Das Prädikat im Grammatikunterricht

  • Hallo!


    Meine Frage richtet sich an Deutsch- und Fremdsprachenlehrer/innen.
    Wenn ihr im Grammatikunterricht das Prädikat besprecht, ordnet ihr es dann den Satzgliedern zu? Das habe ich bei sehr vielen Übungsaufgaben im Internet oder in solchen Übungsbüchern/-heften so gesehen.


    Wie sieht das im Fremdsprachenunterricht aus? Aus dem Englischunterricht kenne ich noch die "Straßenverkehrsordnung": SVO -> Subjekt, Verb, Objekt. So wurde uns der Standardsatz im Englischen erklärt, es wurde also ausdrücklich vom Verb gesprochen, nicht vom Prädikat.
    Auch aus dem Französischunterricht ist mir das Prädikat nicht bekannt, gibt es den Begriff überhaupt in der französischen Grammatik?
    Wenn das im Englisch- oder Französischunterricht nicht üblich ist, redet ihr dann auch auf der Satzglied-/Satzteil-Ebene vom Verb?


    Danke schon einmal für die bestimmt zahlreichen Antworten :).

  • Problem ist vermutlich die unterschiedliche Verwendung des Begriffs.
    Im Lateinunterricht habe ich bisher das Prädikat als Satzglied bezeichnet, so wie ich das in gängigen Materialien vorgefunden habe, und das auch weiter nie hinterfragt.
    Im Englischen sage ich "Verb", weil der Begriff predicate mehr meint als die deutsche Entsprechung: alles, was im Satz zum Verb gehört außer dem Subjekt.
    Wenn man wikipedia bemüht, gibt es zum deutschen Eintrag Prädikat, der die Mehrdeutigkeit anspricht, auch eine französische Version. Mein Französisch ist nicht gut genug, aber vielleicht kannst du dann die Definitionen vergleichen.

  • Standardschulgrammatik bei uns: Prädikat ist das Satzglied, besteht aus einem finiten Verb und eventuell infiniten Teilen oder trennbaren Bestandteilen des Verbs.
    Verb: Wortart. Im Englischen kann "verb" sowohl die Wortart bezeichnen als auch das Satzglied, so wie "verse" Vers oder Strophe sein kann.


    Bei anderen Grammatiken kann "Prädikat" eine andere, weiter gehende Bedeutung haben.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Herr Rau hat Recht. Aus diesem Grund - um die Verwechslung mit der Wortart zu vermeiden - rede ich in solchen Zusammenhängen am liebsten von der Verbalphrase (verbal phrase).


    Nele

    • Offizieller Beitrag

    im Lateinunterricht gilt: das Prädikat = die finite Verbform.


    Bei den anderen Sprachen s.o.

  • Friesin Wobei die Sache schon bei zusammengesetzten Prädikaten aus Prädikatsnomina und Copulae etwas komplizierter zu werden beginnt; aus dem Grund ist man in den moderneren englischen Grammatiken von der lateinischen Terminologie abgerückt; sie funktioniert einfach nicht in diesen Sprachen.


    Das Problem ist allerdings, wie man dieses komplexe Phänomen den Schülern nahebringt, die ohnehin schon mit der Grammatik ringen...

  • Danke für die bisherigen Antworten!


    Genau das ist mein Problem. Ich überlege gerade, ob es Sinn macht, den SuS näher zu bringen, dass das Prädikat kein Satzglied ist, sondern die Satzglieder von ihm abhängen (was meiner Einschätzung nach die meisten Grammatiken zurzeit so sagen). Nur frage ich mich eben, ob das überhaupt Sinn macht, oder ob es die Sache nicht (unnötig) kompliziert macht. Und da die Fremdsprachen ja manchmal früher dran sind mit dem Grammatikunterricht (und selbst wenn nicht, die Sache wird so oder so nicht leichter, wenn die verschiedenen Sprachen da unterschiedliche Definitionen gebrauchen (sieht man ja beim Adverb^^)), hat mich nur mal interessiert, ob meine persönliche Vermutung, dass im Französisch- und Englischunterricht der Ausdruck "Prädikat" so gut wie gar nicht vorkommt, stimmt.
    "Verbal phrase" wäre für das Englische ggf. eine gute Alternative zu "verb", was ja die Unterscheidung zwischen Satzglied/-teil und Wortart unterschlagen würde, fürs Deutsche ist das ja nur leider nicht brauchbar. In den meisten Englischbüchern wird aber trotzdem "verb" gebraucht, oder? Zumindest kann ich mich an "verbal phrase" aus dem englischen Grammatikunterricht nicht erinnern, aber seitdem kann sich natürlich auch einiges verändert haben.
    Unabhängig von den jeweiligen Ausdrücken in der Fremdsprache: Wenn ihr im Englisch- oder Französischunterricht Grammatik macht, wird das ja oft auch auf Deutsch besprochen. Verwendet ihr dann dabei den Begriff "Prädikat" für "verb"/"verbal phrase"/"verbe" oder sagt ihr dann "Verb" (vor allem, wenn ihr vielleicht einen deutschen Vergleichssatz heranzieht)?

