Dipl. Ing. univ.- Seiten-/Quereinstieg

  • Hallo,
    nachdem ich vor kurzem den Diplomstudiengang Werkstoffwissenschaften mit "gut" abgeschlossen habe,
    würde ich jetzt doch gerne das Unterrichten an einer Schule ausprobieren. Ich hatte 4 Semester Mathe (24SWS)
    und sehr viele Chemie- und Physikvorlesungen. Obwohl ich schon oft von Ingenieuren als Quereinsteiger gelesen habe,
    stelle ich jetzt aber fest, dass die Anforderungen vor allem an das Hauptfach sehr hoch und auch in den
    verschiedenen Bundesländern sehr unterschiedlich sind (zB 60 SWS in Berlin). Nun wollte ich fragen, ob mir
    jemand Informationen geben könnte, wie das am Besten verwirklichen könnte. Ich dachte erst, ich könnte gleich eine
    Vertretungsstelle annehmen, aber ist das überhaupt möglich? Ich finde die Informationen über die Voraussetzungen
    dafür oft widersprüchlich. Ich wohne zur Zeit in Bayern, wo es auf der Seite des Kultusministeriums heißt:
    "Hochschulabsolventen mit einer für den jeweiligen Fachunterricht einschlägigen Staatsprüfung oder einem einschlägigen
    Diplom- oder Magisterhauptfachabschluss [kommen]in Betracht." Kann ich mich also dafür bewerben? Oder ist mein
    Abschluss nicht "einschlägig" genug? Und habe ich Chancen auf ein späteres Referendariat?
    Was Schulart(außer Grund- und evtl Mittelschule) und Bundesland bin ich flexibel. Vielen Dank!


    Edit: Die wichtigste Frage ist wohl: Wie finde ich heraus, für welches Hauptfach ich durch meinen Abschluss geeignet bin?

  • Kommentare/Fragen:


    - FH- oder Uni-Diplom?


    - Bayern dürfte aktuell die schlechtesten Chancen für reguläre Lehrer und Quereinsteiger bieten


    - Berlin dürfte aktuell die besten Chancen für die beiden Gruppen bieten; falls du hier eine feste Stelle bekommst musst du automatisch das berufsbegleitende Ref. antreten (18 Monate)


    - für Vertretungsstellen außer Fachkompetenz im Grunde keine fixen Voraussetzungen (in Berlin); je nach Bundesland gibt es online-Portale in denen man sich registrieren lassen kann


    - die Ausschreibung für Berlin für das kommende Halbjahr läuft noch bis 31. Oktober


    http://www.berlin.de/sen/bildu…rer_werden/einstellungen/


    das ist für das zentrale Verfahren - einmal hinsenden und man ist im Pool drin. Außerdem schreiben Berufsschulen ihre Stellen auch direkt aus. Es kann sich auch lohnen die Schulen bzgl. Vertretungsstellen direkt anzuschreiben. Sofern man sich gut schlägt kann man diese dann in eine Planstelle transformieren (vorher klären).



    Problem könnte sein, dass du einen Mixstudiengang hast, ohne klare "klassische" Fachausrichtung. Kann aber sein, dass es bei bestimmten Berufsschulen gefragt ist, bei denen es je nach Berufsbild diverse Nicht-Standardfächer gibt (z.B. eine der 3 OSZ für Bautechnik). Mit technischen Studienrichtungen sollte man in Berlin zur Zeit aber realistische Chancen auf einen Quereinstieg haben, da die technischen Berufsschulen gerade massive Pensionierungen verkraften müssen (kenne eine Schule, die gerade 15 Quereinsteiger zum Halbjahr eingestellt hat).

  • Vielen Dank!
    Ich hab ein Uni-Diplom. In Berlin brauche ich leider 60 SWS in einem Fach und 40 in einem Anderen, ich denke das gilt auch für Berufsschulen. Bei mir sieht es so aus: Mathe24 SWS, Physik 31 SWS und Chemie 17 SWS. Im Grundstudium. Die Vorlesungen im Hauptstudium sind natürlich recht speziell (polymere, Metalle etc.). Deswegen weiß ich nicht, wie die bewertet werden.
    So wie es aussieht, kommen dann nur Berufsschulen in Frage, die auf meinen technischen Schwerpunkt ausgerichtet sind. Oder kann es In anderen Bundesländern theoretisch anders aussehen?
    Ein Problem ist, dass ich keine Berufserfahrung habe. Könnten technische Realschulen eine Möglichkeit sein? Edit: Sowas gibt es scheinbar nicht...

    • Offizieller Beitrag

    Die erste Frage müsstest du aber schon selbst beantworten können.
    Man unterrichtet zwar kein Fach, sondern Kinder, aber eine gewisse "Liebe" zum Unterrichtsfach wäre nicht schlecht... Welches Fach könntest du dir vorstellen zu unterrichten? bzw. welche Fächer?

  • Physik, Mathe und Chemie gleichermaßen gern : ) auch verwandte technische Fächer, z.B. Metalltechnik an Berufsschulen würde natürlich sehr gut passen.

