Inklusion (geistig beh.) - Aufgaben des Lehrers - Aufgaben des Schulbegleiters?

  • Hallo,


    ich habe lange überlegt, ob ich hier meine Frage formulieren soll, weil schon so viel im Forum steht, aber ich fand meine Antwort nicht und es kommt wahrscheinlich bald auf mich zu.


    Ist es wirklich meine Aufgabe, als Regelschullehrer ein geistig behindertes Kind in Einzeldifferenzierung zu "unterrichten"?
    Das heißt beispielsweise den Zahlenraum bis 20 und die Buchstaben in einem Zeitrahmen von 2 Jahren beizubringen, während die Klasse ganz andere Dinge lernt.


    Der Schulbegleiter ist ja kein Co- Lehrer, der dem Kind alles beibringt und ich habe am Tag nur wenige Minuten pro Kind Zeit. Wie soll das funkionieren?
    Welche Aufgaben hat denn der Schulbegleiter ganz konkret?
    Weiß jemand wo ich was rechtliches/ schriftliches dazu finde? (Bundesland Bayern)

  • Hallo,


    ist das geistig behinderte Kind das einzige I-Kind in deiner Klasse? Wie viele Stunden kommt zusätzlich sonderpädagogische Betreuung?
    Meine Erfahrung hat gezeigt, dass gerade Wochenplanarbeit, Gruppenarbeit oder Partnerarbeit sehr hilfreich sein können, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der SchülerInnen gerecht zu werden. Denn auch die Gruppe der "normalen" ist ja alles andere als einheitlich. Ich kenne es so, dass z.B. mit dem Sonderpädagogen die Wochenplanaufgaben zusammengestellt werden, und zwar für ALLE Schüler. Klar hat der Sonderpädagoge ein besonderes Augenmerk auf das I-Kind, aber wie gesagt, der Bedarf ist auch bei den anderen Schülern gegeben. So können alle Schüler, auch das I-Kind die Aufgaben relativ selbstständig bearbeiten. Da springt natürlich die Schulbegleitung ein, die hilft, sich zu organisieren, die richtigen Aufgaben zu finden, die Partnerwahl zu unterstützen (wenn das überhaupt nötig ist). In dieser Zeit kann man sich als Lehrer einzelnen Schülern zuwenden, aber alle sind beschäftigt. Wenn man dann noch das Glück hat doppelt besetzt zu sein kann man sich auch mal eine kleine Gruppe an Schülern heraus zu holen.
    Wie sind die räumlichen Voraussetzungen bei dir? Kann man auf dem Flur arbeiten, gibt es einen Nebenraum?
    Die räumlichen Voraussetzungen sind ziemlich entscheidend, wie das Ganze klappt.


    LG filzfrau

  • Die Aufgaben für das Kind spricht der Regelschullehrer mit dem Sonderpädagogen ab.
    Oft ist es so, dass der Sonderpädagoge dann das Material für das Kind zusammenstellt, das kommt darauf an, wie das an der Schule organisiert ist und wie die Zusammenarbeit generell stattfindet.
    In den Unterrichtsstunden kann der Schulbegleiter das Kind dann bei der Bearbeitung der Aufgaben unterstützen.
    Auch der Schulbegleiter kann dem Kind etwas beibringen, das wird er auch tun, aber verantwortlich ist er dafür nicht. Er muss kein Material zusammensuchen oder Ähnliches.
    Das machst du bzw. der Sonderpädagoge.
    Es ist natürlich sinnvoll, sich regelmäßig mit dem Schulbegleiter zusammenzusetzen und ihm konkrete Hinweise zu geben, wie das Kind mit dem Material umgehen soll.

  • Die Schulbegleitung hat meiner Meinung nach nicht die Aufgabe, dem Kind etwas beizubringen. In der Einstiegssphase werden ja neue Inhalte oder Arbeitsweisen besprochen, dies kann exemplarisch am Stoff des I-Kindes geschehen. Das Material sollte dann für alle Schüler so aufbereitet sein, dass es auf die Fähigkeiten des Kindes abgestimmt sind. Die Schulbegleitung sollte dafür sorgen, dass das Kind arbeiten kann, aber keine Inhalte vermitteln.
    Natürlich ist ein regelmäßiges Treffen auch mit der Schulbegleitung sinnvoll, das sehe ich genauso. Oftmals haben diese ja einen viel besseren Einblick in die zu betreuenden Kinder.


    LG filzfrau

  • In den Unterrichtsstunden kann der Schulbegleiter das Kind dann bei der Bearbeitung der Aufgaben unterstützen.
    Auch der Schulbegleiter kann dem Kind etwas beibringen, das wird er auch tun, aber verantwortlich ist er dafür nicht.

    Nein! der Schulebegleiter darf keinen Stoff vermitteln (und kann das im Regelfall auch nicht). Bei uns ist es sogar so, dass das Sozialamt die Schulbegleiter stellt, es sind Sozialpädagogen und sie dürfen ausschließlich bei sowas helfen, wie Zeug auspacken, im Schulhaus zurechtfinden etc., also nichts an Unterrichtsaufgaben übernehmen, die der Lehrer selbst leisten könnte.


    Wenn man sich die Bayerische Verordnung anguckt, sieht man, dass dort sogar jeder x-beliebige Hansele sich neben das Kind setzen darf! Du weißt also nicht, ob du einen Glücksgriff machst oder der Schulbegleiter nur im Weg sitzt (davon gibts zur Genüge).


