Wiederholte Verspätungen - eure Reaktionen?

  • Hallo ins Forum,


    ich bin seit diesem Schuljahr Klassenlehrerin einer Höheren Handelsschule und habe eine Schülerin, die sehr gehäuft zu spät zum Unterricht erscheint.


    Ein Gespräch mit ihr hat nichts gebracht oder sie wollte sich mir nicht offenbaren, da ich die Vermutung hatte, es würde mehr hinter ihren Verspätungen stecken. Ich habe sie aber noch mal auf die Beratungsangebote an unserer Schule hingewiesen, falls sie sich nur mir nicht offenbaren möchte....


    Jedenfalls war sie jetzt zum 5. Mal im Reflexionsraum und als Konsequenz steht eine Klassenkonferenz an. Und ich grübel und grübel darüber nach, wie ich es schaffe, sie zu Pünktlichkeit zu erziehen.


    Logische Konsequenz für Zuspätkommen ist einerseits, dass die versäumte Zeit nachgearbeitet wird. Aber wie soll das praktisch aussehen. Zum anderen bleibt es ja eine Unterrichtsstörung für die betreffende Lehrkraft und die Klasse...


    Ratlose, aber liebe Grüße,
    ramapas

  • Ich bleibe mal beim rein Disziplinarischen:
    Das mit dem Zeitnachholen wird bei uns auch so gehandhabt. Da bei uns für Techniker- und Meister Unterricht auch samstags stattfindet, bestellen wir die Delinquenten im Extremfall eben zu den Kollegen in den Samstagsunterricht - das hilft fast immer.
    Außerdem wird dem Schüler zeitweiliger Schulausschluss angedroht und bei weiterem Fehlen vollzogen.


    Zum Schluss noch eine Frage: Hast du das erste Jahr? Dann bestünde - je nach den Regelungen eures Bundeslandes - die Möglichkeit, das Nichtbestehen des Probehalbjahres als letzte Konsequenz festzustellen.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • "Hausmeisterpraktikum" am Samstag, nur mit Einverständnis der Schülerin, hilft auch immer.
    Z.B. kann Sie beim Klopapierauffüllen etc. helfen.


    Kam denn beim Reflexionsraum gar nichts raus oder darf Dir das nicht gesagt werden?


    Steht bei der höheren Handelsschule irgendein Betrieb dahinter? Der kann dann nämlich auch eine Abmahnung erteilen oder einen Tag Urlaub abziehen.


    Gruß
    Super-Lion

  • @ Timm: diese Schulform hat sowieso alle 14 Tage samstags Unterricht, insofern fällt diese Möglichkeit weg, leider!


    Es handelt sich um eine 11, die Schülerin wiederholt diese schon. Das mit dem Probehalbjahr gibt es so bei uns (NRW) meines Wissens nicht...


    Super-Lion: ne, da steht kein Betrieb dahinter, die Schüler machen den schulischen Teil der Fachhochschulreife.
    Die Gespräche im Reflexionsraum sind vertraulich, aber die Schülerin hat mir selbst gesagt, dass alle Besuche wegen Verspätungen gewesen seien...


    LG und danke schon mal,
    ramapas

  • Ramapas,


    hat man im Reflexionsraum nicht herausbekommen, warum die Schülerin immer zu spät kommt?


    Bzw. muss ich gestehen, dass ich gar nicht so recht weiß, was ein Reflexionsraum ist.


    Gruß
    Super-Lion

  • @ Super-Lion: das ist ein Raum, wo SuS hingeschickt werden, die den Unterricht stören. Was als Störung empfunden wird, bleibt jedem Lehrer selbst überlassen. In diesem Raum sollen die SuS alleine oder unter Anleitung einer Lehrkraft darüber reflektieren, was sie falsch gemacht haben und wie sie verhindern können, dass es wieder vorkommt. Der sogenannte Rückkehrplan muss von der Lehrkraft die den SuS in den Reflexionsraum geschickt hat, akzeptiert werden, dann darf er am Unterricht wieder teilnehmen....


    Nach einer bestimmten Anzahl von Besuchen erfolgen eben weitere Schritte (Brief an die Eltern, Klassenkonferenz, Teillehrerkonferenz etc.)


    Ich weiß eben nur, dass die Rückkehrpläne akzeptiert wurden und aufgrund der Anzahl jetzt eine Klassenkonferenz ansteht, auf der ich pädagogisch sinnvolle Vorschläge machen möchte, wie das Problem in den Griff zu bekommen ist....


