Wie setzt ihr euch durch?

  • Ich beginne nächste Woche mein Ref und werde in einer 8. Klasse in GSE und Reli unterrichten sowie GSE in einer noch unbekannten Stufe. Ich erhielt bereits ein paar Infos zu den Schülern. Demnach wird ne Handvoll Kandidaten dabei sein, die schon recht zügig ihre Grenzen austesten werden.
    Wie reagiert ihr auf Unterrichtsstörungen in einer 8. Klasse (Hauptschule)? Welche Sanktionen haltet ihr für angemessen? Ich finde einen Text abschreiben nicht zeitgemäß.
    Wenn ihr z. B. einem Schüler androht, dass er das Klassenzimmer verlassen muss, er weigert sich aber, wie bringt ihr ihn dazu, es schließlich doch zu tun?


    Vielen Dank schon mal!

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    Am Rande meines Verstandes kichert der Wahnsinn :tanz:

  • Du solltest dich erkundigen, wie das allgemeine Vorgehen an deiner Schule bzw. in deinen Klassen ist, denn am besten ist es, wenn alle an einem Strang ziehen.
    Ansonsten solltest du versuchen, motivierenden Unterricht zu planen und positiv auf die Schüler zuzuggehen und nicht schon vorab mit Sanktionen zu drohen.

  • Auf jeden Fall nicht aufregen und nicht laut werden (da freuen sich die Schüler meist drüber). Ich biete Ihnen immer an jetzt auf mich zu hören - und das ganze geht glimpflich aus. Oder ich werde mit ihnen zum KL oder Sl gehen und dann geht eine Nachricht an die Eltern. Meistens machen sie dann das was ich will ;)

  • Ja, da kann ich nur zustimmen - laut werden bringt nichts. Ich versuche gerade mehr oder weniger erfolgreich (je nach Tagesform) mir das abzugewöhnen.
    Bei mir hilft es einfach geduldig zu warten und die Schüler einfach anzuschauen, die gerade stören. Klappt nach einiger Zeit ganz gut!
    Was aber auch ganz gut geht, bei mir jedenfalls, einfach die Schüler nennen, die gerade positiv auffallen. "XY arbeitet heute super mit", "YX hat die Aufgabe schon fast fertig!"
    Auch die Störenfriede wollen Aufmerksamkeit und schauen sich ab was sie dafür tun müssen ;)


    Gruß Enachen

  • Meine bescheidenen 2cents mit 1 Jahr Unterrichtserfahrung:


    Durchsetzungsfähigkeit ist erlernbar. Wichtig ist, gleich von Anfang an ab der 1. Stunde klar und konsequent aufzutreten und es sich nicht zu vergeigen. Ganz klare Regeln sind wichtig, gerade weil es die Kids sonst nirgendwo mehr richtig erhalten. Also einmal Regel nennen und beim ersten Verstoß gleich "sanktionieren", nicht sagen "wenn du es noch einmal machst, dann..." oder "nach 3 Strichen passiert xy" - sondern gleich nach dem ersten Mal.
    Wenn man sich den Anfang verbasselt, weil man zu freundlich, locker, harmoniebedürftig ist, ist es schwer, dass Versäumte noch Mitte des Schuljahres wieder aufzuholen und der Respekt geht verloren.


    Ansonsten viel Loben, auch bei den "Störern" anderes positives Verhalten loben, damit es sich nicht hochschaukelt und es nicht zum "immer ich, sie haben mich auf den Kieker" kommt und die "Störer" erfahren, dass sie auch durch anderes Verhalten Aufmerksamkeit/Anerkennung bekommen. Ganz klar nach dem Grundsatz des Coachings: "Die Stärken stärken und die Schwächen managen."


    Ich würde mich auch einerseits an das Kollegium wenden und Fragen, wie sie es handhaben bzw. die Klassenlehrerin.
    Ansonsten würde ich mich auf privater Ebene mit geeigneter Literatur weiterbilden, ein Buchtitel wurde schon genannt - welche ich weiterhin noch gut finde sind:


    "Schwierige Schüler im Unterricht" - Dieter Krowatschek, mit 40€ teuer, aber wirklich eine Riesen-Fundgrube an Tipps und konkreten Handlungsvorschlägen für alle Altersstufen und unterschiedlichen Situationen, geht nicht nur um "schwierige" Schüler, wie im Titel angegeben, sondern um Verhalten auch im Klassenverband


    Weiterhin sehr gut ist auch von Gert Lohman "Mit Schülern klarkommen - Professioneller Umgang mit Unterrichtsstörungen und Disziplinkonflikten". Ansonsten ist noch zu empfehlen, "Mut zur Macht - Starke Schulen brauchen starke Lehrer" von Vera Frey und S. König. Einfach mal bei Amazon, im Buchladen oder in der Universitätsbibliothek schauen, was es da zum Thema gibt.


