Ich kann nicht mehr

  • Hallo,


    an meiner derzeitigen Schule komme ich immer wieder an den Punkt, einfach hinwerfen zu wollen.

    Lehrerin zu sein, war mal mein absoluter Traumjob. Es war so beflügelnd, zu erleben, wie Kinder etwas begriffen hatten. Ich habe mir gerne überlegt, wie ich es interessant gestalten könnte, habe gerne Neues ausprobiert. Mochte es, mit Schülern auch einfach Mal nur zu reden und mir ihre Sicht anzuhören.

    Als ich meine Ref-Schule verließ, haben mir meine Prüfungsklassen Blumen, Schokolade und sogar Luftballons mitgebracht. Ich war so gerührt.


    Mittlerweile dauert es etwa 6-8 Wochen ab Ferienende, bis ich völlig am Ende bin, fast jede Autofahrt von der Schule zurück mit den Tränen kämpfe. In meiner Freizeit lässt mich der Schultag gar nicht mehr los. Meine Leistungen beim Sport fallen extrem ab, ich schlafe so schlecht.

    Ich muss dort noch ein Jahr durchhalten, bis die Verbeamtung auf Lebenszeit durch ist und ich eine Chance habe, da wieder wegzukommen. Wenn ich es bis dahin aushalte.

    Anfangs habe ich versucht, mir die Probleme schönzureden. Geglaubt, dass sich die Schüler weniger gestört und gewalttätig mir gegenüber verhalten würden, wenn ich mich noch mehr um sie bemühe.

    Ich habe probiert, die schlechten Zustände zB in der Sporthalle zu verändern. Habe mir versucht, über Kollegen Helfer mit reinzuholen. Habe mir der SL zusammengearbeitet.

    Aber immer, wenn ich denke, ich hätte einen Teilerfolg errungen, wenn ich mich gerade sicher fühle, dann passiert es.


    Diese Woche hat ein Schüler meiner eigenen 10. Klasse, um den ich mich sehr bemühe, dem ich immer wieder helfe, bewusst sabotiert. Als ich kurz mit einer Schülerin auf ihren Wunsch hin über ihre Ausbildungsmöglichkeiten vor der Tür gesprochen habe, hat er Seife in meinen Thermo-Becher geschüttet, den ich auf dem Schreibtisch stehen hatte. Er hat ihn nicht wieder richtig zugedreht, deswegen ist es mir direkt aufgefallen.

    Ich weiß nicht, warum mich das so mitnimmt, wo mich an dieser Schule doch auch schon Schüler schlagen und umbringen wollten. Aber es ist in meiner eigenen Klasse passiert. An meinem Platz. Die Lerngruppe, für die ich alles gebe. Bei denen es eigentlich läuft.


    Ich weiß nicht mehr, was ich noch tun soll. Wenn's mir nur einfach egal sein könnte, ob sie alles lernen oder halbwegs erzogen in die Welt gehen.


    Ich weiß nicht, ob ich dieses eine Jahr noch durchhalten soll oder ob das alles Quatsch ist und ich hinwerfen sollte.

    Aber ich habe eigentlich teuere Träume, mit Haus und Familie und Reisen. Dir Finanzierung will ich meinem Partner nicht alleine zumuten und egal wohin ich gehe, da wird es weniger Geld geben.


    Sorry für mein Mimimi, ich bin einfach fertig.

  • Liebe himmelblau, ich musste gerade an einen Cartoon denken: Ein Sozialpädagoge mit verfilztem Bart, zotteligem Haar und zerschlissener Hose auf einer einsamen Insel. Im Hintergrund sieht man ein Kreuzfahrtschiff vorbeifahren und der Sozialpädagoge springt aufgeregt hoch, winkt wild und ruft: "Haaalloooo! Kann ich euch helfen?!" :zahnluecke:


    Ich tippe mal ins Himmelblaue, dass du dein Los mit uns Menschen mit Helfersyndrom teilst. Sie können sich zwar gut in andere hineinversetzen aber gleichzeitig schwerer abgrenzen.


    Ich halte es für unumgänglich, einen neuen Weg zu finden, mit den Belastungen dieses Berufs umzugehen. Dazu gehört eine professionelle Sichtweise auf die Schüler*innen und auch Arbeit am eigenen Selbstbild, was nicht von heute auf morgen geschehen kann. Dafür würde ich mir externe Unterstützung z.B. in Form von einer Beratungsstelle suchen.


    Hast du aktuell daran gedacht, als allererstes deinen Hausarzt aufzusuchen und zu fragen, ob du überhaupt arbeitsfähig bist? Autofahren in diesem Zustand ist nicht gerade ideal.


    Und du gibst den Job und die Verbeamtung natürlich nicht auf, bevor dein Berufsleben richtig begonnen hat. Langfristig kannst du ja immer noch überlegen, ob du dir eine andere Schule suchen möchtest.

  • Ich halte es für unumgänglich, einen neuen Weg zu finden, mit den Belastungen dieses Berufs umzugehen. Dazu gehört eine professionelle Sichtweise auf die Schüler*innen und auch Arbeit am eigenen Selbstbild, was nicht von heute auf morgen geschehen kann. Dafür würde ich mir externe Unterstützung z.B. in Form von einer Beratungsstelle suchen.

    Ich weiß nicht, ob ich diesen Weg finden kann. Was genau findest du bei mir nicht professionell bzw. wie meinst du das mit dem Selbstbild?

