Verabreichung eines Medikaments

  • Nehmen wir folgenden Fall an:
    Es gibt einen Sek II-Schüler, der in Folge einer Hirn-OP bzw. einer Erkrankung immer wieder epileptische Anfälle in der Schule erleidet. In diesem Fall ist sofort ein Notarzt zu rufen. Der Schüler führt ein oral zu verabreichendes Medikament bei sich, das ihm sofort Linderung verschafft, das der Schüler aber im Akutfall sich nicht selber geben kann.
    Wäre es richtig, dass ein Lehrer ihm das Medikament nicht geben darf, sondern warten muss, bis der Notarzt da ist??

  • Uns wurde einmal im Rahmen eines Erste-Hilfe-Kurses erzählt, dass Lehrer grundsätzlich Schülern keine Medikamente verabreichen dürfen, sondern dass diese die Medikamente sich selbst verabreichen müssen.


    Falls der Schüler nicht in der Lage sein sollte, sich selbst das Medikament zu verabreichen, KÖNNTE die Verabreichung möglcherweise im Rahmen einer Nothilfe / Erste-Hilfe-Maßnahme abgedeckt sein. Ich bin da aber jetzt kein Rechtsexperte, insofern ohne jegliche Gewähr. Ich würde mir für so einen Fall aber eine Vollmacht, unterzeichnet vom Schülern, den Personensorgeberechtigten (allen!), evt. auch vom behandelnden Arzt geben lassen, die dir Gabe des genau bezeichneten Medikaments in der spezifizierten Dosis erlaubt UND dich von allen Haftungsrisiken freistellt.


    Frag doch einmal deinen Schullleiter, was der dazu meint. Der muss dir als Vorgsetzter auch in solchen Fragen Auskunft geben.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Grundsätzlich ist das Verabreichen von Medikamenten eine ärztliche Maßnahme. Diese lässt sich natürlich im gewissen Umfang delegieren.
    Neben dem Willen des Patienten (und ggf. dessen Erziehungsberechtigten) setzt dies natürlich eine direkte ärztliche Anweisung voraus (Zettelchen @all reicht nicht). Da die Durchführungsverantwortung der Medikamentengabe "Problem" des Verabreichenden ist, sollte dieser zum eigenen Schutz natürlich sicherstellen, dass er entsprechend in die Gabe eingewiesen wurde (Durch den anordnenden Arzt!).


    Bereits jetzt dürfte das ganze Vorhaben wegen Undurchführbarkeit im Schulalltag gestorben sein. Irgendeiner sollte erfahrungsgemäß auf das Prozedere keine Lust haben.


    Hinzu kommt natürlich noch die Meinung des Dienstherren. Üblicherweise ist er gegen eine Medikamentengabe bzw. die Beauftragung seiner Mitarbeiter durch irgendwelche Ärzte. So ist das Land schon mal aus der Amtshaftung raus, wenn was schiefgehen sollte und kann zudem der handelnden Lehrkraft ans Bein pinkeln falls notwendig.
    Im Rahmen von Inklusion&Co sollen aber schon einige Länder (u.a. Hessen) die rechtliche Möglichkeit der Medikamentengabe eröffnet haben. Aber selbst dann gilt das oben Gesagte.


    Ich, Sanitäter im KatS und Fachausbilder für den Bereich Sanitätsdienst, würde mich übrigens weigern Medikamente zu geben...

  • Könnte man nicht... (nur meine spontane Idee abseits aller "Prinzipienfragen")


    ..sich die Eltern beim Arzt schlau machen lassen, ob man im Notfall mit der Gabe des Medikamentes einen Fehler machen könnte, und, falls eine eventuelle zeitnahe Gabe durch einen Laien angesagt ist, diese als "Elternwunsch" schriftlich festhalten lassen?

