"Ich polier dir die Fresse", sagte der Lehrer.

  • Eine Grundschule mit schwieriger Klientel ist überfordert. Einige Kolleginnen sind langzeitkrank, Quereinsteiger und Vertretungskräfte decken Bedarf an Fachunterricht. Sätze, wie der obige oder "ich verdiene hier mein Geld, mir ist es egal, was ihr macht" fallen vor Achtjährigen. Im Treppenhaus wird so geschubst, dass Kinder blaue Flecken davontragen. Ein Kind wird auf dem Klo von Älteren festgehalten und bedroht. Ein anderes kriegt im Unterricht beim Streit eine Schere in den Rücken. Ein Weiteres wird auf dem Hof gewürgt.


    Jaja, schwierige Arbeitsbedingungen, Verständnis und Kollegialität. Ich frage mich nur: haben Kinder auch noch Anrecht auf menschenwürdige Behandlung? Sowohl die Verhaltensgestörten als auch die normal Sozialisierten? Müssen sie "da halt durch", denn die Lehrer machen ja Fortbildungen, der Sozialarbeiter Spiele zum normalen Miteinanderumgehen? Der Lehrermangel ist halt eklatant und die Aufsicht beim Raumwechsel wird eben erst in den Klassen abgedeckt, die am gefährlichsten sind?


    Bei allem Verständnis aus Kollegensicht hab ich aus Sicht einer Mutter auch noch ein paar Wünsche. Und wenn der Sportlehrer oder die Kunstfrau nicht klarkommt, dann fällt Sport und Kunst eben aus. Unterricht kann man das eh nicht nennen. Ein Klassenlehrer übernimmt die Grundversorgung und der Schulleiter braucht so viel Standing, mal alle an einen Tisch zu laden und nach Lösungen zu suchen. Und vor allem Eltern, die ihre Hilfe anbieten, nicht abzuweisen. Auch das solls ja geben: Eltern, die ihre Unterstützung anbieten.


    Ehrlichkeit und Lösungsorientierung, das würde ich mir wünschen. Auf dem Staat, den Eltern, der Bezahlung, der Inklusion rumhacken, haben wir alles gemacht, hat alles nichts geholfen. Was jetzt?

  • Es fällt mir schwer, mir das vorzustellen. Wenn der Sportlehrer oder die Kunstfrau nicht klarkommen, kann man da nicht die Störenfriede ausschließen und den Unterricht für die anderen stattfinden lassen?

  • Zu einer Sache fällt mir was ein: Es müsste fest angestellte Vertretungskräfte geben in jedem Schulbezirk.


    Man weiß ja ungefähr, wie viele Leute so im Schnitt krank werden, dann muss man so viele Leute eben zusätzlich einstellen, damit nicht die Kollegen vor Ort das vertreten müssen und dann auch noch krank werden.


    Ich weiß jetzt ja nicht ,in welchem Bundesland Du bist, aber meist gibt es zum Thema Unterrichtsausfall ja volmundige Politikerversprechen.


    Offenbar schreibst Du ja als Mutter, nicht als Kollegin. Der Ausweg für die Schule wäre die Überlastungsanzeige.


    Letztlich würde bei all diesen Problemen zusätzliches Personal helfen. Wenn z.B. die Klassen nur halb so groß wären und dann jederzeit zwei Lehrer und ein SozPäd in der Klasse wären, dann ließen sich die Gestörten (von denen es dann statistisch gesehen wegen der kleineren Klassen auch nur halb so viele gäbe) vereinzeln und separat versorgen. Ich gebe zu, das ist ein (bewusst gewähltes) Extrembeispiel, aber würde sich der Staat es wirklich was kosten lassen, dann wäre auch unter diesen Bedingungen gute Schule denkbar.


    Kostenlos gibt hier nur Feigenblättchen!

  • Im Treppenhaus wird so geschubst, dass Kinder blaue Flecken davontragen. Ein Kind wird auf dem Klo von Älteren festgehalten und bedroht. Ein anderes kriegt im Unterricht beim Streit eine Schere in den Rücken. Ein Weiteres wird auf dem Hof gewürgt.

    Da bin ich Pessimist. Das kriegt man, wenn es geballt an einem Standort so zugeht, nicht mehr in den Griff. Vielleicht noch durch Standortschließung und Neuverteilung der Schülerschaft?

  • Das ist nicht "nur" an der Grundschule so. Ich arbeite neben meinem Studium im Kindergarten und habe davor in anderen Kindergärten und Horten gearbeitet.


