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Ich denke ich habe noch immer eine sehr utopische Vorstellung von Schule, ich habe mich riesig darauf gefreut Kindern zu helfen, mit Unterrichtsentwürfen die abwechslungsreicher sind als die die sie sonst erfahren.
Ein in deine Augen abwechslungsreicher Unterrichtsentwurf ist aber nicht gleichbedeutend mit gutem Unterricht. Dass du den Unterschied noch nicht erkennst ist normal, du solltest dir aber auch bewusst machen, dass der scheinbar stupide 08/15-Unterricht von Frau Müller und Herrn Schneider an vielen Stellen zuverlässig gute Prüfungsergebnisse der SuS ermöglicht, weil diese genau wissen, was sie wie machen müssen, damit es mehrheitlich funktioniert. Diese Erfahrung fehlt dir noch und kann auch nicht kompensiert werden durch kreative Entwürfe, so schön diese auch sein mögen. Im Idealfall beinhalten kreative Planungen guten Unterricht- das muss aber eben nicht zwingend in einem Zusammenhang stehen.
Zitat
Ich muss aber auch dazu sagen, dass die Kinder für eine 9. Klasse tatsächlich Englisch im 5. Klasse Niveau sprechen, so langsam frage ich mich aber ob das wirklich an den Kindern liegt oder ob nicht doch in deren Unterricht etwas schief gelaufen ist (no front :D)
Ja, natürlich ist etwas schief gelaufen, wenn 9.Klässler einen Wortschatz haben in der Fremdsprache, den sie in Klasse 5 hätten haben sollen, du hast aber nicht die leistungswilligen, leistungsstarken SuS vor dir sitzen aus dem Bildungsbürgertum, sondern SuS, die aus verschiedenen Gründen u.a. in Englisch ganz akuten Förderbedarf haben. So undifferenziert wie du es formulierst ist es ein Affront, denn es unterstellt pauschal, dass die Lehrkräfte ihre Arbeit unzureichend geleistet hätten. Das mag manchmal vielleicht zutreffen, in dieser Pauschalität aber sicherlich keinesfalls. Ich habe in meiner Abschlussklasse Französisch auch SuS sitzen, die weniger Französisch sprechen, als meine 8er. Nein, das liegt nicht an mangelhafter Arbeit der vorhergehenden Lehrkräfte, sondern vor allem daran, dass diese SuS von vornherein mit der 2.Fremdsprache überfordert waren und diese- oftmals aus reinem Elternwillen heraus- dennoch gewählt haben und dann eben weiterführen mussten. Manche haben dann sehr schnell keinen Bock mehr gehabt und es - Corona sei Dank - dennoch bis in Klasse 10 geschafft, statt beispielsweise vorletztes Jahr in Klasse 8 zu wiederholen. Der Fernunterricht im vergangenen Jahr hat dann bestehende Lücken bei diesen Kandidaten verschärft, die einfach so weit als möglich abgetaucht sind im Fernunterricht 6 Monate lang. Deine jetzigen 9er haben ebenfalls 1,5 Schuljahre Corona-Schule erlebt, mit vielen Monaten reinen Fernunterrichts bei oftmals äußerst schlechten heimischen Lernbedingungen, sie haben also seit Mitte der 7.Klasse erschwerte Lernbedingungen gehabt und schlichtweg auch vieles vergessen in dieser Zeit, was sie in Klasse 7 womöglich noch wussten und konnten. Egal wie gut unsere Arbeit als Lehrkräfte gewesen ist während dieser Pandemie: Sie hat Spuren hinterlassen bei unseren SuS- umso größere, je marginalisierter die Lebensbedingungen unserer SuS generell sind. Das manche Lehrkräfte darüber hinaus keinen so guten Job gemacht haben- geschenkt. Nimm bitte erstmal die vielen anderen Faktoren zur Kenntnis, ehe du die dir unbekannte Arbeit deiner angehenden Peers (ver-/)beurteilst.