Förderschwerpunkt Sprache im GL

  • Wie fördert ihr diese Kinder? Welche Nachteilsausgleiche setzt ihr ein? Werden Deutsch-Noten ausgesetzt?

    Ich habe aktuell zwei Kinder in Klasse 3 in parallelen Lerngruppen, beide mit Migrationshintergrund, aber seit ca. 5 Jahren in Deutschland. Beide haben massive Artikulationsprobleme und noch mehr Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben ( da sind sie jetzt etwa auf dem Stand Ende Klasse 1 ). In allen anderen Fächern sind die Leistungen in Ordnung, sie werden nicht zieldifferent unterrichtet. Wie läuft sowas bei euch? Ich bin gerade ein bisschen ideenlos, vor allem, was die Bewertung angeht.🤔

  • Wie fördert ihr diese Kinder?

    Je nachdem, welche Schwierigkeiten konkret bestehen. Du schreibst ja, es liegt hauptsächlich an der Aussprache? Bei phonologischen Störungen ist P.O.P.T. relativ verbreitet. Bei phonetischen Störungen klassische Lautanbahnung und -festigung. Förderung der Aussprache natürlich auch immer im Zusammenhang mit der Schrift. Verwendet ihr Lautgebärden? Lesen und Schreiben je nachdem, auf welcher Stufe sie da stehen. Wie sieht es mit Wortschatz, Grammatik und Sprachverständnis aus? Auditive Wahrnehmung, auditiver Speicher? Motorik? Soziale Integration?

    Die Frage ist ja: Wo haben sie Nachteile und wie können diese gemildert lesen

    Welche Nachteilsausgleiche setzt ihr ein?

    Prinzipiell bei Schwerpunkt Sprache und den von dir beschriebenen Auffälligkeiten z. B. denkbar:

    - Diktate (falls geschrieben werden) in Einzel- oder Kleingruppensituation in einem separaten Raum (Akustik, Mundbild, Zeit etc.)

    - In Mathematik und Sachfächern Texte und Aufgabenstellung vereinfachen, anhören lassen etc.

    - individuelle Gestaltung von Präsentationen in Absprache mit den Schülern

    etc.

    Werden Deutsch-Noten ausgesetzt?

    Sehe ich grundsätzlich erst einmal keinen Anlass, an der Förderschule Sprache bekämen sie ja auch Deutschnoten. Ich weiß aber nicht, wie da die rechtliche Lage in NRW ist.

  • Da scheint ja einiges zusammenzukommen.

    In NDS kann man bei Schwierigkeiten im Lesen, Schreiben, Rechnen die Note aussetzen. Das ist aber in jedem Bundesland anders geregelt, ob es eine Testung braucht oder die Schule es ohne entscheiden kann.

    Meine Kinder mit FöS-Sprache haben den Nachteilsausgleich für Fechtschreiben und gesondert einen für Sprache. Der ist zu Beginn weit gefasst.


    Bei den Kindern mit Migrationshintergrund, bei denen die Leistungen auch nach Jahren auffallend schlecht sind, kommt jetzt jemand, der mit den Kindern in der Muttersprache Aufgaben durchführt und dabei den Sprachstand der Muttersprache abklopft. Da steht aber eine FöS-Überprüfung LE oder GE in der Diskussion.


    Noch eine Frage ist bei uns, ob die Kinder zielgleich oder zieldifferent unterrichtet werden. Ich bin mir nicht sicher, ob es in NDS zieldifferent allein mit Sprache gibt.

  • Auf der Grundlage dessen, dass ich das studiert habe und dass der Förderschwerpunkt Sprache gerade so definiert ist. Die Förderschulen Sprache sind in den Ländern, in denen es sie noch gibt, ja auch bewusst als Durchgangsschulen konzipiert.

    Dass manche Bundesländer dazu übergegangen sind, bei einem Schüler mehrere Förderschwerpunkte gleichzeitig festzustellen, trägt natürlich zur Verwirrung bei. Klar sind die meisten G- und K-Schüler und viele L-Schüler auch sprachlich eingeschränkt. Das ist dann aber nicht die primäre Beeinträchtigung. Nach dem Prinzip müsste man eigentlich auch jedem hörgeschädigten Schüler zusätzlich den Förderschwerpunkt Sprache attestieren ...

  • Nach dem Prinzip...

    Das Prinzip hat sich mir noch nie erschlossen.

    ... und dass der Förderschwerpunkt Sprache gerade so definiert ist.

    Wer definiert ihn denn? Und warum ist er so definiert?


    So, wie es gehandhabt wird, führt es dazu, dass Schüler OHNE Schwerpunkt Lernen, deren Schwerpunkt rechtzeitig festgestellt wurde UND deren Eltern dies wünschen, in die Sprachheilklassen gehen, solange dort Plätze sind, und Förderung bekommen.

