Wie ihr wisst leide ich an Krebs und habe ein Stoma. Mit dem Prüfungsamt traf ich die Vereinbarung relativ offen damit umzugehen.
Im nachhinein ärgere ich mich darüber.
Es gibt eine Dozentin, die meine Offenheit etwas ausgenutzt hat..
Letzte Woche war das Abschlussseminar und sie verkündete am Ende der Stunde lauthals "Ich bin ja froh, dass auch Petalie das Seminar bestanden hat. Sie hat ja Krebs und bereits ein Stück Darm entfernt bekommen."
Nachdem das dieselbe Dame war, wie beim letzten Mal: Mail an sie, dass du ihr Verhalten für grenzüberschreitend und respektlos hältst und sie an die Vertraulichkeit eures Gesprächs gebunden gewesen wäre, diese Informationen also keinesfalls ohne deine Zustimmung öffentlich preisgeben durfte oder künftig darf. Schreib dazu, dass die Mail cc an die Schwerbehindertenvertretung geht. Bitte diese darum, der Dame auch noch einmal deutlich zu machen, dass sie derartige Informationen nicht preisgeben darf. Sollte die Dame Fragen haben, möge sie sich im persönlichen Gespräch an dich wenden.
Du wirst auch künftig ein gewisses Maß an Offenheit zeigen müssen, um die Nachteilsausgleiche geltend machen zu können. Das bedeutet aber nicht, dass du medizinische Details preisgeben musst. Wäge ab, was Dozierende wissen dürfen/müssen und was nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass es ausreichend sein könnte zu sagen, dass du infolge einer akuten (?), schweren Erkrankung schwerbehindert seist und um dennoch in kleinen Schritten, im Sinne einer Wiedereingliederung dein Studium wiederaufnehmen und bewältigen zu können folgendes benötigen würdest (...). Das Ganze wäre natürlich mit Stelle(n) XYZ abgesprochen, mit denen Dozierende Rücksprache halten könnten. Diesen würden auch erforderliche medizinische Nachweise vorliegen. Du bätest um Vertraulichkeit. Weitere Informationen preiszugeben würde dich zum aktuellen Zeitpunkt zu sehr belasten.
Ich habe tatsächlich niemals im Studium Details meiner gesundheitlichen Situation mit Dozierenden diskutiert, sondern diesen nur gesagt, dass ich infolge von Gewaltverbrechen schwerbehindert sei und deshalb diese oder jene Entlastung die mit Schwerbehindertenvertretung/Prüfungsamt besprochen war, denen erforderliche ärztliche Nachweise vorlagen, benötigen würde, um mein Studium erfolgreich abschließen zu können. Nachfragen zu gesundheitlichen Details habe ich tatsächlich nur von einer sehr übergriffigen Dozentin erhalten, die damals auch wollte, dass ich dem Kurs gegenüber meine medizinischen Details offenlegen solle, um zu rechtfertigen, warum ich z.B. zusätzliche Pausen machen dürfe bei Bedarf. Das habe ich einfach komplett verweigert (mit recht deutlichen Worten. Die Frau hatte mich das Blockseminar über gefressen, was mir egal war, da ich nur einen Sitzschein benötigt habe und sie mir insofern keine schlechte Note reindrücken konnte.)
Lern selbstbewusst Kante zu zeigen und Grenzen zu ziehen. Andernfalls geht man nämlich an den eigenen gesundheitlichen Problemen ein, da nur wenige Mitmenschen Grenzen erkennen und beachten, die man selbst nicht aktiv, deutlich und ggf. auch so ruppig, wie eben situativ erforderlich zu nennen, ziehen oder eben auch zu verteidigen bereit ist. Übergriffiges Verhalten von Mitmenschen ist - leider- etwas völlig Normales. Ebenso normal muss es für dich werden, dir einerseits ein "Wording" zuzulegen, mit welchem du selbstbewusst zu dir und deiner Gesundheit stehen kannst (Leitfragen, die du dir dazu stellen solltest sind beispielsweise: Was willst/kannst du preisgeben? Was willst du schützen? Wie kannst du das Ganze sprachlich formulieren, um keine implizite Gesprächseinladung auszusprechen Details zu erfragen?). Andererseits muss es auch normal werden für dich, bei Bedarf Kante zu zeigen und die Beachtung deiner Grenzen einzufordern. Je besser du das lernst, desto leichter wird es nach und nach für dich werden, so dass du möglicherweise in ein paar Jahren dein "Wording" auch aktualisieren und an dein neues Selbstbewusstsein anpassen kannst.