Kann (darf) man solche Regeln aufstellen ??

  • Enja: Die Klassenregeln betreffen die Klasse und den Lehrer. Und da es sich im allgemeinen um solche völligen Selbstverständlichkeiten handelt wie hier in diesem Thread, ist die Beteiligung der Eltern überflüssig wie nur was. Unter Demokratie verstehe ich auch nicht, dass Eltern sich überall reinhängen müssen. Gesetzlich vorgeschrieben ist vielleicht, dass Eltern ihren Kindern sowas von Haus aus mitgeben sollten. Und ich habe außerdem einen gesetzlich vorgeschriebenen Bildungsauftrag, der mir Anweisung gibt, meinen Schülern solche Verhaltensweisen näher zu bringen. Und wenn ich mitkriegen sollte, dass Eltern das grundsätzlich anders sehen, ist das Pech für ihr Kind, aber deswegen werde ich ganz bestimmt nicht versuchen, dem Kind nicht doch noch in der Schule ein angemessenes Verhalten zu vermitteln. Das ist gesetzlich vorgeschrieben und nicht die Umsetzung der Erziehungsvorstellungen der Eltern.


    Vielleicht hast du allerdings etwas missverstanden: Hier in diesem Thread werden Regeln und Konsequenzen etwas durcheinander geworfen. Eine Regel hat zwar eine Konsequenz zur Folge, dennoch ist die Konsequenz nicht als Regel zu betrachten. Sicherlich ist es von Vorteil, wenn die Eltern die Konsequenzen mittragen und daher sollten am Elternabend auch die Konsequenzen, die bei Nichteinhaltung der Regeln erfolgen sollen, besprochen werden. Die Regeln sind jedoch festgelegt, da gibt's mit Eltern nix zu diskutieren, es sei denn, eine Regeln weicht in irgendeiner Form von den üblichen Verhaltensregeln (wie die oben genannten) ab.


    Ich muss allerdings sagen, dass ich persönlich schlechte Erfahrung mit der Diskussion von Konsequenzen gemacht habe. Da haben Eltern zig verschiedene Vorstellungen und eine demokratische Entscheidung ist nahezu unmöglich. Deswegen bin ich dazu übergegangen, Konsequenzen grob darzustellen und als gegeben hinzustellen. Wenn jemand eine ernsthafte und konstruktive Bemerkung dazu hat, bin ich natürlich bereit, diese Anregung aufzunehmen, aber auf Bemerkungen á la "Also ich finde das zu streng." "Also mein Kind muss nie...." oder "Aber mein Kind hat am Donnerstag Mittag Fußballtraining." lasse ich mich nicht mehr ein, weil das zu nichts führt.


    Bedenke bitte auch, dass es hier nicht um die Schulform "Gymnasium" geht. ;)


    Gruß
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Noch ein Wort zur Schulform:


    Zumindest nach meiner Erfahrung brauchen wir über Elternbeteiligung nicht diskutieren (so wünschenwert ich diese fände). Fakt ist leider in meinen Klassen, dass es im BFS-Bereich so gut wie kein Interesse der Eltern gibt. Bei Elternpflegschaftsabenden (Pflicht!) kommen mit Glück in zwei Klassen (mit je 30 Schülern) zwei Elternteile oder mal drei.


    Grüße


    Birgit

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • Wenn eines meiner Kinder wegen einmaligen dreiminütigen Zuspätkommens vom Unterricht ausgeschlossen würde und der Lehrer mir dann noch erklärt, er müsse das mit niemandem diskutieren, könnte das ziemlich heftig enden. Solche Konsequenzen erfordern zumindest in Hessen einen gewissen Vorlauf. Ich habe es jetzt nicht genau im Kopf, aber ich meine, dass dafür auch ein Beschluss der Klassenkonferenz nötig ist.


    Wenn der Lehrer das nicht diskutieren möchte, würde ich mich an den Schulleiter wenden. Der kennt sich mit den entsprechenden Gesetzen und Verordnungen normalerweise bestens aus und sorgt auch für deren Einhaltung. An unserer Schule würden solche spezielle Klassenregeln wohl eher nicht gut ankommen.


