Mehrarbeit von Lehrern belegt

  • Ich habs grad im Netzt entdeckt und fands interessant, als danach krallen empfinde ich das jetzt nicht...
    Ich finde, die Studie wirkt recht seriös Es ist natürlich klar, dass die Mehrarbeit von 40 Lehrer nicht repräsentativ für das gesamte BL geschweige denn die BRD ist. Aber sie ist ein Hinweis darauf, dass dieses subjektive Gefühl, das sehr viele von uns haben, nicht unbedingt verkehrt ist. Zumindest mit meinen Erfahrungen korreliert diese Studie, obgleich ich mehr als 50 Stunden arbeite, was aber vlt. daran liegt, dass ich noch nicht so lange im Beruf bin.

  • Abgesehen von irgendwelchen subjektiven Empfindungen zu diesem Thema: es ist ein akademischer Beruf und damit ist mit einem gewissen, womöglich überdurchschnittlichen Arbeitsaufwand zu rechnen. Ich frage mich immer, was daran unter Lehern so schwer zu begreifen ist. Wird einer Projektleiter z. B. bei der Roche, ist auch irgendwie klar, dass er ein gewisses Mass an Überstunden schiebt, das durch das "leicht erhöhte" Gehalt eben schon abgedeckt ist. Ich finde jetzt das Nettogehalt eines Lehrers in Deutschland auch nicht ganz so schlecht, dass man sich da beklagen müsste.

  • Abgesehen von irgendwelchen subjektiven Empfindungen zu diesem Thema: es ist ein akademischer Beruf und damit ist mit einem gewissen, womöglich überdurchschnittlichen Arbeitsaufwand zu rechnen. Ich frage mich immer, was daran unter Lehern so schwer zu begreifen ist.


    Nur weil es ein akademischer Beruf ist, heißt das noch lange nicht, dass man deshalb dem Arbeitgeber seine Arbeitszeit schenken sollte. Schwer zu begreifen finde ich, dass es Kollegen gibt, die die steigende Mehrbelastung wie Märtyrer hinnehmen und sich unzählige Aufgaben ans Bein binden, für die man lediglich nen feuchten Händedruck (oder die berühmten "leuchtenden Kinderaugen") bekommt.
    Als Akademiker sollte man seine Arbeit gewissenhaft und qualitativ hochwertig ausführen. Ein Gewisses Maß Mehrarbeit ist ok, so lange es keine negativen Auswirkungen auf das " Kerngeschäft“ hat. Aber die Annahme, eine Voraussetzung des Jobs wäre es, stetige Mehrarbeit klaglos hinzunehmen finde ich sehr fraglich.

    2 Mal editiert, zuletzt von Siobhan ()

  • Aber die Annahme, eine Voraussetzung des Jobs wäre es, stetige Mehrarbeit klaglos hinzunehmen finde ich sehr fraglich.

    Tu ich auch nicht. Ich höre meine deutschen Kollegen (also die, die ich persönlich kenne) nur leider verdammt oft jammern und darauf reagiere ich zunehmend gereizt. Irgendwie scheinen mir die einen Grossteil ihrer Zeit damit zu verbringen, sich auszurechnen, wie viel sie eigentlich arbeiten und was man nicht alles an Zusatzaufwand bei der Schulleitung geltend machen kann. Viele Probleme mit Mehrarbeit sind meiner Beobachtung nach auch hausgemacht. Die Threaderstellerin kam z. B. ja schon selbst zu der Erkenntnis, dass ihre (noch) mangelnde Berufserfahrung zu einem Teil dazu beiträgt, dass sie ihrer Ansicht nach mehr arbeitet, als es eigentlich sein sollte. Wobei ich eine 50-Stunden-Arbeitswoche für durchaus angebracht halte, wenn ich mir dafür die Ferien freihalten kann. Wenn man schon unbedingt rechnen will, kommt es mit 12 Wochen Ferien und etwa 52 Arbeitsstunden die Woche im Mittel mit einer 40-Stunden-Woche ungefähr hin. Pi mal Daumen schaffe ich das auch so. So gesehen bin ich im Vergleich zu meinen Kollegen in der Industrie ja gut dran. Ach halt ... ich bekomme ja nur 84 % Lohn - ich lasse mich offenbar über den Tisch ziehen ;)

  • Die Zeit zwischen März und Juli ist mit einer Unzahl an Prüfungen und Konferenzen allerdings noch mal arbeitsintensiver als viele andere Zeiten im Jahr. Insofern wenig überraschend und im Jahresmittel dürfte man drauf kommen, dass Lehrkräfte, die ihre Arbeit gewissenhaft machen, im Mittel gut in dem Bereich landen, der als Arbeitszeit für Beamte des gehobenen und höheren Dienstes vorgesehen ist.

