Habt ihr SchülerInnen mit ADHS (SEK 1)?

  • Falls ja, wie geht ihr mit ihnen um? Gibt es Besonderheiten rechtlicher Art?

    Wie kommen die Kinder in der Schule klar (Gymnasium)? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Eltern?

    • Offizieller Beitrag

    Besonderheiten rechtlicher Art gibt es in NRW nicht, weil ADHS nicht nachteilsausgleichsfähig ist.

    Die Kinder kommen bei "großem" H in der Schule oft nur schwer klar, was sich auch auf ihre Leistungen und ihre soziale Integration in der Klasse auswirkt - wenn die Kinder nicht "eingestellt" sind. Sport und Psychotherapie reichen bei vielen ADHS-Kindern nicht - Methylphenidat hingegen (leider) schon. Dann aber sind die Kinder völlig unauffällig, teils ist das Leistungsplus von vorher zu nachher erstaunlich - und es klappt auch sozial mit den MitschülerInnen.

    Das Ganze steht und fällt mit den Eltern.
    - Wissen sie um die Auffälligkeit oder nicht?
    - Wissen sie es aber leugnen es?
    - Wie behandeln sie ADHS (Tabletten oder nicht)?
    - UND: Gehen sie aufrichtig mit der Auffälligkeit um?

  • Das Ganze steht und fällt mit den Eltern.
    - Wissen sie um die Auffälligkeit oder nicht?
    - Wissen sie es aber leugnen es?
    - Wie behandeln sie ADHS (Tabletten oder nicht)?
    - UND: Gehen sie aufrichtig mit der Auffälligkeit um?

    Das ganze steht und fällt auch mit den Lehrern. "Soso, AD(H)S, der soll mal mitmachen und nicht nur aus dem Fenster gucken" sind Lehrer*innen-Sätze, nicht die von Eltern.

    • Offizieller Beitrag

    @samu


    Ja, das stimmt.
    In dieser Form habe ich das aber zumindest von meinen KollegInnen noch nie gehört, wenngleich nicht wenige schlichtweg keine Ahnung haben und aufgrund der eigenen Uninformiertheit gerne mal mit Küchenpsychologie ankommen.

    Daher ist es aber wichtig, dass die Diagnose eben von Fachleuten erstellt wird (also nicht zwischen Tür und Angel vom Kinderarzt), denn das inflationäre Aufkommen dieser Auffälligkeit ist schon - verdammtes Wortspiel - auffällig - und damit auch die entsprechenden Kommentare.

  • In dieser Form habe ich das aber zumindest von meinen KollegInnen noch nie gehört,

    Das ist leider nicht überall gleich. Dasselbe gilt auch für andere Diagnosen. Dabei geht es nicht um die Diagnosen, sondern um Rücksichtnahme, da habe ich viel, viel Unschönes erlebt. Mir ging es auch nur um die Aussage, dass Eltern nur mitziehen müssten, dann liefe es schon.

  • In dieser Form habe ich das aber zumindest von meinen KollegInnen noch nie gehört, wenngleich nicht wenige schlichtweg keine Ahnung haben und aufgrund der eigenen Uninformiertheit gerne mal mit Küchenpsychologie ankommen.

    Ich leider schon in einer Lehrerkonferenz. Da wurde ziemlicher Unfug abgegeben. Ich habe dann einfach mal fallenlassen, dass ich als ADHS-Kranker da doch einiges korrigieren müsste. Da war dann Totenstille. Das war den Kollegen offenbar sehr peinlich.

    • Offizieller Beitrag

    @samu

    Das habe ich so nicht geschrieben. Ich schrieb, dass es mit den Eltern steht und fällt - und im Zuge Deiner Anmerkung würde ich ein "auch" mit einbauen. Also: Es steht und fällt auch mit den Eltern.

    Dass die KollegInnen da entsprechend "sensibilisiert" sein sollten, hatte ich eigentlich vorausgesetzt, aber in der Tat war dies eine allzu optimistische Sicht.

