig und ist auch keine ehrliche Inklusion. Zumal die Förderung in Italien in den Regelschulen überwiegend als desaströs bezeichnet wird.
    Andere europäische Länder (Frankreich, Schweden, Finnland) beschulen zwar fast alle Kinder unter einem Dach, aber nicht ausschließlich in einer Klasse. Und genau dieses Modell scheint für mich ein möglicher Weg sein. Hinzu kommt in Finnland z.B. die sofortige intensive Einzel- und Kleingruppenförderung durch Sonderpädagogen ab dem Vorschulalter bzw. der 1. Klasse.


    Folglich halte ich ein System in Form von Schulzentren für realistisch. D.h. Schwer mehrfach behinderte und geistig behinderte Schüler werden an Schwerpunktschulen in sogenannten Kooperationsklassen unterrichtet. Soziale Inklusion findet auf dem Pausenhof, in der Mittagspause und durch gemeinsame Projekte und Vorhaben statt. Gleiches gilt für Schüler mit massiven Verhaltensauffälligkeiten.
    Ich kann mir jedoch durchaus vorstellen dass vor allem Grundschulen mit ausreichend Sonderpädagogen versorgt werden und Kinder mit L-, V- und S-Bedarf erst mal regulär ein erstes Schuljahr besuchen. Der Förderschullehrer beobachtet von Anfang an intensiv ALLE Schüler und interveniert sofort bei auftauchenden Lern-, Verhaltens- und Sprachproblemen. Diese Intensivmaßnahme kann dann innerhalb des Klassenraums, als Einzel- oder auch als Gruppenförderung in äußerer Differenzierung stattfinden. Sobald ein betroffener Schüler seine Lücken geschlossen hat, geht er im betroffenen Fach wieder in den normalen Unterricht zurück. Diese Form von kurzzeitiger Intensivförderung steht allen Kindern offen. So können sich m.M.n. viele "Lernbehinderungen" verhindert werden. Schüler bei denen diese kurzzeitigen Maßnahmen nicht zum erfolg führen, werden weiterhin sonderpädagogisch überprüft. Bei Zuweisung eines Förderbedarfs erfolgt ggf. zieldifferenter Unterricht, der z.T. im Klassenverband aber auch in kleinen Förderklassen parallel stattfinden kann. Durch die ggf. notwendige Bildung von Förderklassen können dann auch die Regelschüler ungestört von v.a. verhaltensgestörten Kinder gut und konzentriert lernen. Dem Förderlehrer kommt dann die Aufgabe zu, in Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe und Psychologen bei diesen Kindern evtl. ein Verhaltenstraining durchzuführen. Durch diese extrem frühe und sehr intensive Förderung könnten wahrscheinlich einige "behinderte" Schüler im Laufe der Grundschulzeit wieder ihre normale Klasse besuchen. Die Kosten für die Sonderpädagogen in den Grundschulen sollten sich auf Dauer gesehen dann rechnen.
    Sekundarschulen (hier v.a. integrierte Gesamtschulen) sollten jedoch ebenfalls Förderstunden erhalten, aber vielleicht nicht mehr im ganzen Umfang der Grundschulen. Schwer mehrfach behinderte, geistig behinderte und stark lern- und verhaltensbehinderte sollten jedoch auch hier weiterhin an Schwerpunktschulen wenigstens z.T. in Förderklassen unterrichtet werden. Inklusion sollte wiederum durch gemeinsame Aktivitäten geschehen.
    Wenn Förderschulen in Schulzentren integriert werden, aber weiterhin "separierend" arbeiten dürfen, wäre allen Kindern geholfen.


    Dieses System von Inklusion halte ich für praktizierbar, da die behinderten Kinder sozial in einer Gemeinschaft integriert werden, aber auch individuell nach ihren Bedürfnissen lernen können. Geschützte Räume bleiben vorhanden, aber es wäre mehr Durchlässigkeit gegeben. Ob man mit einem reinen Schwerpunktschulsystem arbeitet oder auch mit Einzelinklusion an jeder noch so kleinen Schule, bleibt letztendlich eine Frage der Finanzierbarkeit.
    Ach ja, Gymnasien und gymnasiale Zweite sollten weiterhin Gymnasiasten und leistungsfähigen Schülern mit Beeinträchtigungen vorbehalten bleiben. Alles andere wäre eine Farce, bei der letztendlich auch noch die Haupt- und Realschüler diskriminiert würden.

