Ich will nicht dauernd Schule neu erfinden!

  • Hallo,


    vielleicht haben wir in der Grundschule einfach das Glück Kindern zu begegnen, die gerne lernen wollen!
    Auch wir haben so manches Mal mit Verhaltensaufälligkeiten zu tun. Nur warum verhält sich der Schüler/ die Schülerin in dem Moment so?
    Oftmals liegt es am mir:
    Ich habe nicht bemerkt, dass der Schüler sich mit Material beschäftigt, die ihn augeblicklich noch überfördern (oder unterfordern)
    Ich habe nicht bemerkt, dass der Schüler mit seiner Kozentration einfach am Ende ist, und mal eine Rennpause einlegen sollte
    Ich habe nicht gemerkt, dass in der Pause etwas vorgefallen ist.


    Eine kurze, intensive Beratung löst oftmals dieses Problem sehr schnell.


    Wir haben bis auf drei Fächer keine feste Stundeneinteilung. Die Kinder wollen lesen, schreiben und rechnen lernen!
    Wenn jemand gerne etwas über Autos schreiben will, dann soll es es machen. Ein anderes Kind möchte lieber etwas über Nomen, Verben und Adjektive lernen. Andere rechnen lieber grade an ihrer Mathekartei.
    Immer gibt es die Möglichkeit zu schreiben, zu lesen und zu rechnen.
    Auch wir sind natürlich an Curriculare Vorgaben gebunden. Mein Job ist es dafür zu sorgen, dass die Kinder Materialien vorfinden, Angebote nutzen können, um sich diese Kompetenzen anzueignen.


    LG
    MamaMuh

    Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum!

  • Habt ihr eigentlich das Ausgangsposting gelesen? @letzte Diskussion


    Ich vermute mal nein, denn sonst hättet ihr mitbekommen, dass es der Threadstarterin nicht um Veränderungen im Unterricht ging.... Dieses permanente Abdriften in beinahe jedem Thread hier ist inzwischen echt anstrengend!

  • Ich hab mit Lerngruppen zwischen 15 und 40 Kindern gearbeitet. Hauptsache es war genug Platz da.
    Mir geht es auch nicht um Veränderung von Unterricht. Mir geht es um Abschaffung von Unterricht als Inszenierung für Kinder die sich "verhalten" sollen. Sonst gibts Maßnahmen oder Ritalin.
    In der Grundschule finden Lehrer oder Lernbegleiter nicht besonders nette Kinder, sondern Kinder die noch am nächsten dran sind wie Kinder wirklich lernen.
    Kinder kommen erwartungsvoll in die Schule und erleben oft als erstes, dass es Hauptsache ist sich so zu "verhalten" dass der Lehrer oder die Lehrerin nicht gestört ist bei der Inszenierung, bei der Predigt, bei der Therapie, bei der Maßnahme.
    Lehrer und Lehrerinnen finden das leider oft so schrecklich selbstverständlich.
    Und halten es für Störung wenn Kinder reden oder sich bewegen.

  • Zitat Silicium :

    Zitat

    Mir klingt das, was du schreibst verehrter Robischon, alles arg nach Waldorfschule und Schonraum für Traumtänzer.

    Waldorfschule glaube ich eher nicht, geehrter Silicium ! Als einzige funktionierende Alternativschule machen dort die Kollegen in der Regel eine solide Arbeit, zwar nicht nach meinem persönlichen Geschmack, aber der anthroposophische Hintergrund hat was. Rudolf Steiner halte ich für genial, wenn auch gewöhnungsbedürftig und nicht anwendbar für uns Staats-Schulmeister.


    Ich denke, der Schonraum für Traumtänzer findet hier auf irgendeinem reformpädagogischem Nährboden statt. Der mehrmalige Besuch des Oberschulrates wird schon seinen Grund gehabt haben.


