Problem mit Referendar und Fachkompetenz

  • wie jetzt? Und wenn einem Nachdenken nicht so liegt, oder Fachwissen?

    Ich verstehe deine Frage nicht ...
    Ich spreche von der Form der Prüfungsleistung und darüber, wie man schriftliche Prüfungen vermeiden kann.
    Das hat mit Inhalten (Fachwissen) nichts zu tun.
    Wobei es in meiner Studienzeit auch keine Seminare/Prüfungen gab, in denen explizit meine orthografischen Kenntnisse abgefragt wurden a la
    Kreuzen Sie die richtige Schreibung an: a) fehler b) Fehler c) Feler d) Feller ;)
    Man geht einfach davon aus, dass Abiturienten adäquate Rechtschreibkenntnisse haben.


    Ich denke, wir stimmen darüber ein, dass wir von Deutschlehrern gewisse Kenntnisse erwarten dürfen. Ich habe lediglich versucht zu erklären, warum es nicht auffällt, wenn dem nicht so ist.
    Wie schon einige Vorredner erklärt haben, scheint das Abitur leider kein Beleg für gute Rechtschreibung und Grammatik zu sein.

  • Wenn ich als Fachlehrer eine Arbeit der Schüler korrigiere, streiche ich zwar sprachliche Fehler an, aber sie gehen nicht in die Bewertung ein. Somit hat es für die Schüler außer in den sprachlichen Fächern praktisch keine Konsequenzen und damit müssten sie sich nicht unedingt Mühe geben, die Rechtschreibung und Zeichensetzung zu beherrschen. Ich habe erst die Tage eine Stegreifaufgabe korrigiert, in der der Schüler selbst kein einziges Komma gesetzt hat. Habe ich für ihn gemacht und auch angemerkt, aber das hat keinerlei Auswirkungen auf seine Chemie-Note.
    Im Studium ist es genau so.
    Und dann bin ich schnell in der Situation, dass ich manchmal bei Deutsch-Referendaren Texte korrigiere, dort jede Menge sprachliche Fehler - also mehr als nur mal vertippt - verbessere und mich frage, wie die es eigentlich bei ihren Schülern machen. Wie korrigieren sie deren Zeichensetzung, wenn sie selbst kaum Ahnung davon haben?


    Sarek

  • Was mich jedoch irritiert:Ich bin wohl die erste Person, die ihm das so deutlich gesagt hat. Weder im Studium noch in den Seminaren ist das bisher aufgefallen. Er weiß, dass er einige Schwächen hat, aber empfand diese bisher nicht als gravierend, weil die Noten immer gut waren.


    Ich bin gespannt, ob er an sich arbeiten kann und wird...


    Hallo Punkt,


    bei uns ist das normal, dass angehende Deutschlehrer weder sicher in der Kommasetzung noch allgemeinen Rechtschreibung sind. Ein Problem ist das meist nicht, da es nicht wenige Ausbilder kaum merklich besser können und man allem Anschein nach großzügig darüber hinwegsieht. Ich meine: Die Schulleitung haut (ebenfalls Deutsch als Fach) einen fehlerhaften Rundbrief nach dem andern raus - was darf man da für Anforderungen an Reffis stellen? Keine sonderlich hohen.


    Mir wäre das sehr peinlich, wenn Schüler mir erklären, wo ich meine Kommas zu setzen habe und ich syntaktisch somit kaum Hauptsatz von Nebensatz klar unterscheiden könnte. Es reicht für sichere Kommasetzung ja ein stabiles Grundverständnis der Grammatik und wenn das nach dem Studium nicht vorhanden ist... für die Schulgrammatik (Buchgrammatik) reichts allemal. Bedauernswert ist es trotzdem.


    der Buntflieger

  • Dazu muss man auch sagen, dass es eben seehr viele Lehramtsstudiumsabsolventen mit Fach Deutsch gibt und alleine durch diese Masse klar sein dürfte, dass das nicht alles Orthographieexperten sein können. In Hessen ist es z.B. seit August 2018 so, dass das Kultusministerium explizit bei den Fächern Deutsch und Geschichte für das Gymnasium, bedingt durch die hohen Absolventenzahlen, die Einstellungschancen als "deutlich unter dem Durchschnitt" kennzeichnet und somit von einer Einschreibung abrät. Aber damit verhält es sich wie mit den Abiturquoten. Nur weil in manch einem Bundesland mehr als 50% eines Jahrgangs das Abitur absolvieren, sind das nicht auf einmal alles so schlaue Leute.