    Wenn es nötig scheint, noch einmal extra aufzuschreiben, dass die Schüler pünktlich zum Unterricht erscheinen sollen, würde das zu der Vermutung führen, dass es dort wohl nicht klappt.


    Mag schon sein, dass das an Berufsschulen anders ist als an einem Gymnasium. Ich würde allerdings vermuten, dass die gesetzlichen Bestimmung über solche Maßnahmen dort identisch sind und je älter die Schüler sind, desto weniger ist nach meinem Eindruck mit simplem Druck zu machen.


    Grüße Enja

  • Enja: Genau, da stimme ich dir vollkommen zu. Allerdings redest du eben tatsächlich über die Konsequenzen. Über die lässt sich diskutieren, über Regeln nicht. Da muss man aufpassen, dass man diese beiden grundverschiedenen Dinge nicht durcheinander wirft.


    Wie ich auch schon in meinem ersten Posting gesagt habe, würde ich Konsequenzen eben von vorherein nicht schriftlich in den Klassenregeln festhalten, weil dann nämlich in der Klasse genau das Gleiche passiert wie hier in diesem Thread. Die Schüler hängen sich an den Konsequenzen auf und die grundlegende Regel rückt dabei völlig in den Hintergrund. Pünktlichkeit ist einfach Pflicht, da gibt es rein gar nichts zu diskutieren mit überhaupt niemanden und es sicherlich besser, von vornherein jegliche Diskussionen darüber zu vermeiden, weil die mit Sicherheit immer am springenden Punkt vorbeigehen.


    Und wobei ich dir auch absolut zustimme, Enja: Wenn man solche Selbstverständlichkeiten wie Pünktlichkeit extra festlegen muss, dann kann man davon ausgehen, dass es nicht funktioniert. Regeln, die verinnerlicht sind, braucht man nicht nochmal in dieser Ausführlichkeit schriftlich festhalten. Da ist wohl relativ klar.


    Was man allerdings nicht unbedingt vergleichen kann, ist manch 18jährigen BVJ-Schüler mit manch 18-jährigen Gymnasiasten (und selbst das kann man sicherlich kaum so verallgemeinern). Was Außenstehenden vielleicht als purer Druck erscheint, ist für manche Schüler nicht mehr als eine klar gesetzte Grenze. Sicherlich besteht dabei die Gefahr, dass man als Lehrer beginnt, nur noch Druck auszuüben. Daher sollte man sich immer wieder bewusst werden, dass es genauso wichtig ist, den Schülern freundlich und mit einer positiven Grundhaltung gegenüber zu treten und nicht als Vollstrecker von Konsequenzen. Bei aller Freundlichkeit ist es aber eben gelegentlich bei manchen Schülern nicht möglich wie mit einem Gymnasiasten über mögliche Konsequenzen zu diskutieren. Sie müssen klar und eindeutig erfolgen. Und eine Konsequenz, die für einen Abiturienten vielleicht unglaublich hart erscheint, bringt manche meiner Sonderschüler nur dazu, einmal laut aufzulachen. Da lassen sich gesetzliche Grundlagen nun mal nicht nach Schema F ausführen und wenn es nötig ist und ich es als sinnvolle Konsequenz erachte, würde ich auch Schüler nach dreiminütigen Zuspätkommen vom Unterricht ausschließen. Diese pädogische Entscheidung bleibt letzten Endes mir als Lehrer überlassen und genau aus diesem Grund hält sich meine Diskussionsfreudigkeit über so etwas mit Eltern in Grenzen, weil dann genau sowas kommt: Für meine Kinder finde ich das aber zu streng.
    Damit haben wahrscheinlich auch viele Eltern gar nicht mal Unrecht, denn solche pauschalisierten Konsequenzen bergen immer die Gefahr, dass man nicht jedem Kind gerecht wird und manchen Schüler auch zu Unrecht zu hart bestraft.


    Was die gesetzlichen Bestimmung anbelangt: Offensichtllich unterrichtet solosunny ja nicht in Hessen, so dass wir davon ausgehen müssen, dass die gesetzlichen Bestimmungen sowieso anders sind.
    Ansonsten sind die gesetzlichen Bestimmung in Hessen für alle Schulformen im Bereich päd. Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen identisch.