    An was für eine Beratungsstelle hast du gedacht? Ich möchte die Verbeamtung nicht wegen eine Psychotherapie aufs Spiel setzen.

  • Hast du aktuell daran gedacht, als allererstes deinen Hausarzt aufzusuchen und zu fragen, ob du überhaupt arbeitsfähig bist? Autofahren in diesem Zustand ist nicht gerade ideal.

    Bin ich wahrscheinlich nicht. Aber im Mai hat meine 10. Klasse Abschlussprüfungen und ich möchte sie nicht hängen lassen.

  • Diese Woche hat ein Schüler meiner eigenen 10. Klasse, um den ich mich sehr bemühe, dem ich immer wieder helfe, bewusst sabotiert. Als ich kurz mit einer Schülerin auf ihren Wunsch hin über ihre Ausbildungsmöglichkeiten vor der Tür gesprochen habe, hat er Seife in meinen Thermo-Becher geschüttet, den ich auf dem Schreibtisch stehen hatte.

    Also wenn ein Schüler diesen Alters so etwas bringt, habe ich keinerlei Bedürfnis mehr, den irgendwie besonders zu unterstützen. Da würde ich nur das machen, was ich muss und mich ansonsten abgrenzen, soweit es geht und ihn es auch spüren lassen, dass ich sein Verhalten absolut daneben finde. Wie hast du darauf reagiert? Ist der Rest der Klasse genauso drauf?

  • Aber im Mai hat meine 10. Klasse Abschlussprüfungen und ich möchte sie nicht hängen lassen.

    Wenn im Flugzeug der Druck absinkt und die Sauerstoffmasken 'runterfallen, sollte man zunächts die eigene aufsetzen, bevor man der Sitznachbarin hilft. Wenn du für die jungen Menschen da sein möchtest, kümmer' dich als erstes um dich selbst. Wenn du ausfällst, haben sie da auch nichts von.


    Ansonsten finde ich deine Opferbereitschaft schwer zu ertragen.

  • Ich möchte die Verbeamtung nicht wegen eine Psychotherapie aufs Spiel setzen.

    Verstehe ich nicht. Du bist doch schon verbeamtet.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Also wenn ein Schüler diesen Alters so etwas bringt, habe ich keinerlei Bedürfnis mehr, den irgendwie besonders zu unterstützen.

    Nee, bei mir kommt auch eher das Bedürfnis auf, die Staatsanwaltschaft einzuschalten.

  • Also wenn ein Schüler diesen Alters so etwas bringt, habe ich keinerlei Bedürfnis mehr, den irgendwie besonders zu unterstützen. Da würde ich nur das machen, was ich muss und mich ansonsten abgrenzen, soweit es geht und ihn es auch spüren lassen, dass ich sein Verhalten absolut daneben finde. Wie hast du darauf reagiert? Ist der Rest der Klasse genauso drauf?

    Ich habe Druck gemacht, um den Schuldigen überhaupt erstmal aufzuspüren und sagte der Klasse, dass ich zum Ende des Schultags einen Namen hören will, oder ich streiche die geplanten Ausflüge.

    Ich habe da auch vernünftige Schüler drin, die haben auf den Schuldigen eingeredet und er hat sich gemeldet und entschuldigt, aber nicht eingesehen, wieso es dennoch Konsequenzen für ihn gibt.

  • er hat sich gemeldet und entschuldigt

    Das kann er nicht.

    Schuldig bleibt schuldig.


    Bei alledem, was ich oben so lese, kann ich den KuK nur zustimmen: Bislang fehlt es dir an Prfessionalität, zu wenig Distanz und zu viel emotionale Anbindung.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Aber wohl noch nicht auf Lebenszeit.

    Gibt es BL, in denen man anlässlich der Lebenszeitverbeamtung nochmal zum Amtsarzt muss? Das wäre natürlich ein Grund. Ansonsten spricht nichts gegen Psychotherapie.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Ordnungsmaßnahmen & Strafanzeigen.


    Dafür SL ins Boot holen, Formfehler vermeiden.


    Natürlich gelten die Angriffe nicht dir als Privatperson. Aber du lässt ja auch nicht deine Schüler vom Unterricht suspendieren sondern eine Arschgeige, die dir Seife ins Getränk gekippt hat. Ganz ehrlich, so eine Grenzüberschreitung, ich glaube es hackt.


    Wäre auch ein gutes Learning für die Kinder. Man kann für alles um Entschuldigung bitten und ich entschuldige vieles aber ich vergesse nichts. Und es gibt eben Dinge, die zerstören ein Vertrauensverhältnis unumkehrbar.

  • Gefühl der Verpflichtung gegenüber meiner Klasse

    Das ist ja auch richtig und wichtig.

    Aber die Verpflichtung scheint mir im gg. Fall in die falsche Richtung zu gehen.
    Sei straighter in Bezug auf die zu erwerbenden Kompetenzen.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Das kann er nicht.

    Schuldig bleibt schuldig.


    Bei alledem, was ich oben so lese, kann ich den KuK nur zustimmen: Bislang fehlt es dir an Prfessionalität, zu wenig Distanz und zu viel emotionale Anbindung.

    Deswegen bleiben die Konsequenzen für ihn ja auch.


    Es scheint ein schmaler Grad zu sein zwischen Gleichgültigkeit und zu wenig Distanz. Ich bin nicht sicher, ob ich den treffe, wenn man von beiden Seiten schubst.

  • Die SL hat mir schon zu verstehen gegeben, dass sie nichts für mich tun könnte.

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