  • Das heißt es gab richtige Auswertungsgespräche zu den Prüfungen? So unterschiedlich kann die Ausbildung sein. Das freut mich zu hören. : )

    Die Prüfungen nicht, aber die Hausarbeiten.
    Diese wurden von den meisten Profs. zumindest kurz besprochen, von manchen auch sehr detailliert (bis zu 60 min).
    Letztlich lag es nicht an den Fakultäten oder Instituten, sondern an den einzelnen Profs., wie die das gehandhabt haben. Da war eben alles dabei.

  • Wenn ich als Fachlehrer eine Arbeit der Schüler korrigiere, streiche ich zwar sprachliche Fehler an, aber sie gehen nicht in die Bewertung ein. Somit hat es für die Schüler außer in den sprachlichen Fächern praktisch keine Konsequenzen und damit müssten sie sich nicht unedingt Mühe geben, die Rechtschreibung und Zeichensetzung zu beherrschen. Ich habe erst die Tage eine Stegreifaufgabe korrigiert, in der der Schüler selbst kein einziges Komma gesetzt hat. Habe ich für ihn gemacht und auch angemerkt, aber das hat keinerlei Auswirkungen auf seine Chemie-Note.


    Darfst Du es nicht in die Bewertung einfließen lassen oder willst Du nicht?


    Anzustreichen aber nicht bewerten erscheint mir widersprüchlich. Das fühlt sich doch bestimmt auch ziemlich sinnlos an.

  • Ich darf es nicht in die Bewertung einfließen lassen, da ich in der Arbeit die Chemie-Kenntnisse des Schülers prüfe, nicht seine sprachlichen Fähigkeiten. Ich kann es bewerten, wenn durch den sprachlichen Murks der Inhalt nicht mehr eindeutig wird. Oder wenn neu gelernte Fachbegriffe falsch geschrieben werden. Wobei ich hier auch differenziere. Wenn Zellmembran der neue Begriff ist und ein Schüler schreibt z.B. Mempran, streiche ich es an, werte es aber nicht als Fehler. Minbran dagegen werte ich als Fehler, da dies schon zu einem anderen Wort geworden ist.
    Sinnlos fühlt sich das Anstreichen der Rechtschreibfehler nicht. Das mache ich fast automatisch, während ich den Text lese. Wenn ich den Schüler zumindest auf die Fehler hinweise, bringt es zumindest gelegentlich doch etwasbei dem einen oder anderen.


    Sarek

  • Ich darf es nicht in die Bewertung einfließen lassen, da ich in der Arbeit die Chemie-Kenntnisse des Schülers prüfe, nicht seine sprachlichen Fähigkeiten. Ich kann es bewerten, wenn durch den sprachlichen Murks der Inhalt nicht mehr eindeutig wird. Oder wenn neu gelernte Fachbegriffe falsch geschrieben werden. Wobei ich hier auch differenziere. Wenn Zellmembran der neue Begriff ist und ein Schüler schreibt z.B. Mempran, streiche ich es an, werte es aber nicht als Fehler. Minbran dagegen werte ich als Fehler, da dies schon zu einem anderen Wort geworden ist.
    Sinnlos fühlt sich das Anstreichen der Rechtschreibfehler nicht. Das mache ich fast automatisch, während ich den Text lese. Wenn ich den Schüler zumindest auf die Fehler hinweise, bringt es zumindest gelegentlich doch etwasbei dem einen oder anderen.