  • @ Wollsocken
    Dann habe ich dich scheinbar falsch verstanden.


    A propos rechnen...Deine Rechnung stimmt nur dann, wenn du auf deinen Jahresurlaub verzichtest ;)

  • Oh sorry, da hast Du natürlich Recht. Siehst Du, das Stunden-Rechnen ist nicht so meins ;) Mach 50 Stunden pro Woche draus, dann geht es irgendwie auf. Keiner von meinen ehemaligen Studienkollegen, die heute in der Industrie arbeiten, schaffen es noch auf 30 Tage Urlaub im Jahr. Ob das jetzt OK ist, sei mal dahingestellt, aber es ist eben so.


    Ich sag mal so ... wenn mir eine Kollegin erzählt, sie braucht 8 Stunden zur Korrektur für eine Klassenarbeit in Chemie, dann frage ich mich schon, was an da eigentlich bei der Aufgabenstellung schief gelaufen ist. Es gibt viele Möglichkeiten, die eigene Arbeitszeit zu optimieren.

  • Was mir gerade noch einfällt: warum wird sich eigentlich immer nur beschwert, dass alles doof und zu viel Arbeit ist? Als Beamter hat man ja schon den Luxus, dass sich in regelmässigen Abständen automatisch das Gehalt anpasst (ist bei mir im Übrigen ohne Beamtenstatus auch so), also kann man ja wohl wenigstens aktiv konstruktive Vorschläge contra Mehrabeit bringen. Wir haben jetzt z. B. gerade den Fall, dass im 1. Jahr am Gymnasium (= 10. Schuljahr) die Zwischenbeurteilung durch ein sogenanntes Standortgespräch mit den Eltern ersetzt werden soll. Konkret heisst das, dass der jeweilige Klassenlehrer im Januar schlimmstenfalls 24 x 20 min mit mehr oder weniger interessierten Eltern an einem Samstag über deren Töchter bzw. Söhne diskutieren MUSS, also ob jetzt ein Verbleib auf dem Gymnasium sinnvoll ist oder nicht und wenn nein, warum nicht. Ich halte das für eine ernsthaft ungerechte Mehrbelastung der Klassenlehrer, genauso wie eine grosse Mehrheit meiner Kollegen. Wir versuchen derzeit die Schulleitung davon zu überzeugen, dass man diese Standortgespräche auf mind. 2 Kollegen aus dem Klassenteam aufteilt. Es hat ja jede Klasse neben dem Klassenlehrer noch mind. einen zweiten oder dritten Kollegen mit 3 - 4 Lektionen die Woche, der die Klasse also entsprechend gut kennt um diese Gespräche führen zu können. Fakt ist, dass die Gespräche geführt werden müssen, weil es der Kanton so vorschreibt. Aber man kann ja schulintern zusehen, dass die Mehrarbeit möglichst gerecht umverteilt wird - Jammern hilft da wenig bis gar nicht.


  • Tu ich auch nicht. Ich höre meine deutschen Kollegen (also die, die ich persönlich kenne) nur leider verdammt oft jammern und darauf reagiere ich zunehmend gereizt. Irgendwie scheinen mir die einen Grossteil ihrer Zeit damit zu verbringen, sich auszurechnen, wie viel sie eigentlich arbeiten und was man nicht alles an Zusatzaufwand bei der Schulleitung geltend machen kann. Viele Probleme mit Mehrarbeit sind meiner Beobachtung nach auch hausgemacht. Die Threaderstellerin kam z. B. ja schon selbst zu der Erkenntnis, dass ihre (noch) mangelnde Berufserfahrung zu einem Teil dazu beiträgt, dass sie ihrer Ansicht nach mehr arbeitet, als es eigentlich sein sollte.

    Ehrlich gesagt versteh ich nicht, wie darauf kommst, dass jemand rumjammert. Auch den Film finde ich nicht besonders jammernd.
    Missstände anzuklagen und konstruktive Lösungsansätze anzubieten ist aus meiner Sicht etwas vollkommen anderes als rumzujammern.
    Und vielleicht habt ihr in der Schweiz ja tatsächlich bessere Arbeitsbedingungen. Und ehrlich gesagt glaube ich das sogar, nachdem was ich von Kollegen aus der Schweiz gehört habe... Aber gut, mit so einer Diskussion ich aus drehen wir uns im Kreis.