    Ob der Unterricht von robischon und Mama Muh die Kinder wirklich auf das (reale) Leben vorbereitet, werde ich, auch wenn ich da eher skeptisch bin, jetzt hier nicht hinterfragen und erörtern wollen. Fakt ist, dass die Kinder irgendwann in das harte (reale) Leben eintreten und sich bewähren müssen. Da sieht es mit absoluter Selbstlernbestimmung und Schonraum eher mau aus.8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Hat sich was mit Reformpädagogik. Ich mag überhaupt keine "Pädagogik".
    Kinder lernen tatsächlich von selber und am besten miteinander, begleitet von Erwachsenen die ihre unendlich vielen Fragen beantworten können.
    In meiner Schulzeit war es nicht üblich dass Schüler Fragen stellten. Heutzutage scheint es immer noch nicht alltäglich.
    Die Schulräte waren tatsächlich da, weil Leute wie Elternschreck und Silicium, die ihr Kind bei mir in der Schule hatten, der Meinung waren, Kinder müssten in der Grundschule fürs Gymnasium und fürs Berufsleben abgehärtet werden. An besten vom ersten Tag an. Und ich hatte herausgefunden wie man Kinder selbstständig schreiben und lesen lernen lassen kann. Und sie haben angefangen zu schreiben wie die Weltmeister und alles gelesen was sich nicht gewehrt hat. Ohne Unterricht, Belehrung, "Einführung" und vor allem ohne Maßnahmen.
    Ein Hirnforscher hat mir bestätigt dass Kinder so lernen. Ich wär blöd gewesen wenn ich danach wieder Buchstaben eingeführt hätte und Silben klatschen und Strafarbeiten und Klo-Ampel.
    Mit ca. 55 hab ich dann eine Diplomarbeit geschrieben darüber wie Wissen entsteht. Hier an der Pädagogischen Hochschule kannte fast niemand das Fremdwort dafür. Dabei ist es doch deren Geschäft: Die Entstehung von Wissen.
    Ritalin und die verschiedenen Verfahren von Verhaltensauffälligkeit kennen dafür die meisten.
    Und tüfteln sich Maßnahmen aus.

  • Und halten es für Störung wenn Kinder reden oder sich bewegen.


    Ja, das liegt daran, dass es Störungen sind. Das empfinden Kinder im Übrigen ab einem gewissen Grad genau so. Aber denen ist dann sicherlich schon zu viel "Verhalten" eingeimpft worden.

    Die Wahrheit liegt im Blickwinkel des Betrachters.

  • Kinder die nicht miteinander reden dürfen, lernen auch nicht miteinander, sondern höchstens gegeneinander.


    Und wie sollen sie Fragen stellen ohne zu sprechen.


    Wenn Kinder reden, stören sie höchstens die Predigt, das Kommando, die Anweisung, den Versuch der gleichzeitigen Belehrung.


    Wenn Kinder etwas zu sagen haben, muss man ihnen zuhören.


    Dazu muss Schule tatsächlich neu erfunden werden. In der traditionellen Schule wird ihnen nicht zugehört.

  • Hallo Robischon,


    könnten Sie mit ihren Erfaheungen nicht mal an den Unis lehren?
    Habe jetzt eine,die Unterricht macht wie vor hundert Jahren...


    LG
    Mamamuh

    Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum!

  • Jaja, eine Schule im Lande Utopia !


    Zitat Mamma Muh :

    Zitat

    Habe jetzt eine,die Unterricht macht wie vor hundert Jahren...

    Was ja nicht unbedingt schlecht sein muss !


    Wir lassen uns von Kuschelpädagogen und Utopisten nicht beirren, denn in Deutschlands Schulen muss endlich wieder diszipliniert gearbeitet und gepaukt werden ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • " in Deutschlands Schulen muss endlich wieder diszipliniert gearbeitet und gepaukt werden"


    Ich denke bei Dir ist das so. Wie vor hundert Jahren. Wie in der Feuerzangenbowle oder bei Ecksteins Schulhumoresken.


    Oder beim Heimatkundeunterricht von Hauptlehrer Streng.Ich hab das Lehrbuch von 1930.


    Wenn Kinder selbstständig und miteinander lernen und arbeiten dürfen, hat das überhaupt nichts mit Kuschelpädagogik zu tun. Es ist so normal wie Gärtnerei.


    Pflanzen selber wachsen lassen in geeigneter Umgebung.


    An Unis war ich schon. Zuletzt auf Einladung von Studierenden an der Uni Halle beim Studentenstreik. Das Problem ist, dass mein Umgang mit dem Lernen in den meisten Ländern noch nicht zur Prüfungsordnung passt. Es gibt noch immer solche Fossilien wie Elternschreck. Viele Lehrer können das noch nicht, Kindern zuhören und zuschauen und nur auf ihre Fragen antworten. Sie glauben nicht, dass das viel leichter, schneller, nachhaltiger und erfolgreicher ist als der unsägliche gleichzeitige und gleichschnelle Frontalunterricht.

  • Viele Lehrer können das noch nicht, Kindern zuhören und zuschauen und nur auf ihre Fragen antworten. Sie glauben nicht, dass das viel leichter, schneller, nachhaltiger und erfolgreicher ist als der unsägliche gleichzeitige und gleichschnelle Frontalunterricht.

