Benotung von "häuslichem Engagement" in NRW?

  • Die Sachkundelehrerin meiner Tochter erzählte mir kürzlich frohgemut, dass es einen neuen Erlass (oder sowas) gäbe, der sie verpflichte auch "häusliches Engagement" zu benoten. Beispielsweise wie die Kinder "Suchaufträge" für den Unterricht erfüllen. Tja, mir soll's recht sein.


    Den guten alten HA-Erlass ("HA werden in der Regel nicht zensiert") auf dem NRW-Bildungsportal kenne ich. Doch neugierig bin ich ja schon, was gibt's denn Neues in dem Umfeld?


    - Martin

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

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  • Hallo,


    prinzipiell finde ich so etwas auch gut, da wir neben Internet ein reich bestückte Bibliothek haben mit vielen Lexikas ect...


    Außerdem kann man ja als Elternteil dem Kind frühzeitig den Gebrauch der diversen Mittel beibringen.


    Nur was machen da wieder Kinder aus "bildungsfernen" Schichten. Eltern, die selbst keine gute Allgemeinbildung haben, wenig Bücher, können ihre Kinder da nicht einmal Hinweise geben.


    So wird die Kluft zwischen den bildungsnahen und bildungsfernen Schichten immer größer.


    Man kann ja nicht erwarten als Schule (wenn es auch ok wäre und besser für die Kinder), dass die Eltern Leseratten sind und im Laufe ihres Lebens fast 2.500 Bücher haben, darunter auch sehr viele Fachwerke für Physik, Geschichte, Biologie. Man kann Eltern auch nicht verpflichten, so etwas zu finanzieren.



    Es ist auch nachteilig für die Kinder (meist identisch mit den bildungsfernen Schichten), deren Eltern die Schule völlig egal ist.


    Doris

  • Ich staune... bislang gestaltet sich Projektarbeit immer ziemlich schwierig, weil ich auf der einen Seite fantastisches Engagement nur wenig bewerten kann, weil eben viel zu Hause erstellt wurde, auf der anderen Seite schon die Leistung des Kindes und nicht die der Eltern bewerten muss (der letzte Schüler, der mir ein komplett von seiner Mutter angefertigtes Lesetagebuch unterzuschieben versuchte, war 18!). Ich versuche, das Thema "Hilfe bei den Hausaufgaben" am Anfang des Schuljahres per Versammlung oder Elternbrief zu klären. Ich hoffe, es bricht niemandem ein Zacken aus der Krone, wenn er seine Kinder mal Vokabeln abhört oder von ihnen interviewt wird, welche Balladen er denn noch aus der Schulzeit kann. Alles, was drüber hinausgeht, sollen die Kinder bitte wieder mit in die Schule bringen und nachfragen. Wenn sich alle Eltern dran halten würden, wäre das mit dem häuslichen ENgagement wunderbar.


    w.

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  • Hallo Wolkenstein,


    ich habe mal bei diesem wirklich wichtigen Thema augenzwinkernd zur Lehrerin gemeint:


    "Sie wollen ja nicht wissen, was die Mutter weiß und kann."


    Aber es ist ja nicht schlimm, wenn ich Vokabeln abhöre oder ansonsten abfrage.


    Bei "Wissensfragen" und vor allem, wenn ich vermute, dass die junge Dame einfach nur zu faul ist, selbst zu lesen und zu suchen, verweise ich darauf, dass ich meinen Schulabschluss habe.


    Wenn es natürlich um die Rückmeldung geht, ob z.B. eine Matheaufgabe richtig verstanden wurde, stehe ich immer gerne zur Verfügung.


    Nur Aufgaben meines Kindes erledigen? - Nein, ich bin froh, dass ich meine Schulzeit hinter mir habe.


    Später kann ich ja auch nicht für mein Kind arbeiten gehen.


    Doris

  • Oooch, ich glaube schon, dass die Lehrer gerne erfahren, was die Eltern wissen und können. Nicht um es zu benoten, sondern um die Gesamtlage richtig einschätzen zu können. Um es also aus der häuslichen Leistung rauszurechen und in die Schulformempfehlung wieder einzurechen.