    Zitat

    Nur weil es ein akademischer Beruf ist, heißt das noch lange nicht, dass man deshalb dem Arbeitgeber seine Arbeitszeit schenken sollte. Schwer zu begreifen finde ich, dass es Kollegen gibt, die die steigende Mehrbelastung wie Märtyrer hinnehmen und sich unzählige Aufgaben ans Bein binden, für die man lediglich nen feuchten Händedruck (oder die berühmten "leuchtenden Kinderaugen") bekommt.Als Akademiker sollte man seine Arbeit gewissenhaft und qualitativ hochwertig ausführen. Ein Gewisses Maß Mehrarbeit ist ok, so lange es keine negativen Auswirkungen auf das " Kerngeschäft“ hat. Aber die Annahme, eine Voraussetzung des Jobs wäre es, stetige Mehrarbeit klaglos hinzunehmen finde ich sehr fraglich.

    Dem schließe ich mich bedingungslos an. Und diese Tendenz, also das v.a. junge Kollegen unentgeltlich Mehrarbeit leisten zB in Form von AGs, Projekten etc., beobachte ich an meiner Schule zunehmend. Und das setzt einen als Berufsanfänger schon ganz schön unter Druck. Das soll jetzt auch nicht bedeuten, dass ich nicht auch gerne mal was freiwillig mache...

  • Ich frage mich immer, was daran unter Lehern so schwer zu begreifen ist. Wird einer Projektleiter z. B. bei der Roche, ist auch irgendwie klar, dass er ein gewisses Mass an Überstunden schiebt, das durch das "leicht erhöhte" Gehalt eben schon abgedeckt ist. Ich finde jetzt das Nettogehalt eines Lehrers in Deutschland auch nicht ganz so schlecht, dass man sich da beklagen müsste.


    Du übersiehst hier aus deiner "schweizer Perspektive":


    - Der öffentliche Dienst in Deutschland und speziell die Landesbeamten (und damit die Lehrer) haben seit Mitte der neunziger Jahre in Deutschland einen realen(!) Einkommensverlust von ca. 20 Prozent hinnehmen müssen


    - Die Besoldungserhöhungen der Landesbeamten bleiben seit Jahren hinter der Einkommensentwicklung in der Privatwirtschaft zurück, es sieht nicht so aus, als ob die Landesregierungen dies in Zukunft ändern wollten


    - Dazu kommt eine systematische Erhöhung der Unterrichtsverpflichtungen in praktisch allen Bundesländern: Ein Bundesland prescht vor, die anderen ziehen mit Verweis auf das erstere nach. Haben (fast) alle Bundesländer nachgezogen, geht das Spiel von vorne los.


    - Unzählige Zusatzaufgaben seit der Jahrtausendwende für die Schulen OHNE entsprechendes Zusatzpersonal: Immer mehr Verwaltungs-, Dokumentations- und sonstiger Papierkram für die Schulen, natürlich zu erledigen von den Lehrkräften und nicht von Verwaltungsfachangestellten. Dazu dauernde Schulstruktur und Lehrplanreformen, G9 -> G8 -> jetzt wieder G9 zumindest in Niedersachsen. Und aktuell überall die völlig unterfinanzierte und personell unterbesetzte "Inklusion", neben der Ausweitung der Präsenzeiten durch die "Ganztagsschule" OHNE entsprechende Schaffung von Arbeits- und Rückzugsmöglichkeiten für die Lehrkräfte -> die Arbeit dehnt sich immer weiter in die Abendstunden am heimischen Schreibtisch aus. Vom Wochende ganz zu schweigen.


    - Klar, in Deutschland verdienen Lehrkräfte nicht schlecht, aber immer noch deutlich weniger als in der Schweiz oder in Luxemburg. Für akademisch ausgebildetes Personal rangieren deutsche Lehrkräfte immer noch im unteren Bereich der Einkommensskala, besonders deutlich bei den Grundschullehrern zu beobachten (die einzigen Akademiker (Masterabsolventen) im deutschen öffentlichen Dienst, die in vielen Bundesländern nicht entsprechend ihrer Ausbildung bezahlt werden).


    - Keine Ahnung wie das in der Schweiz ist, aber ein Projektleiter in einem Pharmakonzern würde hier in Deutschland jeden Lehrer finanziell locker in die Tasche stecken...


    - Dazu das andauernde mediale Lehrerbashing in Deutschland, natürlich mit geeigneten "Studien" unterfüttert: Mal sind die deutschen Lehrer zu alt, dann zu dumm, dann zu faul und dann wieder überbezahlt. Wir sind hier mittlerweile die Sündenböcke für wirklich JEDE gesellschaftliche Fehlentwicklung. Und jeder "Pseudo-Experte", der einmal als Kind oder Jugendlicher in der Schule war (also praktisch alle), darf unter dem Jubel der veröffentlichten Meinung seinen medialen unqualifizierten Senf zu uns Lehrer-Luschen abgeben. Dazu unsere Politiker, die andauern von der "Bildungsrepublik Deutschland" faseln, aber bei wirklich jeder Gelegenheit versuchen, Geld im Bildungssystem einzusparen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Ich habe einen Freund, einen Chemiker, der ist Projektleiter bei Roche. Der sagt mir, er würde für mein Gehalt nicht einmal aufstehen, und schüttelt über das, was an Schulen als "professionelle Organisation" durchgeht, nur fassungslos den Kopf. :)


