Inklusion - Ich könnte "brechen".

  • ... Hallo zusammen,


    viele von euch sprechen mir soooo aus der Seele. Obwohl die "Inklusion" bei uns auch Vorteile bietet (Reflexion des eigenen Unterrichts...), sehe ich insgesamt eine deutliche Verschlechterung der Arbeits- und Lernbedingungen für alle Seiten. Hier mal einige Beispiele:


    1. Die Klassen sind deutlich schwieriger geworden. Wenn ein Kollege in Erwägung zieht, berechtigterweise einen AOSF-Antrag zu stellen, heißt es nur noch: "Nein, das einzige, was du damit erreichst, ist, dass die GU-Klasse noch mehr schwierige/lernschwache Schüler hat!!!" - Und das stimmt auch!


    2. Die Zeit, die man sonst für seine Schüler aufbringen könnte - für "normale Differenzierung", Gespräche etc. geht jetzt "drauf" für Gespräche/E-Mails/Nachbesprechungen mit Sonderpädagogen und Gespräche über GU-Kinder.


    3. Man hat das Gefühl, gar nicht mehr "kognitiv" und "frontal" arbeiten zu "dürfen", weil dann ja die GU-KInder nicht mitkommen und das auch generell "schlechter Unterricht" ist.


    4. Die Inklusionskinder leiden und wissen genau, dass sie immer die schwächsten sind. Wenn alle über Abschlüsse reden, schweigen sie. Wenn die anderen Kinder über Noten reden, schweigen sie.


    5. Generell ist der Unterricht sehr unruhig geworden: Offene Unterrichtsformen, "Team-Teaching", Unterricht zu zweit ist nicht immer förderlich. Besonders dann nicht, wenn das Team vorher keine Zeit hatte, den Unterricht gemeinsam zu planen.


    etc. etc. etc.
    Uns fehlt das Material, die Ausbildung, die Zeit, die Vergütung, die Anerkennung, der Erfolg.


    Generell wäre der richtige Weg, kleine "Inklusionsgruppen" einzurichten (z. B. für die Hauptfächer) und die Kinder in Fächern wie Hauswirtschaft, Kunst, Musik, Religion, Sport etc. gemeinsam zu unterrichten. Warum soll das nicht gehen? An Haupt- und Gesamtschulen gibt es doch ohnehin Differenzierungskurse (Grund-/Leistungskurse) - warum soll nicht auch ein Kurs angeboten werden, der quasi die "Basiskenntnisse vermittelt? Ich versuche tatsächlich, das so ähnlich umzusetzen (zum Beispiel in Mathe) und erste Erfolge zeigen sich: Die "lernbehinderten" Kinder haben auf ihrem Niveau Erfolge, machen Fortschritte und entwickeln Selbstbewusstsein. Als sie am regulären Matheunterricht teilgenommen haben, haben sie kein Wort verstanden - unabhängig davon, ob zwei Lehrer im Raum waren oder nicht.

    • Offizieller Beitrag

    Meine" Schüler können sich leider nicht anpassen und daher kann auch ich meine Vorstellungen nicht denen der Regelschullehrer anpassen. Ich bin also darauf angewiesen, dass der Unterricht sich mehrheitlich nach den I-Schülern richtet (Methoden, Tempo usw.). Das will und kann aber kein Regelschullehrer.

    Wie soll denn dann Inklusion theoretisch laufen? Ich spreche jetzt wirklich mal vom Idealfall. Regelschulen, die in der Regel mehr oder weniger gut funktionieren, können doch jetzt nicht wegen wenigen I-Kindern völlig umstrukturiert werden. Wir haben nun mal das Fachlehrerprinzip (das ich übrigens auch für unsere Schüler nicht immer vorteilhaft finde) und es unterrichten im Normalfall 10 Kollegen in einer Klasse. Da kann man doch kaum anders arbeiten. Als Klassenlehrer, der 10 oder mehr Stunden in seiner Klasse hat und einen festen Raum hat, in dem man Sachen lagern kann etc. geht das vielleicht bedingt, aber in der jetzigen Situation geht das kaum.