    In Baden-Württemberg sollen alle Lehrer die Rechtschreibung korrigieren und dürfen dies auch in die Bewertung einfließen lassen.



    Meine Erfahrung ist, dass die Schüler, die es nötig haben, keinen Grund darin sehen etwas zu ändern, wenn es nicht bewertet wird.

  • Dazu muss man auch sagen, dass es eben seehr viele Lehramtsstudiumsabsolventen mit Fach Deutsch gibt und alleine durch diese Masse klar sein dürfte, dass das nicht alles Orthographieexperten sein können. In Hessen ist es z.B. seit August 2018 so, dass das Kultusministerium explizit bei den Fächern Deutsch und Geschichte für das Gymnasium, bedingt durch die hohen Absolventenzahlen, die Einstellungschancen als "deutlich unter dem Durchschnitt" kennzeichnet und somit von einer Einschreibung abrät. Aber damit verhält es sich wie mit den Abiturquoten. Nur weil in manch einem Bundesland mehr als 50% eines Jahrgangs das Abitur absolvieren, sind das nicht auf einmal alles so schlaue Leute.


    Hallo Lehramtsstudent,


    man muss ja nun kein Experte für Orthographie sein nach dem Studium. Aber zumindest Prädikate sicher identifizieren - das sollte schon drin sein. Und wer das kann, der setzt in der Regel auch keine falschen Kommas mehr oder vergisst sie zu setzen. Das sind meinem Verständnis nach absolute Basics als Fachlehrer.


    Für mich in etwa so, als wüsste ein Mechaniker nicht, dass man Schrauben in den meisten Fällen rechtsherum festzieht.


    Außerdem ist es doch gerade im Fach Deutsch, in dem im ganzen literaturwissenschaftlichen Bereich so wenig echte "Substanz" anzutreffen ist, eine erfrischende Abwechslung, dass es auch handfeste Kenntnisbereiche gibt. Ich habe das genossen im Studium. Endlich mal systematisches und stringentes Arbeiten abseits von vagen Theorien und Interpretationsansätzen. Ich fürchte nur, dass nicht wenige Leute das Fach gerade deshalb wählen: Man kann sich recht bequem irgendwie "durchlabern".


    der Buntflieger

  • Dazu kommt: Rechtschreibung zu üben, das macht keinen Spaß, sondern ist echte Knochenarbeit.


    Ich glaube schon, dass das Spaß machen könnte. Das Probleme sehe ich darin, dass dafür ab einer bestimmten Klassenstufe keine Zeit mehr da ist.
    Das ist eben das Prinzip der Schule: Es werden Leistungen gemessen anhand eines bestimmten Stoffs. Danach geht's so oder so weiter im Text, ganz egal wie groß ggfs. die Defizite sind.

  • Mal eine kontroverse Frage an dich zu der Thematik: Ist es nicht ausreichend, wenn man nach der Ende der 6. Klasse den Rechtschreiblehrgang für abgeschlossen erklärt? Zu dem Zeitpunkt hat man sich über 6 Jahre immer mal wieder mit der Rechtschreibung beschäftigt und wenn man nach all dieser Zeit wirklich noch den Bedarf sieht, Rechtschreibung im Unterricht zu behandeln, am besten noch in der Sek II bzw. Berufsschule, würde ich doch einmal die Frage stellen, ob dann nicht eher der Rechtschreibunterricht in den Klassen 1-6 reformiert gehört, da anscheinend bei einem nicht unerheblichen Teil der Schülerschaft nicht zielführend...

  • Mal eine kontroverse Frage an dich zu der Thematik: Ist es nicht ausreichend, wenn man nach der Ende der 6. Klasse den Rechtschreiblehrgang für abgeschlossen erklärt?

    Das kommt auf die Kriterien an, anhand derer man beurteilt.
    Z.B. wie hoch der Anteil der Schüler sein soll, der die Rechtschreibung in einem bestimmten Maß beherrscht.


