Beiträge von Bolzbold

    Weil es eben nicht ums Verbessern geht, sondern um die Note. Die Ziele sind ja nicht "ich möchte einen tollen Aufsatz schreiben können" sondern "ich will ne 2". Das kann man armselig finden oder anerkennen, dass es realistischerweise die meisten SuS betrifft, da man zumindest nicht in jedem Fach dieselbe Motivation abrufen kann. Aber egal, wir reformieren hier nicht das Schulsystem.

    Interessant ist aber, dass diese SchülerInnen sich in der Regel nicht verbessern bzw. das tagesformabhängig oder textabhängig ist.
    Diejenigen, die sich mit ihren "Schwächen" auseinandersetzen (in der Regel SchülerInnen, die von 12 Punkten auf 13-15 Punkte kommen wollen), schaffen das auch früher oder später.

    Ich würde auch deutlich profitieren.

    Die Erfahrungen mit den Kultusministerien bundesweit sollte uns gelehrt haben, dass wir davon ganz sicher nicht profitieren würden. Wenn wir aufgrund der Gesamtarbeitszeit weniger unterrichten müssten, würde spätestens da ganz brutal auf die Bremse getreten werden. Das würde nämlich mehr Geld und vor allem mehr Personal benötigen. Beides ist nicht in der gewünschten Menge vorhanden. Die Kultusministerien haben kein Interesse daran, Lehrkräfte weniger arbeiten zu lassen. Und sie werden alles dafür tun, dass sich daran nichts ändert.

    Es ist auch ein Armutszeugnis für die SchülerInnen, denn diejenigen, die sich mit den Schwächen ihrer Klausur auseinandersetzen und daran arbeiten, haben sich bei mir mitunter von 10 Punkten in der ersten Klausur in Q1.1 auf 14 Punkte in der Vorabiturklausur hochgearbeitet. Das sind aber eben die SchülerInnen, die sich im Rahmen ihres Lernprozesses nicht zu fein sind, im übertragenen Sinne Staub zu fressen.

    Je ausführlicher der EWH ist, desto weniger stark setzen sich die SchülerInnen damit auseinander - so zumindest meine Erfahrung.

    Und ganz sicherlich kann man komplexe Klausuren nicht wie ein gefühlloser Roboter in der zimmergleichen Zeit "durchkloppen".

    Jedenfalls nicht, wenn man die individuelle Leistung wertschätzen und durchdenken möchte.

    Ich verstehe Deine Beweggründe, gleichwohl muss man sich dann einmal die Realitäten anschauen.
    Mit der Unterbrechung durch meine Tätigkeit in der Behörde korrigiere ich jetzt seit 16 Jahren Oberstufenklausuren. Irgendwann habe ich aufgehört, 20 Spalten Englisch-LK-Klausuren zweimal zu lesen oder mir das hehre Ziel des Wertschätzens der SchülerInnenleistung zu setzen. Das kann ich mir bei mehreren Oberstufenkursen und den sonstigen schulischen Aufgaben, die ich habe, zeitlich gar nicht leisten.

    Wenn ich mir die Reaktionen der SchülerInnen ansehe, wenn sie die Klausuren zurückerhalten, sind 90% der Reaktionen der exklusive Blick auf die Endnote und das Zusammenrechnen der Einzelpunkte mit dem Taschenrechner (!), denn es könnte ja ein Punkt fehlen. Dann kommen die Diskussionen und das Suchen nach den zwei Punkten, die für die nächst bessere Note noch benötigt werden.

    Wenn es hoch kommt, interessieren sich 10% der SchülerInnen für meine Wertschätzung. Und diejenigen, die das wirklich interessiert, kommen am Ende der Stunde zu mir. Dann nehme ich mir die Zeit für ein Durchgehen der Klausur und für ein individuelles Feedback.

    Alles andere ist in der heutigen Zeit, in der es nur noch um das möglichst beste Endergebnis geht, weitgehend Zeitverschwendung und unnötig aufgebrachte bzw. aufgebrauchte Energie.


    Für eine LK-Klausur im sehr guten Bereich brauche ich bei 20 Spalten ungefähr 30 Minuten. Bei schwächeren Klausuren mit viel Korrekturaufwand entsprechend natürlich auch mal 45 Minuten. Angesichts der zu erwartenden Pauschalen im Rahmen einer kommenden Arbeitszeitregelung von sicherlich nicht einmal 15 Minuten pro Klausur liege ich da schon drüber, aber immer noch im Rahmen dessen, was ich verantworten kann.

    Es sollen jetzt wohl viele solcher Projekte starten (was heißt, dass wir dann da quasi unentgeltlich arbeiten).