    Ich muss noch mal dazu sagen, dass ich nicht zu dem Team gehöre, das direkt von dem Inklusion betroffen ist und deshalb keine Fortbildungen dazu besucht habe, aber ich dachte immer, dass versucht wird, die I-Schüler im Rahmen einer normalen Binnendifferenzierung im Regelunterricht zu integrieren (teilweise dann eben mit leichteren Aufgaben), dass die Regelschullehrer v.a. für die Regelkinder zuständig sind und die Sonderpädagogen für das Material der I-Kinder und auch dafür, mit diesen die Regeln so weit zu besprechen, sie insofern zu unterstützen, dass sie in die Klasse integrierbar sind. Ist dies wirklich gänzlich unmöglich, dann muss das Kind wieder an die Förderschule.


    Wir hatten ja schon vor der Inklusion teilweise Kinder, die nach unseren normalen Lehrplänen unterrichten wurden und teilweise "Rückläufer" von der Förderschule waren oder autistische Kinder oder verhaltensauffällige Kinder, die aus verschienden Gründen einfach viel zusätzliche Betreuung brauchten, um in der Regelschule mitzukommen. Mit diesen Kindern war es teilweise nicht leicht, aber im Großen und Ganzen hat das funktioniert. Ist das jetzt völlig anders vorgesehen? Sind wir wirklich angewiesen, uns völlig umzustellen und im Extremfall 29 Kinder an eines anzupassen? Ich frage nach, weil mir das wirklich nicht klar ist und wir an der Schule auch nicht mehr wissen, ob sich jetzt das ganze System ändert.


    Wir sind als Fachlehrer ausgebildet (der pädagogische Anteil in meinem Studium war sehr gering, der fachliche Anteil sehr hoch, didaktisch und methodisch wurden wir schon umfassend ausgebildet, aber nicht diagostisch und eben nicht sonderpädagogisch), wir haben einen Lehrplan, der mit unsere jetzigen Regelschülern kaum zu erreichen ist. Wir haben räumlich, personelle etc. Rahmenbedingungen, die sehr schwierig sind, in einer Klasse bei uns durchschnittlich vielleicht 3-5 Kinder mit AD(H)S (davon haben wir an der Realschule sehr viele Kinder, die ohne diese Erkrankung wahrscheinlich an einem Gymnasium wären), circa. 3-10 Kinder mit LRS pro Klasse, sind als Lehrer vielleicht 4 Wochenstunden in einer Klasse, als Klassenlehrer können es auch mal 6 Stunden sein, wir können froh sein, wenn wir einen Raum haben, in den wir mit der gesamten Klasse reinpassen und der einen richtigen Boden und richtige Wände hat (auch das ist nicht immer so), die Ausstattung besteht aus einem Lehrbuch, einer Tafel und Kreide, teilweise einem OHP aus den 70er Jahren...


    Wie ist das denn theoretisch vorgesehen? Hat einer von euch entsprechende Fortbildungen besucht und weiß, wie das im Idealfall gedacht ist? Wie weit müssen wir denn gehen, welche Kinder müssen wir denn bei uns beschulen und gibt es auch Grenzen? Und was können wir Lehrer tun, wenn es denn nicht klappt?

  • @ Referendarin


    Von hier kann ich zu zwei Klasesn mit I-Kindern berichten.


    Je nach Grad der Behinderung werden sie zielgleich oder zieldifferenziert unterrichtet. Alles funktioniert aber m.E. nur unter bestimmten Bedingungen, die im Alltag nicht (immer) machbar sind:


    1. Klassenlehrer, Fachlehrer, FS-Kollege und I-Helfer arbeiten eng zusammen. Setzt voraus, dass alle motiviert sind, Zeit sowie Gelegenheit für Gespräche und Absprachen haben und auch in der Schule sind. Mit FS-Kollegen, die nur stundenweise da sind und mit nicht oder schlecht ausgebildeten, überforderteten I-Helfern klappt das nicht. Bitte auch bedenken, was Elternschreck weiter oben zu grundsätzliche gestiegenen Belastung der Regelschullehrer schreibt. Wie soll man da noch Zeit finden?