  • Länder die gar keine Sonderschulen mehr haben (z.B. Italien), haben in der Regel keine Schulpflicht (Italien!) und können schwer behinderte (sowohl geistig wie auch im Verhalten) Kinder einfach ausschulen.


    Und genau für diesen Fall ist die UN-Konvention auch richtig und wichtig. In Deutschland besteht a) die Schulpflicht und b) noch ein System, welches die Inklusionskinder nach ihren Bedürfnissen fördert, d.h. die Förderschulen. Unsere Regierung ist hier sehr weit über das Ziel hinausgeschossen - Gleichmacherei, moralischer Deckmantel, Geld sparen. Violà - Inklusion.


    Andere europäische Länder (Frankreich, Schweden, Finnland) beschulen zwar fast alle Kinder unter einem Dach, aber nicht ausschließlich in einer Klasse.


    Aha! So macht es auch Sinn. Wir sind wie anders wo geschrieben mit dem zweiten Durchgang an Inklusionskinder nach nur 2 Monaten soweit, dass Lehrer, FS-Lehrer und Mitschüler starke Zweifel haben, dass hier irgendwer profititiert. (Wir haben aber auch das Gegenbeispiel mit 2 GE-Kindern.)


    Folglich halte ich ein System in Form von Schulzentren für realistisch. D.h. Schwer mehrfach behinderte und geistig behinderte Schüler werden an Schwerpunktschulen in sogenannten Kooperationsklassen unterrichtet. Soziale Inklusion findet auf dem Pausenhof, in der Mittagspause und durch gemeinsame Projekte und Vorhaben statt. Gleiches gilt für Schüler mit massiven Verhaltensauffälligkeiten.


    Das passt schon besser.


    Grüße
    Raket-O-Katz

  • Zitat

    Folglich halte ich ein System in Form von Schulzentren für realistisch. D.h. Schwer mehrfach behinderte und geistig behinderte Schüler werden an Schwerpunktschulen in sogenannten Kooperationsklassen unterrichtet. Soziale Inklusion findet auf dem Pausenhof, in der Mittagspause und durch gemeinsame Projekte und Vorhaben statt. Gleiches gilt für Schüler mit massiven Verhaltensauffälligkeiten.

    Genauso eine Kooperationsklasse haben wir an unserer Schule, für Schüler mit Förderschwerpunkt L, in manchen Fächern werden sie der Regelschule zugeordnet (Englisch, Sport, praktische Fächer...), ansonsten haben sie einen Förderschullehrer in den Kernfächern. Die meisten werden dann ab der 8. Klasse in die Regelschule eingegliedert, was in der Regel gut klappt, da wir ihr Leistungsvermögen ja auch beurteilen können. Funktioniert wunderbar!! Diese Schüler sind in der 8. was Arbeitstechniken und Motivation betrifft fitter als die, die trotz Förderbedarf durch die Regelschule geschleift wurden.

  • tina40: Ja, ich habe auch schon öfter gehört, dass diese Kooperationsklassen teilweise sehr erfolgreich arbeiten. Schade, dass dies in der Politik nicht gesehen werden will!


