• Wenn das so weitergeht, müssen wir uns mal wieder auf ein konspiratives Käffchen treffen. :D

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Zitat

    Original von Nighthawk:
    Wenn das Kind nix kann, wieso hat es dann 2,33 ?


    Sorry für die späte Antwort, da kam eine Erkältung dazwischen.


    Weswegen Kinder nichts können und trotzdem 2,33 haben? Weil in vielen Fällen diese 2,33 auch fast eine 3,00 oder eine 3,33 sein könnte. D.h. mindestens zwei der drei Noten sind oft extrem knapp. Um das überhaupt zu erreichen passiert oft folgendes:


    - zuerst wird die Hausaufgabe gemacht
    - die wird durch ein Elternteil kontrolliert
    - alles wird nochmals erklärt
    - dann gibt es zusätzliche Übungen
    - vielleicht folgt dann ein Abendessen
    - nach dem Abendessen und vor dem Schlafengehen wird nochmal wiederholt
    - am nächsten Tag wird vor dem Frühstück abermals wiederholt, falls eine Probe ansteht
    - am Wochenende wird auch gelernt; Hobbys haben die Kinder eh keine mehr
    - zusätzlich gibt es noch je nach Übertrittswunsch der Eltern, bzw. deren finanzielle Lage 1-3x Nachhilfe in der Woche
    - falls die Eltern in den Ferien mit den Kindern verreisen, werden auch da die Schulsachen mitgenommen


    D.h. der Übertritt ist sowohl für Kinder, wie auch Eltern ein Fulltimejob. Allerdings geht es in der 4. Klasse auch nur um die Fächer D/M/HSU. Das entspricht 15 Wochenstunden. Kommen dann diese Kinder in das Gymnasium, haben sie 31 Stunden Unterricht in der Woche. Und auf einmal sind die meisten Fächer versetzungsrelevant. In der 6. Klasse sind es dann schon 33 Stunden in der Woche. In diesen beiden Jahren müsste die Arbeit zu Hause dann ja nochmals gesteigert werden, vor allem in der 6. Klasse. Da der Tag aber weiterhin nur 24 Stunden hat (und von diesen Stunden verbringt das Kind nun auch noch mehr Stunden in der Schule und kann dann nicht zu Hause unter Aufsicht lernen) und Kinder auch nicht unbegrenzt belastbar sind, sacken die Leistungen dann ab.


    Dazu muss ich aber auch sagen, dass ich in einem Eck unterrichte, in dem sich die Eltern das auch oft leisten können. Dadurch ergeben sich dann vollkommen unrealistische Übertrittsquoten.



    Bibo

  • Naja, dann ist die Aussage "nix" wohl etwas hart ... zwischen 3,00 und "nix" besteht doch noch ein Unterschied. :gruebel:


    Aber dennoch danke für diese Erklärung, sie macht mir Vieles verständlicher, was ich momentan so in meiner 5. Klasse erlebe.


    Was mir aber immer noch nicht so ganz klar ist ... dann müssten es die Kinder doch gewohnt sein, zu lernen ... aber auch davon merke ich häufig wenig. Ich frag nur ganz einfach die paar Vokabeln der letzten Stunde aus und die Schüler sind völlig blank. Ich bin doch eh schon der Ansicht, dass man das Gymnasium mit großer Wahrscheinlichkeit packt, wenn man lernt.


    Ok, vielleicht sind die Fächer und Stunden dann doch zu viel, ums nur mit Lernen zu packen ... aber mein Eindruck ist, da wird gar nichts getan, nicht mal Hausaufgaben erledigt.


    Und: Die Erkältung hab jetzt ich ... grml.

  • Zitat

    Original von Nighthawk:
    Was mir aber immer noch nicht so ganz klar ist ... dann müssten es die Kinder doch gewohnt sein, zu lernen ... aber auch davon merke ich häufig wenig.


