Die Gemeinschaftsschule in Sachsen (Kl. 1-12) kommt

  • Hier haben wir nun ein Ergebnis der Koalition aus CDU, Grünen und SPD in Sachsen (Kenia-Koalition). Die Gemeinschaftsschule, wie sie die Mehrheit der Sachsen befürwortet (rund 70%, glaube ich), kommt. Gemeinschaftsschulen dürfen eingerichtet werden, aber es gibt unterschiedliche Modelle und verschiedene Hürden (siehe Zitat).


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    Wichtiges Detail: Der Koalitionsvertrag sieht ab der 5. Klasse mindestens eine vierzügige Gemeinschaftsschule vor – der bereits eingebrachte Volksantrag zur Gemeinschaftsschule hingegen hätte auch zwei Klassen pro Jahrgangsstufe erlaubt. Dennoch sieht die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Sabine Friedel darin einen "guten" Kompromiss.
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    Die Vierzügigkeit bedeutet aber in der Praxis: Gemeinschaftsschulen können sich nicht überall in Sachsen gründen. Möglich ist das nur dort, wo ausreichend Schüler leben, also eher in den Groß- und Mittelstädten. Damit im ländlichen Raum längeres gemeinsames Lernen auch ansatzweise möglich wird, sollen sich dort maximal zweizügige Oberschulen ein besonderes pädagogisches Profil geben können. Dieses Format nennt sich "Oberschule Plus".


    https://www.mdr.de/sachsen/gem…s-ohne-verlierer-100.html


    Ist es nicht ein fauler Kompromiss, dass eine Gemeinschaftsschule 4-zügig sein muss?
    Haben Gemeinschaftsschulen überhaupt eine Chance neben den klassischen Gymnasien?

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Die Kenia-Koalitionäre können sich ja mal in BW umschauen, wie man ein funktionierendes Schulsystem mit der Bildung von Gemeinschaftsschulen in den Graben fährt.
    Klingt jetzt aber zum Glück erst mal so, dass die Hürden so hoch liegen, dass die Zahl der Schulgründungen eher überschaubar sein wird. Scheint mir so, als ob die CDU das aussitzt.

  • In NRW gibt es auch eine Untergrenze für Gesamtschulen. Ich glaube, 3-zügig müssen sie mindestens sein. Das liegt an der starken äußeren Differenzierung, die erst ab einer gewissen Schulgröße ohne zu hohen Personalaufwand realisiert werden kann.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Haben Gemeinschaftsschulen überhaupt eine Chance neben den klassischen Gymnasien?

    Darauf bin ich auch gespannt. Da in Sachsen bisher hoher Leistungsdruck herrschte, könnte ich mir aber schon vorstellen, dass auch gute Realschüler*innen diese Schulform der Oberschule vorziehen. Ob allerdings das Kind aus der klassischen "Gymnasialfamilie" die Schulart wählt? Ich vermute, dass der große Wunsch nach Gemeinschaftsschulen, wenn's wirklich drauf ankommt, für das eigene Kind dann plötzlich nicht mehr interessant ist.


    Bin aber gespannt, ein Funktionieren würde ich uns wünschen.


    Was raten uns Kolleg*innen aus anderen Bundesländern? Welche Fehler sollte Sachsen nicht begehen?

  • Ist es nicht ein fauler Kompromiss, dass eine Gemeinschaftsschule 4-zügig sein muss?
    Haben Gemeinschaftsschulen überhaupt eine Chance neben den klassischen Gymnasien?

    Jedes Gymnasium ist doch auch mindestens vierzügig, oder?
    Da hat man doch viel mehr Möglichkeiten bezüglich des Unterrichts.

  • Darauf bin ich auch gespannt. Da in Sachsen bisher hoher Leistungsdruck herrschte, könnte ich mir aber schon vorstellen, dass auch gute Realschüler*innen diese Schulform der Oberschule vorziehen. Ob allerdings das Kind aus der klassischen "Gymnasialfamilie" die Schulart wählt? Ich vermute, dass der große Wunsch nach Gemeinschaftsschulen, wenn's wirklich drauf ankommt, für das eigene Kind dann plötzlich nicht mehr interessant ist.
    Bin aber gespannt, ein Funktionieren würde ich uns wünschen.


    Was raten uns Kolleg*innen aus anderen Bundesländern? Welche Fehler sollte Sachsen nicht begehen?

    Die klassischen Gymnasiasten gehen hier meistens aufs Gymnasium. Das raten wir auch. Gemeinschaftsschulen sind eher was für Individualisten oder Kinder, die mehr Zeit brauchen. Hier habe ich den Eindruck, dass es sehr an der SL hängt, wie gut der Ruf der Schule schließlich ist.