    Ich bin mir auch durchaus im Klaren darüber, dass diese Form von gemeinsamem Lernen nicht ins Konzept der Herren in ihren Türmchen passt. Aber ich halte es für eine der wenigen Möglichkeiten, wie alle Seiten profitieren können, auch wenn es nicht dem Ideal entspricht. Denn wie heißt es so schön. Die Freiheit des Einen hört da auf, wo die des Anderen beginnt. Und dieser Satz gilt für MICH auch beim gemeinsamen Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern.
    Auch hätte ich kein Problem, ein fittes geistig behindertes Kind, welches sich einigermaßen in eine Gruppe einfügen kann, auch am Anfang ausschließlich im Regelunterricht zu beschulen. Man müsste eben sehen, wie lange das gut funktioniert und immer wieder neu und individuell entscheiden.
    Aber die Inklusion eines Kindes was ständig relativ laut lautiert oder schreit o.ä. (gilt auch für V-Kinder ohne festgestellten Förderbedarf), verhindert eine ruhige Arbeitsatmosphäre für alle anderen Kinder und auch diese haben ein Recht auf gutes Lernen. Und einen I-Helfer, der die Kinder die ganze Zeit krampfhaft ruhig zu halten versucht, kann es ja auch nicht sein. Das ist ja auch für die betroffenen Kinder nicht gut.


    Fazit: Behinderte Kinder haben Rechte! Nichtbehinderte Kinder haben auch Rechte! Soviel Inklusion wie möglich und soviel Segregation wie nötig, wäre wohl ein guter Kompromiss. Zudem denke ich, dass so ein System eher finanzierbar wäre, als eine komplette Einzelinklusion in jeder Schule nach Wunsch.
    Eltern die demgegenüber eine Einzelinklusion in ihrer Wunschschule fordern, könnten diese ggf. bekommen, müssten dann aber an dieser Schule mit minderwertigerer Förderung leben.

  • Zitat Flixe :

    Zitat

    Folglich halte ich ein System in Form von Schulzentren für realistisch

    Ich wünsche aber keine überdimensionierten, unpersönlichen und unübersichtlichen Schulmoloche. Bei den Schulzentren überkommt mich einfach nur das Grausen. Wir müssen hin zu kleinen und übersichtlichen Schulen, die eine Atmosphäre der Ruhe ausstrahlen.-In den Schulen muss endlich eine Kultur der Ruhe entstehen !

    Zitat

    Soziale Inklusion findet auf dem Pausenhof, in der Mittagspause und durch gemeinsame Projekte und Vorhaben statt. Gleiches gilt für Schüler
    mit massiven Verhaltensauffälligkeiten.

    Halte ich für sozialträumerisch und unrealistisch so zu tun, als wenn die verschiedenartigsten Kinder, die keinerlei Berührungspunkte haben und auch nie entwickeln werden, sich plötzlich lieb haben und miteinander zu tun haben wollen, nur weil der merkwürdige Grundkrampfbegriff Inklusion omnipräsent herumgeistert.


    Die Kinder würden sich automatisch gruppenweise separieren und sich gegenseitig heftig zergen, diskriminieren und kloppen. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Elternschreck: Wenn ich eine zweizügige Grundschule habe und angeschlossen an diese Schule noch 2 oder 3 Förderklassen der Unterstufe angeschlossen sind, ist das noch lange kein großes Schulzentrum. Grundschulen sind in der Regel auch in Städten noch relativ klein. Da sich die Förderschulen mit ihren Außenklassen dann dezentralisieren, wird es pro Schulstufe für geistig und mehrfach behinderte Schüler wohl nur eine, maximal zwei Klassen geben. Man kann das ja nicht mit der Zusammenlegung von zwei weiterführenden Schulen vergleichen. Das sind ja ganz andere Zahlen. Aber einige Förderklassen an Grundschulen oder Gesamtschulen anzuschließen, wäre VIELLEICHT machbar.


    Zur Sozialromantik - Sicher kann man nicht alle Kinder und Jugendlichen zwingen, zusammen zu arbeiten oder zu spielen und Zeit miteinander zu verbringen. Dieses Ideal funktioniert aber spätestens ab der Pubertät auch nicht in der totalen Inklusion. Aber genauso wie ich diese aus Überzeugung ablehne, genauso lehne ich das radikale Wegsperren von Behinderten ab. Sicher wäre die gemeinsame Arbeit und Freizeit nicht immer leicht, allerdings geht es hier nicht primär um Leistung, sondern vielleicht doch um soziales Lernen. Und ich finde tatsächlich, dass man den Umgang mit "Andersartigkeit" durchaus lernen sollte. Daher meine Kompromissidee aus Kooperation und Separation.

