Beiträge von Moebius

    An Umfragen nehme ich hier nicht Teil, die Gründe dafür habe ich schon en paar mal erläutert, aber den Post von Volker muss ich doch kommentieren.


    Ich bin für die Lehrnmittelausleihe an einem großen Gymnasium verantwortlich. Ein entsprechende Funktionalität bietet die Schulverwaltungssoftware nicht an, natürlich muss ich auf externe Software zurückgreifen. Geradezu abenteuerlich mutet für mich die Idee an, das per Hand zu machen. Ich bin für 12 000 Bücher verantwortlich, die an 1000 Schüler entliehen werden und verwalte dabei den mit Abstand größten Etat der Schule. Das umfasst Durchführen der Anmeldung für alle Schüler mit individuellen Wahlmöglichkeiten (Religion, 2. Fremdsprache), Verwaltung der Zahlungseingänge, Verwaltung der Schüler die zB durch ALG-Bezug von der Gebühr befreit sind, nachhalten fehlerhafter Anmeldungen, versäumter Zahlungen. Jährliches generieren und vollstrecken von ca. 300 Mahnungen, ... (ich breche jetzt hier mal ab).
    Das alles muss eine Software können (kann sie auch). Eine händische Durchführung der ganzen Tätigkeiten würde mit Sicherheit in den vierstelligen Bereich an Arbeitsstunden gehen und es wäre nahezu unmöglich, die Rechtsvorschriften dabei einzuhalten.

    Ich hatte auch einen Schüler über drei Jahre mit drei verschiedenen Schulbegleitern, alles FSJler, die gerade selber Abitur gemacht hatten. Der erste war gut, die beiden danach unbrauchbar. Wenn es gut läuft unterstützen sie den Schüler selbständig wo notwendig, helfen ihm beim Organisieren, etc. Der letzte der drei war die absolute Pfeife, er ist regelmäßig in den Klassenraum gekommen, hat sich hinter den zu betreuenden Schüler gesetzt um dann die nächsten 85 Minuten in seinem Taschenbuch zu lesen. Am Ende der Stunde ist er aufgestanden, hat zu dem Schüler etwas wie "Denk daran, deine Sachen mitzunehmen" (das war die einzige Interaktion mit dem zu betreuenden Schüler) gesagt und ist gegangen. Trotz angeblicher Ausbildung durch die stellende Organisation und diversen Gesprächen in der Schule war bei dem Begleiter nicht mehr zu holen.

    Ganz ehrlich: das jammern über fehlende Stellen an der Uni ist auch nicht in jedem Fall berechtigt. Bei vielen ist die Karriereleiter da nicht aufgrund mangelnder Chancen, sondern aufgrund mangelnder Eignung zu Ende. Eine Reihe an Leuten aus meinen Uni- und Seminarjahrgängen wollten wieder an die Hochschule, aber höchstens 1/3, weil sie wirklich fachlich hoch begabt und an Forschung interessiert waren, die übrigen 2/3 waren eher von der Sorte 18 Semester studiert, im Referendariat gescheitert und dann aus Phlegma wieder zurück an die Uni. Viele von denen geistern da jetzt seit 10 Jahren auf irgendwelchen Aushilfsstellen rum und wundern sich darüber, dass sie keine Karriere machen. Die hätten sie aber überall anders auch nicht gemacht.

    Und wie gut die Versuche, das Beamtentum bei Lehrern abzuschaffen, gelaufen sind, kann man ja in diversen Bundesländern sehen.


    Nebenbei sind Angestellte zumindest kurzfristig teurer als Beamte, weil die Beiträge zur Sozialversicherung sofort fällig werden und nicht erst in Wahlperioden, die weit in der Zukunft liegen.

    Berufssoldaten sind in einem Dienstverhältnis, das im wesentlichen dem von Bundesbeamten gleichgestellt ist. (Sie werden zB auch na der Besoldungstabelle für Bundesbeamte bezahlt.)
    Der Rettungsdienst wird nicht vom Staat geleistet, sondern durch gemeinnützige Vereine (Rotes Kreuz, ASB, etc.), logischerweise sind die Beschäftigten denn auch da angestellt und nicht Bedienstete des Staates.
    Mitarbeiter von Post und Telekom waren ursprünglich verbeamtet, weil beides bis zur jeweiligen Deregulierung und Privatisierung hoheitliche Aufgaben waren.


    Du solltest zur Abrundung des Ganzen noch den drolligen Brauch erwähnen, dass die Referendare reihum von jeder Seminarsitzung ausführliche Protokolle anzufertigen haben, die alsdann nach München übersendet werden, allwo kontrolliert wird, ob die Seminarlehrer sich auch an die vom Heiligen KM offenbarte Lehre halten.


    Und ja - es gibt durchaus Rückmeldung.

    Ernsthaft?
    Das ist ja mal ein lustiges System. Könnte man eigentlich auf den gesamten Unterricht an allen Schulen ausweiten. Für jede Stunde muss ein Interessierter Mitschüler (kurz IM) ein Protokoll schreiben, dass dann an das Kultusministerium zur Standardgestützten Sicherung (kurz StaSi) übersendet wird um für eine bessere Umsetzung der der curricularen Vorgaben und effektiveren Nutzung von Ressourcen zu sorgen.
    Haben wir eigentlich schon über die Möglichkeit Diskutiert, dem Lehrermangel zu begegnen, indem man ein bundeslandbezogenes Ausreiseverbot erlässt? Also nur um die Abwanderung qualifizierter Fachkräfte zu stoppen, natürlich. Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen.

    dass es in keinem anderen Job einfacher ist, sich ein "laues Leben" mit viel Geld zu machen, weil Leistungsuntereschiede in keinem anderen Job so wenig sanktioniert werden wie im Lehrerberuf

    Das halte ich nebenbei gesagt für Quatsch.
    In jeder größeren Firma gibt es Leute, die sich ihre Nische gesucht haben, von denen im Grunde jeder weiß, dass ihre Arbeitskraft nahe an Null liegt und die trotzdem geduldet werden, so lange sie keinen aktiven Schaden anrichten.
    ZB im IT-Bereich / Softwareprogrammierung ist es ein offenes Geheimnis, dass die Produktivität bei gleich bezahlten Fachkräften locker um den Faktor 10 schwankt. Bei Lehrern ist das gar nicht möglich, weil jede Vollzeitkraft zumindest die gleichen Stunden vor der Klasse stehen muss.