    Was ist denn aber, wenn die Kinder keine oder nicht die richtigen Fragen stellen? Natürlich ist es toll, wenn Fragen kommen und ich denke, dass weder der verehrte Kollege Elternschreck noch ich uns dagegen verschließen. Ich freue mich immer, wenn Interesse besteht und versuche das entweder in den Unterricht einzubauen, oder den Schüler mit Quellen zu versorgen, mit denen er seinen Wissensdurst allein stillen kann (wenn es einfach nicht in den Unterricht passt).
    Gerade in Chemie und Physik kann man auf die Frage "Wie funktioniert eigentlich XY?" oftmals eine tolle Unterrichtseinheit dazu machen und dabei Themen des Bildungsplans dazu einbringen.
    Jetzt das große Aber:
    Wenn Schüler alle Erkenntnisse nur durch selbstausgedachte Fragen und eigenes Interesse selbst erarbeiten sollen, dann bräuchte das Jahrhunderte. Eigentlich zu allen Erkenntnissen und Fragen in der Naturwissenschaft muss man erstmal hingeleitet werden. Es ist nicht ohne Grund so, dass für das Gewinnen der Erkenntnisse in der Naturwissenschaft Jahrhunderte gebraucht wurde, das kann man als Schüler nicht mal eben selbst entdecken.
    Ich stimme Dir zu, dass eine eigene Erkenntnis mit Sicherheit nachhaltiger im Gedächtnis bleibt. Sich aber ein System vollständig selbstständig zu erarbeiten ist zeitlich gar nicht möglich. Man muss schon, oftmals auch gegen das Interesse der Schüler ein paar Dinge vorgeben und dann abverlangen, dass die Schüler mit Hilfe dieses eingepaukten Wissens Schlussfolgerungen ziehen.


    Wenn Kinder selbstständig und miteinander lernen und arbeiten dürfen, hat das überhaupt nichts mit Kuschelpädagogik zu tun. Es ist so normal wie Gärtnerei.

    Und was ist mit denen, die gar keine Lust haben zu lernen? Ich meine versteh mich nicht falsch, ich bin der erste der dafür wäre alle Leute von der (weiterführenden) Schule ins Arbeitsleben zu schmeißen, die eigentlich gar nicht lernen wollen und nur noch mit intrinsisch motivierten Schülern zu arbeiten. Leider ist das nicht die Realität. Es gibt immer unzählige Schüler, in den Fächern Chemie und Physik ist deren Anzahl aufgrund der Schwierigkeit der Fächer und der natürlichen menschlichen Abneigung gegen anstrengendes Hirnwindungen Verdrehen (aka denken) gigantisch, die einfach keine Lust haben Fragen zu stellen oder sich selbstständig zu motivieren.
    Ging mir in manchen Fächern teilweise auch so, geb ich ja zu. Da saß man drin und wenn der Lehrer keinen Druck gemacht hätte, hätte man in der Gruppenarbeit vor sich hingedümpelt und lediglich ein Schneckentempo in Anpassung an das momentane eigene Interesse vorgelegt.
    Wenn der Lehrer gut war, hat er schon gesehen, wenn jemand nicht arbeitet und da dann entsprechend Beschäftigung mit dem Thema eingefordert.




    Ich weiß nicht, ob wir vielleicht aneinander vorbeireden. Es geht gar nicht darum, dass ich nur Frontalunterricht möchte und nur stumpf Wissen in die Schüler einpauken möchte. Ich mache durchaus auch Unterrichtseinheiten, in denen die Schüler selber experimentieren und Quellen zur Verfügung haben, anhand denen sie sich dann ein Modell selber erarbeiten können.
    Allerdings wird die Beschäftigung damit dann auch streng abverlangt und von mir überwacht.



    Kinder die nicht miteinander reden dürfen, lernen auch nicht miteinander, sondern höchstens gegeneinander.




    Und wie sollen sie Fragen stellen ohne zu sprechen.

    Indem man sich meldet, dann mit Sicherheit auch von mir dran genommen wird und dann seine Frage stellen darf, während die anderen zuhören?


    Mir geht es um Abschaffung von Unterricht als Inszenierung für Kinder die sich "verhalten" sollen. Sonst gibts Maßnahmen oder Ritalin.

    Das ist für mich absolut nicht nachvollziehbar. Zu einer adäquaten Lernumgebung gehört für mich auch ein entsprechendes, von den Schülern abverlangtes und im Zweifel mit Maßnahmen durchgesetztes Verhalten. Kein Schüler kann ordentlich lernen, wenn Leute laut durch die Gegend rufen, Schabernack treiben oder herumhüpfen. Bei einer Gruppenarbeit zum Beispiel muss Ruhe herrschen. Das heißt ja nicht, dass man sich nicht unterhalten und austauschen kann, aber man muss eben darauf achten, dass das Gespräch nicht so laut wird, dass die anderen Gruppen gestört werden. Das ist ein Verhalten, was man immer immer wieder üben muss und auch einfordern muss, von ganz alleine wie Du sagst, passiert das nicht. Es gäbe lauten Tumult!
    In einer Frontalunterrichtsphase, die durchaus als Methode in Abwechslung mit den freieren Methoden ihre Berechtigung hat, ist es eben obligatorisch, dass nur der Lehrer redet. (Oder eben der Schüler, der einen Beitrag liefert gerade)


    Kinder kommen erwartungsvoll in die Schule und erleben oft als erstes, dass es Hauptsache ist sich so zu "verhalten" dass der Lehrer oder die Lehrerin nicht gestört ist bei der Inszenierung, bei der Predigt, bei der Therapie, bei der Maßnahme.