    Nele

  • (...) und schüttelt über das, was an Schulen als "professionelle Organisation" durchgeht, nur fassungslos den Kopf. :)

    Das ist aber auch in vielen Fällen hausgemacht. Wenn man sieht wie viele Tätigkeiten in Schulen von Lehrern durchgeführt werden (müssen), welche für diese Arbeiten (Verwaltung, technische Dienste, einfache Betreuungsaufgaben, etc.) entweder nicht Ausgebildet oder in anderen Bereichen schlicht und ergreifend überqualifiziert und in jedem Fall überbezahlt sind.


    So kennen nur wenige BL z.B. Schulassistenten und auch dort ist deren Einsatz oft als Sparsam zu bezeichnen. Andere Fachkräfte für spezielle Bereiche (Organisation/Verwaltung) werden seitens der Länder nicht eingestellt und die Schulträger beschränken sich zu recht auf Verwaltungskräfte auf ausführender Ebene - umgangssprachlich Tippsen (Nicht abwertend gemeint!). Bringt man dies mal im Kollegium auf, so wird man ganz erstaunt feststellen, welche lustigen Gegenargumente gegen die Beschäftigung von nicht-Lehrern aufgebraucht werden.

  • Ehrlich gesagt versteh ich nicht, wie darauf kommst, dass jemand rumjammert. Auch den Film finde ich nicht besonders jammernd.
    Missstände anzuklagen und konstruktive Lösungsansätze anzubieten ist aus meiner Sicht etwas vollkommen anderes als rumzujammern.

    Wo sind sie denn, die konstruktiven Lösungsansätze? "Ich will weniger Wochenlektionen", "Ich will kleinere Klassen", "Dann machen wir halt keine Klassenfahrten mehr" etc. das ist alles nicht konstruktiv sondern destruktiv. Ich höre und lese immer nur, was alles NICHT gewollt wird. Konstruktiv wären Vorschläge, wie man all diese Dinge effizienter organisieren könnte.


    Ich habe einen Freund, einen Chemiker, der ist Projektleiter bei Roche. Der sagt mir, er würde für mein Gehalt nicht einmal aufstehen, und schüttelt über das, was an Schulen als "professionelle Organisation" durchgeht, nur fassungslos den Kopf.

    Kommt drauf an ob Forschung oder Produktion, die Gehaltsunterschiede sind signifikant (der Arbeitsaufwand auch). Zu vergleichen ist ausserdem das Nettogehalt, nicht brutto. Ist ja klar, dass euer Beamten-Bruttogehalt eher klein aussieht. Gut, die Roche war vielleicht wirklich ein blödes Beispiel, weil sie vergleichsweise überdurchschnittlich bezahlt. Meine Industriekollegen bei der Allesa z. B. verdienen in der Produktion als Gruppenleiter auch nicht viel mehr, als ein Gymnasiallehrer.


    Das mit der "professionellen Organisation" ist eben so eine Sache. Der Fehler liegt im System. Es ist halt effektiv egal, wie lange man gewisse Dinge im Kreis diskutiert, man erleidet ja keine finanziellen Verluste dadurch. Im öffentlichen Dienst wird generell (bei uns auch!) viel Zeit für irgendwelche Schwachsinnsdiskussionen einfach vergeudet.


    nzählige Zusatzaufgaben seit der Jahrtausendwende für die Schulen OHNE entsprechendes Zusatzpersonal: Immer mehr Verwaltungs-, Dokumentations- und sonstiger Papierkram für die Schulen, natürlich zu erledigen von den Lehrkräften und nicht von Verwaltungsfachangestellten. Dazu dauernde Schulstruktur und Lehrplanreformen, G9 -> G8 -> jetzt wieder G9 zumindest in Niedersachsen. Und aktuell überall die völlig unterfinanzierte und personell unterbesetzte "Inklusion", neben der Ausweitung der Präsenzeiten durch die "Ganztagsschule" OHNE entsprechende Schaffung von Arbeits- und Rückzugsmöglichkeiten für die Lehrkräfte -> die Arbeit dehnt sich immer weiter in die Abendstunden am heimischen Schreibtisch aus.