    LG,
    ramapas

  • Zitat

    Ramapas schrieb am 11.10.2005 18:19:
    Ich weiß eben nur, dass die Rückkehrpläne akzeptiert wurden und aufgrund der Anzahl jetzt eine Klassenkonferenz ansteht, auf der ich pädagogisch sinnvolle Vorschläge machen möchte, wie das Problem in den Griff zu bekommen ist....


    Das hört sich doch alles vernünftig und pädagogisch verträglich an. Die Schülerin zeigt ein Fehlverhalten, ihr wurde Gelegenheit gegeben, das Fehlverhalten zu reflektieren und zu ändern. Das hat sie nicht getan und gibt - wenn ich dich richtig verstehe - auch keine schlüssige Begründung für ihr permanentes Zuspätkommen an. Dann muss es eben einen Schritt weitergehen, allein schon als Signal an die anderen Schüler.


    Nele

  • Bei uns entscheidet letztenendes der Schulleiter über einen zeitweiligen Schulausschluss. Somit sind Konstruktionen folgender Art möglich:
    Der Schüler erklärt sich bereit, in seiner Freizeit (z.B. auch Ferien) die verpasste Zeit beim Hausmeister abzuarbeiten. Natürlich ist den Fachlehrern nachzuweisen, dass der versäumte Stoff unabhängig davon nachgeholt worden ist. Das ist ein "kann". Zeigt der Schüler kein Interesse daran, wird die Klassenkonferenz den Schulleiter um den zeitweiligen bis endgültigen Ausschluss bitten (die Schülerin müsste ja schon ihre Schulpflicht erfüllt haben, so dass ein Ausschluss keine weiteren rechtlichen Schwierigkeiten mit sich bringen sollte).
    Würde etwas Änliches bei euch gehen?


    Im Übrigen stimme ich neleabels voll zu, dass ein solches Verhalten nicht "Schule" machen darf unde unser pädagogisches Bemühen auch mal ein Ende findet.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Bisher hat sie keine schlüssige Begründung für ihr Fehlverhalten angegeben, sie meinte nur, dass wäre schon immer so gewesen, sie wäre noch nie pünktlich gewesen.


    Wahrscheinlich habt ihr Recht und es ändert sich überhaupt nichts, bevor es nicht mal ernst wird.
    Ihre Schulpflicht hat sie erfüllt...


    Bei uns entscheidet über Ordnungsmaßnahmen im übrigen die Teillehrerkonferenz, der u.a. ein Mitglied der Schulleitung angehört. Das wäre dann also erst der nächste Schritt, so dass ich ihr in der Klassenkonferenz wohl nur noch mal den Ernst der Lage vor Augen führen kann...


    LG,
    ramapas

  • Sie soll lernen pünktlich zu kommen. Ins Kino, ins Fußballstadion,... schaffen's unsere Pappenheimer nämlich dubioserweise auch.


    Bei Aldi gibt's ab Donnerstag Projektionswecker. :D


    Gruß
    Super-Lion

    Lehrer klagen, ohne zu leiden. :D

    Einmal editiert, zuletzt von Super-Lion ()

  • Zitat

    Ramapas schrieb am 11.10.2005 19:39:
    Bisher hat sie keine schlüssige Begründung für ihr Fehlverhalten angegeben, sie meinte nur, dass wäre schon immer so gewesen, sie wäre noch nie pünktlich gewesen.


    8o

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Zitat

    Timm schrieb am 11.10.2005 21:15:


    8o


    Jep, so ähnlich habe ich auch geguckt... Ich bin gespannt, wie sie sich vor der Klassenkonferenz gibt und rechne so halb damit, dass sie gar nicht auftaucht...


    ramapas

  • Dann entscheidet ihr eben ohne sie. Die Klassenkonferenz soll ihr rechtliches Gehör ermöglichen; die mittlerweile üblichen Tribunale bzw. im gemeinsame Mitleid schwelgenden Therapiesitzungen bringen vielfach ohnehin nichts. Die Schülerin hatte mehr als genügend Zeit ihr Verhalten zu überdenken, jetzt sollten Konsequenzen folgen. Ob da der schriftliche Verweis noch ausreicht, müsst ihr überlegen. Vielleicht wird sie pünktlicher, wenn ihr die Androhung der Entlassung von der Schule aussprecht. Schließlich ist sie alt genug, in einem Ausbildungsbetrieb wäre ihr vermutlich schon gekündigt worden.
    Die Schülerin dürfte einfach schulmüde sein. Wenn ihr ihr klar macht, dass jetzt das Ende der Fahnenstange erreicht ist, sieht sie ihre Situation vielleicht deutlicher und entscheidet sich. Du/Ihr solltet ihr aber immer zeigen, dass ihr sie beraten wollt und werdet. Jetzt ist sie am Zuge.
    Bei uns läuft das so - und es funktioniert oft. Und die Schüler finden es zum großen Teil (mehr als 3/4) ok. Denn windelweiches Eiapupeia von Lehrern können sie oftmals gar nicht leiden.