    Ich denke, dass so ein Aufwand einfach nicht dauerhaft betrieben werden kann. Ein Teil der Eltern wird selbst einbrechen, der andere Teil ist von den Kindern so überzeugt, dass sie das Lernprogramm runterfahren. Wir bekommen immer mal wieder mit, dass wir als Grundschule angeblich unmögliche Ansprüche stellen. Viele denken eben, dass ab der 5. Klasse aaaaallles besser wird. O-Ton einer Mutter: "Dann geht es ja nur darum, nicht zwei Fünfer im Zeugnis zu bekommen."
    Entscheidend finde ich auch, dass diese Kinder leider nicht selbstständig lernen können. Sie sind es gewohnt, alles mit dem Löffel gefüttert zu bekommen (und zeigen dann im Unterricht gnadenlos ihre Null-Bock-Stimmung). Um damit das Gymnasium zu schaffen, dürfte man als Mutter nichts mehr anderes tun. Und du von deiner Seite aus müsstest alles in Miniportiönchen packen und den Eltern per Elternbrief mitteilen, wann du was in welcher Form abprüfst. :evil: Das hat dann mit einem Gymnasium wenig zu tun.


    Gute Besserung!




    Bibo

    • Offizieller Beitrag

    "wasch mich, aber mach mich nicht nass": diese Haltung vetreten viele Eltern, wenn es um die Schulform ihrer Kinder geht.


    Auch bei uns neulich wieder eine 5t Klassmutter, die ganz entsetzt war zu hören, dass die Anforderungen in den nächsten Schulajhren für ihr Kind mehr statt weniger werden.


    Denken die Eltern eigentlich nicht??

  • Ich habe den Beitrag auch gesehen, komme aber sozusagen aus einem ganz anderen Schulsystem (Nds.).
    Allein die Vorstellung, den Übertritt zwingend an einem Notenschnitt festzumachen überkam mich wie der letzte Horror.
    Das da von Elternseite gepusht wird ohne Ende ist da nur die logische Konsequenz, so blöd sie sein mag.


    Was ich aber nochmal definitiv nachfragen wollte (an die, die sich auskennen mit diesem für mich fremden System):


    Ist es tatsächlich so, dass man mit einem Notenschnitt schlechter als 2,7 auf die HS kommt (es sei denn, man besteht diesen dubiosen und foltermäßigen Probeunterricht [in Mathe bist du 5!!!])?


    Heißt, ein Kind mit einem Dreierschnitt in den Hauptfächern kommt NICHT auf die RS? Das finde ich echt heftig!


    Bin froh, in einem System groß geworden zu sein und zu arbeiten, in dem man sich auch das individuelle Kind ansieht.

  • In meiner letzten vierten Klasse haben drei Kinder am "dubiosen und foltermäßigen Probeunterricht" an der Realschule teilgenommen. Alle drei haben bestanden.


    LG, Alex

  • Malina


    Ja, das ist in Bayern tatsächlich zu, wobei es 2,7 ja eh rein rechnerisch nicht geben kann, sondern eben nur 2,6 oder dann 3,0 Unter Umständen kann man mit 2,6 noch auf die RS gehen.
    Bei 3,0 geht das nur noch mit bestandenem Probeunterricht.


    Hoffe, ich hab das seit letztem Jahr noch richtig in Erinnerung. Ändert sich eh ständig was, aber das sind auch nur Augenwischereien.


    Bibo


    Bei uns läuft das im Übrigen genauso, ich bin südlich von München an einem der Seen.


    Ich hatte letztes Jahr 26 Kinder in meiner 4.Klasse.


    Davon sind 4 auf die Hauptschule, was in manchen Jahrgängen schon viel ist, 2 auf die RS, einer auf die Waldorfschule und der Rest aufs Gymnasium. Ich hielt die wahrlich auch nicht alle für geeignet, da ich eben weiß, mit welchem Aufwand und Input seitens der Eltern die Noten entstanden sind.


    Verrückte Welt!!

  • Zitat

    Original von smelly
    In meiner letzten vierten Klasse haben drei Kinder am "dubiosen und foltermäßigen Probeunterricht" an der Realschule teilgenommen. Alle drei haben bestanden.