  • Darauf bin ich auch gespannt. Da in Sachsen bisher hoher Leistungsdruck herrschte, könnte ich mir aber schon vorstellen, dass auch gute Realschüler*innen diese Schulform der Oberschule vorziehen. Ob allerdings das Kind aus der klassischen "Gymnasialfamilie" die Schulart wählt? Ich vermute, dass der große Wunsch nach Gemeinschaftsschulen, wenn's wirklich drauf ankommt, für das eigene Kind dann plötzlich nicht mehr interessant ist.
    Bin aber gespannt, ein Funktionieren würde ich uns wünschen.


    Was raten uns Kolleg*innen aus anderen Bundesländern? Welche Fehler sollte Sachsen nicht begehen?


    Ich würde mir das auch wünschen. Im Osten verbinden wir eben mit dem längeren gemeinsamen Lernen eher positive Erfahrungen, wobei ich doch in den höheren Klassen mehr nach Leistungsstand differenzieren würde (Kurssystem).


    Den Hauptfehler für das voraussichtliche Scheitern der Gemeinschaftsschulen tut Sachsen bereits: das Nebenher-Bestehen der Gymnasien!


    Die Kenia-Koalitionäre können sich ja mal in BW umschauen, wie man ein funktionierendes Schulsystem mit der Bildung von Gemeinschaftsschulen in den Graben fährt.
    Klingt jetzt aber zum Glück erst mal so, dass die Hürden so hoch liegen, dass die Zahl der Schulgründungen eher überschaubar sein wird. Scheint mir so, als ob die CDU das aussitzt.


    Ich meine aber eben auch, dass das Scheitern der Gesamtschulen und Gemeinschaftsschulen eben dadurch bedingt ist, dass es nebenher immer weiterhin die Gymnasien gab und die Eltern diese dann doch für ihre (leistungsstarken) Kinder bevorzugten - so wie bei der Windenergie und den Windrädern: Ja, wir sind dafür, aber bitte nicht hier bei uns (bezieht sich auf den Wunsch nach dem längeren gemeinsamen Lernen und der Praxis, das eigene Kind aber doch ans Gymnasium zu schicken).

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Den Hauptfehler für das voraussichtliche Scheitern der Gemeinschaftsschulen tut Sachsen bereits: das Nebenher-Bestehen der Gymnasien!

    Das Gymnasium ist aktuell die einzige Schulform in Deutschland die überhaupt noch einen Anspruch auf Bildung erhebt, der einer Nation würdig ist, die auch in Zukunft irgendeine nicht-marginale Rolle in der Weltwirtschaft spielen will...


    Bevor hier nach der großen Vereinheitlichung aller Schulformen geschrien wird, sollten die Beteiligten an den anderen Schulformen erst einmal ihren eigenen Laden in Ordnung bringen, statt sich damit davon zu stehlen, durch die große "Vermischung" der Schülerschaft ihre eigenen Probleme unter den Teppich zu kehren oder sogar von den Gymnasiallehrkräften in Einheitsschulen lösen zu lassen!


    Gruß !

  • Den Hauptfehler für das voraussichtliche Scheitern der Gemeinschaftsschulen tut Sachsen bereits: das Nebenher-Bestehen der Gymnasien!


    Ich meine aber eben auch, dass das Scheitern der Gesamtschulen und Gemeinschaftsschulen eben dadurch bedingt ist, dass es nebenher immer weiterhin die Gymnasien gab und die Eltern diese dann doch für ihre (leistungsstarken) Kinder bevorzugten -


    Das ist meines Erachtens zu kurz bzw. nicht weit genug gedacht.
    Das Drei-Säulen-System hat differenziert - zwar zugegebenermaßen recht grob und unzureichend, aber: ES HAT DIFFERENZIERT!


    In der derzeitigen Lage auf Sekundarstufe I, wie sie sich z.B. in BaWü häufig darstellt, wird nicht mehr differenziert, es wird nur noch davon gesprochen. Individualisierung und Differenzierung ist in aller Munde, praktisch aber bedeutungslos.


    Grund: Die Schulen sind heillos überfordert mit der massiven Heterogenität ihrer Klientel. Der Alltag wird vielerorts überlebt, Unterricht ist dabei ein glückliches Ereignis, sofern er stellenweise noch gelingt.


