Inklusion - Ich könnte "brechen".

  • Also bei uns in NRW an der Gesamtschule gehört das Fach Technik zur Arbeitslehre und ist durchaus sehr praktisch angelegt. Natürlich gehört auch Theorie dazu, aber ich denke schon, dass ein Förderschüler mit einem Bohrmaschinenführerschein durchaus mehr anfangen kann als beispielsweise mit einer Gedichtsanalyse. Und bei uns unterrichten Technik nur Fachkräfte, andere dürfen es aus Sicherheitsgründen gar nicht.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Jule
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass in NRW die Arbeitslehre nur aus dem Umgang mit Bohrmaschinen besteht. Das Eqivalent heisst hier Arbeit-Wirtschaft-Technik und da ist so ziemlich alles Technische drin, für die Regionalschulen (Haupt- u. Realschulen) sogar Informatik (ist erst auf dem Gymnasium ein eigenständiges Fach) und natürlich ist das schon praktisch orientiert (immerhin ist auch die Berufsorientierung ein Teil davon), aber z.B. Benzinmotoren, Wirtschaftskreisläufe u. -funktionen, Getriebe, Bau u. Finazierung(-smöglichkeiten) von Gebäuden usw. können trotzdem nicht von geistig behinderten o. lernschwachen Menschen einfach so begriffen werden. Nützlich ist natürlich trotzdem ;)


    Das mit den "Fachkräften" war darauf bezogen, dass in den Regionalschulen, Lehrer Informatik unterrichten, die während ihrer Ausbildung kaum/keinen Kontakt zur Informatik haben. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Während der Informatiklehrer fürs Gymnasium Informatik studieren muss, ist dies bei AWT/Arbeitslehrelehrern nicht der Fall. Hier reicht es lediglich ein Modul zu besuchen bzw. einen Schein zum machen (ältere Lehrer haben nicht einmal das). Wie gut der Informatikunterricht dann wird liegt in der Motivation des Lehrers sich privat in diesem Bereich zu bilden. All zu oft wird dann darunter leider nur die Bedienung von Microsoft Word verstanden. Übrigens habe ich schon Lehrer für alle möglichen Fächer erlebt, die in Informatik an Regionalschulen "einspringen" mussten, da die Alternative schlicht gar kein Unterricht wäre.


    Ich glaube, wir schweifen nun etwas zu sehr ab. Ich wollte nur betonen, dass technische Fächer aus mehr bestehen als nur Holzklötzchen zu stapeln.

  • Naja, die Förderkinder mit Schwerpunkt Lernen und Geistiger Behinderung werden ja zieldifferent unterrichtet. Für sie gestaltet man den Unterricht praxisorientierte und reduziert die Theorie auf das, was eben möglich ist.
    Ja, Informatik fachfremd ist auch in NRW häufig. Aber dann eben auch meist in den Klassen 5-7. Und wenn ich mir so ansehe, was da gemacht wird, ist das tatsächlich eher Anwendung. Auch im Unterricht von Fachkräften.
    Für den Werkstattunterricht in Technik ist bei uns ein Schein zwingend erforderlich, sonst darf die Lehrkraft rein rechtlich mit Schülern den Technikraum nicht einmal betreten(!). Da wird zumindest bei uns sehr genau drauf geachtet.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Naja, die Förderkinder mit Schwerpunkt Lernen und Geistiger Behinderung werden ja zieldifferent unterrichtet. Für sie gestaltet man den Unterricht praxisorientierte und reduziert die Theorie auf das, was eben möglich ist.

    Ich habe Inklusion bis jetzt mit auffälligen (die ihre "Phasen" hatten, aber inhaltlich folgen konnten), aber nicht mit geistig behinderten Schülern erlebt. Ich stelle mir das daher ziemlich schwierig vor, denn eigentlich bleibt dir ja nur die Wahl zwischen doppelter Arbeit (den Unterricht für die Klasse und das geistig behinderte Kind vorzubereiten) oder, übertrieben gesprochen, du legst ein Blatt zum ausmalen hin, damit du die Anderen weiter in Ruhe unterrichten kannst.
    In unteren Klassenstufen mag es ja noch gehen, dass man Theorieteile, je nach Schülervermögen, etwas ausdifferenzieren kannst, aber in höheren Klassenstufen dürfte das schwierig werden. Ich kann sie ja nicht einen Motor auseinander nehmen lassen, während ich den Anderen die Funktionsweise vermittel. Vielleicht fehlt mir da auch einfach das Verständnis. Bitte inkludier mich mal! :aufgepasst:

    Zitat

    Ja, Informatik fachfremd ist auch in NRW häufig. Aber
    dann eben auch meist in den Klassen 5-7. Und wenn ich mir so ansehe, was
    da gemacht wird, ist das tatsächlich eher Anwendung. Auch im Unterricht
    von Fachkräften.

    Das ist hier genauso.