  • Hallo,
    ich hatte heute ein Telefonat mit dem Vater eines Schülers. Dieser erkundigte sich, ob sein Sohn die letzten Tage in der Schule gewesen sei. Der Name war mir sofort bekannt, da der Schüler u.a. durch öfteres geringeres Zuspätkommen (max. 10min) auffällt.
    Der Schüler war heute sowie die letzten Tage da, am Montag hatte er sich krank gemeldet, schriftliche Entschuldigung (ist schon über 18) kam fristgerecht.
    Dies berichtete ich dem Vater, worauf dieser mir erzählte, dass sein Sohn nicht mit Absicht zu spät kommt. Vielmehr steht dieser um 1/2 6 auf, hat aber psychische Problem bzw. Panikzustände wenn er z.B. in der Klasse ist. Er kommt also zu spät, da er sich erst überwinden muss, den Unterricht zu besuchen. Der Schüler sei auch in psychologischer Behandlung, er hat (fast) kein Selbstbewusstsein, welches er jedoch durch patzige Bemerkungen zu überspielen versucht.
    Es gibt noch ein paar andere Punkte, die zu diesem Thread nicht passen.


    Aber vielleicht ist das auch ein Grund bei der Schülerin, um die es hier geht? Könnte ja sein.


    Man lernt ja nie aus.


    Viele Grüße
    Super-Lion

  • Wenn das auf die Schülerin auch zutreffen sollte, kann, nein - muss sie das sagen. Die Behandlung des Einzelfalles ist immer schwierig, aber es muss auch für die Schüler eine klare Linie erkennbar sein. Anscheinend wurde ja den Problemen durch die Klassenlehrerin nachgegangen. Aber da kam nichts, also gibt es auch erstmal nix.


    Es kann doch nicht sein, dass sofort bei Abweichungen von der Norm (Pünktlichkeit) psychische Probleme vermutet werden.
    Ich hatte sogar schon mit behinderten Schülern (bis hin zu Verfolgungswahn, bitte entschuldigt die unmedizinische Ausdrucksweise, ich kenn mich da nicht so gut aus.) zu tun, da gab es solche Probleme nicht. Vielmehr stellt die Schule mit ihren Vorgaben auch ein Gerüst für die Schüler dar, an das sie sich halten können.


    Wir haben auch Schüler mit psychischen Problemen, aber auch für die müssen die Regeln gelten, so weit es eben geht. Sonst läuft der Rest der Klasse aus dem Ruder. Ich habe beispielsweise erlebt, dass dann gesagt wurde: "Das sag ich demnächst auch,dass ich das habe." "Ich war beim Arzt, beweisen Sie mir das Gegenteil, hier ist mein Attest. Ich bin jetzt auch gestört." u.ä.
    Mit einem solchen Schüler, wie du ihn hier schilderst, kannst du auch Vereinbarungen treffen, das hat bei uns auch geklappt. Z. B. ein Gespräch, in dem vereinbart wurde, dass er sich vorher im Sekretariat meldet oder sich mit dir kurz trifft, sozusagen als Einstimmung auf den Tag und als Zeitpunkt, vor dem er keine Angst haben muss, der aber wichtig für seinen Verbleib als MITGLIED der Klasse ist. Für ihn gelten die gleichen -fairen- Regeln wie für den Rest der Klasse, er ist nichts Besonderes, sondern ein Bestandteil der Gemeinschaft. Das kann auch helfen, Ängste abzubauen.


    Abgesehen davon, ein Attest über die Behandlung wäre natürlich auch nicht schlecht. Denn wir wurden schon nach Strich und Faden sowohl von Eltern als auch von Schülern belogen.