    Ich verstehe das Problem und gebe Dir absolut Recht in Deiner Vermutung, dass meine Arbeitsbedingungen deutlich besser sind, als eure. Die Frage bleibt aber - was unternehmt ihr Konstruktives dagegen? Ich lese nicht nur hier im Forum, ich habe einige deutsche Lehrerkollegen, mit denen ich darüber diskutiere. Ich kann wie gesagt nirgendwo ernsthafte Lösungsvorschläge für die Probleme entdecken. Ich weiss, dass ihr als Beamte nicht streiken dürft. Aber es wird ja wohl möglich sein, dass man sich zusammenrottet und ein paar gut durchdachte Konzepte ausarbeitet? Und jetzt schreibt bloss nicht "dafür werde ich nicht bezahlt", ihr müsst wie gesagt schon euer Gehalt nicht regelmässig neu verhandeln ;)


    Klar, in Deutschland verdienen Lehrkräfte nicht schlecht, aber immer noch deutlich weniger als in der Schweiz oder in Luxemburg.

    ... wo die Lebensunterhaltskosten deutlich höher sind, als in Deutschland. Aber ja, es stimmt, dass mein Gehalt im Vergleich dazu überproportional höher ist. Tatsächlich verdiene ich sogar mehr, als z. B. eine Kollegin (promovierte Biotechnologin), die im Grossgeräteverkauf arbeitet und eine höhere Arbeitsbelastung hat, als ich. Andererseits musst Du auch bedenken, dass ein Gymnasiallehrer in der Schweiz eine vollwertige Fachausbildung hat, die kannst Du nicht vorweisen. Ich könnte mich genauso gut in der Industrie bewerben, das kannst Du nicht. Das ist nicht Deine/Eure Schuld, das ist klar, der Fehler liegt im System. Es sei mal dahingestellt, ob der Ausbildungsgang letztendlich zu einer besseren Unterrichtsqualität führt (glaube ich nicht ...), offenbar führt es aber dazu, dass der Lehrer als Arbeitnehmer in der Schweiz deutlich renitenter und effizienter im sich Wehren gegen gewisse Massnahmen ist? Ich werfe die Frage mal so in den Raum und bin gespannt, ob es weitere Meinungen dazu gibt.

    So kennen nur wenige BL z.B. Schulassistenten und auch dort ist deren Einsatz oft als Sparsam zu bezeichnen. Andere Fachkräfte für spezielle Bereiche (Organisation/Verwaltung) werden seitens der Länder nicht eingestellt und die Schulträger beschränken sich zu recht auf Verwaltungskräfte auf ausführender Ebene - umgangssprachlich Tippsen (Nicht abwertend gemeint!). Bringt man dies mal im Kollegium auf, so wird man ganz erstaunt feststellen, welche lustigen Gegenargumente gegen die Beschäftigung von nicht-Lehrern aufgebraucht werden.

    Welche Argumente denn und von wem kommen die? DAS würde mich jetzt aber brennend interessieren. Selbstverständlich beschäftigen an unseren Schulen die Fachschaften Chemie, Physik und Biologie je mind. einen Laborassistenten (in der Regel gelernter Laborant), der sich ums Vorbereiten von Praktikumsversuchen, Beschaffung von Arbeitsmaterial, Reinigung von Glaswaren, etc. kümmert.

  • Zitat von Wollsocken

    Andererseits musst Du auch bedenken, dass ein Gymnasiallehrer in der Schweiz eine vollwertige Fachausbildung hat


    Hm, vielleicht habe ich ja an der falschen Uni studiert... Ich habe für meine Fächer genau das machen müssen, was auch jemand für den Magister-Hauptfach-Abschluss machen musste. Zuzüglich weiterer fachlicher Auflagen (inkl. der dazugehörigen zusätzlichen Abschlussklausuren/Prüfungen), zzgl. der verschiedenen Fachdidaktigen, zzgl. Pädagogik/Psychologie (im Umfang eines Magister-Nebenfachs), zzgl. Nachweis einiger "allgemeinbildender" Seminare/Studium generale.

  • Zitat

    Selbstverständlich beschäftigen an unseren Schulen die Fachschaften Chemie, Physik und Biologie je mind. einen Laborassistenten (in der Regel gelernter Laborant), der sich ums Vorbereiten von Praktikumsversuchen, Beschaffung von Arbeitsmaterial, Reinigung von Glaswaren, etc. kümmert.


    :ohh: Ernsthaft???
    Ähm...bei uns ist es schon ungewöhnlich, wenn es für jedes der naturwissenschaftlichen Fächer einen Fachlehrer gibt.
    Jemand, der die Gläser spült? :rofl:


    Nee, da sind die Bedingungen wohl echt nicht vergleichbar.

