Oben wurde irgendwo unterstellt, Bolzbolds anfängliche Aussagen würden (un-)bewusst verfälscht wiedergegeben.
Ich weiß nicht, ob das den Kern der Sache trifft und da es meiner Meinung nach viel mit dem Thema des Threads zu tun hat, möchte ich das gerne ausführen. Wenn man lange an einer Schule ist, dann erlebt man es ab und zu mal, dass ein langjähriger Kollege eine Leitungsfunktion übernimmt und damit auch seine Perspektive ändern muss. Das ist Teil des Rollenfindungsprozesses, der auch in jeder Fortbildung für zukünftige Leitungskräfte eine wichtige Rolle einnimmt. Und der ist deutlich schwieriger als es den Anschein hat.
Dieses Forum ist ja wie ein riesiges Lehrerzimmer, das alle typischen Lehrerpersönlichkeiten umfasst, und alle Dynamiken, die im Leherzimmer sichtbar werden, spiegeln sich hier nochmal potenziert, vielleicht auch, weil man im geschützten anonymen Raum nochmal eher Klartext spricht.
Mein ganz subjektiver Eindruck ist der, dass viele der langjährigen User hier in etwa meine Generation sind und doch einige von ihnen in den vergangenen Jahren Leitungsfunktionen übernommen haben. Es ist also nicht der Einzelfall, den ich oben beschrieben habe, sondern tritt sozusagen in "beobachtbarem Umfang" auf. Und man merkt, wie sich das Forumsverhalten verändert, in den Themen, aber auch im Duktus, in den Ansichten, in der Art und Weise wie die eigene Leitungsfunktion immer wieder betont wird. Das ist keine Kritik, das ist erstmal verständlicher Teil dieser Rollenfindung und ich habe das, wie gesagt, auch im echten Leben schon öfter beobachten können. Das führt dann zu Diskussionen wie vor einiger Zeit die um die Pausenaufsichten bei Lehrkräften, oder eben das Unbehagen hier im Thread bezüglich der pauschalen Drittelung der Kollegien. Ich persönlich würde auch die Schafsherdenmetapher dazu zählen, trotz des Disclaimers, den Bolzbold sofort anführt.
Die Folge ist in manchen Kontexten eine kommunikative Schieflage, das, was man dann gedanklich vielleicht - verständlich, aber wenig konstruktive - mit einem vagen Gefühl von "der hat die Seite gewechselt" verbindet, was natürlich nicht hilfreich ist. Aber es hängt damit zusammen, dass plötzlich wahrgenommen wird, wie (vermeintliche?) Privieligen in Anspruch genommen werden und wie der Umgang (vermeintlich?) gönnerhaft wird. Der Hinweis von Quittengele, dass es einen faden Beigeschmack hat, wenn jemand, der ein Beförderungsamt inne hat, Kollegen (vermeintlich?) vorwirft, auf eine Beförderung zu schielen, zeigt diese Schieflage sehr deutlich.
Was heißt das nun? Ich glaube, dass wir niemals vergessen dürfen, wie schwierig Kommunikation ist. Als Mitglied der Schulleitung in der Pause ins Lehrerzimmer zu finden, ist schon mal gut, aber wenn das dann auf eine Reiher spontaner Mini-Mitarbeitergespräche rauslauft, weil man eben mal sich mal wie der König unters Volk mischt, um die Sorgen der einfachen Menschen zu hören, dann ist nicht viel gewonnen. Ganz explizit: Ich unterstellle Bolzbold NICHT, dass das bei ihm so läuft, ich entwerfe nur ein Beispiel, wie gut gemeinte Ansätze schief laufen können.
Und diese Drittel-Einteilung ist da ähnlich gefährlich. Ja, wir wissen alle, wie das gemeint ist, denn wir kennen alle die Abseilerkollegen. Und ob das jetzt 33% oder 10% oder 5% sind, ist ja erstmal egal. Aber wenn man so eine Einteilung formuliert, dann impliziert das immer unbewusst auch: "Ich gehöre natürlich zum oberen Drittel, und zu welchem Drittel du gehörst, werde ICH entscheiden." Es vernachlässigt auch in seiner Pauschalität, das ist mehrfach gesagt worden, die persönliche Situation des Einzelnen und vielleicht die Arbeit, die an anderer Stelle gemacht wird, die bei der Schulleitung nicht ankommt, auch wenn Schulleitung immer denkt, sie würde alles mitbekommen. Tut sie nicht.