    Lehrer und Lehrerinnen finden das leider oft so schrecklich selbstverständlich.


    Und halten es für Störung wenn Kinder reden oder sich bewegen.

    Ich finde es im Gegenteil schlimm, dass Kinder (heutzutage) in der Schule erst lernen müssen, dass man nicht einfach losrennt oder losplappert, wenn ein anderer mit einem oder zu einem spricht! Das müsste eigentlich schon im Elternhaus beigebracht worden sein.
    Je mehr Menschen zusammen kommen, desto mehr muss die Unterhaltung diszipliniert ablaufen, sonst sprechen alle durcheinander und keiner bekommt etwas mit. Anders herum höre ich dem Kind ja auch mit voller Aufmerksamkeit zu, wenn es einen Beitrag bringt. Wenn ich rede, haben alle anderen zuzuhören. Wenn ein Kind redet, haben auch alle anderen (inklusive mir) zuzuhören.
    Es kann jeder zu Wort kommen, man muss sich nur melden. Einer muss eben moderieren, wer gerade dran ist. Diese Rolle erfüllt der Lehrer.


    Damit nicht immer nur einer gleichzeitig reden kann, gerade in Sprachen, macht man eben angeleitete Übungen in kleinen Gruppen.
    Wenn ein Text gelesen werden soll anhand dem etwas erarbeitet werden soll, ist von allen Schülern während der Phase einzuhalten, dass Ruhe herrscht.

    Einmal editiert, zuletzt von Silicium ()

    • Offizieller Beitrag

    Wenn Kinder selbstständig und miteinander lernen und arbeiten dürfen, hat das überhaupt nichts mit Kuschelpädagogik zu tun. Es ist so normal wie Gärtnerei.



    Ja klar. Ist aber doch nun wirklich nichts Neues.


    Wobei ich persönlich eine gewisse Methodenvielfalt für das Sinnvollste halte...

  • Was ist denn aber, wenn die Kinder keine oder nicht die richtigen Fragen stellen?


    Kinder stellen immer Fragen (außer sie trauen sich nicht). Und gibt es "falsche" Fragen? Kinder fragen das, was sie interessiert, und genau die Antwort darauf bringt sie in ihrem Lernprozess weiter.



    wenn es einfach nicht in den Unterricht passt


    Warum sollte etwas, was die SuS freiwillig lernen wollen, "nicht in den Unterricht passen"?



    Und was ist mit denen, die gar keine Lust haben zu lernen?


    Früher oder später wollen alle Kinder lernen (außer sie haben schon extrem negative Erfahrungen im Bildungssystem gemacht).



    Ich weiß nicht, ob wir vielleicht aneinander vorbeireden.


    Schau dir einfach einmal Robischons Homepage an; dann weißt du, wovon er redet.



    Zu einer adäquaten Lernumgebung gehört für mich auch ein entsprechendes, von den Schülern abverlangtes und im Zweifel mit Maßnahmen durchgesetztes Verhalten. Kein Schüler kann ordentlich lernen, wenn Leute laut durch die Gegend rufen, Schabernack treiben oder herumhüpfen. Bei einer Gruppenarbeit zum Beispiel muss Ruhe herrschen.


    Glaubst du nicht, dass die SuS mit der Zeit selbst merken werden, wie sie am besten arbeiten können und sich gewisse Verhaltensweisen ohne Anordnung von selbst einstellen?



    Es kann jeder zu Wort kommen, man muss sich nur melden. Einer muss eben moderieren, wer gerade dran ist. Diese Rolle erfüllt der Lehrer.


    Sonst begründest du doch schulische Regularitäten oft mit den Parallelitäten im nach- und außerschulischen Leben, nicht? Muss man sich dort melden und aufgerufen werden, um etwas sagen zu dürfen? Und warum muss die Moderation immer vom Lehrer übernommen werden? Sollen SuS sich in dieser Rolle nicht selbst auch erproben?