  • Mit Sicherheit geht es in den Bundesländern NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen an allgemeinbildenden Schulen nicht. Hier bräuchtest du ein Diplom, einen Magister oder einen Master in einem Fach, das sich eindeutig einem Unterrichtsfach zuordnen lässt --> z. B. Mathe oder Physik oder Chemie. Für ein zweites Fach reichen dann einige Semesterwochenstunden, in NRW z. B. musst du ein Drittel dessen nachweisen, was für einen der o. g. Abschlüsse nötig wäre. In den anderen Bundesländern dürfte es ähnlich aussehen. Wie Nettmensch geschrieben hat: Niedrig sind die Hürden wohl in Berlin, eher hoch in Bayern.

  • Ich würde versuchen die Scheine aus der theoretischen Physik als Mathe anerkennen zu lassen. Zur Not kannst du ja beim Sachbearbeiter vorbeigehen und ihm mal den Fließbach oder den Landau zeigen. Da sollte selbst der blödste sehen, dass das angewandte Mathematik ist.

  • Interessant! Hat jemand Erfahrungen damit, inwieweit die "spezielleren" Vorlesungen, bei mir z.B "Korrosion und Oberflächentechnik" oder "Mikrocharakterisierung" als Physik oder Chemie angerechnet werden? Und was ich leider auch nicht herausfinde, gibt es lokale Stellen, an denen ich diese Anerkennung durchführen lassen kann und wie heißen die?

  • Und was ich leider auch nicht herausfinde, gibt es lokale Stellen, an denen ich diese Anerkennung durchführen lassen kann und wie heißen die?


    Ich denke nicht, dass es solche Stellen gibt. Früher (in NRW bis 2010) konnte man ein früheres Studium (Magister, Diplom) über die Bezirksregierungen als 1. Staatsexamen anerkennen lassen (natürlich nachdem Veranstaltungen in den Fachdidaktiken und Pädagogik/Allgemeiner Didaktik/Psychologie etc. noch besucht wurden). Ich wüsste nicht, dass das heute noch irgendwo möglich wäre. Heute müsstest du dich an der Uni für den Master of Education einschreiben und würdest in ein entsprechendes Fachsemester eingestuft. So oder so entscheiden Menschen, die von der Materie keine Ahnung haben und dir wohl nicht ohne weiteres Physik- als Mathevorlesungen anerkennen werden.


    Besorge dir die entsprechenden Verordnungen/Erlasse der einzelnen Bundesländer zum Thema Seiten- oder Quereinstieg. Ich habe oben schonmal geschrieben, dass es in NRW z. B. sinngemäß die Formulierung "[Fächer oder Abschlüsse], die sich eindeutig einem Unterrichtsfach zuordnen lassen" gibt. Nächster Schritt wäre dann, in den Schulministerien anzurufen, da gibt es Ansprechpartner für Seiten-/Quereinsteiger und z. T. merkt man durchaus, dass die daran interessiert sind, offene Stellen besetzt zu bekommen.

  • Hallo,


    wie mein Vorposter schrieb, ist es das Wichtigste für dich: Anrufen! Denn dein Fall ist doch sehr speziell.


    Du schriebst: Die Anforderungen an das Erstfach sind sehr hoch. Das stimmt so nicht. Es sind nicht die Anforderungen, aber das Fach muss sich eben aus deinem Studium ergeben. Bei einem Dipl.-Ing. E-Technik, MaschBau, Bau etc. ist das eben ganz klar, wie das Erstfach zugeordnet wird.


    Mit deinem sehr speziellen Studium leitet sich eben (ich schreibe für BBSen) kein berufliches Fach so direkt ab; am ehesten eventuell Metall. Das erfährst du aber nur, wenn du in Ministerien anrufst. Hier kann sich dann im Gespräch zeigen, ob Interesse besteht und du in den Fächerkanon der BBS eingeordnet werden kannst. Ich würde aus deinem Studium heraus dann vielleicht Physik oder Chemie als Zweitfach sehen, was an BBSen ebenfalls (aber nicht so stark wie die beruflichen Fächer wie Metall oder Elektro) gebraucht wird. Physik wird häufig ohne Fakultas von Techniklehrern übernommen, als Haupt-Argument für dich (wegen des nicht so riesigen Bedarfs) wahrscheinlich nicht sooo brauchbar.


    Viele Grüße und Erfolg!

  • Vielen Dank für die vielen hilfreichen Antworten! Ich werde die Tage noch Bericht erstatten. Vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen wie es mit so einem Studium aussieht.

  • Ich habe einen Kollegen, der es sogar als FH-Diplom-Ingenieur geschafft hat, eine unbefristete Stelle zu bekommen. An einer Privatschule hier in Hamburg. Er ist zwar nicht verbeamtet, bekommt aber auch E11, wie alle anderen nicht-verbeamteten Lehrer (selbst, wenn sie das 2. Staatsexamen haben). An unserer Schule sind recht viele, die kein Ref gemacht haben und "einfach so" als Quereinsteiger angestellt wurden. Sie machen ihren Job in meinen Augen sehr gut, jedenfals meistens. Was sie nicht im Ref gelernt haben, machen sie durch ihre Motivation und Intiuition und wahrscheinlich auch Begabung wett. Schließlich haben sie sich erst später in einem "reiferen Alter" für den Job bewusst entschieden.

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