    Es ist nicht die Aufgabe leistungsstärkerer SuS, die sozial und lernschwachen SuS aufzufangen und zu fördern; das können sie gar nicht. In der Regel gehen die leistungsstarken SuS nämlich unter in Klassen, wo auch nur ein relativ geringer Anteil problematischer SuS zugegen ist. Das ist mittlerweile in den meisten Schulen auf Sekundarstufenebene der Fall.


    Dabei werden dann weder die schwächeren noch die stärkeren SuS adäquat beschult. Die schwächeren SuS bräuchten kleine Lerngruppen und möglichst individuelle Betreuung durch Lehrkräfte (ideal wäre 1:1).


    Man darf gespannt sein, wann das große Erwachen stattfindet. Zumindest wurden diverse Notbremsen inzwischen gezogen und man scheint gewisse Dinge allmählich zu begreifen. Die Lösung ist nämlich nicht größtmögliche Heterogenität, sondern eine differenzierte Beschulung und das bedeutet: Lernsettings bereitstellen, in denen gezielt auf die Bedürfnisse der SuS eingegangen werden kann und zwar von Profis (dazu ausgebildeten Lehrkräften) und nicht von SuS, denen man eine pädagogische Mitverantwortung auferlegt, die sie gar nicht erfüllen können, selbst wenn sie dies tatsächlich wollten.


  • Ich habe zu diesem Thema noch keine feste Meinung. Wenn ich eine Argumentation infrage stelle oder aufgreife, heißt das noch lange nicht, dass ich sie selbst vertrete. Aber das nur mal so nebenher. ;-)


    Was ich nur einwerfen möchte, ist:


    (1.) An Grundschulen haben wir doch das einheitliche Schulsystem, sprich das gemeinsame Lernen (früher eher ohne, heute mit immer mehr Binnendifferenzierung): in Berlin, Brandenburg und MeVo bis Klasse 6 übrigens. Funktioniert das oder funktioniert das nicht? (Jetzt zu sagen, bei den kleineren Schülern müsse oder könne noch nicht differenziert werden, fände ich eine etwas wohlfeile Argumentation, weil sie lediglich das stützt, was gerade Realität ist. Warum also nicht gegliedertes Schulsystem ab Klasse 1 - z.B. nach einer Art "Eignungsprüfung" zuvor?)


    (2.) "Wir im Osten" hatten seinerzeit gemeinsames Lernen bis Klasse 8, zuletzt sogar bis Klasse 10. Die Schulen waren nicht mit der massiven Heterogenität überfordert und Unterricht nicht nur einer, der bestenfalls noch stellenweise gelingt usw.-usf. Es scheint also nicht an der Länge des gemeinsamen Lernens zu liegen (Westen: bis Klasse 4 oder 6; Osten früher: bis Klasse 8 oder 10), wenn da was nicht funktioniert. Könnten oder müssten die Gründe also nicht woanders gesucht werden? Liegt es nicht vielleicht doch daran, dass die Gymnasien nebenher weiter bestehen und die "wirklich leistungsstarken Schüler" dahin gehen, also für die anderen nur "der Rest" bleibt?

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Die Schulen sind heillos überfordert mit der massiven Heterogenität ihrer Klientel.

    verstehe ich, damit muss die Grundschule aber auch klarkommen. Und wie oben gesagt, die DDR ist (war) nicht das einzige Land mit funktionierendem "Volksschulsystem" (gewesen).



    Es ist nicht die Aufgabe leistungsstärkerer SuS, die sozial und lernschwachen SuS aufzufangen und zu fördern; das können sie gar nicht.

    Ich denke, du überspitzt hier. Im Moment sind rund 2/3 der Schüler*innen Sachsens auf Oberschulen. Sie sind nicht alle sozial- und lernschwach. Sonst sähe es traurig aus...


    Aber die Schulen haben einen unverhältnismäßig hohen Anteil an Verhaltensproblemen. Dies wiederum führt dazu, dass Oberschulen von "sozial Fitten" gemieden werden, was das Problem verschärft. Das Problem der Oberschulen ist v.a. das Soziale, worunter Lernwillige leiden.


    Gäbe es nur noch Schulen bis Klasse 9 und extra gymnasiale Aufbaustufen für wirklich Interessierte und Inderlageseiende, könnte es funktionieren.


    Aber alles Geschwätz, hier gings ja um funktionierende und realistische Lösungen der bereits vorhandenen Pläne.

  • Kommt die Grundschule denn tatsächlich noch damit klar? Das wage ich mittlerweile zu bezweifeln. Die starken Schüler sind doch nicht deshalb so gut, weil sie durch die Schule so gut werden.
    Entweder sie haben Eltern, die sie ohne Ende fördern oder sie sind so intelligent, dass sie nicht mal das deutsche Schulsystem kaputt bekommt.
    Heterogenität in großem Maße funktioniert nicht.