    Alle anderen Kinder, vor allem auch die MIT Schwerpunkt Lernen, verbleiben in den Regelklassen und bekommen KEINE zusätzliche Förderung im sprachlichen Bereich, bis auf das, was der Klassenlehrkraft möglich ist. Die 2 Std. sonderpädagogische Unterstützung verpuffen nämlich in Absprachen, Gutachten, Plänen und werden zumeist dringend für andere Kinder benötigt.


    Eine Grundlage ist das übrigens nicht.

    "Ich hab das mal studiert" übrigens auch nicht.


    Grundlage in Nds. ist ein Erlass von 2005, dessen Gültigkeitsdauer 2012 abgelaufen ist, der aber bis zur Veröffentlichung einer überarbeiteten Fassung weiter anzuwenden ist.

    https://www.mk.niedersachsen.d…n/foerderschule-6268.html

    Die zieldifferente Beschulung wird nur für den Schwerpunkt LE und GE genannt, das habe ich inzwischen nochmal nachgelesen. Entsprechend bekommt ein Kind mit Schwerpunkt Sprache, dass - aus welchen Gründen auch immer - dem Unterricht nicht mehr folgen kann, eine Erweiterung auf Lernen.


    Dasselbe Theater gibt es übrigens auch mit anderen Schwerpunkten.

    Es mag aus der Perspektive der besonders ausgerichteten Förderschulen sinnvoll erscheinen, aus der Perspektive der Grundschulen, die alle Kinder beschulen und alle im Blick haben müssen, ist es das nicht.

    Da bekommt man nur die Absagen, weil sich niemand zuständig fühlen will, weil das Kind nicht beeinträchtigt genug ist oder weil es mehrere Beeinträchtigungen hat und deshalb keiner zuständig sein will.


    Warum werden Förderschulen von der Inklusion ausgenommen?

  • Wer definiert ihn denn? Und warum ist er so definiert?

    Zum Beispiel die KMK.


    Natürlich ist das auch historisch bedingt. Die Sprachheilschulen waren und sind klassisch eben für die Kinder, die im entsprechenden Setting und mit der entsprechenden Unterstützung die Lernziele der Grundschule bzw. der Hauptschule erreichen können und daher einen nonverbalen IQ im Normbereich aufweisen müssen.


    Das kann man natürlich kritisieren, aber so lange wir unterschiedliche Förderschultypen und unterschiedliche Förderschwerpunkte (übrigens auch eine unterschiedliche Ausbildung der sonderpädagogischen Lehrkräfte) haben, müssen ja irgendwelche Kriterien den Unterschied ausmachen.

    Die zieldifferente Beschulung wird nur für den Schwerpunkt LE und GE genannt, das habe ich inzwischen nochmal nachgelesen.

    Das habe ich dir gesagt, aber du glaubst ja, dass ich keine Ahnung von den Grundlagen meiner Arbeit habe.

    Entsprechend bekommt ein Kind mit Schwerpunkt Sprache, dass - aus welchen Gründen auch immer - dem Unterricht nicht mehr folgen kann, eine Erweiterung auf Lernen.

    Bei uns bekäme ein solcher Schüler keine Erweiterung des Förderbedarfs, sondern der Förderschwerpunkt würde geändert. Ein Kind mit Förderschwerpunkt Lernen hat eben keinen zusätzlichen Förderbedarf zum Förderschwerpunkt Sprache, sondern einen anderen. Es zeigt sich auch in der praktischen Arbeit, dass man für Kinder mit Schwerpunkt Lernen (und erst recht Schwerpunkt GE) zumindest teilweise andere sprachtherapeutische Ansätze wählen muss als für Kinder mit Förderschwerpunkt Sprache.

    So, wie es gehandhabt wird, führt es dazu, dass Schüler OHNE Schwerpunkt Lernen, deren Schwerpunkt rechtzeitig festgestellt wurde UND deren Eltern dies wünschen, in die Sprachheilklassen gehen, solange dort Plätze sind, und Förderung bekommen.

    Alle anderen Kinder, vor allem auch die MIT Schwerpunkt Lernen, verbleiben in den Regelklassen und bekommen KEINE zusätzliche Förderung im sprachlichen Bereich, bis auf das, was der Klassenlehrkraft möglich ist. Die 2 Std. sonderpädagogische Unterstützung verpuffen nämlich in Absprachen, Gutachten, Plänen und werden zumeist dringend für andere Kinder benötigt.

    Das ist jetzt ein bildungspolitisches Spezifikum deines Bundeslandes. Warum gibt es bei euch Sprachheilklassen, aber keine Klassen für Schüler im Schwerpunkt Lernen? (Ich weiß warum: Weil letztere keine Lobby haben.)

    Bei uns gibt es noch ein breit ausgebautes Netz an Förderschulen Lernen und trotz der Möglichkeit der Inklusion sind diese auch relativ voll.