    • Offizieller Beitrag

    Ich leider schon in einer Lehrerkonferenz. Da wurde ziemlicher Unfug abgegeben. Ich habe dann einfach mal fallenlassen, dass ich als ADHS-Kranker da doch einiges korrigieren müsste. Da war dann Totenstille. Das war den Kollegen offenbar sehr peinlich.

    Das ist in der Tat eine krasse Erfahrung - hat es denn im Anschluss daran irgendeine Reaktion gegeben außer der Totenstille und des peinlich Berührtseins?

  • Ja, hin und wieder haben wir Jugendliche mit diagnostizieren ADHS. Ich muss Samu da leider recht geben, ich habe schon Kollegien erlebt in denen der Umgang damit wirklich schlecht war. Bei uns im Schulhaus läuft es sehr gut, man geht offen und konstruktiv damit um. Im Moment habe ich ein Mädchen in einer 1. Klasse, die ist in therapeutischer Behandlung, jedoch ohne Medikamente. Man weiss einfach, dass sie ständig ihr Zeug verschlampt, grundsätzlich nie weiss, auf welcher Seite wir im Skript gerade sind und dass sie gerne mal laut reinplappert ohne selber zu merken, dass sie stört. So what. Ich finde, in der Ausprägung kann man das aushalten wenn es eine Person pro Klasse oder so ist.


    Es gibt da aber ja scheint's auch ziemliche Abstufungen, manche werden so asozial, dass sie ohne Medikamente halt nicht gesellschaftsfähig sind. Beim Sohn eines Kollegen ist das so, der hat mal darüber erzählt, dass der ohne Medikamente regelrecht bösartig wird. Ich hatte das Kerlchen im Unterricht und wäre niemals drauf gekommen, dass der überhaupt ADHS hat. Aus dem Sportverein ist mir aber ein Fall bekannt, der wirklich grenzwertig empathielos ist und auf Medikamente verzichtet. Da muss man irgendwann schon mal überlegen, wie viel das Umfeld aushalten muss. Beliebig viel nämlich nicht, finde ich.

  • Ich weiß gar nicht, ob es der TE um den NTA geht - das schrieb sie ja nicht explizit. Ich hatte hier eher eine pädagogische Diskussion vermutet.

    Genau, darauf wollte ich hinaus. Meine Tochter hat - wie ich - ADHS und wir haben es ihren Lehrern kürzlich gesagt, da sie im homeschooling natürlich größere Probleme hat.


    Ich beobachte, dass die Haltung von Lehrkräften nach und nach pädagogischer wird und ADHS mittlerweile nicht mehr den Ruf hat, dass alles, was auch nur ein bisschen verhaltensauffällig ist, diagnostiziert wird. Auch freue ich mich, dass Methylphenidat ("Ritalin") nicht mehr nur verteufelt wird.

    Wir sind bei einem Kinderpsychiater, den ich einfach hochkompetent finde und wir gehen mit unserer Tochter einen Weg, bei dem ich ein sehr gutes Gefühl habe.

    Ich hoffe nun, dass die LehrerInnen meiner Tochter auch eine professionelle Haltung haben.


    Natürlich mache ich mir nun Gedanken, wie ihre schulische Biografie aussehen wird/ aussehen kann. Meine eigene war nicht gut, ich war nicht diagnostiziert und war nur die, die immer aus dem Rahmen fiel, sowohl in sozialer, als auch in schulischer Hinsicht. Trotzdem habe ich Abi gemacht, studiert und ein sehr gutes Referendariat gemacht und bezeichne mich als sehr gute Lehrerin.

    Ich möchte meiner Tochter gönnen, dass sie nicht so viel negatives feedback für Dinge bekommt, für sie einfach nichts kann. (Von den Noten abgesehen, mit ADHS gelingen einem manche Dinge halt einfach schlechter als andere).

    Ich habe dann einfach mal fallenlassen, dass ich als ADHS-Kranker da doch einiges korrigieren müsste. Da war dann Totenstille. Das war den Kollegen offenbar sehr peinlich.

