Ich habe das Referendariat abgebrochen

  • Hallo Leute,


    ich wollte es nie an die große Glocke hängen, aber weil ich hier relativ aktiv bin und auf Dauer nichts vortäuschen möchte, muss ich es wohl doch sagen. Ich habe das Referendariat nach einem Jahr abgebrochen, weil man mir dazu riet. Wiedereinstieg wäre möglich, aber darauf habe ich nach meinen Erfahrungen momentan wenig Lust.
    Viele aus dem Forum hier wissen bereits Bescheid.


    Das alles zu erklären ist zu komplex, denn auch ich hatte Mitschuld an meinem Scheitern (aber nie und nimmer die alleinige Schuld, ihr tollen, ach so empathiefähigen und ach so kompetenten Obrigkeiten! X( ) Ich möchte es auch deshalb nicht ausbreiten, weil ich mir einen eventuellen Wiedereinstieg nicht verbauen möchte.


    Ich bin seit einigen Monaten auf Arbeitssuche. Ich halte mich hier deshalb zurück, wenn es um didaktische Fragen geht.

  • viel glück und alles gute °!

    Suum cuique!


    Um Vorwürfen vorzubeugen,
    gilt bei allen meinen Beiträgen mitzudenken:
    BSE:
    (BETROFFENHEIT SORGE ERSCHÜTTERUNG)

  • Alles Gute, Powerflower!


    Liebe Grüße
    volare

    Eine Lösung kommt fast immer aus der Richtung, aus der man sie am wenigsten erwartet, was bedeutet, dass es keinen Sinn hat, in diese Richtung zu gucken, weil sie nicht von dort kommen wird.


    (Douglas Adams)

  • Hey Powerflower,


    der Schritt ist dir sicher schwer gefallen - trotz allem. Aber jetzt kann es ja eigentlich nur noch bergauf gehen, oder? Manchmal braucht man auch einfach ein bisschen Abstand zu den Dingen. Ist doch 'ne gute Sache, dass der Wiedereinstieg immerhin als Option offen bleibt. Weißt du schon, was du jetzt erst mal machen willst?


    Alles Gute!


    Vivi

  • Hallo Vivi,


    Bewerbungen hatten noch keinen Erfolg, ich mache möglicherweise bald einen aushilfsmäßigen Job, für die Zeit danach habe ich eine Idee, über die ich mich aber erst informieren muss, ob meine Vorbildung dafür ausreicht. Mein Abbruch liegt schon eine Weile her, eine sehr aufwühlende, schreckliche Zeit liegt hinter mir und ich erhole mich langsam. Konkret geht es darum, dass ich als behinderte Referendarin ebenfalls behinderte Problemschüler hatte und meine Vorgesetzten (wohlgemerkt, selbst Sonderpädagogen) meinen Behindertenstatus für Disziplinprobleme verantwortlich machten.


    (Hm, hab jetzt eine Menge rauseditiert. Waren mir doch ein bisschen zu viele Details.)

  • Hallo Powerflower,
    was du schreibst, macht mich sehr betroffen. Ich kenne niemanden, der während des Refs keine Probleme hatte. Und gerade bei Disziplinproblemen haben Referendare keine Chance, wenn nicht die Klassenlehrer oder die Schulleitung hinter ihnen steht und sie unterstützt. Disziplinprobleme nur auf deine Behinderung zurückzuführen ist eine Frechheit und zeugt von großer Unfähigkeit.


    Ich wünsche dir viel Glück bei der Umsetzung deiner neuen Zukunftspläne.
    schulgespenst

  • Hallo,


    es ist eine Frechheit, von einer Behinderung auf Diziplinprobleme zu schließen.


    Ich kenne selbst an einem Gym eine behinderte Lehrerin, die hat solche Probleme nicht, bzw. man hat ihr solche Probs noch nie vorgeworfen.


    M.E. sind sogar gerade im Förderschulbereich Lehrer mit Behinderungen prädestiniert, weil sie selbst wissen, wie schwer es ist mit Einschränkungen.