    Meist reicht es 2-3 Ratgeber im Schrank zu haben, da sich die Hinweise dann doch recht häufig ähneln und das Thema abgedeckt ist.


    zum Thema "Autorität von innen" - auch da würde ich ganz stark behaupten, dass es klar Menschen gibt, die diese natürliche Autorität besitzen und dies in ihrem Habitus ausdrücken, aber auch das ist erlernbar, wenn man sich mit den Themen Status, Persönlichkeit und Stimme auseinandersetzt - Bücher, Workshops gibt es auch viele dazu.

  • Hallo ihr Lieben und vielen Dank für die vielen Tipps und Literaturempfehlungen. Ich habe mich heute mal in nen Bücherladen gesetzt und mir ein paar Bücher durchgelesen.
    Mein Fazit: Richtig reagieren bei Störungen im Schulalltag von Lehmann-Schaufelberger und Disziplinmanagement in der Schulklasse von Gustav Keller habe ich mir gekauft. Aus den anderen, auch hier erwähnten, habe ich mir kurz Dinge rausgeschrieben.
    Gut fand ich von Krowatschek auch Disziplin im Klassenzimmer: Bewährtes und Neues und von Eichhorn Classroommanagement. Wird für mich erst im zweiten LAA-Jahr interessant, da vieles in Verbindung mit Klassleiterfunktion steht.
    Was ich mir bald kaufen möchte sind zwei Bände von Pearl Nitsche: Was mache ich wenn? und Nonverbales Klassenzimmermanagement. Habe mir beide angesehen und denke mir, wenn nicht jetzt, wann sollte ich es sonst ausprobieren.


    Und witzigerweise mad-eye-moddy war ich letztes Jahr oder so auch bei nem Seminar zum Thema Körpersprache. Es war nicht das was ich mir erhofft hatte, aber Status und Körperhaltung wurden auch thematisiert. Du hast vollkommen recht, dass man damit auch einiges erreichen und dies auch erlernen kann.


    So, jetzt hoffe ich, dass die von mir zusätzlich in Erfahrung gebrachte Literatur auch anderen noch weiterhilft!
    Vielen Dank euch noch mal!

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    Am Rande meines Verstandes kichert der Wahnsinn :tanz:

  • Lese gerade Status-Spiele von Tom Schmitt, hat nur indirekt was dem Lehrerberuf zu tun, aber ist sehr interessant im Zusammenhang mit Persönlichkeit und Durchsetzungsvermögen auf der psychologischen Ebene.


    Was kannst du zu Pearl Nitsche sagen? Worum geht es da? Bin immer interessiert an neuen Ansätzen.


    edit: Hab gerade Pearl Nitsche bei amazon gesehen mit "Blick ins Buch" durchgeblätter, gehört glaube ich auch bald auf meine Liste, allein schon die Kapitelüberschriften:
    "Befindlichkeit der Klasse und des Einzelnen: "Puh. Da stinkts. / Mir ist heiß / Mir ist kalt. / Iih, eine Spinne, Biene, Wespe.../ Darf ich was trinken. / Mir tut der Bauch weh. /Darf ich das Rollo runterlassen..." :rotfl: Direkt aus dem echten Schulleben gegriffen.
    Scheint ein echt sehr gutes Buch zu sein.
    Danke dir für diesen Tipp. Da durchforstet man amazon stundenlang nach guter Literatur und findet trotzdem solche Perlen nicht. Finde bloß 28€ viel für 134 Seiten. Aber wenn's Gold wert ist...

  • Ich war im Juli bei Pearl Nitsche in Wien. Ich hab dort die Fortbildung Nonverbales Klassenzimmermanagement 1 besucht und muss sagen es hat sich wirklich gelohnt! Allerdings wären die Module 2-4 auch noch wichtig ...

  • Bei Pearl Nitsche sind beide Bücher im A4 Format, eines mit 110 Seiten + Plakate, das andere mit 191 Seiten. Im Vergleich dazu sind die anderen fast im A5 Format und kosten knapp 17,00 bei jeweils 120 Seiten.
    Ich seh mal wie ich mit den Büchern zurecht komme, aber den Seminaren bin ich auch nicht abgeneigt. Als LAA nur schwerlich zu verwirklichen denke ich.

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    Am Rande meines Verstandes kichert der Wahnsinn :tanz:

  • Na das ist doch fast schon die Gretchenfrage des Lehrers! :D
    Ich bin auch immer dabei mich in dieser Frage weiterzubilden. Leider muss ich dann immer wieder feststellen, dass Theorie und Praxis nicht immer Hand in Hand gehen. Das, was mich persönlich am meisten belastet, sind keine fliegenden Stühle, sondern diese leisen Mauscheleien und kurzen Partnergespräche in lehrerzentrierten Unterrichtsphasen. Es nervt gewaltig, Schüler ständig ermahnen zu müssen. Vor allem finden die sich ob ihren geringen Vergehens überhaupt nicht schuldig, sondern es heißt dann: "Ich hab doch nur...!"
    Bei uns an der Schule hat man im Zuge der Unterrichtsrhytmisierung die Doppelstunde für alle Fächer eingeführt und ich merke, dass ich den Unterricht noch besser strukturieren und planen muss, um Unruhe schon im Vorhinein zu vermeiden. Ich mache das auch. Trotzdem kommt es in Besprechungsphasen zu oben beschriebenen Tuscheleien und ich bin im Moment auch am überlegen, wie ich es in den Griff bekomme. Ich habe kein Interesse an einem System, bei dem man nach dem 3. Mal fällig ist - das ist mir zu träge. Andererseits habe ich noch keine Idee, wie eine Sofortmaßnahme ausschauen könnte und zwar ohne den Unterricht unterbrechen zu müssen und ohne den Schüler bloßzustellen.
    90 Minuten Religion mit 30 Schülern ist aber auch eine Herausforderung... :wacko: 8)