    LG, Alex


    Das ist ja schön für deine Kinder ;), ich persönlich finde es schauderlich. Das sind doch noch Kinder und heftiger jemandem ins Gesicht sageN: "Du bist zu schlecht für uns" geht ja wohl kaum. *brr*


    Nur zum Vergleich der Maßstab in Nds.:


    Ein Hauptfach Dreier - Zeugnis der vierten Klasse ist in der Regel ein absolut normales und durchschnittliches Realschulzeugnis! Deshalb konnte ich kaum glauben, was ich da im TV sehen musste. Arme Kinder.
    Bei uns gibt es aber - muss man dazu sagen - den Elternwile, wenn es um die weiterührenden Schulen geht.

    • Offizieller Beitrag

    Als meine eigenen Kinder noch in die Grundschule gingen (in Nds), war eine 3 im Grundschulzeugnis eher selten.
    Es gab in jeder Klasse mehrere Kinder, deren Abgangszeugnis nach Klasse 4 nur aus Einsern bestand. Weil sie (meist waren es Mädchen) eifirg und vor allem ordentlich waren.
    Die bekamen dann oft Probleme in der (damals noch existierenden) OS. Ich hoffe doch, seitdem hat sich in der Grundschule ein wenig was verändert?


    Und noch ein Gedanke:
    heißt dann nicht, dass in Bayern die Hauptschulen eben NICHT von vornherein zu Schulen der Loser verkommen?

  • Können in Niedersachsen dann z.B. Kinder mit einer 4 in Deutsch, einer 3 in Mathe und einer 3 in Sachunterricht aufgrund des Elternwilles problemlos nach der 4. Klasse an ein Gymnasium wechseln?


    Alex

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von smelly
    Können in Niedersachsen dann z.B. Kinder mit einer 4 in Deutsch, einer 3 in Mathe und einer 3 in Sachunterricht aufgrund des Elternwilles problemlos nach der 4. Klasse an ein Gymnasium wechseln?


    Alex


    ja, können sie. Auch mit einer Realschulempfehlung. theoretisch sogar mit einer Hauptschulempfehlung


    problemlos wird das aber am Gymnasium ganz sicher nicht ablaufen! Arme Kinder ;(

  • Zitat


    heißt dann nicht, dass in Bayern die Hauptschulen eben NICHT von vornherein zu Schulen der Loser verkommen?


    Aber empfunden wird es aber doch als Supergau, wenn das Kind dort "hinmuss". Und die Kinder, bei denen es nicht mit RS und GYM geklappt hat, sehen sich ab dem Tag des Übertrittszeugnisses eben schon als Loser.


    Da kann man als Lehrer pädagogisch wirken, solange man will und sich den Mund fusslig reden. Wenigstens bei uns in der Gegend bekommen die Kinder das schon ab der 1.Klasse immer wieder vermittelt, natürlich hauptsächlich von den Eltern, dass HS eben gar nicht geht.


    Als Lehrer kann man da nicht mehr viel beeinflussen..


    Sehr schade.

  • Zitat

    Original von Friesin
    Als meine eigenen Kinder noch in die Grundschule gingen (in Nds), war eine 3 im Grundschulzeugnis eher selten.
    Es gab in jeder Klasse mehrere Kinder, deren Abgangszeugnis nach Klasse 4 nur aus Einsern bestand. Weil sie (meist waren es Mädchen) eifirg und vor allem ordentlich waren.
    Die bekamen dann oft Probleme in der (damals noch existierenden) OS. Ich hoffe doch, seitdem hat sich in der Grundschule ein wenig was verändert?


    Und noch ein Gedanke:
    heißt dann nicht, dass in Bayern die Hauptschulen eben NICHT von vornherein zu Schulen der Loser verkommen?


    Also ich kann da natürlich nur von meiner eigenen Grundschulzeit und den beiden Grundschulen berichten, an denen ich meine Ausbildung gemacht habe und nun arbeite...


    Aber glatte Einserzeugnisse hab ich da bisher bei absolut noch keinem Kind gesehen. Ganz im Gegenteil, Einsen werden in den Hauptfächern so gut wie nie vergeben, hast vielleicht mal 1-2 Kinder pro Klasse, die überhaupt eine in einem Hauptfach haben.
    Bedeutet ja auch "sehr gut", also geht fast nicht besser!
    An meiner jetzigen Schule (dich an einem anderen Bundesland gelegen) erleben wir es hingegen eher so, dass wir häufig zugezogene Kinder aus diesem Bundesland mit Super Zeugnissen (sowas wie Schnitt 1,3) bekommen, die dann bei uns so im 2-3er Bereich liegen.