    Du hast ADHS? Und du hast das im Kollegium gesagt? Ich traue mich noch nicht so recht, es wissen nur 2 Kolleginnen, die mir recht nahe stehen. Hast du danach einen veränderten Umgang der KuK mit dir festgestellt? Wie kommst du im Alltag klar? "Merkt" man dir spezifische Dinge an?


    Ich habe seit Jahren in der Schule (mit Ref-Schule bin ich bei 3 Schulen) den Ruf, chaotisch zu sein, das hat sich aber in den letzten 2-3 Jahren deutlich gebessert - ich bin in einer Abteilung, in der ich mich sehr wohlfühle und ich habe Stunden reduziert. Dazu 2 Verhaltenstherapien, die mich wirklich "gerettet" haben. Mittlerweile habe ich in der neuen Abteilung den Ruf, extrem gut strukturiert zu sein. 8)


    Aber es allen sagen ....? Ich habe wegen diverser anderer Erkrankungen einen Antrag auf Schwerbehinderung gestellt - wenn ich 50% bekomme, werde ich mit SL sprechen, aber auch da möchte ich eigentlich nicht von meinem ADHS berichten.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe in meiner bisherigen Dienstzeit erlebt, dass Methylphenidat die schulischen Probleme und Auffälligkeiten von jetzt auf gleich beendet hat - für die betroffenen Kinder war es ein Segen, weil sie sich selbst endlich als "normal" erlebt haben und auch so wahrgenommen wurden.

    Eine befreundete Familie, beide Pharmazeuten, haben ein Kind, das stark unter ADHS leidet und das Schuljahr jetzt womöglich wiederholen muss. Mutter ist für die Gabe von Methylphenidat, der Vater dagegen. Beide wissen um die (Neben)wirkungen des Wirkstoffs. Das Kind ist mittlerweile sozial komplett isoliert - das Homeschooling trägt zusätzlich dazu bei. Und dennoch kann der Vater sich nicht dazu durchringen, das Medikament zu geben. Er hofft auf die positiven Wirkungen von Sport und Psychotherapie - seit mehreren Jahren. Es tut mir in der Seele weh, dieser Entwicklung zusehen zu müssen.

  • Ich möchte übrigens noch mal darauf hinweisen, dass ADHS laut ICD 10 Folgendes ist, eine Beschreibung von Symptomen. Nicht mehr und nicht weniger:


    "Hyperkinetische Störungen

    Diese Gruppe von Störungen ist charakterisiert durch einen frühen Beginn, meist in den ersten fünf Lebensjahren, einen Mangel an Ausdauer bei Beschäftigungen, die kognitiven Einsatz verlangen, und eine Tendenz, von einer Tätigkeit zu einer anderen zu wechseln, ohne etwas zu Ende zu bringen; hinzu kommt eine desorganisierte, mangelhaft regulierte und überschießende Aktivität. Verschiedene andere Auffälligkeiten können zusätzlich vorliegen. Hyperkinetische Kinder sind oft achtlos und impulsiv, neigen zu Unfällen und werden oft bestraft, weil sie eher aus Unachtsamkeit als vorsätzlich Regeln verletzen. Ihre Beziehung zu Erwachsenen ist oft von einer Distanzstörung und einem Mangel an normaler Vorsicht und Zurückhaltung geprägt. Bei anderen Kindern sind sie unbeliebt und können isoliert sein. Beeinträchtigung kognitiver Funktionen ist häufig, spezifische Verzögerungen der motorischen und sprachlichen Entwicklung kommen überproportional oft vor. Sekundäre Komplikationen sind dissoziales Verhalten und niedriges Selbstwertgefühl.