  • Ich kann wie gesagt nirgendwo ernsthafte Lösungsvorschläge für die Probleme entdecken. Ich weiss, dass ihr als Beamte nicht streiken dürft. Aber es wird ja wohl möglich sein, dass man sich zusammenrottet und ein paar gut durchdachte Konzepte ausarbeitet? Und jetzt schreibt bloss nicht "dafür werde ich nicht bezahlt", ihr müsst wie gesagt schon euer Gehalt nicht regelmässig neu verhandeln ;)


    Die Konzepte gibt es doch schon lange. Es gibt wohl kaum einen Berufsverband (Philologen, GEW, ...), der sich noch nicht damit beschäftigt hat. Aber alles, was Geld kostet (und Inklusion, Ganztagsschule, "echte" Arbeitsplätze für Lehrer an den Schulen kostet nun einmal Geld, wenn man sie vernünftig durchführen will), wird pauschal von der Politik abgebügelt. Alles darf nur "kostenneutral" sein. Beispiel: Den Ausbau der Ganztagsschulen in Niedersachsen bezahlen de facto die Lehrkräfte zum überwiegenden Teil selber (hat unsere Kultusministerin sogar selbst öffentlich so erklärt!), denn diese dürfen ab diesem Schuljahr in der Gymnasien eine Stunde länger unterrichten und für alle Lehrkräfte wurde die zugesicherte Altersermäßigung zusammengestrichen. Sogar die OECD hat festgestellt, dass das deutsche Bildungssystem mit mind. 1% des BIP, also ca. 25 Milliarden Euro pro Jahr unterfinanziert ist. Sobald die Lehrkräfte in Deutschland irgendetwas fordern, egal ob mit oder ohne "Konzept", oder auch nur auf ein Problem hinweisen, tritt hier in Deutschland sofort eine Phalanx aus Finanz- und Bildungspolitk sowie Medien (besser: veröffentlichter Meinung) auf den Plan, die das ganz entweder als unfinanzierbar und / oder "Jammern auf hohem Niveau" der Lehrkräfte rigoros ablehnt. Sachargumente zählen hier schon lange nicht mehr.


    Zitat

    Selbstverständlich beschäftigen an unseren Schulen die Fachschaften Chemie, Physik und Biologie je mind. einen Laborassistenten (in der Regel gelernter Laborant), der sich ums Vorbereiten von Praktikumsversuchen, Beschaffung von Arbeitsmaterial, Reinigung von Glaswaren, etc. kümmert.


    Bei uns haben die Schulen Glück, wenn sie einen Hausmeister haben, der täglich anwesend ist. Hat eine Schule einen "Schulassistenten" (der natürlich kein "gelernter Laborant" ist), der sich um kaputte Kopierer, OHPs u.ä. kümmert, ist das schon fast wie ein Sechser im Lotto. Das liegt auch an der Struktur unseres Bildungswesens, wo sich keiner für die Finanzierung von Dingen, die nicht explizit in irgendeinem Gesetz stehen, zuständig füht: Für die Bundesländer ist so etwas keine pädagogische Aufgabe, also wird es nicht bezahlt. Der Schulträger (i.d.R. die Kommune) fühlt sich nicht verpflichtet, denn "es ging ja auch schon immer ohne, und Geld haben wir sowieso nicht" (aber für moderne Rathäuser ist immer Geld da...). Und der Bund palavert zwar den ganzen Tag von "Bildungsrepublik", zahlt aber mit Verweis auf das Grundgesetz keinen einzigen Cent für die Schulen. Das ganze lässt sich in ähnlicher Form aktuell auch bei den "Schulbegleitern" für einige Inklusionskinder beobachten: Viele derartige Stellen fallen weg oder werden erst gar nicht geschaffen, da keiner zahlen will: Hier streiten sich dann die Schulträger, die Sozialleistungsträger und die Krankenkassen. Und keiner fühlt sich zuständig, keiner will zahlen.


    Letztendlich führte JEDE "Reform" der letzten Jahrzehnte in Deutschland zu effektiver Mehrarbeit für die Lehrkräfte: Die Bildungspolitik lässt sich feiern, die Lehrkräfte dürfen die Knochen dafür hinhalten. Und das stinkt mittlerweile den meisten...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Zitat Wollsocken :

    Zitat

    Aber es wird ja wohl möglich sein, dass man sich zusammenrottet und ein paar gut durchdachte Konzepte ausarbeitet?

    Dein Beitrag 15 kommt mit so vor wie die Äußerungen unseres merkwürdigen Philosophen Brecht oder wie er heißt (Ich kann und will mir einfach nicht seinen Namen merken!). Bloß, der wird dafür bezahlt !


    Ich weiß ja nicht, was Du mit gut durchdachten Konzepten meinst. Wir hätten da etliche gute und effiziente Konzepte in der Schublade, von denen aber die Bildungspolitiker nichts wissen wollen, weil sie (mehr) Geld kosten.