Letztlich wird von Kollegen mit Leitungsfunktion zu häufig übersehen, dass sie in dieser Leitungsfunktion wahrgenommen werden. Das ist ein wenig widersprüchlich, die Kollegen treten einerseits, aus Sicht des allgemeinen Kollegiums, manchmal unsensibel zu sehr "als Leitung" auf, obwohl man vor einem halben Jahr, vor der Beförderung, noch gemeinsam über den Dienstherrn gelästert hat, dann wieder nehmen sie sich als normale Kollegen wahr und wollen nur plaudern oder scherzen, das Gegenüber sieht aber das Mitglied der Schulleitung und hört die Äußerungen in diesem Sinne. Das ist eine widersprüchliche Wahrnehmung, die zum Teil auf dem Verhalten der Leitungskräfte beruht, zum Teil aber auch auf der verzerrten, voreingenommenen Wahrnehnmung der Kollegen. Es ist also nicht alleine Schuld der Leitungskraft, es ist aber allein ihr Problem.
So, wie holt man jetzt die Kollegen an Bord, die vielleicht Ressourcen haben (- im Sinne meiner oberen Ausführungen versuche ich tendenziöse Formulierungen wie "unteres Drittel" oder "abgehängt" zu vermeiden -)? Sicherlich nicht, indem der Eindruck entsteht, Schulleitung habe Kraft ihres Amtes verfügt, dass jemand mehr leisten kann. In der Realität mag das so sein, man nimmt als Schulleitung wahr, dass jemand vielleicht mehr leisten kann und nutzt die Weisungsbefugnis, aber das führt zu Widerstand, zu Lustlosigkeit etc. Das ist ja gerade nicht das Ziel dieses Threads, so wie ich ihn verstehe.
Die Idee muss der regelmäßige Small Talk sein, Mitglieder der Schulleitung müssen herausfinden, wie die Kollegen ticken, was sie umtreibt, welche Sorgen sie haben (alles in dem beschränkten Rahmen, wie dies halt im dienstlichen Umfeld offentritt), und auch woran sie interessiert sind, wo sie vielleicht Ideen und "Visionen" haben. Und dann müssen Aufgaben entsprechend gezielt angetragen werden, in einer Form, in der dem einzelnen auch deutlich wird, warum dies wichtig ist, auch und gerade für ihn selbst.
Das wird mit einigen Entwicklungsaufgaben gelingen, aber nicht für andere, die einfach unbeliebt sind. Tag der offenen Tür, Schulfest etc. Hier muss man dann die beschränkten Ressourcen einsetzen und deutlich machen, dass man die Belastung und den Unmut gut nachvollziehen kann und Entgegenkommen zeigen. Und wenn die A14 und die Entlastungsstunden nicht reichen, dann vielleicht mit anderen Gesten - Befreiung von der Präsenzteilnahme an einer GeKo (weil wir das im anderen Thread hatten), oder in der Woche nach dem Tag der offenen Tür übernehmen die Kollegen, die zu dem Termin nicht erscheinen mussten, die Pausenaufsichten derjenigen, die den Tag gestemmt haben, oder was weiß ich.
Mit anderen Worten: Es geht um Sinnhaftigkeit, darum gesehen zu werden und darum, zumindest das Bemühen um Ausgleich wahrnehmen zu können. Das wird man mit einer bunt bemalten Flipchart in der Sitzung des Schulleitungsteams nicht hinbekommen.
Nochmal, das war jetzt alles allgemein gemeint, ich spreche hier nicht über einzelne User, da ich ja gar nicht weiß, wie die in Real sind. Aber weil es dein Thread ist, Bolzbold - hier ganz konkret an dich: Du bist ja noch recht neu in der Rolle und an der Schule. Ich halte es nicht für klug, dieses doch sehr sensible und komplexe Thema jetzt in deiner konkreten Situation anzugehen.
[EDIT: Absatz zu Kommunikation mit Vermischung Kollege/Leitungskraft ergänzt; 13.50 Uhr]