  • ob da jetzt alle in einem schulzentrum sitzen oder in vielen kleineren schulen, die ab und an mal was zusammen machen - ist doch egal. erfahrungsgemäß sind kleinere, überschaubare einheiten eher geeignet, um eine angenehme arbeits- und überhaupt lebensatmosphäre für alle beteiligten entstehen zu lassen. wenn jemand zusammenarbeiten will, dann klappt das auch, wenn eine räumliche trennung besteht. wenn jemand nicht zusammenarbeiten wil, dann klappt das auch dann nicht, wenn beide klassen im selben haus/schulzentrum untergebracht sind.

  • Soziale Inklusion findet auf dem Pausenhof, in der Mittagspause und durch gemeinsame Projekte und Vorhaben statt. Gleiches gilt für Schüler mit massiven Verhaltensauffälligkeiten.

    Kinder mit massiven Verhaltensauffälligkeiten können aber gerade an Projekten/ offenen Vorhaben nicht selbständig teilnehmen.


    Dieses System von Inklusion halte ich für praktizierbar, da die behinderten Kinder sozial in einer Gemeinschaft integriert werden, aber auch individuell nach ihren Bedürfnissen lernen können. Geschützte Räume bleiben vorhanden, aber es wäre mehr Durchlässigkeit gegeben.

    Was du beschreibst, ist aber keine Inklusion sondern Integration auf dem herkömmlichen Weg, nur ernsthafter umgesetzt (was niemand bezahlen kann).


    Wenn du unglücklich über die jetzigen Bedingungen deiner Arbeit bist, was ich bestens verstehen kann, dann wären ggf. Freie Schulen eine Alternative für dich. Nur im strukturierten aber offenen Unterricht mit individuellen Lernzielen (-> Montessori) ist Inklusion m.E. möglich.

  • Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob FLIXE allgemeines Rumgejammere über Inklusion weiterhilft...
    Inklsuion kann möglicherweise funktionieren, wenn die entsprechenden Ressourcen sowie das Fachpersonal zur Verfügungen stehen und wenn alle mitmachen (wollen). Ich denke auch, dass es an einigen Schulen besser klappt, als von dir, FLIXE, geschildert. Ich habe mit meiner Ausbildungsschule auch kein gutes Beispiel gesehen, muss ich allerdings einräumen. Ich wurde als Gym-Referendar alleine in I-Klassen gesetzt und durfte die I-Kinder mal so eben mitfördern.
    Ich würde dir, FLixe, raten, etwas mehr Verständnis für die Regelschullehrer aufzubringen. Denn sehr vielen fehlt die Zeit, die Ausbildung und das Können (und natürlich auch oft die Motivation), um richtig zu differenzieren. Da die Schule / Schulleitung kein wirkliches Konzept hat, ist jeder Lehrer auf sich alleine gestellt. Zu differenzieren ist da bei einer vollen Stelle auch nur schwer zu bewerkstelligen. Möglicherweise haben einige Lehrer auch nicht so viel Lust, sich von einem Berufsanfänger (bist du das?) kritisieren zu lassen. Ich würde versuchen, den Lehrern zu vermitteln, dass es dir nicht darum geht, ihren Unterricht kritisch zu beurteilen (auch wenn du das insgeheim vielleicht machst), sondern dass du gerne mit ihnen zusammenarbeiten möchtest. Vielleicht reicht es, wenn dir zumindest vor der Stunde das Thema genannt wird oder du die I-Schüler ab und zu aus dem Unterricht rausnimmst (ich kann mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen, dass irgendein Lehrer was dagegen hat, 5 Schüler weniger in der Klassen zu haben).
    Ich würde also insgesamt etwas behutsam vorgehen. Auch wenn du mit deinen Kritikpunkten am Unterricht möglicherweise Recht hast, wirkt es vielleicht auf einige (ältere?) Lehrer etwas anmaßend, wenn du ihren Unterrichtsstil kritisierst, den sie seit Jahrzehnten durchführen.
    Sieh es als Herausforderung. Vielleicht findest du mit der Zeit auch "Verbündete" und kannst langfristig eine Arbeitsgruppe zum Thema Inklusion ins Leben rufen.