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

  • Zitat


    Ich bin auch immer dabei mich in dieser Frage weiterzubilden. Leider muss ich dann immer wieder feststellen, dass Theorie und Praxis nicht immer Hand in Hand gehen. Das, was mich persönlich am meisten belastet, sind keine fliegenden Stühle, sondern diese leisen Mauscheleien und kurzen Partnergespräche in lehrerzentrierten Unterrichtsphasen. Es nervt gewaltig, Schüler ständig ermahnen zu müssen. Vor allem finden die sich ob ihren geringen Vergehens überhaupt nicht schuldig, sondern es heißt dann: "Ich hab doch nur...!"


    Stellt sich die Frage, ob du überhaupt ermahnen solltest, und damit im Endeffekt selbst deinen Unterricht zusätzlich störst ;)


    Ich habe ein nonverbales "Regelralleysystem" gebastelt, bei dem ich Störenfriede nur kurz ansehe und dann daran Modifikationen vornehme. (Man kann dabei bei gutem Betragen nach vorne wandern, Richtung Ziel, oder aber auch wieder zurück Richtung Zusatzaufgabe) Ist nix weltbewegendes, es zieht aber ;)


    Edit: Typo behoben

  • "Zeil": Sorry, das sollte "Ziel" heißen 8)


    Das System besteht quasi aus einem Wettlauffeld mit "Start", einem Wegfeld und "Ziel" und läuft über eine Woche. Jeder Schüler hat eine Spielfigur (bunter Reißnagel). Wer es ins Ziel schafft kann am Freitag sich für eine gewisse Zeit in der Spiel- oder Leseecke aufhalten.
    Das ganze geht auch andersherum. Wer stört geht ein Feld zurück. Wer hinter die Startlinie gerät erhält eine Zusatzaufgabe. Das Gerenne des Lehrers hin zur Regelralley ist am Anfgang natürlich noch hoch. Man setzt aber wenigstens den Fokus nicht nur auf Störenfriede :)


    [Blockierte Grafik: http://img191.imageshack.us/img191/4612/clipboard01sjt.th.jpg]

  • Das System besteht quasi aus einem Wettlauffeld mit "Start", einem Wegfeld und "Ziel" und läuft über eine Woche.


    Aber meinst du, dass das auch bei Jugendlichen wirkt? Ich habe da so meine Bedenken. Und das größte "Tuscheleien" Problem habe ich in meinen 2stündigen NEbenfächern. Es wäre schlichtweg zu aufwändig, für jeden dieser 4 Klassen so ein Reißbrett anzufertigen, das auch nicht hängenbleiben könnte, da ich in Fachräumen unterrichte. Deine Methode ist sicher sinnvoll, wenn man Klassenlehrer in der Grundschule ist. Meine Kandidaten sind 14-16.
    Ich versuche auch sehr viel nonverbal zu machen, mich einfach während des REdens auf die Mauscheler hinzubewegen, aber das ist eben nicht immer möglich und wenn betreffende PErsonen immer wieder anfangen zu tuscheln, muss man am Ende doch laut ermahnen.


    Grüße
    Mara

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

    • Offizieller Beitrag

    die, die ständig tuscheln, nehme ich gerne mal spontan dran, besonders gerne für Zusammenfassungen o.Ä.; dumm nur bei denen, die multitaskingfähig sind :(


    das Spiel ist ne tolle Sache, halte ich aber auch für Schüler jenseits der Grundschule für unangemessen ;)

  • Ihr habt beide sicher recht, wenn ihr sagt:


    a) nix für Jugendliche (Ich würde es nur bis Kl. 7 einsetzen, Erfahrungswert)
    b) es nur Sinn macht, wenn man Klassenleiter ist


    Letztlich würde ich aber generell darauf verzichten, Unterrichtszeit für Ermahnungen zu verbrauchen.
    Viele nützliche anregungen finden sich gerade auch für ältere Schüler bei meiner obigen Literaturangabe.
    Es läuft im Grunde dort stets darauf hinaus, nicht nur negatives Verhalten zu sanktionieren sondern besonders positives Verhalten hervorzuheben.
    Als reiner fachlehrer ist dies natürlich sehr schwierig, da stimme ich zu (Was leider oft an mangelnder Vereinbarung unter Lehrern zu liegen scheint, zumindest meiner Erfahrung nach)

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