    Mir kommt es so vor als würden die Kinder immer verhaltensgestörter werden und Niemand unternimmt aktiv dagegen was und das sind dann auch die Kinder die dann in die Grundschule und später in eine weiterführende Schule wechseln. Bei uns gibt es Gott sei dank noch Förderschulen, aber trotzdem sehe ich da sehr schwarz für die Zukunft.


    Es wird meiner Meinung nach nicht konsequent durchgegriffen, man kann sich als Kind/Jugendlicher heutzutage einfach zu viel leisten, ohne das man "wirklichen" Ärger bekommt, z.B. permanenter Rausschmiss.
    Das müssen dann halt eben die anderen Kinder ertragen.

  • Es hört sich wirklich heftig an für eine Grundschule. :(

    Ja, ich weiß. Natürlich gibt es auch Lehrer, bei denen normaler Unterricht stattfindet, trotzdem passieren genau diese Dinge und Lehrer als auch Schüler gewöhnen sich daran. Der Justin war eben sehr wütend, wir haben auch seine Eltern eingeladen. Wir können uns bei der Aufsicht nicht zerteilen. Das muss in der Hortzeit passiert sein, dafür ist der Hört zuständig. Im Treppenhaus können wir keine Aufsicht machen...


    Ja klar nervt das! Trotzdem muss doch eine Lösung her. Im Zweifel eben Schulausschluss auch schon in Klasse 1. Familientherapie als Auflage vom Jugendgericht. Das Vertuschen, Quereinsteiger für Dauerkranke einzustellen, Durchwurschteln bis alle daneben liegenbleiben bringt genau gar nichts.

  • Da bin ich Pessimist. Das kriegt man, wenn es geballt an einem Standort so zugeht, nicht mehr in den Griff. Vielleicht noch durch Standortschließung und Neuverteilung der Schülerschaft?

    Dazu müsste man zugeben, dass man ein Problem hat.

  • Es fällt mir schwer, mir das vorzustellen. Wenn der Sportlehrer oder die Kunstfrau nicht klarkommen, kann man da nicht die Störenfriede ausschließen und den Unterricht für die anderen stattfinden lassen?

    Wäre eine Option, wenn es denn entsprechende "Lagerstätten" oder meinetwegen "Anstalten" für diese Störenfriede gäbe.
    Denn - die sind da, die sind nicht wenige, die werden mehr, die Eltern wollen/können sich nicht kümmern...


    Also eine flächendeckende Überprüfung, ob ein Kind überhaupt "beschulungsfähig" ist, und wenn nicht, entprechende ErziehungsZWANGSmaßnahmen, damit es irgendwann endlich auf andere Kinder "losgelassen" werden kann (sinnvoll wäre es, die Kosten hierfür den unfähigen "Eltern" zu berechnen, dann hören vielleicht die unfähigen endlich mal mit der sinnfreien Kinderproduktion auf)... das wäre mal eine Idee.
    Nur wollen das viele nicht wahrhaben...
    Bei uns am Gymnasium können wir (einigermaßen) "sieben". Ich behaupte, wer nur stört, und nicht in der Lage ist, sozialverträglich an einem gymnasialen Unterricht teilzunehmen, ist spätestens am Ende der sechsten Klasse nicht mehr auf unserer Schule. Nur an der Grund- und später der Haupt-/Sekundarschule fehlt eben das "Aussortierbecken".


    Und ja, ich weiß wie provokant das ist. Aber leider wahr.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Was tut die Schule dagegen?
    Augen zu und wegschauen geht eben nicht. Dadurch löst man nichts. Und schon gar nicht die Schüler im Grundschulalter so anreden. Das klingt nach völliger Hilflosigkeit.


    Als unsere Schüler im Laufe der Jahre immer schwieriger wurden, haben wir mit Anpassung unserer Ordnungsmaßnahmen auf der einen Seite und Präventionsmaßnahmen auf der anderen Seite reagiert. Natürlich ist es anstrengender geworden, aber die Schüler wissen, dass nicht weggeschaut wird, sondern sie sich mit ihrem Fehlverhalten auseinandersetzen müssen. Außerdem können sie sich darauf verlassen, dass sie von uns nie wie oben geschildert, angeredet werden. Dadurch würden wir unsere pädagogischen Prinzipien verraten.


    Kann man da nichts über den Elternbeirat machen? Notfalls muss der Elternbeirat auch einmal weitergehen, wenn in der Schule nichts gemacht wird.