    2. FS-Kollege bringt geeignetes Material. Wie du schon schreibst haben wir mit anderen Schwerpunkten studiert. Uns fehlen viele Kenntnisse im Umgang mit und dem Unterricht von Kindern mit wie auch immer gelagertem Förderbedarf. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe noch so im Vorbeigehen die Fähigkeiten zu erwerben, Kinder mit z.B. starker geistiger Behinderung mit sinnvollem Material zu versorgen. Kann ich nicht. Ich habe schon genug mit dem Klientel der Regelschulklasse zu tun. Ich bin auch entsetzt, ehrlich gesagt, wenn ich einen Kollegen mit zwei naturwissenschaftlichen Fächern sehe, der mit dem FS-Kollegen durchspricht wie man den Kindern Lesen beibringt (einfachstes Silbenmaterial mit vielen Bildchen etc. pp.) Kollege ist Klassenlehrer in einer I-Klasse, in der einige I-Kinder wirklich nichts können, dafür aber schön stören im Unterricht und am GYM beschult werden.


    3. Wie du schon schreibst fehlen uns Ausstattung und Stunden in den betreffenden Klassen. Der Alltag mit den Regelschulkindern ist schon schwierig genug geworden. Ich denke, dass wissen wir alle. Abgesehen davon: Allein die Tatsache, dass an Gymnasien Sozialpädagogen nötig sind und auch der inzwischen der Sparpolitk zum Opfer gefallene Schulpsychologe eigentlich dringend erforderlich wäre, lässt mich erschaudernd daran denken, was das Gymnasium einmal war. Hinzu kommen noch die Reform-Säue und Arbeitsgruppen-Schweine, die alle nasenlang durchs Schultor getrieben werden.


    Wir erleben die Inklusion gerade von zwei Seiten. Eine Klasse mit sehr guten, motivierten, leistungstarken Kids mit fast durchgehend problemlosem Verhalten nebst 2 I-Kindern, die in trotz geistiger Behinderung viel können auf der einen Seite. Eine Klasse mit absolut normaler Zusammensetzung (s. auch deine Beschreibung oben) und mehreren geistig teils sehr stark behinderten I-Kindern, die alles stören, deutlich den Alltag erschweren und allen durcheiander bringen. Das klingt jetzt hart, aber wenn sich inzwischen schon die in der Klasse unterrichtenden Kollegen gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben, I-Helfer aufgerieben werden und es zwischen ihnen Streit mit Kollegen gibt und auch der FS-Kollege stark am Sinn der Inklusion dieser Kinder zweifelt - was soll das dann? Wir hatten Glück beim ersten Durchlauf, aber Runde 2 geht gar nicht und bringt Unfrieden in der Klasse, im Kollegium.


    Ich sehe das alles skeptisch und werde versuchen mit so gut es geht aus den I-Klassen rauszuhalten.

    • Offizieller Beitrag

    Danke für deinen Bericht.


    Was genau ist denn die Aufgabe der Förderlehrer? Sich dafür stark machen, dass wir die I-Kinder wahrnehmen und den Unterricht so umstellen, dass diese mitkommen (was im schlimmsten Fall bedeutet, sich zwischen vielen schwierigen Schülern völlig zu "zerteilen"), Arbeitsblätter anzupassen?


    Und inwiefern sind wir Lehrer denn zur Inklusion verpflichtet und wie weit geht diese Pflicht? Müssen wir alle Kinder, die inklusiv beschult werden sollen, aufnehmen und behalten oder gibt es Grenzen (von Gefährdung der anderen und anderen juristisch eindeutigen Gründen mal abgesehen)?

  • Die Förderlehrer besprechen sich mit den Fachlehrern, welche Themen etc. unterrichtet werden sollen. Auf Grund ihrer Kenntnisse der I-Schüler sagt der Förderkollege, dann, was geht oder wo die I-Kinder an ihre Grenzen stoßen und wo daher ein anderer Zugang gefunden werden muss bzw. anderes Material zum Einsatz kommen soll. Die Punkte Zugang und Material werden bei uns so gehandhabt, dass die I-Kinder dann beispielsweise die Einführung ein Thema mit allen anhören, der Förderlehrer dann aber auf die Bedürfnisse der Kinder angepasst den Einstieg oder den Zugang noch einmal spezieller aufbereitet. Die I-Kinder sind dann entweder im Raum mit den anderen oder auch mal in einem anderen Raum. Wenn Material nötig ist, das nicht zielgleich ist, dann bearbeiten die Kinder das im laufenden Unterricht. Mti anderen Worten: Der Förderlehrer schaut, wie man das jeweilige Thema so gut wie möglich auf die I-Kinder und ihre Bedürfnisse zuschneidet. Je nach Sachlage bringt er dann Material an oder der Fachlehrer baut was um oder beide entwickeln zusammen war. Hängt auf vom Fach ab.