    Insgesamt funktioniert es bei uns (hat aber höheren Einsatz von mir gefordert), auch wenn einige Schüler nicht bis zum Ende durchgehalten haben (und durchhalten).
    Man ist eben Lehrer, kein Therapeut, und die Schüler sind volljährig. Sie müssen eben auch wissen, was sie tun, denn sie können darüber ja selbst entscheiden. Angebote kann man machen, aber mehr geht eben auch nicht. Selbstkritisch muss ich aber auch sagen, dass ich zuweilen Ansätze des Helfersyndroms entwickle. Das klingt in meinen Beiträgen hier zwar nicht so durch, sondern eher so, als wäre ich vom Typ Vorstopper. Aber ich versuche wirklich, eine strikte Linie zu fahren, damit alle Schüler wissen, woran sie bei mir sind. Das ist manchmal sauschwer.
    Viele Grüße aus Düsseldorf und ein schönes Wochenende.

  • Ja, ich denke auch, dass Gelegenheit war, sich mir oder eben einem Beratungslehrer anzuvertrauen, wenn es Gründe für die Verspätungen gibt. Vielleicht ergibt sich ja noch was auf der Klassenkonferenz...


    Im übrigen ist die Schülerin noch nicht volljährig und ein Elternteil wird (hoffentlich) an der KK teilnehmen...


    LG,
    ramapas

  • Gheistersäge,

    Zitat

    Wenn das auf die Schülerin auch zutreffen sollte, kann, nein - muss sie das sagen.


    WENN ein Schüler in dem Alter z.B. an einer Form von Depressionen leidet, KANN er es nicht sagen, da es ihm selber wahrscheinlich nicht bewusst ist und wenn er es weiß, wird es ihm wahrscheinlich peinlich sein.
    Mich erschreckt, deine ziemlich harte Einstellung gegenüber Schülern. Auf mich wirkt sie zumindest hart und wenig interessiert, ob der tatsächlichen Hintergründe.


    Der fast 18jährige Sohn einer Freundin leidet unter Angstzuständen und Depressionen. Er ist schlicht nicht in der Lage morgens zur Schule zu fahren. Der Junge wurde vor vier Jahren Halbwaise. KEIN Lehrer hat sich bis vor drei Wochen auch nur im Ansatz darum gekümmert, weshalb er so oft die Schule schwänzte. Weshalb er oft Kopfschmerzen, Magenschmerzen oder andere vermeintliche Gründe angab, weswegen er den Unterricht entweder vorzeitig verlassen musste oder gar nicht erst teilnahm.
    Nun wurde er der Schule verwiesen und ist in ein Projekt gerutscht, indem sich um schulpflichtige Jugendliche gekümmert wird, die sich aber verweigern. Und siehe da, plötzlich wird sich gekümmert. Plötzlich wird mal genauer hinter die Kulisse geguckt und er fühlt sich auch aufgehoben, wichtig genommen.


    Kinder verweigern selten grundlos die Mitarbeit. Sicher. Es gibt immer 'Spezialisten' die schlicht unerzogen sind und einfach 'null Bock' haben. Ich bezweifele aber stark, dass das die Masse ist.
    Lehrer haben doch heute nicht mehr einen reinen Bildungsauftrag, sondern auch einen erzieherischen. Und eine Verantwortung. DiziplinarStrafen, dessen SINN nicht verstanden werden, sind so sinnvoll wie ein Kühlschrank am Nordpol.


    Bei drei schulpflichtigen Kindern hatte ich die Möglichkeit die unterschiedlichsten Lehrer kennen lernen zu dürfen. Und ich darf heute aus Erfahrung sagen, mit einem Lehrer steht und fällt die Leistung eines Schülers. Das soll und ist kein Angriff gegen Lehrer. Ich finde Ramapas Anfrage super einfühlsam und interessiert. Sie schiebt nicht einfach alles an die Seite, sondern macht sich Gedanken um eventuelle Gründe. Ich würde mir wesentlich mehr solch engagierte und einfühlsame Lehrer wünschen.

    wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten.

    Einmal editiert, zuletzt von Flexi ()

  • Zitat

    Flexi schrieb am 14.10.2005 16:00:
    Mich erschreckt, deine ziemlich harte Einstellung gegenüber Schülern. Auf mich wirkt sie zumindest hart und wenig interessiert, ob der tatsächlichen Hintergründe.