    Gruß
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Danke erst mal für die rege Diskusion, ich werde ganz sicher den Regelkatalog bzw. die Konsequenzen überarbeiten, aber im Grunde schon dabei bleiben, daß es feste und auch schriftlich festgehaltene Regeln gibt. Was die Eltern dabei angeht, mache ich mir eigentlich weniger Gedanken, da die meisten unserer Schüler auch ihren Eltern längst "entglitten" sind, und die Eltern froh sind, wenn wir die Schüler einigermaßen im Griff haben und sie vielleicht von einer kriminellen Verfehlung abhalten. Andere Schüler wohnen sowieso schon im Wohnheim für suchtgefährdete Jugendliche und auch da gibt es klare Regen mit deutlichen Konsequenzen.

  • €enja:


    das ist so nicht richtig, was du sagst - zumindest für niedersachsen. ich denke mal, das ist in hessen nicht anders. ich zitiere aus dem nds. schulgesetz:



    der verweis aus dem klassenzimmer ist demnach eine mögliche erziehungsmaßnahme (neben anderen). sie kann vom einzelnen lehrer angeordnet werden ... und mit den wortewn eines bekannten politikers: "und das ist auch gut so!"

  • Der Ausschluss vom Unterricht muss in Hessen von der Klassenkonferenz beschlossen werden.


    Wenn es denn nützen würde, hätte ich vermutlich nichts dagegen. Kommt wahrscheinlich auch drauf an, wie man das praktiziert und gegen wen.


    Ich habe mit solchen Praktiken böse Erfahrungen gemacht. Das würde aber hier deutlich zu weit führen.


    Grüße Enja

  • Der Ausschluss vom Unterricht muss auch in Baden-Württemberg von der Klassenkonferenz beschlossen werden.


    Allerdings ist ein Verweis vor die Türe in diesem Rechtssinn KEIN Ausschluss vom Unterricht, weil der Schüler sich auch weiterhin unter der Aufsicht der Schule befindet. Und das ist wohl auch in Hessen so. Mit einer solchen Maßnahme wird nämlich das Recht der Mitschüler auf ungestörten Unterricht durchgesetzt.


    Ein Ausschluss vom Unterricht als Sanktionsmaßnahme bei massiven Regelverstößen, der von der Klassenkonferenz beschlossen werden muss, meint den Ausschluss aus der Schule auf Zeit (einige Tage bis 2 Wochen). Damit wird die Aufsichtspflicht für diese Zeit komplett an die Eltern abgegeben.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Wir hatten mal mit einem Lehrer zu tun, der auf diese Weise sein Recht auf von Schülern ungestörten Unterricht ziemlich effizient durchgesetzt hatte.


    Das fängt damit an, dass solche Praktiken, wenn man denn mehrere Schüler gleichzeitig raussetzt, zu netten Skatrunden führen. Und endete in unserem Fall damit, dass immer mehr Gründe für so einen Rauswurf gefunden wurden. Zuspätkommen. Ohne Hausaufgaben. Dann auch mit Hausaufgaben, die aber dem Lehrer nicht gefielen. Es fanden sich immer neue Gründe. Kinder, die auf Botengänge geschickt wurden und dann nicht wieder rein durften.


    Ich fand es nicht so toll.


    Grüße Enja

  • Zitat

    Enja schrieb am 23.08.2005 20:32:
    Wir hatten mal mit einem Lehrer zu tun, der auf diese Weise sein Recht auf von Schülern ungestörten Unterricht ziemlich effizient durchgesetzt hatte.


    Hallo Enja,


    alias sprach vom Recht der Mitschüler auf ungestörten Unterricht, nicht vom Recht des Lehrers.
    Das ist ein kleiner Unterschied.


    Gruß


    Animagus

  • Bei uns in der Schule war der Ausschluss vom Unterricht nach Zuspätkommen keine normale Maßnahme, aber in der Oberstufe wurde es ab un dzu gemacht bei den Leuten, die wirklich grundsätzlich jede Stunde zu spät gekommen sind Die wurden dann auch gleich noch zum Schulleiter geschickt. Und einmal hat eine Lehrerin den Klassenraum von innen abgeschlossen, weil eine ganze Gruppe nach einiger Zeit immernoch nicht aus der Pause zurück war.

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