    Auch in Sachsen wird es wohl so etwas wie eine Dienstordnung geben, in der aufgeführt ist, für was Du bezahlt wirst. Das geht, wie Du sicherlich weißt, über das reine Unterrichtsdeputat mit Vorbereitung und Korrekturen deutlich hinaus.
    Solche Projekte kann eine Schulleitung m.E. auch nicht einfach nach eigenem Gusto starten - da muss das Kollegium schon beteiligt werden.

    Es soll Themen geben, in denen eine Vorbereitung des Gegenübers gar nicht gewollt oder angezeigt ist, um den Sachverhalt nicht zu manipulieren. Das unterstelle ich hier dem TE keinesfalls, weil ich gar keinen Anlass dazu hätte. Im Gegenzug bin ich aber gleichermaßen fern davon, der Schulleitung ein sensibles Ego, Bossing oder was auch immer zu unterstellen.

    Manchmal muss man mit dem unbequemen Gefühl, dass man nicht weiß, worum es geht, leben. Fühlt sich doof an, ist aber so. Ich habe das in den letzten 20 Jahren durchaus auch schon erlebt. In den meisten Fällen war eine Vorbereitung gar nicht notwendig.

    Möchtest du denn auch behaupten, Afroamerikaner*innen seien selbst für ihre Probleme verantwortlich? Vom Tellerwäscher zum Millionär, wenn man nur fest genug will, für alle gleich? Oder ist die Problemlage halt doch komplexer, egal was auf dem Papier steht und auch unabhängig davon, was der einzelne erreichen kann (es gab einen farbigen Präsidenten, wie wir wissen.)

    Zumindest für die Weißen war "from rags to riches" über lange, lange Zeit das Credo, was den Brutalo-Kapitalismus in den USA zugelassen und befördert hat. Dieses Credo ist gewissermaßen die "Religion" bzw. das Opium für das amerikanische Volk.

    Für die Afro-AmerikanerInnen heißt das (aus Sicht der Weißen) heute: "Was wollt Ihr denn? Ihr habt doch jetzt Eure Freiheit, Eure Bürgerrechte, werdet nicht mehr (ganz so doll) diskriminiert. Wieso schafft Ihr es denn dann nicht endlich einmal, etwas aus Euch zu machen?" Das ist blanker Hohn. Die Mechanismen, die hier greifen, sind von der Wirkungsweise bei der Gleichstellung von Frauen wie der der Afro-AmerikanerInnen identisch.

    Kein Widerspruch.


    Nur noch einmal - es kann doch nicht die Lösung des Problems sein, am Ende des Bildungswegs nach den genannten Kriterien zu sortieren. Wenn mehr Gerechtigkeit das Ziel ist, muss bei den Chancen, nicht am Ergebnis angesetzt werden.


    Von den völlig absurden Konsequenzen im konkreten Fall nicht zu reden - wie dunkel genau muss die Haut sein, wie schmal die Augen, um als Afroamerikaner oder Asiate durchzugehen?

    So lange diejenigen, die für die Diskriminierung aktiv verantwortlich sind, in den entsprechenden Positionen sitzen, wird es diese Chancen und damit die erwünschte Gerechtigkeit nicht geben.

    Wir können das auch auf Schule runterbrechen. Es gibt doch dieses schöne Bild mit den ungleich großen Menschen, die über eine Mauer schauen wollen. Bekommen nun alle gleich große Hocker (bzw. viele Chancen), oder bekommt jeder so große Hocker, dass vom Endergebnis her alle über die Mauern schauen können.

    Gleiche Unterstützung und ungleiches Ergebnis, oder ungleiche Unterstützung und gleiches Ergebnis?

    Wer es als Afro-Amerikaner oder ethnischer Asiate einen Bildungsweg bis vor die Tore einer Elite-Uni hinlegt, gehört persönlich wohl eher nicht zu den Benachteiligten.

    Statistisch betrachtet leben ca. 12-13% Schwarze in den USA. Der Anteil schwarzer Studierender in der Ivy-League beträgt je nach Uni zwischen 5 und 9 %. Fehlerquellen könnten bei der Bestimmung der "ethnischen Zugehörigkeit" auftreten.


    Quellen:
    Demographics of the United States - Wikipedia

    Demografie der Vereinigten Staaten – Wikipedia

    The Demographics of the Ivy League | CollegeVine Blog


    In der Tat sind Studierende in der Ivy League wahrscheinlich nicht benachteiligt, freilich müssen sie erst einmal dorthin kommen. Die Aufnahmequote ist relativ gering.


    Die Schwarzen sind auch heute noch in den USA strukturell und ganz bewusst benachteiligt. Das geht seit vier Jahrhunderten so - und zwischendurch hat die weiße Mehrheitsgesellschaft alles dafür getan "to keep the Negro down."