    Tja, so langsam wird ein unangenehmes Muster draus: Leuten, die klare Positionen beziehen, wird sofort eins auf der Beziehungsebene übergebraten. Das funktioniert hier auch wieder mal nach dem Muster: Wer klare Regeln einfordert, wird als hart und wenig einfühlsam bezeichnet. Ich frage mich ganz ehrlich, wie du gheistersäge aufgrund des Gelesenen und der wohl nicht vorhandenen persönlichen Kenntnis so etwas unterstellen kannst?!
    Es hätte doch die einfache Frage gereicht, wie gheistersäge denn mit so einem wie von dir geschilderten Fall umgehen wird bzw. wie und ob sie ihn erkennen kann.


    Für mich beweist gheistersäge ganz im Gegenteil größtes Interesse an ihren Schülern. Wir rufen uns ins Gedächtnis: Die Schülerin - wie auch gheistersäges Schüler - besucht die Sekundarstufe II im beruflichen Schulsystem. Der Großteil solcher Schüler ist mindestens eins...
    ... ausdiagnostiziert ohne Ende
    ... kaum erzogen, weil sie weder im Elternhaus noch in der Schule die richtigen Bezugspersonen hatten
    ... Schulversager, weil sie im allgemeinbildenden System keine Chance mehr hatten und abgestempelt waren
    ... schulmüde auch aus obigen Gründen.


    Eine warmherzige, aber stringente Erziehung ist das, was diese Schüler geradezu einfordern. Dazu gehört, dass die Schüler beim Lehrer ein offenes Ohr und Hilfe finden. Dazu gehört aber auch, dass - so keine plausible Begründung vorliegt - Verhaltensregeln eingefordert und Verstöße sanktioniert werden. Ein Prinzip aus langer und kurzer Leine ist meiner und der überwiegenden Zahl der Kollegen Erfahrung nach das Richtige.


    Ums ein bisschen mit Beispielen konkreter zu machen:
    - Meine Schüler dürfen, sobald sie mir ihre erfolgreiche Bearbeitung gezeigt haben - den Raum verlassen, einen Kaffee holen oder eine Zigarette auf dem Hof rauchen, wenn sie eine Arbeitsphase früher beendet haben. 95% der Klassen schaffen es, pünktlich zurückzukommen. In den anderen 5% wird beim ersten Mal die Vergünstigung temporär gestrichen, dann ganz.
    - Meine (gerade) volljährigen Berufskollegiaten dürfen sich 3mal im Halbjahr selbst entschuldigen. Danach lasse ich von der Schulleitung Attestzwang anordnen. Unentschuldigte Fehlzeiten werden nachgeholt. Mehrmaliges Unentschuldigtes Fehlen heißt Androhung des zeitweiligen Schulausschluss und dann Vollzug.


    Ich versuche meine Schüler möglichst gut zu kennen, bei meiner eigenen Klasse studiere ich die Schülerakten (Lebenslauf, Schullaufbahn). Mit vielen Klassen unternehme ich privat etwas und lerne so Schüler näher kennen. Meine Schüler haben Handy-, Festnetznummer und email-Adresse.
    Und TROTZDEM unterschreibe ich sofort:

    Zitat


    Für ihn gelten die gleichen -fairen- Regeln wie für den Rest der Klasse, er ist nichts Besonderes, sondern ein Bestandteil der Gemeinschaft. Das kann auch helfen, Ängste abzubauen.


    Ganz ehrlich kann ich als Lehrer nicht mehr machen, als meinen Schülern Interesse entgegenzubringen und sie klar, aber warmherzig zu erziehen.


    Wenn dann mal trotzdem jemanden Ungerechtigkeit passiert, ist das Lebensrisiko (was nicht heißt, dass einem solche Fälle nicht nahe gehen und man nicht alles tut, um eine Wiederholung zu vermeiden).


    Unverantwortlich handeln meiner Ansicht nach Kollegen, die alles Problematische Therapeuten zuschieben und ansonsten mit "hartem" laisser-faire "regieren". Aber das ist ein neues Kapitel.


    So, wurde etwas länger, aber musste raus!

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Zitat

    Flexi schrieb am 14.10.2005 16:00:


    Der fast 18jährige Sohn einer Freundin leidet unter Angstzuständen und Depressionen. Er ist schlicht nicht in der Lage morgens zur Schule zu fahren. Der Junge wurde vor vier Jahren Halbwaise. KEIN Lehrer hat sich bis vor drei Wochen auch nur im Ansatz darum gekümmert, weshalb er so oft die Schule schwänzte. Weshalb er oft Kopfschmerzen, Magenschmerzen oder andere vermeintliche Gründe angab, weswegen er den Unterricht entweder vorzeitig verlassen musste oder gar nicht erst teilnahm.