    Liebe Grüße,
    Sofie

  • Zitat Sofie :

    Zitat

    Vielleicht findest du mit der Zeit auch "Verbündete" und kannst langfristig eine Arbeitsgruppe zum Thema Inklusion ins Leben rufen.

    Na klar, als wenn die 28 Std. Unterricht/Woche eine Kleinigkeit wären und wir Kollegen mal eben so eine (zeitaufwändige) Arbeitsgruppe ins Leben rufen würden, von den bereits vorhandenen außerunterrichtlichen Verpflichtungen mal abgesehen ! So eine Arbeitsgruppe würde auch ohne mich stattfinden.


    Aber gut zu wissen, dass es Kolleginnen gibt, die (wahrscheinlich) über ihre eigentliche Unterrichtsverpflichtung hinaus noch freiwillig Arbeitsgruppen bilden, um den allein von den Bildungspolitikern verursachten (pädagogischen) Irrweg und Desaster umzusetzen versuchen , sich dabei arbeitskräftemäßig verheitzen und darüberhinaus versuchen, im Kollegium einen subtilen moralischen Druck aufzubauen.


    Noch schöner zu wissen, dass wir kritischen und konservativen Kollegen diese inklusionseifrigen Kolleginnen dann wegen selbstverschuldeter Krankheit/Burn-Out so sicher verteten müssen wie das Amen in der Kirche rezitiert wird. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    Einmal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • Ich arbeite an einer Kölner Hauptschule, die sich - zumindest formal - als Inklusionsschule bezeichnet. Ob es theoretisch ein funtionierendes Inklusions-Konzept gibt, kann ich tatsächlich nicht beurteilen. Sicher wird es das geben. Das, was an unserer Schule praktiziert wird, hat mit Unterricht rein gar nichts mehr zu tun. Ausgehend davon, dass eine halbwegs intakte und hinsichtlich ihrer Lernfähigkeit auch ansatzweise homogene Lerngruppe den einen oder anderen schwächereren Schüler auffangen, motivieren und zu Lernerfolgen anregen kann, "stopft" unsere Leitung im Verein mit einer - vorsichtig gesagt - weitgehend "planlosen" Schulverwaltung alle Problemfälle in einen Klassenverband, garniert ihn mit einem halben Dutzend Förderlehrern, die hinter vorgehaltener Hand allesamt zu Protokoll geben, dass sie froh wären, wenn sie wieder weg wären. Problem: Die mit Blick auf die HS von gestern noch als "normal" zu bezeichnende Lerngruppe erfüllt in weiten Teilen den Tatbestand des "besonderen Förderungsbedarfes". Im Unterricht sitzen also die F-KollegInnen in der Regel dabei, versuchen hier und da, Schlimmeres zu verhindern, können aber de facto nicht wirklich etwas bewirken. Dass der normale Hauptschüler kaum in der Lage ist, einem noch weit lernschwächeren Kandidaten zur Seite zu stehen, wird sicher jeder bezeugen, der einmal das Vergnügen hatte, 8 Stunden in einer solchen Klasse zu unterrichten. Ach ja, wir sind auch noch VK-Schule, was bedeutet, dass in den genannten Lerngruppen reihenweise SuS sitzen, die kein einziges Wort Deutsch sprechen. Auch dafür gibt es sicher Konzepte und Personal. Unsere SL sowie das sog. "Kompetenzteam" des Schulamtes danach befragt geben stets lyrische Vorträge zu Besten, die leider das Niveau von Hallervordens "Palim palim" selten übersteigen. Ein Desaster, dem jeder, der nicht unmittelbar vor der Pensionierung steht, nur durch die Flucht über einen Versetzungsantrag zu begegnen versucht.