  • Dass Kinder am besten lernen wenn sie selbstständig und bei Bedarf miteinnder arbeiten ist tatsächlich nichtsNeues. Für Schule mit Unterricht und Belehrung ist es allerdings etwas Fremdes und vor allem Störendes.
    Es gibt keine Kinder die nicht lernen wollen.
    Es gibt jede Menge Kinder und Jugendliche die nicht mit etwas belehrt werden wollen was mit ihnen nichts zu tun hat, was sie nicht interessiert, was sie sich nicht ausgesucht hätten.
    Deshalb ist Unterricht ja auch so kompliziert und es wird versucht, möglichst viele "Methoden" einzsetzen, damit das Zeug vielleicht doch etwas leichter rutscht. Mit Lernen hat das wenig zu tun.
    Wer das Abitur nun mal braucht, macht halt in Gottes Namen mit und versucht, möglichst viele Punkte zu bekomen. Und die Unterrichtsfächer die einen am meisten ankotzen, versucht man so früh wie möglich abwählen zu können.
    Wenn Kinder erfahren was es alles gibt und was man alles entdecken, erfinden, herausfinden, erforschen, experimentieren kann, dann wollen sie auch so viel wie möglich davon wissen.
    Warum darf es nicht in ihrer eigenen Reihenfolge ablaufen? Bei mir wollten Zweitklässler etwas über Mittelalter, Römer, zweiten Weltkrieg, Elektrizität, Schiffe, Tiere usw... wissen. Die Zugänge dazu kann man ihnen einfach zeigen.
    Meine Kolleginnen meinten, es stünde doch nicht im Bildungsplan für Zweitklässler. Sie haben es trotzdem gelernt und wissen ganz sicher immer noch viel davon und vor allem über sich selber, dass sie alles lernen können, wenn man sie nur lässt. Fürdie folgenden Schularten war das sehr angenehm. Diese Kinder mussten nicht "motiviert" werden.

  • Zitat robischon :

    Zitat

    Ich denke bei Dir ist das so. Wie vor hundert Jahren. Wie in der Feuerzangenbowle oder bei Ecksteins Schulhumoresken.

    Die Lehrer-Figuren, die in der Feuerzangenbowle auftauchen, haben allesamt Charisma, Humor, große Fachkompetenz und machen auch für heutige Verhältnisse gar nicht mal so schlechten Unterricht. Die Schule wird hier als eine Institution beschrieben, in der der Unterricht von Mensch zu Mensch gestaltet wird.

    Zitat

    Das Problem ist, dass mein Umgang mit dem Lernen in den meisten Ländern
    noch nicht zur Prüfungsordnung passt. Es gibt noch immer solche
    Fossilien wie Elternschreck.

    Das sollte Dir zu denken geben, geehrter robischon ! Die Fossilien, die Du erwähnst, haben kein Problem damit, sogar Waldorfschulen mit ihrer eigenen und besonderen Pädagogik zuzulassen. Ich denke mal, dass Dein Konzept zu krass gestrickt und für die Schul-Schüler-Realität nicht anwendbar ist.


    Ansonsten muss ich Siliciums Beitrag zustimmen. Wir sind ja nicht prinzipiell gegen das selbständige Lernen, jedoch muss ein gewisser Ordnungsrahmen vorhanden sein, damit die Schüler konzentriert und effektiv lernen. Das selbstständige Lernen setzt im Vorfeld den Schüler mit einer gehörigen Portion Selbstdisziplin und Ehrgeiz voraus. Diesen Schüler gibt es leider , dank der Nichterziehung der Eltern, nicht mehr. Deswegen muss der Rahmen insgesamt enger und strenger gesetzt werden als es in meiner (leistungsorientierteren und disziplinierteren) Generation nötig gewesen wäre.


    In den Grund- und weiterführenden Schulen haben wir es zunehmend mit verstrahlten, verhaltensauffälligen, unkonzentrierten und willensschwachen Kindern zu tun, die, wenn sie selbstbestimmt etwas machen sollen, nur die Fernbedienung des Fernsehers handhaben oder ihre Game-Boys/Play-Stations hochfahren würden. Und dann gibt es noch Schüler, die, wenn man sie an einer zu langen Leine lassen würde, ganze Heizungskörper demontieren oder das Toilettenbecken in die Luft sprengen würden, wie neulich bei einer Hauptschulkollegin geschehen, die den Offenen Unterricht versucht hat. Auch hier im Forum klagen etliche Grundschulkolleginnen, die ach so modern und offen unterrichten, über große Disziplinprobleme. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Kinder stellen immer Fragen (außer sie trauen sich nicht). Und gibt es "falsche" Fragen? Kinder fragen das, was sie interessiert, und genau die Antwort darauf bringt sie in ihrem Lernprozess weiter.

    Kann bei kleinen Kindern stimmen, zumindest in der Unterstufe habe ich das auch beobachtet, aber spätestens in der Pubertät hat es sich mit dem Wissensdurst dann bei vielen (!) erledigt.
    Ja, natürlich gibt es falsche Fragen. Damit meine ich nicht in dem Sinne, dass es dumme Fragen gibt, sondern, dass es einfach Fragestellungen gibt, die zwar interessant sein mögen, den Unterricht aber kein bisschen voran bringen.