    Mir selbst wurde von einer Arbeitsamtstussi von einem Sozialpädagogikstudium abgeraten, weil ich behindert bin. Ich hatte konkrete Pläne, ich wollte in die Behindertenarbeit, Beratung von Eltern körperbehinderter Kinder über die Möglichkeiten. Schließlich bin ich ja das beste Beispiel.


    Natürlich bin ich zufrieden mit meinem Job als Verwaltungsbeamtin, aber ich hätte mehr tun können für Kinder.


    Bei mir wurde übrigens umgekehrt gehandelt in der Probezeit. Es gibt zumindest in unseren Beurteilungsrichtlinien den Passus, dass bei Behinderten nicht nur die sichtbaren Auswirkungen der Behinderung mit einbezogen werden müssen. (Schließlich ist die Anstrengung für viele Behinderten schwerer als für Gesunde, man braucht mehr Kraft, um gleiche Leistung zu bringen). Mir sagte eine Vorgesetzte, dass so etwas nicht machbar sei, schließlich hätte ich ja ein Bein ab und könne schlecht laufen, aber im Kopf wäre ja nichts und psychisch wäre ich nicht beeinträchtigt.


    So drehen es sich Vorgesetzte, wie sie es brauchen.


    Dir wünsche ich, dass Du eine neue Chance erhälst und bessere Vorgesetzte.
    Denn eine Behinderung hat nichts mit Diziplin zu tun.


    Doris

  • Schulgespenst, Bingo, meine Vorgesetzten standen nicht hinter mir. Ich möchte aber nichts beschönigen, so unproblematisch war meine Behinderung nicht, ich hatte auch pädagogische Defizite und es gab Vorfälle, die nicht hätten sein dürfen.

  • Wie auch schon beim Forsch:


    Es tut mir sehr Leid, Powerflower , und alles Gute für die Zukunft.


    Eure beiden Fälle können einen wirklich sehr betroffen machen, auch wenn man schon länger weiß, dass unser Lehrerausbildungssystem nicht gerade perfekt ist.


    lg Orinoco



    P.S.: Da bist du zwar sicher von selber draufgekommen, aber es gibt doch auch sicher in deinem Bundesland Personalräte für behinderte Arbeitnehmer der Landesbehörden, wenn nicht sogar Gleichstellungsbeauftrage/Antidiskriminierungsbeauftrage ...
    Selbst wenn diese dir im konkreten Fall nicht weiterhelfen können, könnten sie dich zumindest für einen Neustart im Sinne eines vorurteilsfreien (seitens der Fachleiter) Wiedereinstieges beraten ...

    Hear me my chiefs, I am tired.
    My heart is sick and sad, I will fight no more.
    (Rednex, The spirit of the hawk)

    Einmal editiert, zuletzt von Orinoco ()

  • Ja, auf die Idee kam ich schon. Aber im Lehrerkollegium gab es nur eine Lehrkraft, die im Personalrat war und bei der hatte ich nicht das Gefühl, dass sie auf meiner Seite stand. Ich habe im Internet ziemlich lange nach anderen Personalräten und Adressen gesucht, fand aber nichts Passendes. Ich habe dann an einen Behindertenbeauftragten für Lehrer geschrieben und der wirkte überfordert und desinteressiert, was aber vielleicht auch an meiner Mail lag. Ich habe auch das Integrationsamt informiert, aber da war das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Letztendlich habe ich zu viel Angst vor negativen Konsequenzen, wenn ich wen einschalte. Ich glaube nicht, dass ich bei einem Wiedereinstieg nicht mit Vorurteilen zu kämpfen haben werde. Ich habe meinen Stempel so oder so schon weg, egal wann und wo ich anfange.


    Leider war ich kein Naturtalent, ich bin kein Mensch mit einer gewinnenden Ausstrahlung, sondern eher graumausig. Sonst hätte ich vielleicht noch punkten können.