    Exkl.:Affektive Störungen (F30-F39)Angststörungen (F41.-, F93.0)Schizophrenie (F20.-)Tief greifende Entwicklungsstörungen (F84.-)


    F90.0Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung


    Aufmerksamkeitsdefizit bei:

    • hyperaktivem Syndrom
    • Hyperaktivitätsstörung
    • Störung mit Hyperaktivität"


    Das heißt, der Psychiater oder die Kinderärztin fragt obige Symptome ab, wenn soundsoviele davon zutreffen, steht die Diagnose. Angststörungen sind zwar ausgenommen, allerdings werden diese in aller Regel nicht differenziert erfragt. Was also mit was komorbide ist und warum ein Kind im Sozialverhalten Probleme hat, ist mit der Diagnose nicht ursächlich geklärt.


    Es geistert auch die Theorie durchs Netz, dass nur "echte ADHS-Kinder" auf Ritalin ansprächen, das ist Kokolores. Ritalin wurde eine Zeitlang auf dem Schwarzmarkt an Studierende verkauft, weil man damit leistungsfähiger wird. Ich selbst habe bei mehreren schwer verhaltensauffälligen Kindern zugesehen, wie die Auffälligkeiten sich scheinbar in Luft auflösten, nachdem sie eingestellt wurden. Gewalt und Vernachlässigung zu Hause haben sich aber mitnichten geändert.


    Ich würde mir sehr wünschen, dass Verhaltensauffälligkeiten immer systemisch gesehen werden. Medikation ist eine Entscheidung, die nur jeder für sein Kind treffen kann. Wenn sich Eltern darüber uneins sind, wäre es z.B. eine Möglichkeit, zusammen in Familienberatung zu gehen. M.M.n. ist kein Verhalten ausschließlich neurophysiologisch begründbar.

  • Das ist in der Tat eine krasse Erfahrung - hat es denn im Anschluss daran irgendeine Reaktion gegeben außer der Totenstille und des peinlich Berührtseins?

    Naja, es wurde danach kein Unfug mehr erzählt, aber ob ein Umdenken stattgefunden hat, kann ich nicht sagen.



    Du hast ADHS? Und du hast das im Kollegium gesagt? Ich traue mich noch nicht so recht, es wissen nur 2 Kolleginnen, die mir recht nahe stehen. Hast du danach einen veränderten Umgang der KuK mit dir festgestellt? Wie kommst du im Alltag klar? "Merkt" man dir spezifische Dinge an?


    [...]


    Aber es allen sagen ....? Ich habe wegen diverser anderer Erkrankungen einen Antrag auf Schwerbehinderung gestellt - wenn ich 50% bekomme, werde ich mit SL sprechen, aber auch da möchte ich eigentlich nicht von meinem ADHS berichten.

    Ach, das ging eigentlich. Ich gehe da sogar sehr offensiv mit um, zumindestens auf kollegialer Ebene. Nicht unbedingt gegenüber der SL. ;) In solchen Momenten hilft vielleicht tatsächlich, dass ich auch einfach ein paar akademische Accomplishments habe. Tatsächlich merkt man es mir auch nicht allzu stark an, ich habe einiges an Strategien entwickelt, damit umzugehen. Ich merke das zwar selber, aber Kollegen nicht unbedingt. Einziger Nachteil im Schulalltag: Ich bin extrem empfindlich gegenüber Lärmentwicklungen, ich höre alles, aber es lenkt mich auch alles ab. :D


    Eine befreundete Familie, beide Pharmazeuten, haben ein Kind, das stark unter ADHS leidet und das Schuljahr jetzt womöglich wiederholen muss. Mutter ist für die Gabe von Methylphenidat, der Vater dagegen. Beide wissen um die (Neben)wirkungen des Wirkstoffs. Das Kind ist mittlerweile sozial komplett isoliert - das Homeschooling trägt zusätzlich dazu bei. Und dennoch kann der Vater sich nicht dazu durchringen, das Medikament zu geben. Er hofft auf die positiven Wirkungen von Sport und Psychotherapie - seit mehreren Jahren. Es tut mir in der Seele weh, dieser Entwicklung zusehen zu müssen.