    Dass die zwei Stunden "Grundversorgung" bei euch wenig bringen, glaube ich sofort; das ist aber nichts, was an der Definition des Förderschwerpunkts Sprache liegt.

    Dasselbe Theater gibt es übrigens auch mit anderen Schwerpunkten.

    Es mag aus der Perspektive der besonders ausgerichteten Förderschulen sinnvoll erscheinen, aus der Perspektive der Grundschulen, die alle Kinder beschulen und alle im Blick haben müssen, ist es das nicht.

    Da bekommt man nur die Absagen, weil sich niemand zuständig fühlen will, weil das Kind nicht beeinträchtigt genug ist oder weil es mehrere Beeinträchtigungen hat und deshalb keiner zuständig sein will.

    Ja, da hast du wohl recht. Wenn man so konsequent und alternativlos schulische Inklusion umsetzen will, bräuchte man dann vllt. tatsächlich andere Konzepte, Klassifikationen und Kritierien? Und auch eine andere Ausbildung der Lehrkräfte. Man sieht ja auch hier am Beispiel der TE, dass sie für Schüler mit Förderschwerpunkt Sprache zuständig ist, ohne für diesen ausgebildet zu sein.

    Warum werden Förderschulen von der Inklusion ausgenommen?

    Einzelne Förderschulen haben sich für Kinder ohne Förderbedarf geöffnet. Bekanntes Beispiel: SRH Stephen-Hawking-Schule

    (Edit: Ach, du meinst das anders? Warum z. B. Förderschulen Sprache keine Kinder mit Schwerpunkt Lernen aufnehmen müssen?)

  • Das habe ich dir gesagt, aber du glaubst ja, dass ich keine Ahnung von den Grundlagen meiner Arbeit habe.

    Zunächst einmal kam von dir nur ein "verwirrt"-Smiley, dann ein "dürfte es nicht geben" - das wars.


    Wie du selbst feststellst, ist es eine Frage der Festsetzung und der Kriterien.

    Für mein Bundesland gilt vieles nicht, das du für deines umgesetzt siehst.

    Dazu gehört u.a. auch, dass eine Änderung laut Erlass vorgesehen und auch im Formblatt zur Feststellung als Anlass-Möglichkeit, neben erstmaliger Feststellung, Feststellung zum Schulwechsel und Aufhebung angegeben ist.

    In der Grundversorgung in NDS sind die FöS-Lehrkrafte, die zuvor an den Förderschulen waren, nun an den umliegenden Schulen (Klasse 1-10) für alle Kinder zuständig und für die FörderschülerInnen mit den Schwerpunkten Lernen, ESE und Sprache.

    Da gibt es auch FöS-LuL, deren Schwerpunkt gerade nicht Sprache ist, dennoch müssten sie sich nun um diese Kinder kümmern.

    (Edit: Ach, du meinst das anders? Warum z. B. Förderschulen Sprache keine Kinder mit Schwerpunkt Lernen aufnehmen müssen?)

    Ja, so meine ich das.

    Letztlich wird durch die Bestimmungen ein Zustand geschaffen, der vielen Kindern unterschiedlicher Schwerpunkte die notwendige Förderung vorenthält.

  • Das, was Palim schreibt, trifft auf mich zu. Ich arbeite als Sonderpädagogin an einer Grundschule, habe diese Fachrichtung aber nicht studiert. Erschwerend kommt hinzu, dass ich in mehreren Klassen bin und vor allem mit den Kindern beschäftigt bin, die zieldifferent beschult werden, da fallen die Sprache-Kids manchmal ein bisschen hinten über.... Wenn du konkrete Tipps hast, vielleicht auch was Material angeht, wäre ich dir echt dankbar, Plattenspieler 😊

  • In NRW kannst du auf jeden Fall wenn Lese-Rechtschreibschwächen vorliegen, die Note für Lesen und Rechtschreiben aussetzen. Da kannst du dich auf den LRS-Erlass beziehen.


    Tandemlesen würde ich dringend anraten. Das könnte ggf. jeden Tag 5 Minuten stattfinden. Ich mache das mit leseschwachen Schüler/innen in Absprache mit den Klassenlehrer/innen so, dass wir uns jeden Tag im Stundenplan ein Fach raussuchen, in dem die Schüler/innen 5 Minuten mit einem Partner üben. Da nehmen wir verschiedene Fachlehrer/innen ggf. mit ins Boot. Die Mappe mit den Leseübungen hat der Schüler in seinem Fach im Klassenraum. Die Lesepartner haken jeden Tag auf einem Plan in der Mappe ab, wenn sie zusammen gelesen haben.


    Zusätzlich würde ich -falls die Schüler es nicht schon haben- außerschulisch unbedingt Termine bei der Logopädin empfehlen.

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