    Zur Frage, ob du das "musst", das steht ja auch in der Verordnung.
    Ich würde es ausprobieren, vielleicht kommst du richtig gut klar mit dem Kind? Wenn sich aber herausstellt, dass das nicht der richtige Förderort ist, dann würde ich mit der Schulleitung herausarbeiten, was Art. 41 Abs.5 Bay EUG hergibt, sprich warum das Kind in deiner Klasse "Entwicklungsgefährdet" ist.

  • Ist es wirklich meine Aufgabe, als Regelschullehrer ein geistig behindertes Kind in Einzeldifferenzierung zu "unterrichten"?

    Wenn ich dich richtig verstehe, dann hast du das geistig behinderte Kind in Einzeldifferenzierung. Bedeutet das, dass du dieses Kind allein im 1:1 Unterricht unterrichten sollst und der Schulbegleiter ist anwesend oder bedeutet es, dass du noch eine normale Klasse hast und das i-Kind sitzt mit drin?


    Ich glaube, in beiden Fällen bist du als Lehrer für den Unterricht verantwortlich (Material dem Kind zur Verfügung stellen, Aufgaben auswählen). Wobei ich hier absolut darauf achten würde, dass du nur Material zur Verfügung stellst, dass die Schule vorher "käuflich" erworben hat. Es ist nicht deine Aufgabe sonstige, spezielle Materialien käuflich auf deine privaten Kosten zu erwerben, um sie dann dem Kind zur Verfügung zu stellen.


    Ich habe 2 Jahre lang Kinder mit Förderschwerpunkt Lernen in Englisch gehabt. In dieser Zeit habe ich, ausser ein paar gute gemeinte Hinweise des Förderschullehrers, keine extra Materialien für diese SChüler bekommen. Also, hatten diese auch nur die Materialien der normalen Schüler und manchmal ein extra von mir erstelltes Arbeitsblatt.


    Prinzipiell kannst du dich nicht weigern, i-Kinder zu unterrichten. Jedoch würde ich ein ernsthaftes Gespräch mit der SL suchen, wenn du in einer 1:1 Situation das Kind unterrichten sollst, ohne auf diese Aufgabe vorbereitet wurden zu sein. Hier muss dir der Personalrat helfen und das Bundesland sollte ich erst mal "fortbilden".


    Ich selbst hatte nur eine 90min Fortbildung zum Thema Kinder mit Förderschwerpunkt Lernen. Mehr geschah damals vor 2 Jahren nicht. Mittlerweile haben andere Lehrer an mehrmonatigen Weiterbildungen zu diesem Thema teilgenommen und diese unterrichten jetzt auch die i-Kinder.

  • @ filfzrau und @ Pausenbrot


    Hm, vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt.
    Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und behaupte, dass der Schulbegleiter in der
    Regel derjenige ist, der dem geistig behinderten Kind am meisten beibringt.

    Es geht hier ja nicht nur um Unterrichtstoff, sondern gerade im lebenspraktischen oder
    emotional-sozialen Bereich bringt der I-Helfer dem Kind sehr viel bei.


    Verantwortlich für den Unterrichtstoff sind die Lehrer, das habe ich doch geschrieben, aber
    der Schulbegleiter sitzt nun mal daneben und seine Aufgabe hört doch nicht
    damit auf, dem Kind beim Organisieren der Materialien zu helfen. Er wiederholt
    und erklärt z.B. die Aufgabenstellung, hilft bei der Stifthaltung oder erinnert
    das Kind noch einmal daran, wie eine Zahl richtig geschrieben wird.

    Natürlich ist es Aufgabe der Lehrer, dem Kind Inhalte zu vermitteln.
    Aber auch ein Schulbegleiter (wenn es nicht gerade der größte Vollhorst ist) bringt dem Kind
    etwas bei und unterstützt das Kind bei der Bearbeitung der Aufgaben.

    Man muss es ja nicht Stoffvermittlung nennen, wenn man jetzt genau darauf gucken will, was
    ein Schulbegleiter laut Gesetz darf und was nicht. ;)

    Es sagt ja keiner, dass der Schulbegleiter dem Kind jetzt mal erklären soll, wie man
    Minusaufgaben rechnet. Das ist Aufgabe des Lehrers.


    LG

  • Die einfacherern Fälle sitzen bei mir im Unterricht und ich komme im Wesentlichen gut mit der Differenzierung klar. Schwierigere Fälle haben bei uns einen Schulbegleiter, der die Schüler bei der Erarbeitung der einfacheren Aufgaben unterstützt. Oder bei einigen Schülern das Wichtigste für diese mitschreibt. Weil sie es eben nicht können. Was das bringen soll, weiß ich nicht.


    Es ist auch zu beobachten, dass von Jahr zu Jahr die Begleitungen abnehmen. Wie ich das in Zukunft machen soll? Wie überhaupt das ein Lehrer vernünftig schaffen soll? Zunehmend heterogene Gruppen sinnvoll zu unterrichten, ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit. Zaubern kann ich nicht und ich habe auch nicht vor, es in absehbarer Zeit zu lernen.


    Hat sich schon einmal jemand überlegt, wie sich die viele i-Kinder in dem Inklusionsgewusele fühlen könnten? Sie werden durch den auch für sie oft deutlich sichtbaren Abstand zur "normalen" Schülerschaft m.E. mehr diskrimiert, als in homogeneren Lerngruppen.

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