    Das mit dem "Mitkommen" ist so eine Sache. Die Kinder unserer ersten I-Klasse können verhältnismäßig viel und werden auch mit entsprechend leichteren Arbeitsaufträgen in ganz normalen Gruppenarbeitsphasen zu den Regelschülern gesteckt. (Anzumerken aber immer: diese Klasse ist ausgesprochen gymnasial, s. mein Beitrag oben. Die andere I-Klasse hat da gegen schon genug mit sich zu tun und muss dann noch diese I-Kinder einbauen, die wie gesagt am sehr weit unteren Ende der kognitiven Skala einzusortieren sind. Können nicht schreiben, nicht lesen, kaum sprechen. Wie soll da Gruppenarbeit gehen?!?!?)


    Verpflichtet? Ahm, ja. Ich kann hier was zur Unterrichtsverteilung bei uns sagen.


    Erste Garnitur (= die Musterklasse): Kollegen individuell von höchstmotivierter KL angesprochen und mit Absprach der SL handverlesen. In Kombination mit der bereits beschrieben Schülerschaft dieser Gruppe und den vergleichsweise guten I-Kindern konnte da wenig schief gehen.


    Zweite Garnitur (=problematische Klasse): Es herrschte hier zunächst die Meinung, dass alle Kollegen jetzt da rein können sollten. Nach dem Motto, das muss jeder können. Wir haben ja auch eine Fortbildung an einem Vormittag (= Wikipedia mit Powerpoint aufgepeppt.....). Dann bekamen die Beteiligten KLs (Team) wohl kalte Füße und nach erfolgten Unterrichtsverteilungskonferenzen wurden einige Kollegen schleunigst wieder aus dieser Klasse genommen und durch andere, in den Augen der "Macher" (KL und zweite KL) durch andere Fachlehrer ersetzt. Kann also doch nicht jeder. Ist aber auch nicht der wahre Jakob, weil einige der Fachlehrer, die sich in der Musterklasse als geeignet gezeigt haben, bei der anderen Klasse schon mit den Nerven fertig sind.


    Mit dem kommenden Schuljahr soll dann aber jeder Kollege in der I-Klasse unterrichten können / sollen. Es wird auch nicht mehr expliziz darauf hingewiesen, welche der Klassen das ist. Ich wette, dass doch wieder rumgetauscht wird....


    Wie ich die Lage derzeit durchschaue (man möge mich da bitte für NDS korrigieren!) zählt der Elternwille. Hat das Kind wie auch immer gelagerten Förderbedarf, kann es egal weg auf das Gymnasium. By the way: die IGS in der Nachbargemeinde weigert sich I-Kinder aufzunehmen. Auch nett....... Ob die Schule das dann wuppen kann ist eine andere Frage. Am Beispiel unserer 2. I-Klasse kann man nur sagen, dass zwei der I-Kinder ganz eindeutig viel besser in der Förderschule aufgehoben wären. Wir können diese Aussage treffen, weil wir eben auch eine Klasse mit anderen I-Kindern zum Vergleich haben, wo es gut klappt und sowohl diese Kinder als auch die Regelschüler und (!) auch die Kollegen profitieren. Ich bin selber seit Schuljahresbeginn in der Klasse, freiwillig, und merke, dass ich da noch das ein odere andere auch für den Regelunterricht mitnehmen kann.


    Unter dem Strich: Die Eltern sollten wirklich vom Kind und dessen Wohl sowie seinen Zukunfschancen im Alltag ausgehen, als partout den Anspruch auf Inklusion durchzureiten.