    Es kommt sicher sehr darauf an, wo man guckt. Wenn man in der Gruppe der Akademiker schaut, sind bei Ärzten oder Ingenieuren teils deutlich höhere Gehälter drin, bei vielen Geisteswissenschaften kommt man außerhalb der Schule in der Regel nicht auf das Gehalt eines Lehrers. In der Schule kommen nun mal viele Fachrichtungen zusammen und müssen unter einen Hut gebracht werden. Alles in allem finde ich die Besoldung von Lehrern angemessen für die erwartete Ausbildung und die Anforderungen im Beruf. Aber eben nur als "Mittelwert".

    Meinst du das ernst?

    Humor ist mir völlig wesensfremd.


    Nebenbei scheint das Land Niedersachsen meine Einschätzung zu teilen, denn unser vorgesehener Etat für Fortbildungen liegt bei ca. 1500 € (Gymnasium, ca. 100 Kollegen), also ca. 15 € pro Kollege und Jahr. Das reicht für ungefähr eine Veranstaltung pro Kollege und Jahr, sofern man sich auf kostenlose Angebote im Umkreis von 10 km beschränkt (Fahrtkosten + Tagegeld). Falls doch mal ein Kollege auf die wagemutige Idee kommt, mal eine Fortbildung besuchen zu wollen, die 100 € kostet, müssen im Gegenzug 7 andere Kollegen in dem Jahr verzichten.


    Selbstverständlich trifft unser Dienstherr seine Entscheidungen über Zuweisungen von Geldmitteln wohlüberlegt und nach sorgfältiger Untersuchung der Ausgangslage, man kann den Fortbildungsetat also als sicheren Beleg dafür nehmen, dass niedersächsische Lehrkräfte bereits hervorragend und umfassend ausgebildet sind.

    Ich kann im Grunde schon alles, daher betreffen mich Fortbildungen nicht mehr so sehr.


    Wenn der Schuleiter eine Fortbildung empfiehlt, würde ich mit offenen Karten spielen:
    wenn ich die Fortbildung besuche, soll ich dann hinterher auch einen bestimmten Aufgabenbereich in der Schule übernehmen und was habe ich davon (Entlastung, Perspektive auf Funktionsstelle)? Das muss geklärt sein, dann kann ich abwägen, ob so etwas für mich interessant ist.
    Wenn ich bereits eine Funktion an der Schule habe, ist aber auch klar, dass ich in dem Bereich auch die Arbeit übernehme, also auch Fortbildungen abdecke, auch wenn der Titel bei mir erst mal nicht unbedingt Herzklopfen verursacht. (Klassiker: Impementation des neuen Kerncurriculums, das ist nun mal Aufgabe des Fachobmanns)

    Unser Beruf bringt relativ viel Verantwortung aber auch einige Freiheiten mit sich. In jeder Schulform und mit jeder Fächerkombination gibt es Kollegen, die es hin kriegen, sich einen bemerkenswert faulen Lenz zu machen und welche, die sich in den Burnout arbeiten. Der Skalenbereich dazwischen ist ziemlich lang. Die Frage ist, ob ich darauf für mich meinen Platz finden kann, auf dem ich meine Arbeit gut und zufrieden machen kann, ohne persönlichen Schaden zu nehmen.

    Schon alleine von der Studienorganisation her halte ich das nicht für möglich.
    Von der Arbeitsbelastung her eigentlich auch nicht, bei Mathe + NatWi ist das Studium ein Vollzeitjob, bei dem man mit Präsenzveranstaltungen, Tutorien und Übungszetteln, die man üblicherweise für die Klausurzulassung machen muss, in der Woche mit etwa 40h rechnen muss.
    Es sei denn, dein Arbeitgeber ist extrem flexibel (sprich, du machst deine Stunden ausschließlich in den Semesterferien und am Wochenende) und du bist sehr belastbar und bereit in der Zeit auf Freizeit weitgehend zu verzichten.

    Und alle Gewerkschaften, die sich bisher dazu geäußert haben, haben mitgeteilt, dass sie
    a) die Sache ganz toll finden und das gesellschaftliche Engagement der lieben Kleinen doch bewundernswert und förderungswürdig ist und dass
    b) sie natürlich nicht zu einer Teilnahme aufrufen, weil die Aktion mit deutschem Arbeit- und Streikrecht nicht vereinbar ist und Teilnehmer mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen müssen, wenn sie für diesen "Streik" von der Arbeit fern bleiben.

    Welche demokratische Spielregel wird durch FFF ausgehebelt?

    Nicht durch FFF, sondern durch den Lehrer (oder Politiker), der mit FFF-Schülern anders umgeht, als er es mit Schülern machen würde, die ein anderes demokratisch legitimes Anliegen hätten und der sich hinterher Rechtfertigungen der Art "legitim, weil es von einer großen Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wird" zurechtlegt (selbst wenn es stimmen würde).


    Es steht jedem frei sich für eine grundsätzliche Aufweichung der Schulpflicht einzusetzen.

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