Es wäre mir neu, dass Grundschullehrkräfte sonderpädagogischen Förderbedarf oder Hochbegabungen diagnostizieren können oder dürfen.
Ich weiß ja nicht, wie es in deinem Bundesland läuft.
Bei uns in Niedersachsen werden die Schüler:innen an Grundschulen eingeschult, es müssen zuvor eindeutige Diagnosen gestellt und den Schulen übermittelt sein, wenn eine FöS GE oder Hören/Sehen/KME oder die Sprachheilklassen gewählt werden soll.
Das ist nur selten der Fall und nur dann, wenn sich die Eltern vorab entsprechend und frühzeitig gekümmert haben und damit erfolgreich waren.
Der Regelfall ist aber die Beschulung in der Grundschule.
Und dort muss sich diese Lehrkraft dann nicht nur um jedes Kind mit jeder Begabung oder besonderen Bedürfnissen kümmern, sondern selbst die Initiative ergreifen, wenn es zu einer sonderpädagogische Begutachtung kommen soll.
Das Gutachten schreibt die Grundschullehrkraft mit der FöS-Lehrkraft, die beauftragt wird, zusammen, dabei kennt die Grundschullehrkraft das Kind, die FöS-Lehrkraft sieht die Akte und vielleicht auch das Kind an 1-3 Terminen.
Das Gutachten ist eine Überprüfung mit viel Arbeit, der Landesrechnungshof hat über 40 Stunden gemittelt,davon liegt ein großer Anteil bei den Grundschullehrkräften. Diese Gutachten standen dadurch in der Kritik, zumal die meisten gewährt werden, sich der Bedarf also bestätigt und der immense Aufwand womöglich dezimiert werden könnte - stand im Raum, ist aber nicht erfolgt.
Es gibt Vorgaben, wann das Gutachten erstellt werden darf, immer nach erfolgter und dokumentierter Förderung durch genau diese Grundschullehrkraft, die also das Kind beschult, bis nach etlichen Monaten oder 2-3 Jahren das Gutachten erstellt und der Bescheid zugegangen ist.
Sollte der Förderbedarf in irgendeiner Richtung festgestellt werden, entscheiden die Eltern über den weiteren Schulbesuch, der auch in der Grundschule erfolgen kann.
Und tatsächlich ist in dieser Zeit immer die Grundschullehrkraft zuständig für die Beschulung dieses Kindes,
ob der Bedarf festgestellt ist oder nicht - die Grundschullehrkraft ist zuständig,
ob der Schwerpunkt dies ist oder das - die Grundschullehrkraft ist zuständig,
ob ein Gutachten erstellt, aufgeschoben, verweigert, verschleppt, verlegt, verzögert wird - die Grundschullehrkraft ist zuständig,
ob das Kind nach Feststellung die Schule wechselt oder nicht - die Grundschullehrkraft ist zuständig.
Und ob sich die GS-Lehrkraft nun kümmert oder nicht - am Ende ist sie es, die oft den Anstoß für das Gutachten gibt und die bis dahin und darüber hinaus das Kind einschätzt. Das nennt man pädagogische Diagnostik. Ich wüsste nicht, wer kommen wollte, um Lehrkräften diese Aufgabe abzunehmen.
Es ist bei allen SuS notwendig, dazu weit vor den Gutachten und auch bei begabten Kindern, um sie zu fördern oder herauszufordern - auf welcher Grundlage sonst? Dazu versucht man über Angebote und Differenzierung den verschiedenen Kindern zu gerecht werden, versteckte Fähigkeiten oder Hürden zu entdeckt und Wege der Beschulung zu suchen.
Das ist der Alltag - meiner zumindest - und der ist in den meisten Fällen unabhängig von irgendwelchen außerschulischen Testungen.