  • Hinzu kommt natürlich noch die Meinung des Dienstherren. Üblicherweise ist er gegen eine Medikamentengabe bzw. die Beauftragung seiner Mitarbeiter durch irgendwelche Ärzte. So ist das Land schon mal aus der Amtshaftung raus, wenn was schiefgehen sollte und kann zudem der handelnden Lehrkraft ans Bein pinkeln falls notwendig.


    Guter Hinweis! Ohne schriftliche Genehmigung durch den Dienstvorgesetzten sollte man nichts verabreichen. Das ist zwar menschlich hart, aber wenn etwas schiefgeht, könnte die Haftung sonst auf einen selbst voll durchschlagen. Und bei Geld hört die Freundschaft bekanntlich auf...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Es würde mir aber schwer fallen, einfach nur zugucken zu sollen


    Wenn der Schüler wirklich krampft wird dir nicht viel anderes übrig bleiben. Ich kann keinem empfehlen währen eines Krampfs zu nah an den Patienten dran zu gehen. Könnte durchaus schmerzhaft werden. Sicher wird es erst in der Phase des Terminalschlafs - dann ist aber die Sache mit dem Medikament zu spät.

  • Es würde mir aber schwer fallen, einfach nur zugucken zu sollen

    Dann machs wie oben beschrieben. Arzt schreibt auf, wer wann in welcher Dosierung das Medikament verabreichen darf und die Eltern unterschreiben das. Es würde auch niemand einen Asthamtiker ersticken lassen, auch wenn die Medikamente selbst lebensgefährlich sein können. 1. Hilfe eben.


    Ich würde im Zweifelsfall zumindest lieber wegen falscher Verabreichung von Medikamenten dran sein, als wegen unterlassener Hilfeleistung. Das war auch der Grundsatz unserer 1.-Hilfe-Lehrgänge.


    Aber jenseits von persönlichen Befindlichkeiten gibts vermutlich für dein Bundesland eine Verordnung/ Erlass zu diesem Thema?

  • Im aktuellen Schulheft (diese blaue Zeitschrift, habe gerade den Namen vergessen. Liegt aber in eurer Schule aus) vom Ritterbach Verlag (NRW) steht was dazu drinnen: (Ein Auszug aus der Mail folgt)


    Bei regelmäßigen Medikamentengaben empfiehlt es sich, eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Eltern und der Schule zu schließen, in der festgehalten wird, welche Lehrkraft die Medikamente verabreichen darf.


    Diese Vereinbarung sollte zudem Informationen darüber beinhalten, in welcher Form und in welcher Dosierung das Medikament gegeben werden soll. Ein Arzt sollte die Lehrkraft über die richtige Anwendung informieren. Für den Notfall muss geklärt sein, was zu tun ist, und wer benachrichtigt werden soll.


    Schülerunfallversicherung: BASS 18 - 21 Nr.1
    • Grundausbildung in erster Hilfe: BASS 18 - 24 Nr. 1
    • RISU-NRW: BASS 18 - 29 Nr. 7


    PS: Im Kiga ist es folgendermaßen geregelt: Man braucht einen Schrieb vom Arzt, welches Medi der Erzieher/Lehrer im Notfall bei welcher Dosierung geben darf. Das ist eine gute Lösung, finde ich.

  • Es würde auch niemand einen Asthamtiker ersticken lassen, auch wenn die Medikamente selbst lebensgefährlich sein können. 1. Hilfe eben.

    Und in jedem EH-Kurs wirst du beigebracht bekommen, dass zwar das Anreichen, jedoch nicht die Gabe von Medikamenten Aufgabe des Ersthelfers ist.

    Ich würde im Zweifelsfall zumindest lieber wegen falscher Verabreichung von Medikamenten dran sein, als wegen unterlassener Hilfeleistung. Das war auch der Grundsatz unserer 1.-Hilfe-Lehrgänge.

    Da du nicht über die Art der Gabe und die Dosierung ausreichend aufgeklärt bist, kann und wird dir auch keiner wegen unterlassener Hilfeleistung kommen - sofern du wenigstens den Notruf veranlasst und evtl. adäquate symptombezogene Erste-Hilfe leistest.