  • (1.) An Grundschulen haben wir doch das einheitliche Schulsystem, sprich das gemeinsame Lernen (früher eher ohne, heute mit immer mehr Binnendifferenzierung): in Berlin, Brandenburg und MeVo bis Klasse 6 übrigens. Funktioniert das oder funktioniert das nicht?
    Könnten oder müssten die Gründe also nicht woanders gesucht werden? Liegt es nicht vielleicht doch daran, dass die Gymnasien nebenher weiter bestehen und die "wirklich leistungsstarken Schüler" dahin gehen, also für die anderen nur "der Rest" bleibt?


    Wenn ich an meine eigene Grundschulzeit zurückdenke (leistungsstarke Grundschule in einem wohlhabenden Vorort), erinnere ich mich an eklatante Leistungsunterschiede. Beispielsweise konnten viele SuS schon lesen und schreiben, da hatte der Unterricht noch gar nicht begonnen. Ich galt als eher schwacher Schüler und hatte eine schwere Grundschulzeit mit vielen Frusterlebnissen durchzustehen. Später auf der Realschule fühlte ich mich deutlich wohler. Ich weiß noch heute, dass ich in der 5. Klasse feststellte, dass ich ja doch nicht so blöd bin, weil ich plötzlich im Unterricht besser mitkam.


    Bloß weil etwas irgendwie funktioniert, muss es nicht bedeuten, dass es gut funktioniert und die Grundschüler sind eben noch kleiner, können ihre Probleme weniger klar artikulieren etc.


    Das Thema der "Restschulen" ist heikel. Früher waren das hierzulande die Hauptschulen. Man wollte keine diskriminierenden, stigmatisierenden "Restschulen" mehr haben, also wurden sie anders bezeichnet und letztlich fast abgeschafft. Nun gilt eben der gesamte Sekundarstufenbereich allmählich als erweiterte "Restschule" - was ja nur folgerichtig ist - und jeder, der bis drei zählen kann, flüchtet sich aufs Gymnasium bzw. wird von den Eltern dorthin evakuiert. Ich kann das durchaus verstehen. Ich würde mein Kind auch nicht für ein politisch-soziales Ideal opfern.


    In den ehemaligen Hauptschulen (heute meist als Werkrealschulen betitelt in BaWü) hätte bzw. müsste man eine bessere individuelle Förderung durchführen. Dafür könnten in Gymnasien die offeneren Lernsettings zum Einsatz kommen und dort Lehrerstellen eingespart werden. Das wäre echte Bildungsgerechtigkeit! Meine Meinung.

  • Kommt die Grundschule denn tatsächlich noch damit klar? Das wage ich mittlerweile zu bezweifeln. Die starken Schüler sind doch nicht deshalb so gut, weil sie durch die Schule so gut werden.Entweder sie haben Eltern, die sie ohne Ende fördern oder sie sind so intelligent, dass sie nicht mal das deutsche Schulsystem kaputt bekommt.
    Heterogenität in großem Maße funktioniert nicht.

    Den Zusammenhang verstehe ich nicht. Klar sind gute Schüler gut, weil sie entweder gefördert oder von Natur aus intelligent sind. Was hat das d.M.n. mit Heterogenität zu tun?

  • Den Zusammenhang verstehe ich nicht. Klar sind gute Schüler gut, weil sie entweder gefördert oder von Natur aus intelligent sind. Was hat das d.M.n. mit Heterogenität zu tun?

    Der schulische Lernzuwachs (der auch wirklich in der Schule passiert) ist doch in der Grundschule kaum messbar, da das Elternhaus eine große Rolle spielt.


    Die starken Schüler sind die Verlierer der Heterogenität, da der Großteil der Zeit für die schwachen bzw. verhaltenskreativen Schüler drauf geht. Und ab einem gewissen Alter, spätestens in der Pubertät, haben die starken Schüler auch keine Lust mehr drauf, immer den schwachen zu helfen. Warum sollte man das auch tun?
    In der Grundschule mag das möglicherweise noch funktionieren, später aber nicht mehr und das ist leider das Problem...

  • Der schulische Lernzuwachs (der auch wirklich in der Schule passiert) ist doch in der Grundschule kaum messbar, da das Elternhaus eine große Rolle spielt.

    ...und das ist in der Weiterführenden deiner Meinung nach anders?




