Mehr Eigenständigkeit im Referendariat

  • Also ich hatte ziemliches Glück bis jetzt.


    Ich bin an einem Seminar in NRW und dort gab es erst einmal eine Startphase von zwei Wochen abseits der Schule. Wir waren also nach zwei Wochen das erste Mal offiziell an unserer Schule. Dort sollten wir dann im ersten Quartal zunächst einmal ankommen und nach und nach mehr (Teile des) Unterricht(s) übernehmen. Ab dem zweiten Quartal mussten wir mit dem BdU von neun Stunden in der Woche zusammen mit fünf Stunden Ausbildungsunterricht starten. Ich habe vorher in Niedersachsen studiert, wo es die Praxisphase gab, durch die ich mich zusammen mit dem sehr praxisnahen SU-Studium sehr gut vorbereitet fühlte. Ich fand es deshalb fast nervig, dass wir erst die Startphase hatten und hätte auch gerne früher mit dem eigenen Unterricht begonnen.


    An meiner Schule hatte man wohl vor mir mindestens eine Referendarin, bei der es nicht gut lief und der von Seiten der Schule wohl auch ans Herz gelegt wurde, darüber nachzudenken, einen anderen Berufsweg einzuschlagen. Die Erwartungen an mich waren deshalb (angenehm) niedrig. Ich durfte aber spätestens von Anfang des zweiten Quartals an alles ausprobieren und selbstständig den Unterricht und die Reihen planen. Generell ist der Umgang mit meinen Mentorinnen und mit der Schulleitung entspannt. Meine Mentorinnen vertrauen mir, geben mir Feedback, wenn ich es einfordere, schauen sich meine Ausarbeitungen an und setzen sich einmal in der Woche eine Schulstunde mit mir zusammen - zumindest laut Plan. Praktisch ist es nicht notwendig, sich jede Woche zusammenzusetzen. Die Schulleitung verzichtet darauf, dass ich jede Woche vier (?) Stunden kurz schriftlich ausarbeite und hinterlege, wie es eigentlich laut Seminar vorgesehen wäre, da sie da auch keinen Sinn in der Form sieht.


    Meine Seminarleiter*innen sind bei den UBs bis jetzt immer fair gewesen. Ich habe Lob und Kritik bekommen, welche ich eigentlich auch immer so teile und nachvollziehen kann. In Sachunterricht wird betont, dass die Stunden, die wir zeigen, keine Showstunden sein müssen, aber man natürlich nicht jede Stunde so planen könne. In Deutsch sieht das ähnlich aus. Da habe ich in einem UB auch eine Stunde gezeigt, die eher so eine mittelmäßige 0815-Alltagsstunde war, mit der ich selber auch gar nicht zufrieden war und dazu wurden dann selbstverständlich genug Verbesserungsmöglichkeiten gefunden, aber trotzdem wäre das laut Aussage der Seminarleiterin ausreichend gewesen.


    Dass das Ganze aber auch anders aussehen kann, habe ich bei einem Freund mitbekommen. Er kam an eine Brennpunktschule, in der zusätzlich die Schulleitung menschlich zum Vergessen ist und bei der auch gestandene Kolleg*innen Probleme haben. Dort war er von Anfang an ohne Grund unten durch, dieses Bild hat sich auf die Seminarleiter*innen übertragen und dann wurde ihm der Schulwechsel ziemlich erschwert, obwohl alle gesehen haben, dass das die einzige sinnvolle Maßnahme war. Eine Gruppe von anderen Referendar*innen ist auch zur Seminarleitung gegangen und hat sich für besagten Referendar und seinen Schulwechseln eingesetzt - von Konkurrenzdruck unter den Referendar*innen ist hier nichts zu spüren. Nun ist er an einer anderen Schule und dort können es die Schulleitung und seine Mentorinnen nicht verstehen, was man vorher auszusetzen hatte an seinem Unterricht. Alle Parteien - Referendarin, Seminarleitung, Schule - sind nun zufrieden.


    Ich kann also nur unterstützen, dass es viel einfacher sein sollte, die Mentor*innen, die Schule oder das Seminar zu wechseln. Manchmal passt es einfach nicht, das ist ganz normal. Ich habe mich auch sehr aufgeregt darüber, dass der Personalrat bei einem Vortrag meinte, es wäre nicht möglich die Schule zu wechseln, da laut Ordnung nicht vorgesehen. Das war praktisch gelogen, obwohl der Personalrat eigentlich unsere Interessen vertreten sollte.



    Bezüglich der Frage nach einem Programm zur Erstellung von Arbeitsblättern setze ich auf Scribus. Es ist eigentlich ein Setzprogramm für Zeitschriften, aber ich finde es sehr funktional.