    Übel. Bei mir wurde es "zu spät" diagnostiziert (also, als ich schon fast erwachsen war und man gleichzeitig noch dachte, das sich das auswächst), aber bei meinem Bruder hat das eine enorme Entspannung innerhalb der Familie, aber auch in seiner Schulerfahrung erzeugt. Das war schon ne krasse Wirkung. Ohne Ritalin hätte der keinen Schulabschluss, so hat er ein Abitur.

  • Es geistert auch die Theorie durchs Netz,

    Es geistert insgesamt ein Haufen Müll durchs Netz. Methylphenidat ist einfach eine psychothrope Substanz die selbstverständlich bei jeder Person irgendeine Art von Wirksamkeit zeigt. Das ist schnöde Biochemie.


    M.M.n. ist kein Verhalten ausschließlich neurophysiologisch begründbar

    Definiere "Verhalten". Ich glaube eher, dass sich viele Menschen immer noch schwer tun mit der Vorstellung, wie viel Einfluss die Biochemie unseres Gehirns eben doch auf unser "Verhalten" hat. Was nicht heisst, dass man unerwünschtes Verhalten durch Training nicht verbessern könnte. Aber dazu braucht es erstmal das Bewusstsein, dass z. B. ein Mangel an irgendwelchen Neurotransmittern ein klinisch relevanter Befund ist, der sich nicht ändern lässt indem man sich nur ausreichend Mühe gibt.

  • Aber dazu braucht es erstmal das Bewusstsein, dass z. B. ein Mangel an irgendwelchen Neurotransmittern ein klinisch relevanter Befund ist, der sich nicht ändern lässt indem man sich nur ausreichend Mühe gibt.

    Klingt einfach, ist es aber nicht.


    Am Eindrücklichsten ist es doch bei der PTBS sichtbar:


    Über die Hälfte aller Menschen werden im Laufe ihres Lebens mindestens einmal mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert. Die Wahrscheinlichkeit, im Anschluss an ein traumatisches Erlebnis an einer PTBS zu erkranken, ist unter anderem abhängig von der Art des Traumas. Grundsätzlich ist das Risiko bei durch Menschen hervorgerufenen Traumatisierungen besonders hoch: Nach Vergewaltigung, anderen Gewaltverbrechen und Kriegstraumata erkranken bis zu einem Drittel der Betroffenen an einer PTBS. Naturkatastrophen, Brände, Chemie- oder Verkehrsunfälle und akute körperliche Erkrankungen (z.B. Herzinfarkt, Krebserkrankung) können ebenfalls eine Posttraumatische Belastungsstörung auslösen, das relative Risiko liegt in solchen Fällen jedoch deutlich niedriger. Über alle Trauma-Arten gemittelt, erkranken etwa 10% aller von einem Trauma Betroffenen an einer PTBS. Die Lebenszeitprävalenz, d.h. die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine Posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln, liegt weltweit bei etwa 8%.


    Warum erkranken Vergewaltigungsopfer häufiger an der PTBS als jemand, der einen schweren Unfall erlitten hat? Rein neurologisch vielleicht nachweisbar, aber wohl kaum zu erklären, psychisch dürfte es durchaus Erklärungsansätze geben. Man kann Psyche und Körper nicht voneinander trennen.


    Inzwischen weiß man z.B. auch um die Vererbbarkeit vom posttraumatischen Belastungssyndrom. Der Arzt sieht aber nur Hibbeligkeit, Gereiztheit, und Konzentrationsstörungen beim Kind, nennt es ADHS und gut ist. Das finde ich schwierig, weil damit ein Bild verknüpft ist. Bei den Eltern vielleicht "puh, ich bin nicht Schuld" beim Lehrer möglicherweise "is klar, tolle Ausrede für Faulheit". Wünschenswert wäre doch, dass man sich zusammensetzt und jenseits von Diagnosen über die vorhandenen Probleme spricht und wie man das Kind unterstützen kann. Und wenn es aus Zeitmangel nur ist, dass man es ermutigt und nichts "unterstellt" im Sinne von Zuschreibungen.