  • Zitat

    Genau das ist mein Problem. Ich überlege gerade, ob es Sinn macht, den SuS näher zu bringen, dass das Prädikat kein Satzglied ist, sondern die Satzglieder von ihm abhängen (was meiner Einschätzung nach die meisten Grammatiken zurzeit so sagen). Nur frage ich mich eben, ob das überhaupt Sinn macht, oder ob es die Sache nicht (unnötig) kompliziert macht. Und da die Fremdsprachen ja manchmal früher dran sind mit dem Grammatikunterricht (und selbst wenn nicht, die Sache wird so oder so nicht leichter, wenn die verschiedenen Sprachen da unterschiedliche Definitionen gebrauchen (sieht man ja beim Adverb^^)), hat mich nur mal interessiert, ob meine persönliche Vermutung, dass im Französisch- und Englischunterricht der Ausdruck "Prädikat" so gut wie gar nicht vorkommt, stimmt.


    Aus meiner Sicht gehen bei Dir zwei Probleme durcheinander, die nichts miteinander zu tun haben:


    1. Soll man das Prädikat als "Satzglied" bezeichnen? Hier kann die Antwort imho lauten: Nein. Oder man bezeichnet es als ein besonderes (!) Satzglied. Denn das Prädikat hat ja für den deutschen Satz und seinen Aufbau eine enorm wichtige Rolle, die sich vor allem darin widerspiegelt, dass es im Satz nicht verschiebbar ist (was es grundlegend von den (übrigen) Satzgliedern unterscheidet).


    2. Soll man das "Prädikat" als "Verb" bezeichnen? Eher nein. Denn sonst gerät man rasch an anderen Stellen durcheinander, z. B. dort, wo ein Verb eben kein Prädikat ist ("Das Rennen macht Karl Spaß"; "Ich liebe es zu lachen".)

  • Genau richtig. Das sind natürlich zwei Paar Schuhe, die aber sehr wohl miteinander zu tun haben (können). Immerhin habe ich bereits Texte gelesen, in denen dem Prädikat eben der Satzgliedstatus aberkannt wird (fachwissenschaftlich halte ich das für legitim, auch wenn es sich am Ende an der Definition von 'Satzglied' festmacht; meine Frage nach der Sinnhaftigkeit geht eher in die Richtung, ob es eben Sinn macht, den SuS neben den beiden Ebenen Wortart und Satzglied, die sie ohnehin schon oft verwechseln, eine dritte Ebene des Prädikats/Satz-Teils oder wie auch immer vorzugeben. Oder ob man nicht eben, wenn auch fachwissenschaftlich nicht 100%ig richtig, das Prädikat zu den Satzgliedern zählt, wie es ja auch sehr oft gemacht wird, und ggf. darauf hinweist, dass die üblichen Satzgliedtests hier nicht greifen (können)). Diese Aberkennung des Satzgliedstatus wurde dann als Begründung herangezogen, gänzlich auf den Begriff zu verzichten und "Verb" zu sagen.
    Das sind natürlich zwei unterschiedliche Dinge, die man gut getrennt voneinander diskutieren kann, mitunter greifen sie aber ineinander.
    Deine Gründe unter 2 halte ich für absolut nachvollziehbar und empfinde das genauso :). Das Prädikat im Deutschunterricht zu belassen, halte ich also auch für richtig.
    Ich habe mich da dann bloß gefragt, inwiefern dann vielleicht Probleme auftreten, wenn in Fremdsprachen (offenkundig Englisch und Französisch, in Latein scheint mir das ähnlich wie im Deutschen zu sein) nicht damit gearbeitet wird (bzw. ob eben in Fremdsprachen sehr wohl damit gearbeitet wird, wenn die deutsche Grammatik zum Vergleich herangezogen wird). Das würde mich zwar glaube ich nicht überzeugen, das für den Deutschunterricht zu übernehmen, da die Nachteile für mich überweiegen - interessant fände ich es trotzdem^^.

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