    Töchterchen fragte mich übrigens, ob sie denn Eimer und Gläser in den Sachunterricht mitbringen sollte, obwohl schon genug vorhanden wäre - weil es dafür Noten gäbe. Da sie sich nicht in der Lage sah, diesen "groben Unfug" aufzuklären, bin ich mal mit hin. (Einmal kläre ich bei jeder Lehrerin gerne mit ihr ein lösbares Problemchen, das hat viele Vorteile.)


    Okay, es gibt natürlich keine Noten für das Mitbringen von Eimern und Dosen sondern für "häusliche Suchaufträge". Gut, offenes Motivieren durch Noten ist vielleicht nicht ganz der Stand der Grundschulpädagogik, aber es muss nicht zwangsläufig ungerecht werden. Ein Kind, das Zuhause keine Zeitung hat, kann auch was zum Thema malen. Mein Töchterchen kann die Ingenieurszeitschrift ausschlachten. Damit hat sich für die Lehrerin auch die Frage nach meinem "Wissen und Können" beantwortet. Technisch-fachlich spielen wir nicht in derselben Liga.


    Nur hat die Lehrerin dann noch erwähnt, dass es einen neuen Vorschrift gäbe, der ihr die Benotung solcher Sachen vorschreibe. Und ich glaube ja an keine schulische Vorschrift, die ich nicht selber gelesen habe. Ganz ohne Hass , ich hege die Grundvermutung, dass Lehrer schon mal bequemerweise eine "zielgerichtet verkürzte" Version an Eltern weitergeben - so sie denn die Vorschriftenlage überhaupt wirklich kennen.



    - Martin

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  • Hallo Martin,


    speziell für die Leistungsbewertung im Sachunterricht gibt der Lehrplan in NRW folgendes her:


    (LP, S. 66)


    Kein Wort also von Hausaufgaben. Wenn jetzt also das Nicht-Mitbringen der Eimer ein Ausdruck der grundsätzlichen leistungsverweigernden Haltung deiner Tochter wäre, könnte ich mir vorstellen, dass das sicherlich berücksichtigt wird - dann ist aber der einzelne Vorfall auch nicht mehr ausschlaggebend. Ansonsten halte ich es eher umgekehrt: Wer sich wirklich stark engagiert und auch häufig von zu Hause etwas mitbringt etc., bei dem wirkt sich das sicherlich positiv auf die Note aus - so als "Extra-Pluspunkt" quasi. Aber umgekehrt ziehe ich nichts ab.


    Edit: Bezüglich der Erlasslage kannst du nochmal hier schauen: http://www.bildungsportal.nrw.de/BP/Schule/index.html
    Wenn du in der Suchfunktion "Hausaufgaben" eingibst, findest du einiges.


    Gruß
    Britta

  • Ich denke, es werden die in Zukunft zu vergebenen Kopfnoten sein, häuslicher Fleiß, Verhalten, ..., bin gespannt was noch darunter fallen wird und was und das KMK als Hilfe geben wird, um einen Maßstab zu haben.


    Kann leider dazu nichts sagen, außer, dass aus meiner Sicht die Kinder sowieso wieder die Benachteiligten sind, die immer im Schulsystem die .... sind.


    flip

  • Das erinnert mich irgendwie an die Klippert-Spezialisten unter den Lehrern meiner Kinder. Da bekommt man Listen, was alles in die Benotung eingeht. Das Mitbringen von Eimern wird nicht explizit erwähnt. Aber durch das Mitbringen von Topfpflanzen für den Klassenraum kann man seine soziale Kompetenz beweisen und damit die Fach-Noten aufbessern.


    Da diese Pflanzen über Ferien und lange Wochenenden wieder heimtransportiert werden müssen, können hier auch die Eltern ihre soziale Kompetenz beweisen, indem sie zunächst die Pflanzen finanzieren und dann den Auto-Transport gewährleisten.


    Das ist nur mal so ein Beispiel. Es werden auch noch andere Möglichkeiten angeboten.