  • Ich möchte hier auch mal eben brechen:


    In meiner Klasse befinden sich 29 Kinder.
    Davon haben 2 ADS, 3 LRS, eins den Förderbedarf E und dazu kommen für
    mich und den Sonderpädagogen noch ca. 7 Kinder mit einer Lernschwäche (nicht diagnostiziert). 8
    Kinder sind wegen ihres katastrophalen Sozialverhalten (nicht der
    E-Schüler) in der wöchentlichen Sitzung bei den Sozialarbeitern. Ich
    weiß momentan einfach nicht mehr, wie ich dem Ganzen gerecht werden
    soll.
    Ein AOSF Verfahren brauchen wir nicht anstreben. Unsere Schule ist quasi voll. Jedes Kind, das nun noch einen Förderbedarf erhält, muss die Schule wechseln. Sie kämen auf unsere Förderschule. Die macht nur leider nächstes Jahr zu. Dann müssen die Kids wieder auf eine Regelschule :( Was mache ich nun also? Trotzdem einen Antrag stellen und die Kids der Bürokratie überlassen? Oder quäle ich mich die nächsten sechs Jahre irgendwie durch diese Situation?


    Leider sehe ich derzeit viele meiner Kids auf einem Stand von 2.
    Klässlern (ich habe allerdings ein 5. Schuljahr). Sowohl vom Arbeitsverhalten, Sozialverhalten als auch
    teilweise vom Wissensstand (Ich habe die Kids in Deutsch. Viele setzen
    nie Punkte oder schreiben Satzanfänge grundsätzlich klein, viele
    schreiben alle Wörter klein. Arbeitsaufträge wie: "Schreibe ab!" werden
    hinterfragt/nicht verstanden. Aufgabenstellungen werden häufig nicht gefunden. Wenn ich
    sie auffordere, ihren Collegeblock herauszuholen, fragen nach 12 Wochen
    Schule immer noch viele, ob es der karierte sein soll. Acht Kinder
    müssen mir seit 3 Wochen die notierten Hausaufgaben vorzeigen, da sie
    dies trotz mehrfacher Aufforderung immer wieder vergaßen. In diesen drei
    Wochen kam noch nie ein Kind, ohne dass ich es mind. 2x dazu
    aufgefordert habe. Sie machen das nicht absichtlich, sie gucken mich
    wirklich verwirrt an und ich muss sie jeden Tag aufs Neue daran
    erinnern.). In Mathematik, Naturwissenschaften und Gesellschaftslehre
    höre ich von ähnlichen Problemen. Einige Kinder schreiben z.B. im
    Matheheft auf beiden DIN A4 Seiten. Sie beginnen auf der linken Seite
    und schreiben die Zeile über die Seite hinaus, bis zum Ende der rechten
    Seite. Die Wörter und Zahlen nehmen dabei bis zu 5 vertikale Kästchen
    ein. Datum, Seite und Nummer notieren ca. 7 Kinder aus meiner Klasse.
    Wegen des Sozialverhaltens sind nun bereits zwei Sozialarbeiter eingespannt, die wöchentlich mit den Kids arbeiten.


    Das Arbeitsverhalten versuche ich zu trainieren, doch stoße dort am deutlichsten an die Grenzen der Kinder (siehe oben).
    Ich arbeite nun seit 2 1/2 Jahren im GU und habe schon häufig mit Kinder
    mit Förderschwerpunkt LE und GE zusammen gearbeitet. Bei diesen Kindern
    habe ich genau das Verhalten beobachtet, das viele meiner jetzigen Schüler
    aufzeigen. Nur das ich die zielgleich unterrichten soll und keinen
    Anspruch auf Unterstützung durch einen Förderpädagogen habe.


    Gerne würde ich die besagten Eltern darauf ansprechen, ihre Kinder bitte
    einmal testen zu lassen. Doch weiß ich, dass ich die Kids dadurch ins
    Aus stoßen würde. Ich könnte momentan wirklich nur noch brechen!!!

  • Warum macht Ihr Euch über die Inklusion überhaupt noch Kopfschmerzen ? Das machen die verantwortlichen Bildungspolitiker doch auch nicht. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • ich nehme an, weil man jeden tag damit konfrontiert wird, dass man keinem der kinder in der klasse unter diesen bedingungen auch nur ansatzweise gerecht werden kann und man deshalb permanent oder wenigstens fast permanent das gefühl hat, einen schlechten job zu machen/diese kinder im stich zu lassen/teil eines komplett maroden systems zu sein.