    Aber vielleicht meinst Du mit gut durchdachten Konzepten, Konzepte, die innerhalb der Rahmenbedingungen, die von oben vorgegeben werden und wir nicht beeinflussen können, gestrickt werden ?


    Ja, geehrte Wollsocken, das machen wir schon seit Jahren pausenlos ! Deswegen die rapide Zunahme an Mehrarbeit in den letzten Jahren.


    Ein paar Beispiele :


    Wir konzipieren pausenlos Konzepte für die Binnendifferenzierung. Was machen die Bildungspolitiker/Schulträger? Für die "Unterstützung" unserer Arbeit werden die Klassenfrequenzen bis auf 34 Schüler erhöht.


    Wir konzipieren pausenlos Konzepte für die Inklusion. Was machen die Bildungspolitiker/Schulträger? Für die "Unterstützung" unserer Arbeit stehen nur zu maximal 50% der Unterrichtsstunden Förderschullehrer zur Verfügung. Sind diese krank, was bei uns oft vorkommt, werden diese nicht ersetzt. Die versprochene Klassenfrequenz bis 24 Schüler wird mittlerweile wieder ganz elegant überschritten. Von mangelnden materiellen Ressourcen mal völlig abgesehen. Macht ja auch alles nichts. Inklusion ist doch eine ehrenhafte Sache. Da macht es auch nichts, dass unsere Schulsozialarbeiterin fast komplett vom Schulträger abgezogen wurde.


    Wir konzipieren pausenlos Konzepte für den Einsatz moderner Medien im Unterricht. "Unterstützung" durch den Schulträger ? Durch Herbeischaffung ausgemusteter (Schule verzahnt sich ja immer mehr mit der Wirtschaft) veralteter Computer, die jedem Steinzeit-Museum Ehre machen würden...


    Pausenlos haben wir vor einigen Jahren die Kriterien für die Kopfnoten konzipiert. Und die Bildungspolitik ? Andere Parteien am Ruder, die nichts besseres zu tun gehabt haben als die Kopfnoten wieder mir nichts Dir nichts vom Tisch zu fegen. Wir danken hier für die Wertschätzung unserer Arbeit !


    Ach ja, zur weiteren "Unterstützung" unserer mittlerweile zahlreichen Konzepte wurde vom Schulträger, trotz steigendem Bedarf, der schulpsychologische Dienst auch noch halbiert.


    Ich belasse es hier mal bei den wenigen Beispielen (Ich könnte noch mindest 10 weitere seiten füllen). Noch Fragen ?

    Zitat

    Und jetzt schreibt bloss nicht "dafür werde ich nicht bezahlt",

    Werden wir auch nicht ! Wir sind lediglich zur Umsetzung der Bildungspolitik verpflichtet. Die Bildungspolitiker etc. übernehmen ja auch nicht unsere Unterrichtsstunden. Sonst hätten wir ja auch mehr mehr Zeit, um elfenbeinartige Utopia-Konzepte zu entwickeln. Mal abgesehen davon, dass unsere Meinungen/Konzeptvorschläge nicht erwünscht sind. Da dürfen sich (ungestraft) eher selbsternannte Experten, wie z.B. der o.g. Brecht oder wie er heißt (Ich möchte mir seinen richtigen Namen nicht merken und basta!) sich zum Thema Schule äußern.

    Zitat

    ihr müsst wie gesagt schon euer Gehalt nicht regelmässig neu verhandeln

    In NRW anscheinend doch ! Es musste in NRW auch vor kurzem vor dem Verfassungsgericht eine Klage stattfinden, weil man seitens der Landesregierung versucht hat, die Beamtengehälter weiterhin nullrundenmäßig zu deckeln. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    2 Mal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • Werden wir auch nicht ! Wir sind lediglich zur Umsetzung der Bildungspolitik verpflichtet. Die Bildungspolitiker etc. übernehmen ja auch nicht unsere Unterrichtsstunden. Sonst hätten wir ja auch mehr mehr Zeit, um elfenbeinartige Utopia-Konzepte zu entwickeln. Mal abgesehen davon, dass unsere Meinungen/Konzeptvorschläge nicht erwünscht sind.

    Wenn Du diese "elfenbeinartigen Utopia-Konzepte", wie Du sie nennst, genauso vorbringst, wie Du Dich hier im Forum gibst, würde ich als Bildungspolitiker Dir auch was husten. Aber lassen wir das, es geht ja nicht um Deine Meinung bzw. meiner Meinung zu Dir, sondern um die Gesamtsituation.

    echte" Arbeitsplätze für Lehrer an den Schulen kostet nun einmal Geld

    Ich nehme jetzt nur mal genau dieses eine Thema raus, weil ich darüber mit deutschen Kollegen schon öfter diskutiert habe. Wie gross ist nicht der Neid darüber, dass wir hier an den schweizer Gymnasien tatsächlich alle einen eigenen Schreibtisch haben. Aber ...