  • och, Mensch,
    das hört sich alles nicht so wirklich gut und optimistisch an ...
    aber bei den Bezirks- und Landesregierungen muss es da entsprechende Personalräte und Beauftragte geben ... vielleicht einfach im neuen Jahr mal hin oder anrufen ...


    soviel zu verlieren hast du da ja nun auch nicht mehr, wenn ich das mal so hart ausdrücken darf ...


    und apropos mausgrau, das bin ich auch, aber trotzdem habe ich meine Rechte, und die will ich auch wahrgenommen sehen ... :D



    lg, Orinoco

    Hear me my chiefs, I am tired.
    My heart is sick and sad, I will fight no more.
    (Rednex, The spirit of the hawk)

  • Hey, du bist keine Graumaus - du bist eine POWERFLOWER!
    Du hast doch deinem Nick hier im Forum schon so oft alle Ehre gemacht - also nimm ihn weiterhin wörtlich... geh hinaus in die Welt und zeig es ihnen!
    Glaube an dich - du schaffst das!


    Ganz viel mentale Energie sendet dir
    Lea

  • Hallo Powerflower,


    ich finde es sehr schade, dass du aufgegeben hast. Mir haben deine Forenbeiträge gefallen und sie waren für die Kollegen informativ.
    Mit Bestürzung stelle ich immer wieder fest, wie wenig behinderte Menschen im Volk akzeptiert und in die Gemeinschaft integriert werden.
    Ich wünsche dir für die Zukunft alles Gute. Sicherlich findest du eine Arbeit, die dir Spaß macht. Gib nicht auf! Zeige was in dir steckt! Du schaffst das schon, da bin ich mir sicher.

    MfG Gina-Maria


    Heiterkeit ist die Mutter der glücklichen Einfälle. (Luc de Clapiers de Vauvenargues)

  • Hallo Powerflower,


    wir haben uns zwar nie persönlich geschrieben, trotzdem möchte auch ich Dir alles, alles Gute wünschen und mich für deine Offenheit bedanken.


    Eine Sache verstehe ich nicht: Da ich mich laufend schulscharf bewerben muss, lese ich immer wieder den Satz, dass behinderte Bewerber bevorzugt behandelt werden. Auch in meinem Jahrgang hatte ich eine körperbehinderte Kollegin, der geraten wurde, ihre Ausbildung abzubrechen. Wenn also alle behinderten Lehramtsanwärter aus dem Dienst gekickt werden, ist das alles eine recht scheinheilige Show, oder?
    Und nun lese ich hier etwas ähnliches. Kein Einzelfall also. Auch ich habe meine Kollegin als sehr fleißig und motiviert empfunden. Was für eine scheinheilige Welt.


    Liebe Powerflower, manchmal fühle ich mich auch wie eine graue Maus, weil ich nicht die neusten Klamotten trage und meine Frisur eher konservativ ist. Aber auch wir haben "Power"!!! Dir alles Liebe von


    Soraya

  • Hallo, danke für eure Beiträge. :)


    Soraya, es werden ja nicht alle behinderten Lehramtsanwärter gekickt. Die Art der Behinderung und das Ausmaß spielen auch eine Rolle. Ich spüre das auch bei der Arbeitssuche. :( Ich wusste nicht, dass es Schulen gibt, die gezielt behinderte Lehrkräfte suchen. Aber auch die selektieren nach Art und Ausmaß der Behinderung, z.B. Körper-, Seh-, Sprechbehinderung, cerebrale Lähmung je nach betroffenen Körperteilen.


    Es ist sicher vorstellbar, dass ein Gymnasium ohne behinderten Schüler lieber einen gehbehinderten Lehrer einsetzt als einen blinden Lehrer.


    Ich glaube, mein grösstes "Handicap" war, dass ich sehr selbstbewusst war, was meine Einstellung zum Zusammenhang zwischen Behinderung und Disziplinstörungen betraf. Es gibt nun mal Wahrnehmungen, die nur Menschen mit Behinderung haben, während nichtbehinderte Menschen diese Wahrnehmungen nicht haben. Somit habe ich das Fehlverhalten meiner ebenfalls behinderten Schüler oft anders als meine Kollegen und Vorgesetzten interpretiert.