    Zu der Frage des Elternwillens:
    Ja, man hat in der Tat absolut freie Schulwahl und den Fall, dass ein HS - empfohlenes KInd aufs Gym geschickt wird, kann natürlich auch passieren (hatten wir bei uns im letzten Durchgang auch).
    Ich selbst bin da auch sehr hin- und hergerissen des Pro - und Contras wegen. Habe jetzt selbst auch eine vierte Klasse und auch wenn mein bzw. unser Urteil nicht bindend ist für die Eltern, möchte ich natürlich mein "bestes" geben, die Kinder richtig zu empfehlen. Auch wenn ich der nach wie vor festen Meinung bin, dass man Kinder nicht "richitg" empfehlen kann. Woher soll ich wissen, wie ein Kind sich entwickeln wird, was tut mian mit Kindern, die in Deutsch wirklich gut sind, aber in Mathe auf Kippe zur 5 stehen (oder umgekehrt). Gibt ja auch mehr als genügend "Durchreicher" die nach dem Scheitern am Gym auch die Realschule nur kurz sehen und dann Abschlusslos die Hauptschule verlassen. Ich hasse dieses System.
    Naja, wie man merkt bin ich sowieso ein absoluter Feind dieses dreigliedrigen Systems, egal ob durch Elternwille, Notenschnitt oder Auswürfeln.
    Mit der OS als Zwischenschritt hatten die Kinder wenigstens noch die Chance, in verschiedenen Anforderungsniveaus zurech zu kommen und dann zu sehen, ob es klappt. Da wurde dann eben nur ein Kurs gewechselt - keine Schule und somit ein Leben.

    • Offizieller Beitrag

    Malina: ich war durchaus FÜR die OS. Aber egal, die gibt es ja nun nicht mehr.
    Allerdings hatten die Kinder dort auch Stress, nur eben 2 Jahre später als in Bayern.


    Ich kann verstehen, dass bei manchen Kindern die Emtscheidung nicht ganz leicht fallen mag. Dennoch bin ich Fan des dreigliedrigen Schulsystems an sich* oute mich* -- wenn es denn mit einer starken Hauptschule einherginge, bei der die Kinder reelle Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben. In ländlichen Gebieten kommt das wohl eher vor als in einer Großstadt.


    Doch bevor ich jetzt eine Grundsatzdiskussionm lostrete: :flieh:

  • Ich persönlich habe gerade in NRW erlebt, dass ein Kind mit
    Deutsch: 2 (in allen drei Teilbereichen)
    Mathe: 4
    Sachunterricht: 2
    auf die Hauptschule gesteckt wurde. Die Grundschullehrerin meinte, es würde auf der Realschule nicht mitkommen.
    Die Eltern sind halt nur einfache Angestellte bzw. Arbeiter... DAS finde ich einen Skandal!

  • Tja, ähnliches ist auch meiner Frau in den 70ern passiert. Als Tochter einer alleinerziehenden Postbeamtin wurde ihrer Mutter bei der Selektion am Ende der Klasse 4 nahegelegt, dass doch vielleicht eine Realschule besser wäre als "allein unter Akademikerkindern". Sie ist dann allerdings doch auf eine Gesamtschule gegangen, hat ihr Abitur gemacht, studiert, ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und heute in Auswahlkommissionen der Studienstiftung des Deutschen Volkes für Neubewerber.


    Man gut, dass ihre Mutter damals nicht auf das Verdikt einer namenlosen Grundschullehrerin gehört hat. X( Ich bin ein entschiedener Gegner des dreistufigen Schulsystems und der Frühselektiererei von Lebenswegen; wenn es wie in BaWü wenigstens allgemein leicht beschreitbare Alternativwege zum Abitur gäbe. Aber das ist einfach nicht der Fall - in der Regel ist die Schulformselektion nuneinmal eine soziale Selektion...


    Nele

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