    Ob die KMs etwas für ausreichend halten, oder nicht, sieht man ja an der Bildungspolitik.

  • Ich glaube schon, dass das Spaß machen könnte. Das Probleme sehe ich darin, dass dafür ab einer bestimmten Klassenstufe keine Zeit mehr da ist.
    Das ist eben das Prinzip der Schule: Es werden Leistungen gemessen anhand eines bestimmten Stoffs. Danach geht's so oder so weiter im Text, ganz egal wie groß ggfs. die Defizite sind.

    Ich meinte, dass es keinen Spaß macht, zuhause an den eigenen individuellen Schwächen zu arbeiten.

  • An meiner alten Uni hatten wir auch viele deutschsprachige „Lehramt Deutsch“ Studis, die massive Sprachfehler und LRS hatten. Einer unser Geodozenten sprach das dann mal, auf eine Hausarbeit bezogen, an: Er wurde von der Studentin angezeigt und bekam ordentlich Stress mit der Verwaltung und der Antidiskriminierungs-Besuftragten. Die Studentin könne ja nichts dafür, sie hätte ja eine Diagnose hinsichtlich von LRS.
    Seit dem wundert mich Vieles nicht mehr. :(

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • An meiner alten Uni hatten wir auch viele deutschsprachige „Lehramt Deutsch“ Studis, die massive Sprachfehler und LRS hatten. Einer unser Geodozenten sprach das dann mal, auf eine Hausarbeit bezogen, an: Er wurde von der Studentin angezeigt und bekam ordentlich Stress mit der Verwaltung und der Antidiskriminierungs-Besuftragten. Die Studentin könne ja nichts dafür, sie hätte ja eine Diagnose hinsichtlich von LRS.
    Seit dem wundert mich Vieles nicht mehr. :(

    Hallo Kapa,


    das mag schon sein, aber man darf von einem Studenten/Studentin durchaus erwarten, dass er/sie die Hausarbeit vor Abgabe korrigieren lässt, zumal wenn bekannt ist, dass man das selbst aus bestimmten Gründen nicht zu leisten vermag. Später wird das auch notwendig sein, da man Schülern nicht völlig fehlerbehaftete Materialien/Tafelanschriebe präsentieren kann. Man muss gelernt haben, mit den eigenen Defiziten umzugehen. Und wenn das nicht möglich ist, muss man später mit Assistenz unterrichten. Im Falle von blinden Lehrern ist das z.B. der Fall.


    Sprachfehler sind natürlich ein anderes Thema, dafür kann man nichts und das ist auch durch Sprachtraining (Logopädie) nicht immer lösbar. Inwieweit man hier dann noch als Vorbild in Sachen Sprache fungieren kann, muss in jedem Fall gesondert erwogen werden. Zu bedenken ist ja auch, dass derjenige, der trotz Einschränkung erfolgreich SuS fesseln und für sein Fach gewinnen kann, seine Eignung bereits unter Beweis stellt.


    der Buntflieger

  • Buntflieger, es ist schön, das du antwortest, nur fände ich es gut, wenn das auch zu dem von Text von mir passen würde.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Buntflieger, es ist schön, das du antwortest, nur fände ich es gut, wenn das auch zu dem von Text von mir passen würde.

    Hallo Kapa,


    weshalb passt meine Antwort nicht zum Text? Es geht doch u.a. um Hausarbeiten von Studenten und Nachteilsausgleich... :ohh:


    der Buntflieger

  • Hallo Kapa,
    weshalb passt meine Antwort nicht zum Text? Es geht doch u.a. um Hausarbeiten von Studenten und Nachteilsausgleich... :ohh:


    der Buntflieger

    Nein es ging im Thread hier darum, dass so etwas doch vorher aufgefallen sein muss bei dem Referendar im Ausgangspost. Die Geschichte von Kapa zeigt aber, dass die Dozenten in der Uni das möglicherweise durch solche "Klagen" eben bewusst nicht ansprechen. Und da haben wir dann das Problem.

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