    Wer heute in der schwarzen Mittel- oder Oberschicht aufwachsen darf, kann sich glücklich schätzen - und sollte dies auch tun vor dem Hintergrund, dass das Vermögen den Eltern ganz sicher nicht in den Schoß gefallen ist - und das auch noch mit hoher Wahrscheinlichkeit noch weniger, als das bei einer weißen Familie der Fall war.

    Vielleicht sollte man ergänzen, dass die Kriterien nicht in der APO-S I angeführten Reihenfolge anzuwenden sind.
    In meiner Kommune ist das einheitlich geregelt, d.h. dass alle Gymnasien beispielsweise einheitlich vorgehen.

    Hier noch der Auszug aus den VV zu den Aufnahmevorgaben nach § 1 Abs. 2 APO-S I:

    Übersteigt die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität einer Schule, soll die Aufnahmeentscheidung mit benachbarten Schulen abgestimmt werden. Dazu sollen sich die Schulleitungen der beteiligten Schulen frühzeitig miteinander in Verbindung setzen. Kommt dabei keine Einigung zustande, koordiniert die Schulaufsichtsbehörde unter Beteiligung des Schulträgers die Aufnahmeentscheidungen der Schulen, damit möglichst viele Schülerinnen und Schüler die gewählte Schule besuchen können. Erst danach dürfen die betroffenen Schulen über die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern entscheiden. Das Aufnahmeverfahren ist zu dokumentieren.


    Für mich stellt sich die Frage, was eine Klage bringen soll, wenn bestimmte Einzugsgebiete chronisch zu wenig Schulplätze an der weiterführenden (Wunsch)Schule haben. Man kann die Plätze ja nicht herzaubern.

    Bei uns ist das nicht so. Zumindest habe ich das in dieser Form nicht mitbekommen.


    Es ist sicherlich sinnvoll, das auf der GLK anzusprechen. Gleichwohl würde ich mir hier sehr gut überlegen, wie ich das mache. Aus meiner Sicht sollte man die Worte so wählen, dass man die Vorteil der direkten Kommunikation hervorhebt, ggf. in Verbindung damit, dass man den SchülerInnen diese Vorteile auch vermittelt. Was die genannten Vorfälle angeht, so kann man hier an die Vorgaben erinnern.

    Gleichzeitig würde ich klarstellen, dass bei "krassen" Vorfällen die Schulleitung natürlich Ansprechpartner bleibt, aber man sich auch in die Situation der kritisierten Person versetzen möge. Vermutlich wäre es auch nicht verkehrt, die langfristigen Folgen eines solchen Verhaltens zu skizzieren, was die Atmosphäre im Kollegium angeht und dass doch sicherlich jede/r an einer positiven offenen Atmosphäre interessiert ist.

    In Ratgebern zu diesem Thema wird die Frage vorgeschlagen "was muss passieren, damit Sie das Verhalten XY abstellen?" Diese Frage könnten die KollegInnen auch sich gegenseitig bei solchen Sachen stellen.

    Im Vieraugengespräch würde ich bei Bagatellen wie das mit dem Tafelputzen die (wiederholt) anklagende Lehrkraft fragen, was sie mit diesem Schritt erreichen möchte.

    Nun gut, ich bin kein Schulleiter, insofern fehlt mir da ggf. die Praxiserfahrung, aber ein solches Verhalten im Kollegium finde ich problematisch. Ich räume ein, dass ich mich auch schwer damit tue, Kollegen auf ihre Pflichten hinzuweisen, gerade dann, wenn es konkret ein Kollege ist, der Renitenz als Zeichen seines Protests gegen das böse Schulministerium deklariert. Ich habe das einmal gemacht, bin da aber nicht wirklich weitergekommen. Zur Schulleitung bin ich damit aber auch nicht gelaufen.

    Nun ja, man könnte hier in Deutschland sicherlich auch Indizien für zunehmende Bildungsnivellierung oder gar "Minderbildung", um einmal von dem Begriff "Verblödung" wegzukommen, anführen. Ich bin geneigt, das ein bisschen als "Zeitgeist" zu erachten.


    Und wie gesagt, die Verblödung macht mir weniger Sorgen als die gesellschaftlichen und politischen Zustände, die zu Trump geführt haben...

    Das ist leider der ganz typische Verlauf dieser Diskussion. Für viele ist das Phänomen Trump einfach nur Projektionsfläche für ihren sowieso vorhandenen Antiamerikanismus und willkommene Gelegenheit, sich in ihrem Überlegenheitsgefühl bestätigt zu sehen. Wenn es dann den Hinweis gibt, dass man es sich damit zu einfach macht, kommen solche Reaktionen

    um zu vermeiden, dass man sich auf die inhaltliche Ebene begeben muss.

    Also ich finde die Umstände, die einen Trump überhaupt ermöglichen, viel krasser als den Umstand, dass ausgerechnet er an die Macht kommt.