    Simples Beispiel: Wenn ich in Chemie ein Experiment mache, bei dem ich Salzsäure auf Kalk tropfe und es sind Bläschen zu beobachten, dann wäre es für den Versuch zum Beispiel eine tolle Frage, welches Gas da wohl entstanden ist.
    Fangen die Kinder aber an zu fragen wo man Salzsäure kaufen kann, ob ich schon einmal Salzsäure auf dem Finger hatte, woher ich den Kalk habe, ob der Kalk schmeckt oder was sich Kinder auch immer ausdenken mögen (habe ich alles schon erlebt), dann sind das zwar irgendwo natürliche Fragen, aber für den Versuch falsche Fragen. Auf die ein oder andere Frage würde ich im Unterricht auch eingehen, aber wenn das zu viel wird, muss ich die Schüler lenken. Sonst ist die Stunde um und das, was eigentlich gelernt werden sollte, wurde nicht gelernt, weil keiner danach gefragt hat.
    Ich bezweifle einfach, dass die Antworten auf die genannten Fragen der Schüler diese in ihrem Lernprozess weiter bringen, als wenn man mit ihnen die Prinzipien, die man ihnen mit dem Versuch eigentlich beibringen wollte, näher gebracht hätte.
    Wir bräuchten ja eigentlich gar keinen Bildungsplan mehr, wenn es nach euch geht und man immer das auf den Tisch bringt, was die Schüler gerade interessiert.


    Auch beliebt sind Fragen, wie man (chemische) Sprengstoffe herstellt oder was eine Atombombe ist. Ich habe prinzipiell kein Problem damit solche Fragen zu beantworten, aber es fehlen meist einfach zu dem Zeitpunkt der Frage die Voraussetzungen um die Themen zu verstehen. Um komplizierte Dinge zu verstehen muss man erstmal basale Prinzipien lernen und es erscheint mir sehr unwahrscheinlich, dass Schüler immer genau die richtigen Fragen stellen, die genau diese Prinzipien als Antwort enthalten.


    Warum sollte etwas, was die SuS freiwillig lernen wollen, "nicht in den Unterricht passen"?

    Hä? Du meinst, wenn ein Schüler ankommt und sagt er interessiert sich für ein Thema, das im Bildungsplan nicht auftaucht, dann sollte man das trotzdem besprechen? Ich denke, dass man in solchen Fällen eben Quellen zur Verfügung stellen sollte. Klar, wenn Zeit ist, kann man ja mal einen Exkurs machen, aber das scheint mir ob der eh schon straffen Zeitplanung in meinen beiden Fächern kaum machbar.


    Früher oder später wollen alle Kinder lernen (außer sie haben schon extrem negative Erfahrungen im Bildungssystem gemacht).

    Selbst, wenn man mal annimmt (was ich irgendwie schon bezweifle), dass alle Kinder einen starken Lerneifer automatisch entwickeln, dann doch mitnichten in allen Fächern zugleich. Dass jedes Kind in jedem Fach zu jedem Thema Lust zu lernen hat, ist doch ein wenig gewagt. Klar gibt es welche, die fast alles interessiert. Aber das ist imho eine edle Ausnahme.

    Glaubst du nicht, dass die SuS mit der Zeit selbst merken werden, wie sie am besten arbeiten können und sich gewisse Verhaltensweisen ohne Anordnung von selbst einstellen?

    Wenn sich das alles so von selbst regelt, warum gibt es denn so viele Probleme in den Klassen?
    Bei manchen ist das bestimmt so, aber es gibt halt auch immer Schüler, die sich nicht von selbst ein entsprechendes Verhalten aneignen. Wenn alles, so wie Du es Dir vorstellst, immer von selbst funktioniert, warum erzieht man seine Kinder eigentlich überhaupt noch? Die müssten doch alle irgendwann von selbst darauf kommen, wie man sich verhalten muss, nicht wahr?


    Sonst begründest du doch schulische Regularitäten oft mit den Parallelitäten im nach- und außerschulischen Leben, nicht? Muss man sich dort melden und aufgerufen werden, um etwas sagen zu dürfen? Und warum muss die Moderation immer vom Lehrer übernommen werden? Sollen SuS sich in dieser Rolle nicht selbst auch erproben?