    Am I out of touch? :/ No, it's the children who are wrong. :musik:

  • Was mich am Seminar am meisten gestört hat war die Tatsache, dass man den ersten Eindruck nicht mehr loswurde. Der erste UB war für die Tonne, das wurde immer wieder aufs Brot geschmiert und alles wurde daran bemessen, obwohl es hieß, die ersten sind unbenotet. Trotzdem kam nach anderthalb Jahren der Satz "tja Frau hannelotti, stand aktuell würde ich Ihnen eine zwei geben, aber wenn ich nochmal zurückblicke dann war der Anfang ja nicht so gut, deshalb gibts nur eine drei". Und immer wieder dieses "uiuiui machen Sie das nicht so wie im ersten UB" oder "verglichen mit dem ersten UB ist ja alles sooo viel besser geworden, aber das damals ging ja gar nicht". Der Arbeitsaufwand war gut machbar im Ref, aber die permanente prüfungssituation hat mich richtig fertig gemacht, trotz humaner Arbeitsbelastung. Rückblickend kann ich sagen, dass selbst volles Deputat, fachfremder Einsatz und zusatzaufgaben mich lange nicht so gestresst haben wie das ref. Denn ganz oft ist der Satz "probieren Sie sich aus, aus Fehlern lernt man" nur eine Phrase, die am Ende zu schlechteren Bewertungen führt und sehr einschüchtert. Als ich bemerkt habe, dass man sich eben NICHT ausprobieren kann, hat mich das unglaublich verunsichert und in allem viel zu zurückhaltend gemacht und in eine dauer "hab acht" Stellung versetzt. Es wäre wirklich sehr entzerrend fürs ref gewesen, wenn es einen tatsächlich bewertungsfreien Raum gegeben hätte,

  • Zum Hauptthema:

    • In NDS begann das Ref früher im November / Mai. Dann hatte man bis zum Halbjahreswechsel nur Ausbildungsunterricht, erst nach diesen drei Monaten dann eigenverantwortlichen Unterricht. Das empfanden zwar manche als langweilig, aber das war m.E. eine sinnvolle Regelung
    • Nachteil dieser Regelung war dann, dass das Ref. mitten im Schuljahr / Halbjahr auch endete, sodass man erst mal arbeitslos war (und zwar so richtig, weil man als Beamter auf Zeit ja nicht in die Arbeitslosenversicherung gezahlt hatte)
    • Ich plane und bespreche Stunden auch vor, üblicherweise per Entwurf per Mail, grob schon vorher im Lehrerzimmer. Das muss aber rechtzeitig geschehen, ich lese nichts, was ich irgendwann in der Nacht vor der Stunde bekomme. Passiert es zu häufig, dass ich die Sachen nicht rechtzeitig bekomme, dann bilde ich den Referendar nicht mehr aus
    • Ich habe schon beides erlebt: Gute Leute, die vom Seminar irre gemacht wurden, und Leute, die für den Beruf einfach ungeeignet waren, die Schuld dann aber auch aufs Seminar schoben. Es gibt teilweise Top Leute und gute Ausbildung an den Seminaren, aber es gibt - wegen des Berufsbeamtentums - eben auch die Praxis des "Weglobens", die zu einer Verschiebung problematischer Leute ans Seminar führen kann
    • Verbesserungsvorschläge meinerseits: Wieder zur Hälfte des Halbjahres beginnen, aber trotzdem zum Schuljahresende / Halbjahresende aufhören (also 21 Monate Ref statt wie jetzt 18 oder früher 24). Anrechnungsstunden für die Aubbildungslehrer. Abschaffung der Seminartage, das Wichtigste für den Reffi ist der Unterricht (sei es Ausbildung, sei es eigenverantwortlich) an der Schule, Seminare am Nachmittag haben früher auch gereicht.

    Zum Nebenthema: Ich schreibe auch mal Blätter per Hand, oder Teile von Blättern. Das geht auch Digital (Convertible mit Stift), und kann auch einen methodischen Grund haben: Meine Schüler, die zunehmend Probleme mit ihrer Schrift und der Anordnung ihres Geschreibsels auf einem Blatt haben, sollen sehen, dass das auch per Hand geht (und wie es geht). Unprofessionell ist es nur dann, wenn das handgeschriebene Blatt eben scheiße aussieht, das tun meine handgeschriebenen Blätter sicher nicht. @Buntflieger : Ich würde Dir, wie schon gesagt wurde, trotzdem raten, das Ganze dann auch digital zu konservieren und entsprechend zu markieren, damit es auffindbar bleibt.