  • Kann man da nichts über den Elternbeirat machen?

    - meine Tochter hält sich aus den Streitigkeiten raus
    - meine Tochter mag den Lehrer xy
    - mein Sohn macht selbst Schwierigkeiten, da kann ich mich nicht einmischen
    - ohje, ich weiß auch nicht, was man da machen kann. Die Eltern habens eben nicht leicht, wenn die Kinder ADHS haben
    - ohje, ich weiß auch nicht, was die Schule da machen kann und ich weiß auch nicht, warum ich Elternvertreter geworden bin, ich dachte, man müsse einmal im Jahr Kuchen backen.


    Ach ist egal, man kann eben am Ende nur gehen.

  • Das ist v.a. Sache der Schule/SL. Es sollte ein strenger Maßnahmenkatalog eingehalten werden, den alle unterstützen müssen (Lehrer, Eltern, Kinder).

  • - meine Tochter hält sich aus den Streitigkeiten raus- meine Tochter mag den Lehrer xy
    - mein Sohn macht selbst Schwierigkeiten, da kann ich mich nicht einmischen
    - ohje, ich weiß auch nicht, was man da machen kann. Die Eltern habens eben nicht leicht, wenn die Kinder ADHS haben
    - ohje, ich weiß auch nicht, was die Schule da machen kann und ich weiß auch nicht, warum ich Elternvertreter geworden bin, ich dachte, man müsse einmal im Jahr Kuchen backen.


    Ach ist egal, man kann eben am Ende nur gehen.

    Wenn jeder, einschließlich dir so denkt, dann sicher. Ich sehe gerade nicht so genau, was du tust? Wie wäre es denn mit Anzeigen bei der Polizei, Meldung ans Schulamt usw. wenn die Schule nicht selber um Hilfe bittet?!?

  • ...Ich sehe gerade nicht so genau, was du tust?

    Das kannst du auch nicht sehen, weil ich es nicht geschrieben habe.



    Wie wäre es denn mit Anzeigen bei der Polizei,

    Soll ich Achtjährige anzeigen?


    Danke für eure Tips. Leider nutzt mir das alles gerade nichts, da man von außen in Systeme schlecht eingreifen kann. Frohe Ostern erstmal!

  • Ich hätte da auch schon ein paar Lösungen (Modell: angelsächsische Länder):


    - Sicherheitsdienst an die Schulen, also keine Lehrkräfte sondern besonders ausgebildetes Personal mit polizeiähnlichen Befugnissen, die auch schon einmal "unmittelbaren Zwang" ausüben dürfen ohne dafür zu riskieren, von einem 68er-"der Kleine wollte doch nur Spielen"-Richter dafür verurteilt zu werden


    - "Detention": Wo Schüler allein unter Aufsicht den Rest des Tages darüber nachdenken können, was sie falsch gemacht haben. Und das sollte von jeder Lehrkraft ad hoc angeordnet werden können, ohne Schulleitung und ohne Klassenkonferenz und ohne Recht auf rechtsanwaltlichen Beistand und ...


    - Strafmündigkeitsalter auf 6 Jahre herabsetzen, denn so etwas wie "Schere in den Rücken" ist eine Straftat, das sollte auch einem Grundschüler klar sein


    Gruß !


  • Auch wenn das natürlich sehr überspitzt dargestellt ist - viele Schüler verstehen nur diese Sprache. Die lachen sich über unsere Sanktionsmöglichkeiten ins Fäustchen und machen nahtlos so weiter wie gehabt - passiert ja eh nichts. Die Eltern haben weder die Lust noch die Kompetenz um sich angemessen um ihre Prinzen und Prinzessinen zu kümmern.


    Wir brauchen definitiv eine Lösung, solche Störenfriede los zu werden, denn es gibt immer noch viele SuS, die lernen wollen und die entsprechende Motivation und Sozialkompetenz mitbringen. Die leiden unter den Chaoten und bekommen kaum Aufmerksamkeit wiel wir Lehrer nur noch damit beschäftigt sind, die Idioten irgendwie in Schach zu halten.

  • Das kannst du auch nicht sehen, weil ich es nicht geschrieben habe.


    Soll ich Achtjährige anzeigen?
    Danke für eure Tips. Leider nutzt mir das alles gerade nichts, da man von außen in Systeme schlecht eingreifen kann. Frohe Ostern erstmal!

    Ja natürlich sollst du auch Achtjährige anzeigen, denn somit muss es ans Jugendamt gemeldet werden und die können sich kümmern, ohne das die Schule es von sich aus gemacht hat.