    Auch im Arbeitsleben kann man nicht einfach irgendwo reinplappern. Wenn es da im Betrieb ein Meeting gibt, redet in der Regel auch nur einer und die anderen hören zu. Da ist dann auch meist festgelegt, wer wann spricht und moderiert wird das ganze auch.
    Natürlich meldet man sich nicht mehr zu jeder Gelegenheit per schulischem Handzeichen, das ist aber auch an der Schule nicht immer nötig. Wenn ich zum Beispiel in der Oberstufe eine schwierige Frage stelle und es ist totenstill, weil keiner eine Ahnung hat, und dann sagt nach längerer Ruhezeit auf einmal jemand eine Idee zur Lösung in den Raum, dann ist das auch ohne Meldung in Ordnung.
    Frage ich etwas und jemand schreit gleich die Lösung in den Raum, obwohl auch 5 andere Leute gerne etwas gesagt hätten, dann ist es unhöflich. Deshalb wird da besser mit Handzeichen gearbeitet.


    Klar können Schüler auch mal die Moderation übernehmen. Bietet sich zwar eher in Fächern wie Deutsch oder gesellschaftskundlichen Fächern an, wo man mal eine Diskussion moderieren lassen könnte, aber wenn zum Beispiel Schüler ein Referat halten und dazu Fragen in die Runde stellen, moderieren sie natürlich selbst wenn sie dran nehmen z.B..




    Mal ganz ehrlich Plattenspieler, also so wie Du es Dir vorstellst, dass man immer nur die natürlich auftretenden Fragen der Schüler beantwortet und damit eine umfassende Vorbereitung aufs Abitur erzielt, klappt es nicht. Ein gehöriges Stück Leiten und Vorgeben, womit sich der Schüler jetzt beschäftigen soll, muss man da schon.
    Sonst ist es auch ein bisschen wie Rosinen picken. Wenn ich mich an der Uni z.B. nur mit den Dingen beschäftigt hätte, die mich gerade interessieren, hätte ich mich arg auf ein Thema spezialisiert und die Breite der Grundlagen misachtet, denn manche Themen sprechen einen mehr an, andere weniger. Das ginge Schülern auch so.

    3 Mal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Kann bei kleinen Kindern stimmen, zumindest in der Unterstufe habe ich das auch beobachtet, aber spätestens in der Pubertät hat es sich mit dem Wissensdurst dann bei vielen (!) erledigt.
    Ja, natürlich gibt es falsche Fragen. Damit meine ich nicht in dem Sinne, dass es dumme Fragen gibt, sondern, dass es einfach Fragestellungen gibt, die zwar interessant sein mögen, den Unterricht aber kein bisschen voran bringen.


    [...]
    Sonst ist die Stunde um und das, was eigentlich gelernt werden sollte, wurde nicht gelernt, weil keiner danach gefragt hat.

    Genau hier liegt der unterschiedliche Ansatz:
    Robischon will den individuellen Lernprozess der Kinder fördern und lehnt einen institutuinalisierten Lernprozess, in dem alle das gleiche lernen sollen, ab.
    Es lässt sich durchaus darüber streiten, ob das, was du wolltest, dass die Schüler lernen, diese wirklich "gelernt" haben (oder es nur im nächsten Test mehr oder weniger fehlerfrei reproduzieren können).


    Ich habe durchaus auch meine Zweifel daran, ob/wie Robischons Methode in der Sek I funktionieren kann im 45 Minuten Rhythmus, den ich alleine nun mal nicht auflösen kann, mit verpflichtenden Klassenarbeiten, die ich nun mal schreiben lassen muss (und mit definitiv keinerlei Ressourcen, um 30 individuelle Arbeiten zu konzipieren) und zentralen, vergleichenden Prüfungen - inkl. Pubertät, wo das andere Geschlecht und die mehr und mehr gewonnene "Freiheit", der größer werdende Bewegungsradius nun mal viel spannander sind.


    Natürlich kann ich mir Szenarios ausdenken, natürlich kann ich anlassbezogen arbeiten, auf individuelle Fragen eingehen, das simple past eben dann vermitteln, wenn es gebraucht wird und nicht, wenn das Lehrbuch es vorschreibt.


    Und ja, ich finde, Lernen im Gleichschritt hat auch große Nachteile (und ist selten echtes "Lernen").
    Ich weiß aber auch nicht sicher, ob das bei 14/15jährigen wirklich alles so klappt. Wenn die Freundin Schluss gemacht, die Eltern sich getrennt, der Vater an Krebs erkrankt ist, gerade draußen die Sonne scheint.
    Natürlich hat das System Schule viele Macken und Fehler und Unzulänglichkeiten. Kinder haben viel zu wenig Bewegung (und teilweise Bewegungsfreiheit), gerade für Jungs oft eine Qual, die sich dem System Schule oft viel schwerer anpassen können als viele Mädchen.
    Dennoch finde auch ich es wichtig, dass Zusammenarbeiten, sich gegenseitig zuhören, aufeinander Rücksicht nehmen extrem wichtig ist und gelernt werden muss.
    Und natürlich leuchtet mir ein, dass Schüler x deswegen stört und schwätzt, weil er schlicht überfordert ist (oder weil halt andere Sorgen gerade dringender ist).
    Nur bin ich das in dem System durchaus auch. Ich habe auch nur begrenzte Ressourcen in einem sehr eng gesteckten Rahmen, aus dem ich keinen echten Ausweg sehe, den ich alleine verändern kann.
    Wenn ich als Klassenlehrer in der Grundschule mehr oder weniger alle Fächer in meiner Klasse unterrichte, natürlich kann ich dann die 45 Minuten 45 MInuten sein lassen und längere und individuellere Arbeitsphasen zulassen.
    Das kann ich aber schlicht nicht.


