Wissen ist das eine. Spüren das andere. Man könnte jetzt einfach den niederen Trieb des Voyeurismus bemühen, von dem sich niemand ganz freimachen kann. Mir geht es aber um etwas anderes.
Wie schnell sagen wir in der Nachbetrachtung "ICH hätte das NICHT getan. ICH hätte (natürlich!) anders gehandelt."
Wie oft ist das Gerede. Und wie selten kommen wir in Situationen, in denen wir das dann auch einmal beweisen müssen?
ICH begebe mich niemals freiwillig in selbsterniedrigende Positionen. ICH schaue so einen Quatsch nicht; dass Menschen für Geld zu allem bereit sind, weiß ich bereits.
Zitat
Seine zentrale Kritik ist, dass die Menschen die Bilder des Holocaust in sich herumtrügen, aber den Schmerz und das Leid, das darin stecke, nicht an sich heranließen. Er selbst steht dazu wie folgt:
Mir geht es nicht um Schuld, überhaupt nicht. Ich habe mich nie schuldig gefühlt. Weil ich der Sohn dieses Vaters bin? Was soll das? Nein, aber man muss den Schmerz an sich heranlassen, was wir Millionen Menschen angetan haben. Nur wenn wir das tun, werden wir dafür kämpfen, dass so etwas nie wieder geschieht."
Schmerz, den man nicht selbst erlebt, kann man nicht "an sich heranlassen". Man kann betroffen tun, mehr nicht. Selbst, wenn man in Auschwitz steht, Bilder, Filme, Berichte sieht, ist das ein Betrachten aus der Distanz, bei der man zwar gelernte Betroffenheitsreaktionen zeigen kann, aber keine Reaktionen, die auf eigenem Erleben basieren. Man reagiert auf seine eigene Vorstellung, aber nicht auf reale Geschehnisse.