    • Ich plane und bespreche Stunden auch vor, üblicherweise per Entwurf per Mail, grob schon vorher im Lehrerzimmer. Das muss aber rechtzeitig geschehen, ich lese nichts, was ich irgendwann in der Nacht vor der Stunde bekomme. Passiert es zu häufig, dass ich die Sachen nicht rechtzeitig bekomme, dann bilde ich den Referendar nicht mehr aus
    • Verbesserungsvorschläge meinerseits: Wieder zur Hälfte des Halbjahres beginnen, aber trotzdem zum Schuljahresende / Halbjahresende aufhören (also 21 Monate Ref statt wie jetzt 18 oder früher 24). Anrechnungsstunden für die Aubbildungslehrer. Abschaffung der Seminartage, das Wichtigste für den Reffi ist der Unterricht (sei es Ausbildung, sei es eigenverantwortlich) an der Schule, Seminare am Nachmittag haben früher auch gereicht.

    @Buntflieger : Ich würde Dir, wie schon gesagt wurde, trotzdem raten, das Ganze dann auch digital zu konservieren und entsprechend zu markieren, damit es auffindbar bleibt.


    Hallo goeba,


    verlangst du von deinen Referendaren, dass sie zu jeder Stunde einen Entwurf im Voraus schicken? Oder handelt es sich nur um die begleiteten Stunden zu Beginn? Ich kenne Mentoren, die hier sehr streng sind und finde das auch sinnvoll, sofern sie die Situation des Referendars nicht aus dem Auge verlieren. Denn gerade über solche Fristen und Vorgaben kann man die Belastung für den Referendar fast beliebig nach oben schrauben. Auch die Drohung des Fallenlassens hört man häufiger. Ich weiß auch von mehreren Fällen, wo Mentoren ihre Schützlinge einfach informell im Stich ließen, da sie wohl wegen irgendwas beleidigt waren. Das Seminar reagierte darauf mit allgemeiner Hilflosigkeit.


    Deine Verbesserungsvorschläge finde ich super. Insbesondere die Reduktion der Seminartage wäre meines Erachtens hilfreich. Das Seminar wird gemeinhin als lästige Zeitverschwendung empfunden - in der Regel jedenfalls.


    Bezüglich Arbeitsblättern werde ich wieder auf 100% digital umstellen. Die Argumente hier im Diskussionsverlauf haben mich dann doch überzeugt.


    der Buntflieger

  • Du kennst das System aus Niedersachsen nicht. Hier gibt es keine "Mentoren". Referendare kommen auf Lehrer zu und fragen, ob sie mit in den Unterricht dürfen, das ist der so genannte "Ausbildungsunterricht".


    Dann unterrichten die Referendare irgendwann selbst in diesem Unterricht, und der Lehrer entscheidet selbst, inwieweit er das vor / nach / sonstwas bereitet.


    Mir geht es zunächst um folgendes: Der Unterricht sollte nicht völlig schief gehen, denn hier fällt sowieso ständig wegen irgendwas der Unterricht aus. Deswegen möchte ich vorher möglichst wissen, was in dem Unterricht passieren soll. Da reicht aber ein Handyfoto der handschriftlichen Planung, irgendwas wird der Ref ja geplant haben.


    Wenn ich dann merke, dass der Unterricht läuft, dann kann ich auch auf die Vorplanung verzichten.


    Wenn ich merke, das läuft insgesamt nicht, dann soll sich der Ref bitte einen anderen Ausbildungsunterricht suchen, das ist hier keine "feste" Verbindung wie bei den "Mentoren" in anderen Bundesländern.

  • Ich plane und bespreche Stunden auch vor, üblicherweise per Entwurf per Mail, grob schon vorher im Lehrerzimmer. Das muss aber rechtzeitig geschehen, ich lese nichts, was ich irgendwann in der Nacht vor der Stunde bekomme. Passiert es zu häufig, dass ich die Sachen nicht rechtzeitig bekomme, dann bilde ich den Referendar nicht mehr aus

    Diese Art der Ausbildung finde ich, vor allen Dingen nach deiner Aufklärung zum Ausbildungssystem in NDS, total fair. Ich finde, ein paar Tage Vorlauf sollte man als Reffi, gerade weil man so wenige Stunden unterrichtet und nicht alle Stunden hospitiert werden, schon einplanen, einfach weil man ja auch Zeit braucht, das ganze Konstrukt zu durch-, über- und umzudenken.



    verlangst du von deinen Referendaren, dass sie zu jeder Stunde einen Entwurf im Voraus schicken? Oder handelt es sich nur um die begleiteten Stunden zu Beginn? Ich kenne Mentoren, die hier sehr streng sind und finde das auch sinnvoll, sofern sie die Situation des Referendars nicht aus dem Auge verlieren.