    Bolzbold

    Aus welchen Quellen resultiert deine Analyse? Das finde ich sehr verallgemeinernd und ist fern meiner anekdotischen Erfahrungen.

    Wir haben ein paar Freunde und Bekannte in den USA, die wir hin und wieder im Zusammenhang mit USA-Reisen besuchen. Allerdings sind alle aus der Mittelschicht, da ist keiner (extrem) religiös oder verblödet, noch fürchten sie um ihre "weißen Privilegien". "Weiße Privilegien" finde ich auch nicht so zielführend, denn in deren Bekanntenkreis kommen unterschiedliche Menschen aller Hauptfarben vor, die zur Mittelschicht gehören. Es kommt doch eher darauf an, welchen Beruf man erlernt hat.

    Ich könnte aus meinen persönlichen Eindrücken im Land keine Analyse wagen, ich habe nur mehr oder weniger ein paar Eindrücke.

    Caro, ich habe tatsächlich meine eigenen anekdotischen Erfahrungen außen vor gelassen. Es ist meine Wahrnehmung aus den letzten Jahren, die ich in Zeitungsartikeln, Themenheften zu den USA für den Unterricht, in Reportagen von CNN, Live-Streams aus dem US-Kongress, Sachliteratur etc. etc. entwickelt habe. Ich bin Englischlehrer - und da "American Dream" seit mindestens meiner eigenen Schulzeit vor über 30 Jahren beständiges Thema im NRW-Curriculum ist, habe ich mich über die Jahrzehnte als Schüler, als Student wie auch als Lehrer nicht nur regelmäßig sondern auch tiefgreifender mit den USA befasst.

    Für eine Promotion mag das nicht reichen, aber ich denke, das dass schon mehr ist als das, wofür ein "Das finde ich sehr verallgemeinernd" angebracht wäre.

    Bolzbold , meinst du, dass Social Media und Fakenews ein ebenso großes Problem darstellen wie bei uns? Oder findet "christliche Sozialisierung" im Wesentlichen in Kirchen oder anderen Orten der Zusammenkunft statt?

    Das ist nicht die christliche Sozialisierung sondern gewissermaßen die DNA der USA. Der Glaube an etwas hat dort einen quasi sakralen Stellenwert. Die christlichen FundamentalistInnen sind da natürlich auch noch so ein Faktor - das findet dort aber sowohl zu Hause als auch in den Kirchengemeinden statt.


    Über Social Media und Fake News habe ich noch gar nicht gesprochen. Das spielt in diesen ganzen Komplex mit hinein. Insgesamt haben wir da ein hochproblematisches Konglomerat an ungünstigen Entwicklungen.

    In einer plutokratischen Demokratie muss das früher oder später so kommen.

    Das Grundproblem der USA ist nicht die Verblödung sondern die Auswirkungen des religiösen Fundaments, das sich gleichwohl wie Verblödung liest. In den USA haben persönliche, teils religiös geprägte Überzeugungen denselben Stellenwert wie wissenschaftlich bewiesene Fakten. Der eigene Glaube wird der Wissenschaft gleichgestellt. Das lässt sich historisch erklären, führt aber zu diesen "Ausfällen", die wir hier gerade sehen. Hinzu kommt die "Ich-Mentalität", denn man muss es in den USA selbst "schaffen", da es kein vergleichbares soziales Netz gibt wie hier. Das schürt Abstiegs- und Verarmungsängste. Wenn sich dann ein "alter weißer Mann" wie Trump, der Erfolg suggeriert, hinstellt und MAGA und dergleichen brüllt, dann triggert das die ureigensten Instinkte vieler (weißer und oft männlicher) Amerikaner.
    Gleichzeitig kommt hinzu, dass die weiße Bevölkerung um ihre "gottgegebenen" Privilegien fürchtet, weil immer mehr "Nicht-Weiße" ein Stück vom Kuchen abhaben wollen - und das sowohl auf lokaler bzw. nationaler Ebene wie eben auch auf internationaler Ebene.


    Gleichwohl muss man dagegenhalten, dass die Reihenfolge Clinton, George W., Obama, Trump, Biden eine Abfolge von Extremen ist, sowohl im Guten wie im Bösen und immer in unterschiedlichen Bereichen. Dass Trump nach vier Jahren abgewählt wurde, hat den Zyklus gewissermaßen unterbrochen. (Bei George Bush sr. und Clinton war das ja bereits eine Ausnahme, weil Bush sr. auf Reagan folgte und eben kein Demokrat an die Macht kam.)
    So gesehen könnte man hoffen, dass vier weitere Jahre Trump ohne Weltkatastrophen vorbeiziehen und danach eine "Katharsis" in Form eines (oder einer) jüngeren demokratischen Kandidaten das Ganze wieder ins Lot bringt.

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