  • Zitat

    Viele setzen
    nie Punkte oder schreiben Satzanfänge grundsätzlich klein, viele
    schreiben alle Wörter klein.


    So sah ein Teil meiner Lateinklassenarbeiten im Jg. 6 aus, als ich letztes Jahr an einem Gymnasium gearbeitet habe. Von welcher Schulform sprichst Du?


    Ich traue mich hier ja schon gar nicht mehr zu schreiben, dass Inklusion an der Schule, an der ich nun arbeite, sehr gut funktioniert, weil wir ca. 90% der Unterrichtszeit Doppelbesetzung haben (derzeit noch; mal sehen, was uns das 9. SchrÄG beschert ...).

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Ich arbeite an einer Sekundarschule. Bei uns kommen Schüler mit allen Schulempfehlungen zusammen. Das Erschreckende ist, dass die Kinder mit Realschulempfehlung so schreiben... Momentan habe ich das Gefühl, einen didaktischen Spagat vollführen zu müssen.

  • Zitat

    die wie gesagt am sehr weit unteren Ende der kognitiven Skala
    einzusortieren sind. Können nicht schreiben, nicht lesen, kaum sprechen.

    Ich kann gerade nicht so recht einordnen, warum ein Schüler in Bayern, der bspw. in Mathe eine 4, in Deutsch eine 2 und in Sachunterricht eine 3 hatte (4. Klasse), die Hauptschule besuchen muss, bei euch dann aber am Gymnasium hingegen Kinder mit diesen Defiziten beschult werden können.


    Frage an die bayerischen Kollegen: Gibt es auch dort eine Inklusion ähnlich wie hier beschrieben?

  • Zitat

    Ich traue mich hier ja
    schon gar nicht mehr zu schreiben, dass Inklusion an der Schule, an der
    ich nun arbeite, sehr gut funktioniert, weil wir ca. 90% der
    Unterrichtszeit Doppelbesetzung haben (derzeit noch; mal sehen, was uns
    das 9. SchrÄG beschert ...).

    Jule: Das ist doch super! Wie viele Kinder hast du in der Klasse? So soll es doch auch eigentlich sein. Man ist in einer Doppelbesetzung und hat kleine Klassen, ansprechendes Material und Differenzierungsräume. Ich gönne dir das von ganzem Herzen! In meiner alten Schule war die Situation auch besser. Jetzt habe ich eine große Klasse, in einem winzigen Klassenzimmer, kein Material, keine Unterstützung bei der differenzierten Unterrichtsvorbereitung, keinen Differenzierungsraum. Alle Kinder sitzen wirklich gequetscht in diesem Raum und müssen irgendwie im gleichen Tempo laufen. Zufriedenstellend ist das für niemanden, erst recht nicht für die Kinder.

  • Ich kann gerade nicht so recht einordnen, warum ein Schüler in Bayern, der bspw. in Mathe eine 4, in Deutsch eine 2 und in Sachunterricht eine 3 hatte (4. Klasse), die Hauptschule besuchen muss, bei euch dann aber am Gymnasium hingegen Kinder mit diesen Defiziten beschult werden können.


    Frage an die bayerischen Kollegen: Gibt es auch dort eine Inklusion ähnlich wie hier beschrieben?


    Feliz, vielleicht hast du da was falsch verstanden. Die von mir beschrieben Kinder (s. Zitat oben) sind geistig behindert. Bei zweien liegt der IQ bei 50, einer hat IQ 60. D.h. es geht hier nicht um Hauptschule, Mathe 4, Deutsch 2 etc. weil zwei der Kinder gar nicht schreiben können, sie kritzeln nur wirre Zeichen. Lesen können sie auch nicht. Deutschnote = ????, weil Deutschunterricht im Regelschul-Sinn gar nicht möglich ist. Anderer unterricht auch nicht, so nebenbei.


    Sie werden hier am GYM beschult, weil in Niedersachsen seit Schuljahresbeginn die Inklusion gilt. D.h. Schüler mit wie auch immer geartetem Förderbedarf (körperlich behindert, geistig behindert, lernschwächen, sozial-emotional im Verzug in der Entwicklung) dürfen auch an andere Schulen (Hauptschule, Oberschule oder wie das nun alles heißt) als an Förderschulen, wo die Lehrer und der Unterricht auf genau DIE Bedürfnisse dieser Kinder ausgerichtet sind.