  • auch mit diesen kindern kann fähiges personal arbeiten. das problem ist imo zweierlei.


    zu einen, dass dieses personal fehlt, und da muss die politik ansetzen. dazu fehlt offenbar der politische wille. berge von quereinsteigern werden das problem nicht lösen. kleinere klassen, eingerichtete arbeitsplätze für die lehrer, sozpäds flächendeckend, erzieher dito, rückbau der inklusion, größere klassenräume...


    zum anderen, dass die betroffenen kinder zu wenig gestützt werden, zuhause und gesamtgesellschaftlich. deren eltern sind ja i.a. nicht "unfähig", sondern derart unter stress und überfordert, dass sie den bedürfnissen ihrer kinder nicht gerecht werden können, ergo deren verhalten. da bringt es wenig, den druck auf die eltern noch weiter zu erhöhen. man muss die abholen und stützen und erziehen, wie auch ihre kinder. das geht als lehrer freilich schlecht, man braucht eine ganz andere soziale infrastruktur, als der rückgebaute "sozialstaat" deutschland sie noch leistet. deren aufgabe wäre das eigentlich.


    das nützt freilich der betroffenen mama mit kindern an dieser schule wenig. ich persönlich würde mich vermutich irgendwie an der schule zu engagieren versuchen, alleine schon, um mich besser zu fühlen ("ich kann zwar nicht wirklich was ändern, aber ich habe es wenigstens versucht.").

  • Sorry, @keckks - aber was da die Regel und was die Ausnahme ist, ist eine gute Frage. Ich fürchte, es hält sich mittlerweile die Waage - einerseits die "überforderten" Eltern, andererseits die "(Kindergeldberechtigungsscheinobjekt)Produzenten", die das Kindergeld in Onlinegames, Tabak und Bier verprassen und die sich einen sch... um den Nachwuchs kümmern.
    Wie solche Kinder dann sozialisiert werden sollte selbsterklärend sein... das braucht deutliche Eingriffe von staatlicher Seite, und daran trauen sich die Sesselfurzer in Berlin nicht ran...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • ...ich glaube nicht, dass man politiker so pauschal abwerten sollte, und ich glaube auch nicht, dass noch mehr druck auf sozial schwache oder - sagen wir es ganz klar - sozial begehängte irgendwie sinnvoll ist. auf diese bevölkerungsgruppe wird in unserem system extrem viel druck ausgeübt. stichwort alg II, stichwort sanktionen, stichwort klassizismus (z.b. eltern, die ihre kinder hier auf keinen fall aiuf der staatlichen ralschule haben wollen, lieber die kirchliche, obwohl man null christlich ist, weil zuviele kinder von leuten, die weniger geld als man selbst verdienen, auf der staatlichen rs sind, das sei "sozial nicht adäquat" - die besagten staatlichen realschulen sind ganz normale schulen mit ganz normalen kindern und jugendlichen, das sozialklima ist anders als am gym, aber das sozialverhalten ist in keiner weie schlechter als am gym; unsere sus sind nur cleverer darin, das gemobbe ohne physische gewalt duchzuziehen und so zu agieren, dass lehrer, die nichts sehen wollen, auch nichts sehen, zudem sind iihre eltern auch akademiker, damit passt der gewünschte habitus). da wird nichts besser, wenn man diese menschen noch weiter unter druck setzt.


    noch anders: 1% besitzt alles, sehr viele besitzen fast nichts, im vergleich zum mittelstand wirklich fast nichts. ja, die flüchten sich vielleicht in destruktive verhaltensweisen, sind öfters übergewichtig, können nicht überlegen, ob jetzt eher violine oder ballett was für justin wäre, und sie haben es schon lange aufgegeben, einen echten job im ersten arbeitsmarkt zu finden. sie sind oft krank, oft dauerhaft, stress macht nämlich krank. ... das sind alles keine entschuldigungen für destruktive verhaltensweisen, die dem eigenen kind arg schaden, das sind aber die erklärungen dafür, und damit die ursachen, an denen man ansetzen muss, wenn man was ändern will. moralische schuldzuweisung ("selber schuld") und die damit einhergehenden strafaktionen ("zwangsmaßnahmen", "sanktionen"...) sind einfacher, leider aber so gar nicht zielführend meiner meinung nach. man lese max weber, immer und immer wieder. die protestantische arbeitsethik ist nicht die lösung. es ist kein moralisches versagen, arm zu sein.

Werbung