    Du hast mein Posting anscheinend überhaupt nicht richtig gelesen, sonst wäre dir aufgefallen, dass ich mich genau darum kümmere und nachfrage. Nur wenn nichts kommt, dann kann auch ich nichts machen. Genau das ist Erziehung. Und ich bin kein Therapeut, sondern Lehrer für Wirtschaft. Kein Psychologe, Psychiater, Psychotherapeut usw.


    Wenn der Sohn deiner Freundin seit 4 Jahren dieses Verhalten zeigt, dann hätte er vielleicht mal in Therapie gehen sollen.
    Da hätte ihn auch deine Freundin hinschicken können. Das ist nämlich auch Erziehung, aber elterliche Erziehung, aber da scheint sie sich ja auch nicht um ihr Kind gekümmert zu haben. Ist natürlich einfacher, über die Schule und Lehrer herzuziehen.

    Dass sich kein Lehrer darum kümmert, glaube ich einfach nicht, da es schlicht und ergreifend meiner Lebenserfahrung und den Rechtsvorschriften widerspricht. Bevor ein Schüler von der Schule fliegt, passiert immer eine ganze Menge von Seiten der Schule: Gespräche, Telefonate mit den Eltern, Androhung der Entlassung - und erst dann kommt die Entlassung. Da scheint sich aber die Mutter auch nicht drum gekümmert zu haben, sonst wäre es kaum soweit gekommen.


    Zitat

    DiziplinarStrafen, dessen SINN nicht verstanden werden, sind so sinnvoll wie ein Kühlschrank am Nordpol.


    Auch wenn sich der Sinn dir nicht erschließt: Die Einhaltung der schulischen Regeln lässt Schule überhaupt erst funktionieren. Wer sich nicht an die Regeln halten kann oder will, wird gegebenenfalls (also noch nicht einmal immer) sanktioniert. Denn die Masse der Schüler, von der du auch sprichst, ist nämlich nicht depressiv und braucht schulische Bildung und Abschlüsse. Dass die anderen nicht einfach so runterfallen dürfen, ist klar. Wenn sich der Junge jetzt richtig aufgehoben fühlt, war er vorher an der Schule falsch. Das ist aber nicht Fehler der Schule, denn die ist für solche Jugendliche nicht oder nur bedingt geeignet. Da müssen auch mal die Eltern oder die Freunde der Familie ran. Womit sich der Kreis mit einer rhetorischen Frage schließt - Was hast du denn getan?


    Timm:
    Danke, ich sehe das alles ganz genauso.

  • Ich bin auf jeden Fall der Meinung, dass aufgestellte Regeln von allen Schülern eingehalten werden müssen, so es sich nicht um eine Ausnahmesituation handelt. Und pünktlich im Unterricht zu erscheinen ist so eine Regel, die ich völlig selbstverständlich bin. Allerdings gehöre ich auch zu denjenigen, die ebenfalls pünktlich im Unterricht sind und das wissen meine Schüler auch, denn ich denke, ich kann von ihnen nicht Dinge verlangen, die ich selbst nicht einhalte.


    Was diese besagte Schülerin angeht, so habe ich sie ja sozusagen geerbt (sie wiederholt das Jahr!) Und wenn sie mir sagt, sie wäre noch nie pünktlich gewesen, so denke ich eben, dass mein Kollege oder meine Kollegin da nicht auf die Einhaltung von Regeln geachtet hat.


    Durch mein Gesprächsangebot und der Hinweis auf Beratungsangebote an der Schule (die wirklich vielfältig und vertraulich sind) hätte sie sich doch äußern können, wenn denn da was im Busch wäre. Oder eben - als letzte Möglichkeit - auf der KK. Ist die Schülerin selbst nicht in der Lage, dann hat sie doch aber Eltern, die über die Einladung zur KK doch Kenntnis darüber haben, dass etwas in der Schule schief läuft. Wenn aber weder von ihr noch von den Eltern eine Erklärung kommt, müssen doch Konsequenzen folgen, ansonsten führt man sein eigenes Regelwerk doch ad absurdum, oder?


    Also suche ich nach logischen Konsequenzen, die einerseits die Zeit betreffen, die sie durch ihre Verspätung versäumt und zum anderen die Unterrichtsstörung für die betreffenden Kollegen, bei denen sie zu spät kommt.


    Lg,
    ramapas

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