    Sie landen nun meistens am GYM, weil man landläufig davon ausgeht, dass die Gymnasiasten mit diesen Kinder freundlich umgehen. (Wurde beispielsweise auch so auf einer Gesamtkonferenz bei uns geäußert.) Soll heißen, das unterstelle ich jetzt mal: Das Kind muss kognitiv überhaupt gar nicht am GYM mithalten können, kommt aber trotzdem, weil man mit einem Inklusionskind in der Klasse tolle andere Dinge lernen kann. Zum Beispiel, dass nicht alle gleich sind, dass andere mehr Zeit brauchen etc, pp. Mit anderen Worten, die Eltern, die ihre Kinder inkludieren wollen, scheuen vor der Hauptschule zurück, weil sie Angst haben, dass die Schüler dort zu ruppig sind, die Lehrer überfordert oder was weiß ich.


    Dass gerade geistig behinderte Kinder an der Förderschule viel besser aufgehoben sein können, ist dabei egal. Wenn man sich die Lehrpläne dafür ansieht, sollte man eigentlich wissen, dass im gymnasialen Betrieb vieles davon gar nicht umsetzbar ist. Rotherstein hat dazu ohne Ende in ihrem Inklusionstagebuch geschrieben. Wir (versuchen zumindest) die Schüler auf das Abitur und das Studium vorzubereiten. Übungen in Köperhygiene, alltagspraktische Dinge etc. gehören nicht dazu. (Obwohl ich mir manchmal wünsche.... *g*).


    Wie gesagt, es hat nichts mit Noten in Hauptfächern oder Schullaufbahnempfehlungen zu tun. Die gelten nur für die Regelschüler.

  • Zitat

    Wie viele Kinder hast du in der Klasse?


    In den Inklusionsklassen 26 Schüler, 5-6 davon mit Förderbedarf verschiedenster Arten. (Und immer auch ein paar auffällige Kinder ohne offiziellen I-Status ...) Differenzierungsräume haben wir. Aber unser Anspruch ist eigentlich der, dass möglichst viel im Klassenverband stattfindet.(Wobei das je nach Förderbedarf und -plan auch anders gehandhabt werden kann.) Unsere Klassenräume sind aber auch recht groß.


    Inklusion von Schülern mit LE oder GE an Gymnasien gibt es bei uns, soweit ich weiß, (noch?) nicht. Das halte ich auch für wenig sinnvoll. Gerade so richtig praktische Fächer wie Hauswirtschaft und Technik sind doch für lernschwache oder geistig behinderte Schüler richtig gut und auch sehr wichtig.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Die von mir beschrieben Kinder (s. Zitat oben) sind geistig behindert. (...)


    Sie landen nun meistens am GYM, weil man landläufig davon ausgeht, dass die Gymnasiasten mit diesen Kinder freundlich umgehen. (Wurde beispielsweise auch so auf einer Gesamtkonferenz bei uns geäußert.) Soll heißen, das unterstelle ich jetzt mal: Das Kind muss kognitiv überhaupt gar nicht am GYM mithalten können, kommt aber trotzdem, weil man mit einem Inklusionskind in der Klasse tolle andere Dinge lernen kann. Zum Beispiel, dass nicht alle gleich sind, dass andere mehr Zeit brauchen etc, pp. Mit anderen Worten, die Eltern, die ihre Kinder inkludieren wollen, scheuen vor der Hauptschule zurück, weil sie Angst haben, dass die Schüler dort zu ruppig sind, die Lehrer überfordert oder was weiß ich.

    Welchen Abschluss werden denn die Inklusionskinder bekommen können? Werden sie bis zu 12. (13.?) Klasse mit beschult?


    Ab einem bestimmten Punkt ist es doch zielführender den Schwerpunkt auf andere Fächer als die vom Gymnasium angeboten/gefordert zu legen.


    Praktische Fächer (eben wie es sie an der Hauptschule gibt) wären doch sinnvoller. Oder gibt es die bei euch am Gymnasium auch?

  • Zitat

    Lesen können sie auch nicht. Deutschnote = ????, weil Deutschunterricht im Regelschul-Sinn gar nicht möglich ist. Anderer unterricht auch nicht, so nebenbei.