    Leider habe ich das Gefühl, dass man dank Zusammenschluss von Haupt- u. Realschulen, nicht nur den Anspruch, den Schüler zu erfüllen haben, gesenkt hat, sondern auch die Erwartungshaltung an das Niveau, das dann am Ende "heraus kommt", so nach dem Motto "Wozu sie noch darin unterricht, die werden ja eh nie so einen Beruf ergreifen können, also lasst sie lieber Word üben, dann können sie wenigstens Bewerbungen schreiben um als Lagerist zu arbeiten".


    Ich finde es halt nur schade, dass Schülern, die eine berufliche
    Ausbildung in diese Richtung (mit Technik und Computern) anstreben, irgendwo eine Chance genommen
    wird.

    Zitat

    Für den Werkstattunterricht in Technik ist bei uns
    ein Schein zwingend erforderlich, sonst darf die Lehrkraft rein
    rechtlich mit Schülern den Technikraum nicht einmal betreten(!). Da wird
    zumindest bei uns sehr genau drauf geachtet.

    Wer möchte sich schon im Falle eines Falles unangenehme Fragen stellen lassen?

  • Naja, die Förderkinder mit Schwerpunkt Lernen und Geistiger Behinderung werden ja zieldifferent unterrichtet. Für sie gestaltet man den Unterricht praxisorientierte und reduziert die Theorie auf das, was eben möglich ist.


    ... wenn es weiter nichts ist :) Ich weiß auch gar nicht, was ich mit meiner Freizeit noch alles anfangen soll. Außerdem bedeutet das ja, dass ich für ALLE Kinder praxisorientierter und weniger "kognitiv" vorbereite - ich kann ja schlecht mit den einen in Mathe Kuchen schneiden lassen, während die anderen SuS anspruchsvollere Matheaufgaben rechnen. Also müssen alle warten. Alles Kuchen schneiden/teilen etc. Auch wenn die Regelschüler das Thema längst begriffen haben. Heißt also, dass man langsamer voran kommt.
    Wie soll das sonst gehen?
    Möglichkeiten:
    b) Sonderpädagoge schneidet mit LB-Kindern den Kuchen, die Regelkinder rechnen auf ihrem Level (im selben Raum).
    c) Sonderpädagoge geht mit den LB-Kindern in einen anderen Raum - aber das ist ja nicht erwünscht (auch oft von den Sonderpädagogen nicht)
    d) Man macht Stationenlernen und die LB-Kinder bleiben halt bei der "Kuchen-Station" und machen eigene Aufgaben - heißt aber wieder, dass man offenen Unterricht machen muss mit der damit verbundenen Unruhe etc. Für "normale" aber schwache Schüler ist das auch oft nicht die Lösung. Was nicht heißt, dass man nicht mal offen arbeiten kann. Aber ständig?


    Wie macht ihr das? "Einfach" praxisorientierter Unterrichten und weniger Theorie" in einigen Fächern klingt toll - aber wie funktioniert das in der Realität?

  • @ Mary12


    - OT -


    Ich gehe aber schwer davon aus, dass der Kuchen auch liebevoll von dir selbst gebacken wurde, da du ja Freizeit..... *ggg*


    - OnT -


    A bis C ist bei uns nicht anders mit dem GE I-Kindern.

  • Also zuerst einmal habe ich die luxuriöse Situation einer Modellschule, in der in den Inklusionsklassen fast alle Stunden doppelt besetzt sind, meist Förderlehrkraft plus Fachkraft. Ich muss mich im Normalfall also nicht zerreißen. Die Förderlehrkraft weiß, was bei den I-Kindern jeweils möglich ist, und passt (im Idealfall) mein Material entsprechend an. (Sie kennt die Kinder sehr gut, denn sie ist einer der Klassenlehrer und hat ein sehr hohes Stundenkontingent in der Klasse.) Ob das dann inklusiver Unterricht im Klassenverband wird oder die I-Kinder separat unterrichtet werden, hängt immer von der jeweiligen Konstallation ab: Wie sieht der individuelle Förderplan aus? Kann man alle zusammen am Thema arbeiten zu lassen? Bietet sich eine Offene Unterrichtsform an? Wir sind da gar nicht dogmatisch.
    Ja, das macht mehr Arbeit. Es erfordert auch mehr Absprachen und längerfristige Vorbereitung (letzteres klappt zumindest bei mir nicht immer).
    Man kann übrigens auch Theorieunterricht differenzieren. Es müssen (und können) ja nicht alle Schüler dasselbe Arbeitsblatt bearbeiten. Aber das gilt ja auch für Regelkinder.


    Wie das in Technik nun genau geht, weiß ich nicht, denn das Fach unterrichte ich nicht. In Hauswirtschaft wird die Theorie eben stark differenziert. Ein sehbehindertes Kind kann ja kein normales Arbeitsblatt bearbeiten, ein Kind, das nicht lesen kann, braucht eines ohne Schrift, usw. Es ist aber machbar, aber man braucht eben ein gewisses Maß an Kreativität und - ja - mehr Zeit.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

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