    Aber das wurde ja eigentlich schon früher mal ausführlichst diskutiert und führte zu keinem für mich brauchbaren Ergebnis.


    Sorry fürs OT, aber brannte mir unter den Nägeln.




    Und on topic:
    Ja, dieser unendliche elendige Verwaltungs- und Listenkram nervt mich auch unsäglich!
    Und an einem großen Kollegium kann man sich vermutlich noch leichter aus verschiedenen Arbeitsgruppen raushalten als in der Grundschule, könnte ich mir vorstellen.
    Ich würde auch gerne mehr unterrichten.
    Mehr Zeit haben, mir Konzepte zu überlegen, wie ich eben in meinen konkreten Klassen individueller fördern und helfen kann (anstatt ein Förderkonzept für 1000 Schüler zu entwickeln...).
    Mehr Projekte entwickeln. Und nicht wieder auf die nächste Klassenarbeit hinarbeiten und im Zweifek die Motivation mit Noten niederdrücken. Mir überlegen, wie ich dem weiterhelfen kann, der gerade total überfordert ist. Zeit und Ressourcen haben, wirklich sehen zu können, wer eigentlich über- und wer unterfordert ist, wer besondere Begabungen in welchen Bereichen hat, den Schüler ganzheitlicher sehen können, weil ich eben nicht 34 Schüler auf die nächste Klassenarbeit trimmen und disziplinieren muss...


    Dreams...

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Ging es nicht am Anfang um die Klage über die Zumutung, Schule neu erfinden zu sollen?
    Wer sich eine grundsätzliche andere Art von Schule nicht vorstellen kann, weil es eben Lehrstoff, Bildungsplan, Noten, Prüfungen, Klassenarbeiten, 45 Minuten Takt gibt, der wehrt sich halt mit Händen und Füßen.
    Es gibt sogar Leute die finden Schule aus dem 19 Jahrhundert echt toll. Die Feuerzangenbowle ist ziemlich weitgehend abgeschrieben aus Ecksteins Schulhumoresken aus der zweiten Häfte des 19 Jahrhunderts. Da war Schule so und Lehrer waren so merkwürdig, dass manche Schüler nicht anders konnten als sie zu verarschen. Ich hatte auch solche Lehrer, vor 50 bis 60 Jahren ungefähr. Die waren nicht charismatisch. Die hatten wenns hoch kam, einen gewissen Unterhaltungswert. Gelernt hab ich von denen, dass ich Unterricht und Belehrung langweilig, ineffektiv, quälend finde. Ein Mitschüler fands toll und wurde dann selber genauso ein Latein- und Griechischlehrer an der gleichen Schule.
    Ich rede davon wie Lernen viel leichter, nachhaltiger, interessanter, vielseitiger sein kann als das was in üblicher Schule als Folge von Belehrung, Unterricht, Kontrollen, Ermahnungen, Apellen, Drohungen und Strafen entstehen soll.
    Elternschreck und ein paar weitere finden die traditionelle Schule toll und anscheinend überhaupt nicht verbesserungs- oder änderungsbedürftig.
    Sie müssen dann damit leben, dass Kinder oder Jugendliche nicht verstehen was sie ihnen sagen, dass sie nicht tun was ihnen aufgetragen wird, dass sie Eingeübtes und Trainiertes auch nach Wochen noch nicht richtig machen und eine Woche später komplett abgeschüttelt haben und noch nie was davon gehört haben. Dass Kinder oder Jugendliche immer und immer wieder die Veranstaltung stören und behindern und auf Drohungen und Strafen nicht mehr reagieren wie sie eigentlich sollten.
    Ich bin mit meinem Umgang mit dem Lernen bestens zurecht gekommen und die Kinder auch. Bei denen hat es nachgewirkt bis heute. Die Schulbehörden sind wahrscheinlich, soweit die Herrschaften noch nicht verstorben sind, etwas nachdenklich geworden und ich höre, dass aufgefordert wird Schule neu zu erfinden und Inklusion zuzulassen.

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