    __________________________________________________________________
    Konservatismus entsteht auf der Grundlage von Bequemlichkeiten. Maxim Gorki

  • Erster I-Helfer bereits entlassen, weil überfordert und nicht ausreichend ausgebildet. FS-Kollege immer deutlicher der Meinung, dass das nicht geht mit 2 der 3 I-Kinder. Ersten Kollegen werden die I-Kinder schon aus dem Unterricht genommen. Nicht, weil die Kollegen die nicht unterrichten können, sondern weil die Kinder wirklich nichts können und permanten stören, rumlaufen, schreien etc. I-Helfer auch in zweiter Garnitur überfordert. Hier geht die Inklusion nicht vom Kind aus. Alle Parteien verlieren in diesem konkreten Fall gewaltig.


    Toll.....

    • Offizieller Beitrag

    Bei uns ist es ähnlich. Ich kann hier nicht ins Detail gehen, aber es läuft momentan sehr sehr schlecht (trotz intensivster Vorbereitung, motivierten Kollegen, viel Zusatzarbeit für die betroffenen Kollegen). Auch wenn ich nicht direkt betroffen bin, wirkt sich diese Inklusionsgeschichte aßerdem momentan auf die ganze Schule aus: Wir haben immer mehr verhaltensauffällige Schüler, die normalerweise wohl ein AO-SF bekommen hätten oder bekommen würden und die wir nur in den anderen Klassen mit beschulen müssen; immer mehr Schüler, die einen Förderbedarf haben, aber die zielgleich unterrichtet werden und somit nur die minimale Förderlehrerbetreuung haben - es ist für alle Beteiligten extrem belastend. Sowas wie dieses Jahr habe ich an meiner Schule noch nicht erlebt. :angst:

  • Schön, dass hier noch ein bisschen was geschrieben wird.


    Tja, wie lange wird dieser Zirkus noch dauern? Ich weiß es nicht. Ich weiß aber, dass meine Stelle an dieser Schule nur befristet ist und ich mit viel viel Glück im Februar wieder an einer Förderschule (Hören) landen werde. Daher muss ich leider sagen, dass ich als Förderlehrerin in der Inklusion aufgegeben habe. Ich mache jetzt einen auf Nachhilfelehrer und halte das jetzt einfach aus... Nicht schön für die I-Schüler, aber besser für meine eigene Gesundheit.


    Ja, ich bin Berufsanfänger und ich maße mir überhaupt nicht an, die Regelschulkollegen zu kritisieren. Denn ihr Unterricht passt durchaus zu ihrer Zielgruppe. Und genau an diesem Punkt kommen wir einfach nicht zusammen. Der Unterricht in einer Förderschulklasse sieht meistens gänzlich anders aus als in einer gemeinsamen Orientierungsstufenklasse. Daraus folgert, dass ich für das Recht von 3 Schülern gegen das Recht der Regelschullehrkraft mit 24 Schülern kämpfe. "Meine" Schüler können sich leider nicht anpassen und daher kann auch ich meine Vorstellungen nicht denen der Regelschullehrer anpassen. Ich bin also darauf angewiesen, dass der Unterricht sich mehrheitlich nach den I-Schülern richtet (Methoden, Tempo usw.). Das will und kann aber kein Regelschullehrer. Die einzige Lösung für mich lautet vollständig geöffneter Unterricht mit individuellen Arbeitsplänen für ALLE Schüler und ansonsten projektorientierter Werkstattunterricht.


    Übrigens ist momentan mein Hauptproblem, dass die I-Schüler unbedingt das Gleiche arbeiten wollen, wie alle anderen Schüler auch, dieses aber nicht leisten können. Sie sind also tagtäglich stark frustriert über ihr eigenes Unvermögen. Dies äußert sich wiederum von massivem Stören bis hin zu Essstörungen usw... Man muss also durchaus auch damit leben können, 9 Schuljahre lang immer der letzte in der Klasse zu sein.


    Eine Frage habe ich noch an die NRW-ler, bei denen die Förderschüler aufs Gymnasium gehen. Die haben doch auch ein Recht auf ihre eigene Stundentafel. Wer unterrichtet dann eigentlich das Fach Arbeitslehre und die entsprechende Anzahl von Unterrichtsstunden in den Hauptfächern? Was ist mit Praktika und Berufsorientierung? Ich meine, Latein und Englisch ist ja eigentlich nicht vorgesehen. Der Lehrplan gilt ja eigentlich für den jeweiligen Bildungsgang als gesetzlich verbindlich... Gilt das für I-Schüler alles nicht mehr???