    Ich kenne die Symptomatik selbst zur Genüge, wenn mal jemand eine Schachtel Methylphenidat zum Ausprobieren rüberschicken will: ich würde es gerne mal testen. Wollsocken, du kannst das doch sicher im Labor anrühren 8_o_)

    • Offizieller Beitrag

    @samu


    Es kommt darauf an, welche Form der Diagnostik Du wählst. ADHS ist keine Sache, die man mal eben "to go" beim Kinderarzt diagnostizieren lässt. (Und wer es doch tut, ist schlecht beraten.)

    Die Möglichkeit der Pauschalexkulpation ist natürlich verführerisch - die Eltern können nichts dafür, das Kind kann nichts dafür und alle anderen sollen gefälligst mal Rücksicht nehmen.

    Vermutlich muss man selbst betroffen sein, sei es dass man selbst ADHS hat oder das eigene Kind, um da wirklich mitreden zu können im Sinne eines echten (kognitiven wie mittelbar empathischen) Verständnisses für ADHS.

  • Vermutlich muss man selbst betroffen sein, sei es dass man selbst ADHS hat oder das eigene Kind, um da wirklich mitreden zu können im Sinne eines echten (kognitiven wie mittelbar empathischen) Verständnisses für ADHS.

    Nee, muss man nicht, sonst dürften ja die allerwenigstens Ärzte und/oder Psychiater die Diagnose stellen. Überhaupt könnte ja ein Arzt nach der Logik nie irgendwas behandeln, was er selbst nicht schon hatte. Wieso soll ich denn als Lehrperson keine Empathie zeigen können für einen jungen Menschen dem ein Arzt eine solche Diagnose gestellt hat? Ich hatte schon alles mögliche an Diagnosen vor mir sitzen, ADHS, Depression, Psychose, Essstörungen, selbstverletzendes Verhalten ... mei, das gehört zum Leben und zur Gesellschaft dazu.



    Warum erkranken Vergewaltigungsopfer häufiger an der PTBS als jemand, der einen schweren Unfall erlitten hat? Rein neurologisch vielleicht nachweisbar, aber wohl kaum zu erklären, psychisch dürfte es durchaus Erklärungsansätze geben. Man kann Psyche und Körper nicht voneinander trennen.

    Oh, das bestreite ich ja gar nicht, da hast Du mich falsch verstanden. Ich sage nur, dass es das freilich auch gibt, dass ein biochemisches Problem im Kopf alleinige Ursache für eine Verhaltensauffälligkeit ist. Das schliesst ja aber den umgekehrten Fall gar nicht aus. Man sollte nur einfach nicht hinter jeder Verhaltensauffälligkeit gleich schlimme Erlebnisse wittern, es gibt genügend Fälle, wo's einfach wirklich nicht so ist. Ich habe jemanden mit einer organischen Schizophrenie in der Verwandtschaft, da liegt einfach eine biochemische Ursache zu Grunde, die dann zum Glück auch sehr gut therapiert werden kann.


    wenn mal jemand eine Schachtel Methylphenidat zum Ausprobieren rüberschicken will: ich würde es gerne mal testen

    Ich habe ähnliches schon zum Spass "getestet", muss ich nicht haben. Ich kann Dir aber versichern, dass es natürlich bei absolut jedem irgendwas macht, denn absolut jeder hat ja Rezeptoren für Dopamin und Noradrenalin, die braucht es ja zur Regulation des vegetativen Nervensystems. ;)

  • Ich kann Dir aber versichern, dass es natürlich bei absolut jedem irgendwas macht, denn absolut jeder hat ja Rezeptoren für Dopamin und Noradrenalin, die braucht es ja zur Regulation des vegetativen Nervensystems.

    Eben, das schrieb ich ja.


    Ich sage nur, dass es das freilich auch gibt, dass ein biochemisches Problem im Kopf alleinige Ursache für eine Verhaltensauffälligkeit ist.

    Okay, das kann sein. Aber in den allermeisten Fällen sind Menschen, ihr Verhalten, Handeln und Erleben doch eher komplex. Aber das ist dann wohl eher binsenweise :)

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