    Je nachdem, was du als "Entwurf" definierst, kann das schon VIEL zu VIEL sein. Bei uns waren die Entwürfe auf 3 Seiten plus Raster und Materialanhang begrenzt, sodass man zumindest nicht seitenlange Lerngruppenbeschreibungen o.ä. verfassen musste.
    Dass Referendare sich zu jeder Stunde einen Verlaufsplan machen und den ggf. ihrem Mentor/Ausbilder etc. zur Verfügung stellen, damit er gute Tipps zur Passung, Planung und Durchführung geben kann, finde ich allerdings legitim. Außerdem hilft es, wenn man gezwungen, ein bisschen im Voraus planen. Zumindest empfinde ich das so: Ich hatte durch meine langfristige Reihenplanung immer etwas Luft für spontane Veränderungen und Anpassungen, musste aber unter der Woche nicht andauernd Nachtschichten einlegen. (Das hätte ich als tendenzieller Frühaufsteher auch gar nicht geschafft!)

    Abschaffung der Seminartage, das Wichtigste für den Reffi ist der Unterricht (sei es Ausbildung, sei es eigenverantwortlich) an der Schule, Seminare am Nachmittag haben früher auch gereicht.

    Das Seminar wird gemeinhin als lästige Zeitverschwendung empfunden - in der Regel jedenfalls.


    Da muss ich klar dagegen halten: Wir hatten immer mittwochs Modul, dreimal im Monat, also immer einen Mittwoch frei. Das war fast immer total wertvoll, weil wir da immer Unterricht von unseren Mitreferendaren gesehen haben und dann intensiv den Unterricht nachbesprochen haben.


    Auch die Inhalte des Seminars waren in großen Teilen sinnvoll. Wir haben Unterrichtsstunden und -reihen geplant und Tests und Klassenarbeiten konzipiert und korrigiert. Meine Fachstudienleiterinnen waren superversierte Ausbilderinnen, die es fast immer geschafft haben, die Module so zu gestalten, dass diese Spaß machten und man viel mitnehmen konnte.


    Was mir allerdings TOTAL missfallen hat, war das ständige Gegurke durch das gesamte Land: von Flensburg bis Wedel und Heide bis Wentorf bei Hamburg war alles dabei. Man hatte keinen richtigen Seminarstandort, sondern eierte jede Woche mind. eine Stunde durch die Weltgeschichte hin zum Modul und eine Stunde wieder zurück. Online-Seminare sollen das jetzt aufbrechen, aber so richtig klasse funktioniert das auch nicht.

  • Wenn ich merke, das läuft insgesamt nicht, dann soll sich der Ref bitte einen anderen Ausbildungsunterricht suchen, das ist hier keine "feste" Verbindung wie bei den "Mentoren" in anderen Bundesländern.

    Hallo goeba,


    euer Modell gefällt mir. Das setzt eine gute Portion Eigenständigkeit voraus und das ist genau das, was ich mir auch für unser hiesiges Referendariat wünschen würde.


    Damit würde auch die Wahrscheinlichkeit sinken, dass man Mentoren zugewiesen wird, die eigentlich gar keinen Bock auf Ausbildung haben.


    der Buntflieger


  • Da muss ich klar dagegen halten: Wir hatten immer mittwochs Modul, dreimal im Monat, also immer einen Mittwoch frei. Das war fast immer total wertvoll, weil wir da immer Unterricht von unseren Mitreferendaren gesehen haben und dann intensiv den Unterricht nachbesprochen haben.


    Auch die Inhalte des Seminars waren in großen Teilen sinnvoll. Wir haben Unterrichtsstunden und -reihen geplant und Tests und Klassenarbeiten konzipiert und korrigiert. Meine Fachstudienleiterinnen waren superversierte Ausbilderinnen, die es fast immer geschafft haben, die Module so zu gestalten, dass diese Spaß machten und man viel mitnehmen konnte.


    Hallo SchmidtsKatze,


    wäre unser Seminar so wie von dir beschrieben abgelaufen, hätte ich mich vermutlich nie darüber beschwert. Das hört sich genau nach dem an, was ich immer vermisst habe: echten Praxisbezug und offenen Austausch.


    der Buntflieger

  • echten Praxisbezug und offenen Austausch

    Alles andere ist auch wirklich Zeitverschwendung.


    Unsere Pädagogikmodule (für Gym und GemS mit Oberstufe) waren so ein Fall. Nett, aber nicht allzu sinnvoll... Da fühlte ich mich auch eher moralisch verpflichtet denn aus fachlichen Gründen motiviert hinzugehen.
    Da saßen wir mit Sprachen-, GeWi-, NaWi-, Musik- und Sportlehrern zusammen und jeder durfte zu allem seinen (meist minderqualifizierten) Senf dazu geben. Dann haben wir pädagogische Konzepte durchgekaut und irgendwelche Plakate oder Gruppenarbeiten gemacht, das war meist irgendwie öde und für die Praxis waren insgesamt 4 Module sinnvoll: Prävention, Störungs- und Classroommanagement und Schulrecht.


    Alles andere haben wir zur Genüge in den Fachmodulen geklärt.

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