    Grüße Enja

  • Hallo!


    Habe folgendes im Referentenentwurf für ein
    Zweites Schulrechtsänderungsgesetz gefunden.


    § 49 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:
    "(2) Soweit in den Ausbildungs- und
    Prüfungsordnungen nichts anderes bestimmt
    ist, werden neben den Angaben zum
    Leistungsstand in Zeugnisse und in
    Bescheinigungen über die Schullaufbahn
    aufgenommen:
    1. die entschuldigten und unentschuldigten
    Fehlzeiten,
    2. Aussagen zum Arbeits- und
    Sozialverhalten, denen die Notenstufen "sehr
    gut", "gut", "befriedigend" und
    "unbefriedigend" zugrunde gelegt werden,
    3. nach Entscheidung der Zeugnis- oder
    Versetzungskonferenz weitere Bemerkungen
    über besondere Leistungen und besonderen
    persönlichen Einsatz im außerunterrichtlichen
    Bereich. Auf Wunsch der Schülerin oder des
    Schülers können ebenfalls außerschulische
    ehrenamtliche Tätigkeiten in Zeugnissen und
    in Bescheinigungen über die Schullaufbahnen
    gewürdigt werden. In Abschluss- und
    Abgangszeugnissen beziehen Bemerkungen
    nach dieser Ziffer auch auf die gesamte
    Schullaufbahn."


    Vielleicht hilft dies. Von einer Änderung der Hausaufgabenregelung hab ich dort nichts gefunden.


    VG

  • Könnte wirklich sein, dass sie sich durch die Berichterstattung über die Schulrechtsänderung in NRW hat verunsichern lassen.


    Vielleicht sollte ich es nochmal hervorheben:

    Zitat

    oh-ein-papa schrieb am 05.03.2006 11:04:
    Okay, es gibt natürlich keine Noten für das Mitbringen von Eimern und Dosen sondern für "häusliche Suchaufträge".


    Diese Suchaufträge ergehen schon zum Unterrichtsthema.


    Und mit dem Vorschriftenkram hat sie angefangen.
    Da musste ich doch mal durchblicken lassen, dass ich mich schlau gelesen habe.
    Es ist auch schon viel gewonnen, wenn die Lehrerin es lieber vermeidet, dass ich mich intensiv um ihre Notenfindung kümmern müsste.



    - Martin


    P.S.: Töchterchen bekommt im Sachunterricht so-oder-so dieselbe gute Note. Weil sie gut ist. :)

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

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  • Zitat

    oh-ein-papa schrieb am 05.03.2006 17:33:
    Und mit dem Vorschriftenkram hat sie angefangen.
    Da musste ich doch mal durchblicken lassen, dass ich mich schlau gelesen habe.
    Es ist auch schon viel gewonnen, wenn die Lehrerin es lieber vermeidet, dass ich mich intensiv um ihre Notenfindung kümmern müsste.


    Ich glaube ich habe das Problem noch nicht so richtig verstanden... So, wie ich deinen Bericht lese, geht es doch darum, dass die Lehrerin Aktivitäten deiner Tochter benotet, die zwar nicht im Unterricht stattfinden aber dennoch Teil der sonstigen Mitarbeit sind und weitere Unterrichtsarbeit vorbereiten. Wenn das zutrifft, kann ich da wenig dramatisches dran entdecken (wüsste aber auch nicht, wieso man dafür "neue Vorschriften" bräuchte...)


    Zitat

    P.S.: Töchterchen bekommt im Sachunterricht so-oder-so dieselbe gute Note. Weil sie gut ist. :)


    Na, dann ist doch alles gut.


    Nele

  • Stark versimpelt: Die Lehrerin sagte von sich aus, es gäbe dazu einen neuen Erlass (oder sowas).
    Mein Eindruck: Wenn denn dann hat er noch keine echte Breitenwirkung entwickelt.


    - martin


    P.S.: Ein "Problem" ist meines Wissens sowieso keine Bedingung hier im Forum.

    Acht Semester mitlesen ersetzt das Lehramtsstudium. ;)

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