    Ich nenne nur ein Beispiel: Der Direktor platzte mitten in meinem Unterricht in die Klasse und richtete ein paar Worte an die Schüler, um dann wieder genauso schnell zu verschwinden. Er richtete kein einziges Wort an mich, weder eine Begrüßungs- noch eine Abschiedsformel geschweige denn eine Entschuldigung für die Störung und er sah mich keinen einzigen Moment an, so als ob ich nicht anwesend wäre.
    Mit so einem Verhalten wird den Schülern vermittelt: Der Lehrer am Pult ist blöd und minderwertig. Bei einer behinderten Lehrkraft ist das noch krasser, es wird den Schülern, die ja selbst behindert sind, vermittelt, dass Behinderte grundsätzlich wertlos sind. Schüler differenzieren nicht, ob der Direktor sich so verhält, weil es seinem Naturell entspricht, nein, sie beziehen so etwas auf die Behinderung der Lehrkraft und bringen der Lehrkraft entsprechend weniger Respekt entgegen. Zudem verhielt sich dieser Direktor aus Schülerperspektive widersprüchlich, manche Kollegen behandelte er wie Luft, zu anderen war er sehr freundlich, das erschwert es den Schülern natürlich, sein Verhalten differenziert zu betrachten.


    Ein anderes Beispiel, bei einem meiner UB platzte der Direktor in meinen Unterricht und sprach mit der Seminarleiterin, mich machte es nervös, weil ich sehr stark das Gefühl hatte, dass es um eine Beschwerde über mich ging, und die Schüler wurden unruhig durch dieses Gespräch. Ihr im Lauf der Stunde weniger diszipliniertes Verhalten wurde mir dann bei der Nachbesprechung auch angekreidet. Der Direktor ging mit der Seminarleiterin für einige Minuten raus (diese entschuldigte sich wenigstens) und dann kam die SL wieder rein, aber die Schüler waren weit weniger konzentriert, während sie in den UBs vorher hervorragend mitgearbeitet hatten. Äh, man könnte nun auch sagen, dass ich da Nervenstärke hätte bewiesen müssen, aber ich möchte andere Referendare in dieser Situation sehen...


    Natürlich verstärken Behinderungen das Risiko für Disziplinstörungen. Aber der viel wichtigere Faktor ist die Lehrerpersönlichkeit. Ich hatte einen Lehrer, der an der Krücke ging und körperlich sehr schwach war. Er konnte nur sitzend unterrichten und er saß sehr schief auf seinem Stuhl. Schreiben an der Tafel war für ihn eine Qual. Doch wenn er unterrichtete, aber hallo! Er war anerkannt bei allen Schülern und bei ihm war es mucksmäuschenstill.


    So eine Persönlichkeit war ich leider nicht. Ich wollte sie entwickeln, scheiterte aber an den Vorurteilen meiner Vorgesetzten und Kollegen und an den Vorgaben, die ich als Referendarin einzuhalten hatte.


    Powerflower

  • hm,
    dein Schulleiter scheint ja ein mindestens genauso "nettes Kerlchen" gewesen zu sein wie der von Forsch ... :(


    schade, dass man solchen Leuten gegenüber nicht allzuviel ausrichten kann ... X(
    man wundert sich nur immer wieder, wie sei bei so wenig psychologischem Fingerspitzengefühl in derartige Positionen gekommen sind
    lg Orinoco

    Hear me my chiefs, I am tired.
    My heart is sick and sad, I will fight no more.
    (Rednex, The spirit of the hawk)

  • Liebe Powerflower,


    ich habe dich bisher auch immer nur gelesen und fand dich in deinen Beiträgen sehr selbstkritisch und reflektierend! Dass es so gekommen ist, tut mir sehr leid!


    Und was du an Beispielen über das Verhalten deines Schulleiters schreibst, lässt mir ehrlich gesagt die Haare zu Berge stehen! Das ist einfach unmögliches und ungehörig! Schade, dass du (anscheinend) keine Fürsprecher hattest und dich in dieser Situation auch nicht selbst wehren konntest :(


    Alles Gute für die Zukunft!
    LG,
    ramapas

Werbung