    Zitat

    Praktische Fächer (eben wie es sie an der Hauptschule gibt) wären doch sinnvoller. Oder gibt es die bei euch am Gymnasium auch?


    ???


    Ich glaube, die Botschaft von Post 1 ist doch klar: Schulischer Fachunterricht im Sinne eines Regelunterrichts ist nicht möglich. Ob Gym oder HS ist nicht das Thema. Die genannten Kinder (nicht alle Inklusionskinder) sind an den Regelschulen vor allem eins: Soziale Trainingsobjekte für die Mitschüler.

  • Ich kann gerade nicht so recht einordnen, warum ein Schüler in Bayern, der bspw. in Mathe eine 4, in Deutsch eine 2 und in Sachunterricht eine 3 hatte (4. Klasse), die Hauptschule besuchen muss, bei euch dann aber am Gymnasium hingegen Kinder mit diesen Defiziten beschult werden können.


    Frage an die bayerischen Kollegen: Gibt es auch dort eine Inklusion ähnlich wie hier beschrieben?


    nein, gibt es nicht. es gibt gymnasien (sehr wenige), die körperbehinderte schüler aufnehmen (und entsprechend ausgestattet sind und das auch schon seit den 70ern tun), auch finden sich häufiger mal leute mit verhaltensauffälligkeiten (ich hatte z.b. 2x bisher diagnostizierte autisten im gymnasium sitzen, einer äuffällig, einer extrem auffällig, aber machbar, und beide kognitiv extrem gut), aber sicherlich niemand mit ersnthaften lernschwieirgkeiten (außer die eltern sind sehr erpicht auf ein abitur und stützen ständig per nachhilfe und druck aufs kind - das geht aber erfarungsgemäß eher selten bis zum abitur gut). gymnasium heißt hier 2,33 in m/d/sachunterricht im übertrittszeugnis oder bestandener probeunterricht am gymnasium. alternativ gibt es auch noch privatschulen, die alle nehmen, die zahlen, aber wie es dort zugeht, kann man sich ja dann denken.

  • Welchen Abschluss werden denn die Inklusionskinder bekommen können? Werden sie bis zu 12. (13.?) Klasse mit beschult?


    Ab einem bestimmten Punkt ist es doch zielführender den Schwerpunkt auf andere Fächer als die vom Gymnasium angeboten/gefordert zu legen.


    Praktische Fächer (eben wie es sie an der Hauptschule gibt) wären doch sinnvoller. Oder gibt es die bei euch am Gymnasium auch?


    Tja, eine gute Frage. Abitur wird es nicht werden. So viel ist sicher, da die kognitiven Fähigkeiten nicht da sein wegen eben der geistigen Behinderung. Ich denke, die Schulzeit wird wohl mit der 9. Klasse oder 10. Klasse enden. Was da an Abschluss konstruiert wird, muss die Politik wohl noch festlegen.


    Sicherlich wären die praktischen Fächer sinnvoller, aber darum geht es nicht, denn:



    an den Regelschulen vor allem eins: Soziale Trainingsobjekte für die Mitschüler.


    Um mehr scheint es nicht zu gehen. Zumindest nicht bei der Ausstattung (Räume, Materialien, Lehrerstunden und -stellen etc.) und mangelnder Fortbildung von Regelschullehrer und I-Helfern, die derzeit herrscht.

  • Gerade so richtig praktische Fächer wie Hauswirtschaft und Technik sind doch für lernschwache oder geistig behinderte Schüler richtig gut und auch sehr wichtig.

    Halte ich für ein Gerücht. Selbst Technikunterricht (dazu zähle ich mal alle MINT-Fächer) sind gerade nicht nur praktisch. Zur Praxis gehören nämlich auch theoretische Grundlagen und die sind nicht ohne. Man denke da nur an die Physik oder Mathematik.
    Ich weiss, dass es an Haupt- u. Realschulen oft genauso genannt wird, aber eine Office-"Produktschulung" ist kein Informatikunterricht (auch nicht an einer Realschule). Gerade in den technischen Fächern fehlen doch die Lehrer, fachfremd gearbeitet wird und so gar kein richtiger technischer Unterricht stattfinden kann.

Werbung