  • Was hat sich eigentlich durch diesen ganzen bildungskommunistischen Zirkus, inklusive Inklusion, in NRW an den einzelnen Schulen verändert ?


    Ich kann zumindest für unsere Schule sprechen : Noch vor ein paar Jahren im Vergleich zu heute ein wesentlich entspannteres Arbeiten. Im Schulalltag hat sich das u.a. so ausgewirkt, dass wir noch die Kraft und Muße gehabt haben, z.B. nach Unterrichtsschluss bei einem Käffchen über dieses und jenes Problem zu sprechen und Lösungsansätze in Gang zu setzen. Auch haben wir uns ab und zu Zeit genommen, um mit Schülern über dieses und jenes zu besprechen. Manchmal hat man nach 13 Uhr ab und zu den Raum verschönert. Es war auch kein Problem, wenn Eltern zu einem kurzen Gespräch spontan erschienen sind. -Kein einziger Kollege hatte dabei auf die Feierabenduhr geschaut.


    Kurzum : Eine Atmosphäre geprägt von Sich-Wohlfühlen, Menschlichkeit und Zeit für Menschen.


    Heute : Druck von oben. Abspulen von bürokratischen Formalismen als immer zentralere Aufgabe. Ständiger moralisierender Druck hinsichtlich individueller Förderung und Inklsusion , bei gleichzeitiger Vergrößerung der Klassen (mittlerweile 34 Schüler/Klasse in den 5er Jahrgängen) und zunehmend maroder werdende Ausstattung sowie deutliche Reduzierung der Schulsozialarbeit. Der schulpsychologische Dienst in unserer Stadt wurde fast ganz eingestellt. Häufigere Dienstgespräche und Konferenzen. Subtiler moralischer Druck, in Arbeitsgruppen tätig zu werden, die letztendlich, außer dem Abspulen von bildungskommunistischen Parolen und Papierkrieg, überhaupt nichts Positives in Gang setzen...Das Gefühl von einer bildungspolitischen Obrigkeit regiert zu werden, die uns Lehrer in keiner Weise wertschätzt und dessen Worthülsen nicht mehr wahr und wert sind als damals die SED-Propaganda in der DDR.


    Die o.g. engagierten Kollegen heute ? Abgekämpftheit, schlechte Stimmung. Das Gefühl eines Hamsters im Laufrad. Mit der Folge, dass (fast) alle Kollegen auf Glockenschlag 13 Uhr das Schulgebäude fluchtartig verlassen und überhaupt keine Kraft und Lust mehr verspüren, sich wie o.g. zusätzlich zu engagieren.-Dienst nach Vorschrift !


    Das hat die rotgrüne NRW-Regierung gut hingekriegt ! Meine Hochachtung ! 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Heute : Druck von oben. Abspulen von bürokratischen Formalismen als immer zentralere Aufgabe. Ständiger moralisierender Druck hinsichtlich individueller Förderung und Inklsusion , bei gleichzeitiger Vergrößerung der Klassen (mittlerweile 34 Schüler/Klasse in den 5er Jahrgängen) und zunehmend maroder werdende Ausstattung sowie deutliche Reduzierung der Schulsozialarbeit. Der schulpsychologische Dienst in unserer Stadt wurde fast ganz eingestellt. Häufigere Dienstgespräche und Konferenzen. Subtiler moralischer Druck, in Arbeitsgruppen tätig zu werden, die letztendlich, außer dem Abspulen von bildungskommunistischen Parolen und Papierkrieg, überhaupt nichts Positives in Gang setzen...Das Gefühl von einer bildungspolitischen Obrigkeit regiert zu werden, die uns Lehrer in keiner Weise wertschätzt und dessen Worthülsen nicht mehr wahr und wert sind als damals die SED-Propaganda in der DDR.



    100% bei uns genauso. 100%!!!

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