    1. ... ist das nur an den Gymnasien so, an den Primar- und Sekundarschulen sehen die Bedingungen mitunter völlig anders aus.
    2. ... war es auch den Gymnasien nicht immer so, ich habe noch ältere Kollegen, die sich durchaus an Zeiten ohne eigenen Schreibtisch erinnern können. Irgendwas oder irgendjemand muss also mal dazu geführt haben, dass die Bedingungen sich diesbezüglich geändert haben. Dieses irgendwas scheint sich an den Sekundarschulen nicht durchzusetzen. Warum das jetzt so ist, darüber will ich nicht weiter spekulieren.
    3 ... ist zumindest den deutschen Kollegen, mit denen ich zu tun habe, absolut nicht klar, dass mit einem eigenen Schreibtisch an der Schule auch eine gewisse Präsenzpflicht im Schulhaus einhergeht. Sofort fällt nämlich der Satz "oh wie schön, dann kann ich mir aussuchen, ob ich zu Hause oder an der Schule arbeite". Nein, so ist es nicht. Die Kollegen, die sich tatsächlich dann um 13 Uhr nach Hause verpissen, werden mit der Zeit geschmäht bzw. irgendwann von Seiten der Schulleitung dann auch mal gerügt. Jemand der nie da ist, kann sich nämlich auch nicht an Gesprächen innerhalb der Fachschaft z. B. beteiligen bzw. gilt generell aus unzuverlässig was Verpflichtungen ausserhalb des Unterrichts betrifft. Das führt dazu, dass die betreffende Person dann mindestens mal bei der Stundenplangestaltung und der Klassenzuteilung mit sämtlichen Sonderwünschen hinten anstehen muss.


    er Schulträger (i.d.R. die Kommune) fühlt sich nicht verpflichtet, denn "es ging ja auch schon immer ohne, und Geld haben wir sowieso nicht" (aber für moderne Rathäuser ist immer Geld da...).

    Ich verstehe durchaus den Frust, der hinter so einem Satz steckt. Die Argumentation "aber für xy wird auch nen Haufen Geld ausgegeben" ist aber immer ziemlich gefährlich und würde mich als Geldgeber auch nicht besonders überzeugen. Das ist wie eine Gehaltsverhandlung führen mit dem Argument "das Leben ist im Allgemeinen teurer geworden, drum will ich mehr Geld". Das wird keinen Chef dieser Welt interessieren. Versteh mich nicht falsch ... ich finde das deutsche Bildungssystem auch ziemlich marode und finde es ziemlich peinlich, dass ein so reiches Land so wenig Geld für Bildung ausgibt. Aber woran liegt es? Ist es wirklich so, dass nur "die da oben" sich grundsätzlich quer stellen, oder liegt es auch ein bisschen mit daran, dass "die da unten" mit den falschen Mitteln kämpfen? Ich frage mich das nur so. Da ich selbst nicht aktiv am System beteiligt bin, kann ich es ja nicht final beurteilen.


    Ähm...bei uns ist es schon ungewöhnlich, wenn es für jedes der naturwissenschaftlichen Fächer einen Fachlehrer gibt.
    Jemand, der die Gläser spült?

    Die Rechnung ist ganz einfach: Unser Laborant kostet den Kanton bei einer 80 % Stelle etwa 5000 CHF brutto. Ich kostet den Kanton bei einer 84 % Stelle 7800 CHF brutto. Wenn ich meine Gläser selbst spüle, ist das signifikant teurer ;) Bevor jetzt wieder der Neid über die Zahlen ausbricht - ich habe erst gestern bei Coop für einen Salatkopf 4.95 CHF bezahlt.


    Hm, vielleicht habe ich ja an der falschen Uni studiert... Ich habe für meine Fächer genau das machen müssen, was auch jemand für den Magister-Hauptfach-Abschluss machen musste.

    Ich habe keine Ahnung, wie es im Phil 1 Bereich ist und ich habe auch keine Lust da jetzt irgendwelche Studienpläne rauszusuchen und zu vergleichen. In Baden-Württemberg entspricht die Fachausbildung eines Chemie-/Biologie-/Physik-Lehrers nicht mal einem Bachelor of Science. Es ist müssig darüber zu diskutieren, da es in dem Fall aus den Studienplänen ja eindeutig so hervorgeht. Ich halte das auch nicht für ein Problem für den Unterricht, wohl aber für den Umgang mit einer gewissen Arbeitsbelastung.

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