    Man braucht einen Schrieb vom Arzt, welches Medi der Erzieher/Lehrer im Notfall bei welcher Dosierung geben darf.

    Oh ja... tolle Nummer. Ohne sachgerechte Einweisung definitiv eine Sache, die ich lassen würde. Ich hab so was in eine Grundschule mal mitbekommen:


    - Schrieb vom Arzt an Eltern, mindestens die Kopie der Kopie mit der Anweisung Medikament im Krampffalle zu verabreichen.
    - Mittel wurde der Schule von den Eltern zu Verfügung gestellt. Ein Betäubungsmittel! Und es war bereits am Übergabetag abgelaufen.
    - Mittel sollte zentral gelagert werden. Lief auf einen offenen Schrank im Lehrerzimmer heraus, da anderweitig der Zugang für die Kollegen nicht sicherzustellen war (Betäubungsmittel...).
    - Lehrkraft sollte bei erstem Anzeichen eines Krampfanfalls das Medikament rektal verabreichen.


    Viel Spaß dabei!

  • madhef: wenn diese Grundschule das nicht ordentlich umgesetzt hat, heißt es nicht, dass die Methode falsch ist. Ganz im Gegenteil, bei unserer Kita funktioniert es gut.

  • madhef: wenn diese Grundschule das nicht ordentlich umgesetzt hat, heißt es nicht, dass die Methode falsch ist. Ganz im Gegenteil, bei unserer Kita funktioniert es gut.

    Das man das auch besser machen kann ist klar.
    Nur sollte es doch wohl einem zu denken geben, wenn man bereitwillig Aufgaben übernehmen will, bei denen sich ausgebildete Sanitäter verweigern und Rettungsdienstmitarbeiter mit noch weitergehender nofallmedizinischer Ausbildung immer wieder juristisch ein drauf kriegen.

  • madhef: ja klar, man sollte immer drüber nachdenken, aber irgendeine Lösung muss es ja geben.

    Eine grundsätzliche Lösung habe ich ganz oben bereits aufgezeigt. Nur selbst die involviert mal wieder die Lehrkräfte.
    Das kann es meines Erachtens nicht sein!


    Denkbare sinnvolle Lösungen:
    1. Speziell unterwiesene Schulbegleitung für betreffende Schüler
    2. Vorhaltung von Fachkräften (=Schulschweser etc.) an allen Schulen.
    3. Schüler darf nur mit entsprechendem personal ausgestattete Schulen besuchen.

  • Ich bin selber Erste-Hilfe Ausbilder und es ist für Lehrkräfte ein absolutes Tabu ihren Schülern Medikamente zu verabreichen auch eine schriftliche Abmachung mit den Eltern ändert daran nichts. Es muss eine ärztlich! Einweisung über das spezielle Medikament erfolgen! Alle Lehrer, die den Schüler in ihrem Unterricht haben, müssten sich von einem Arzt entprechend über die Dosierung, der Überdosierung, usw über das Medikament fortbilden lassen. Ich weiß, dass diese Regelung vielen nicht entgegenkommt und kaum jemand ein Notfallmedikament in einem Notfall nicht geben würde, aber aus rechtlicher Sicht seid ihr dazu nicht verpflichtet und solltet es aus EIgenschutz auch nicht machen. Sollte etwas schiefgehen seid ihr ganz schnell in Teufels Küche!

  • Und wer ist so blöd und unterschreibt so etwas?

    Es gibt leider sehr übermotivierte Kollegen, die dem armen Schüler den Schulbesuch ermöglichen wollen. Und wenn sich so jemand nicht findet, dann findet sich sicher irgendjemand mit Lehrauftrag, dem man das mit passenden Hinweisen unterschieben kann - würde doch so ein schlechtes Licht auf die Schule werfen, wenn sie nicht für alle SuS offen wäre...

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