    ...Und ab einem gewissen Alter, spätestens in der Pubertät, haben die starken Schüler auch keine Lust mehr drauf, immer den schwachen zu helfen. Warum sollte man das auch tun?

    mag sein oder auch nicht, ich kenne dazu keine Studien. Ich sehe aber das Problem aber weder im Helfenmüssen (das ist eigentlich auch nicht Aufgabe der Kids), noch in der Leistungsheterogenität, sondern im Sozialverhalten. Nun fällt mir aber partout kein Grund ein, warum Hauptschulen (hier Oberschulen) damit alleingelassen werden sollen. Ist das den Oberschüler*innen gegenüber gerecht?


    Nochmal zur Ausgangsfrage: nicht ob, sondern WIE haben Gemeinschaftsschulen Chancen ggü. Gymnasien? Das müsste man sich meines Erachtens schnell überlegen. Der Landtag beschließt sonst und der Rest ist dann wieder uns Schulen und Lehrern überlassen.

  • Man darf gespannt sein, wann das große Erwachen stattfindet. Zumindest wurden diverse Notbremsen inzwischen gezogen und man scheint gewisse Dinge allmählich zu begreifen. Die Lösung ist nämlich nicht größtmögliche Heterogenität, sondern eine differenzierte Beschulung und das bedeutet: Lernsettings bereitstellen, in denen gezielt auf die Bedürfnisse der SuS eingegangen werden kann und zwar von Profis (dazu ausgebildeten Lehrkräften) und nicht von SuS, denen man eine pädagogische Mitverantwortung auferlegt, die sie gar nicht erfüllen können, selbst wenn sie dies tatsächlich wollten.

    Irgendwie schon kontraproduktiv: Erst das dreigliedrige Schulsystem abschaffen wollen, alle in die Gemeinschaftsschule stecken und dann dort differenziert oder auf drei Stufen beschulen. Das war doch vorher schon.

  • Ich denke, man muss auch aufpassen, WO man Gemeinschaftsschule baut. Wenn die Konkurrenz durch städt. Gymnasien zu groß ist, wird es kaum funktionieren. Meiner Erfahrung nach sind Gesamtschulen (nur die kenne ich) dann richtig gut, wenn sie die richtige Schülermischung hinbekommen. Dort, wo es keine oder nur sehr spezielle Gymasien (konfessionelle Privatschulen und/oder Monoedukation) in der Nähe gibt, schulen Eltern auch leistungsstarke Kinder ein. Und man muss höllisch aufpassen, dass der gute Ruf erhalten bleibt, sonst bleiben die leistungsstarken Schüler weg.


    Worauf Eure Gewerschaften und die Landeselternpflegschaft auch achten sollten und was meines Erachtens bei uns vernachlässigt worden ist: Der Personalschlüssel muss erheblich besser sein als an Gymnasien! Die Aufgaben von Gesamtschullehrern sind so viel vielfältiger und zeitaufwändiger, und es gibt viele Schüler, die von kleinen Lerngruppen enorm profitieren würden, dass nur ein Lehrer in einer Unterrichtsstunde mit 30 Kindern sehr oft zu wenig ist.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Die Gemeinschaftsschulen haben keine Chance gegen die Gymnasien, da die Gymnasien als leistungsorientierte Schulart doch funktioniert.
    In BW hat das Schulsystem auch funktioniert, solange man sich am Leistungsprinzip orientiert hat. Ich habe vor etwas mehr als 20 Jahren Abitur an einem allgemeinbildenden Gymnasium gemacht. Ein Fünftel meiner Mitabiturienten waren Leute, die irgendwann zwischen Klasse 5 und 8 von der Realschule zu uns gelangt sind. Das Schulsystem war sehr durchlässig, der Wechsel eines leistungsstarken Schülers von der RS aufs GY in der Regel kein Problem, da auch dort an der RS hoher Anspruch gefahren wurde. Desweiteren haben viele weiteren meiner Altersgenossen nach der Mittleren Reife das Abitur an den Beruflichen Gymnasien erlangt.
    Heute ist von Leistungsorientierung an der Realschule keine Rede mehr. Da wird einfach jeder mitgenommen, das Niveau muss unterirdisch sein.
    Ich habe einen Freund, der in der DDR auf der POS war. Heute ist er Juraprofessor an einer renommierten Uni im Ausland. Er sagt, er habe sich in der Schule tierisch gelangweilt. Die einzigen Herausforderungen für ihn seien Zusatzangebote gewesen, staatliche Wettbewerbe in einzelnen Fächern. Und war es in der DDR nicht auch so, dass leistungsschwache Schüler einfach so die Schule nach Klasse 8 ohne Abschluss verlassen haben und in die Produktion geschickt wurden, damit sie nicht weiter stören?

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