Nachhilfeschüler mit LRS (?) - wie vorgehen?

  • Hallo ihr Lieben,


    ich wende mich an euch, weil ich mich nicht ausreichend auf einen solchen Fall ausgebildet fühle und Hilfe/ Tipps von erfahrenen Kollegen brauche.


    Ich erteile seit einigen Wochen Nachhilfeunterricht für einen Fünftkässler im Fach Deutsch. Schon recht früh hatte ich den Eindruck, dass der Junge evt. eine Lese-Rechtschreib-Schwäche haben könnte, bin mir jedoch nicht sicher. Als ich die Mutter darauf ansprach, erzählte sie mir, dass die Lehrer bereits seit der ersten Klasse den Verdacht äußerten, sie es aber nie testen lassen haben. Der Grund dafür liegt in der Angst der Eltern, dass der Junge eine Sonderstellung einnehmen könnte, nicht nur durch andere, sondern dass er sich auch selbst als minderwertig wahrnehmen könnte. Auf meine Bitte, das trotz allem überprüfen zu lassen, da es das Beste für das Kind sei, wurde bisher noch nicht reagiert. Nun frage ich mich, wie ich dem Kind die entsprechende Förderung geben könnte. Leider wurde ich in meinem Studium überhaupt nicht auf einen solchen Fall vorbereitet und weiß nicht, wie ich mit einer LRS umgehen kann - wenn es überhaupt eine ist.


    Die Probleme zeigen sich vor allem bei Grammatikübungen. In einfachen Gesprächen mit mir ist er durchaus in der Lage sich auszudrücken und grammatikalisch korrekte Sätze zu bilden. Auch in der Rechtscrhreibung sehe ich an sich nicht sooooo viele Probleme, weswegen ich nicht sicher bin, ob es überhaupt eine LRS ist. Problematisch ist es eher, wenn z.B. Verben konjugiert werden sollen. Abgesehen davon, dass er die Personalpronomen nicht kennt (außer ich, er/ sie/ es, wir) und im Englischen (hier gebe ich auch Nachhilfe bei ihm) teilweise auch das Wort "are" als Personalpronomen nennt, kann er auch die entsprechenden Endungen für die unbekannten Personalpronomen nicht nennen. Bitte ich ihn also darum, einen Satz mit "du" und "einen Brief schreiben" zu bilden, kann er das nicht korrekt ausführen. Noch schlimmer wird es, wenn es um die Vergangenheitsform geht. Wie kann ich dem Jungen hier helfen? Es bringt ja nichts, wenn er das jetzt stur auswendig lernt, oder?


    Problematisch war letztes Mal auch die Wortbildung. In der Aufgabe ging es darum, dass viersilbige Wörter gebildet werden sollten - pro Zeile waren verschiedene Silben gegeben und es sollten sinnvolle Wörter gebildet werden. Wir saßen eine gefühlte Ewigkeit an der Aufgabe, weil er zwar Wörter bildete, diese aber keinen Sinn ergaben. Beispielsweise bildete er das Wort "Untersteine" (statt Unterhose). Oft bildete er aber auch "Wörter" (Silbenzusammenfügungen), die gar nicht existieren - er merkte das auch gar nicht, zumindest war das mein Gefühl. Leider fühlte ich mich in der Situation auch total überfordert und wusste nicht, wie ich ihm helfen kann. Ich gab zwar semantische Hinweise (z.B. dass es um ein Kleidungsstück geht), doch das half gar nicht.


    Im Englischen fiel mir auch noch etwas auf, das ich sehr seltsam fand. Wir lasen einen Text über Piraten, den er an sich wirklich gut verstanden hatte. Am Ende löste sich dann auf, dass die ganze Geschichte nur ein Traum war - wortwörtlich war das nicht formuliert, doch war es gut verständlich aus meiner Sicht. Nachdem wir diesen letzten Absatz übersetzt hatten (weil er ihn inhaltlich auch grob gar nicht erfasst hatte), verstand er die Pointe noch immer nicht. Erst nachdem ich ihn darauf aufmerksam machte, dass er alles träumte, verstand er die Semantik des Absatzes.


    Und nun die Frage: Wie kann ich dem Schüler helfen? Wo ist sein genaues Problem? Wie kann ich ihn gezielt fördern; gibt es spezielle Förderaufgaben für solche Fälle? Und was kann man den Eltern raten?
    Ich würde mich wirklich freuen, wenn jemand von euch schon Erfahrungen in diesem Bereich hätte, da ich langsam wirklich ratlos bin.

  • Hallo Marry.
    könntest du nicht vielleicht, natürlich in Absprache mit den Eltern deines Schülers, Kontakt zur Deutschlehrerin aufnehmen und dir dort genauere Hinweise geben lassen, an welcher Stelle und wie du den Jungen fördern kannst. Ich finde es immer sehr wichtig, wenn die unterschiedlichen Förderungen eng verzahnt sind. Ansonsten würde ich wie du bereits getan hast, den Eltern raten, ihr Kind testen zu lassen.


    Für reine Rechtschreibförderung( nicht speziell für LRS) bietet der "Münsteraner Lernserver" http://www.lernserver.de/ eine Diagnostik und darauf abgestimmt sehr gute Übungsmaterialien, die auch zu großen Teilen selbständig bearbeitet werden können. Dies nutze ich für einzelne Schüler meiner Klasse und habe es privat für meinen eigenen Sohn genutzt. Das Programm ist leider nicht kostenlos. Für meine Schüler habe ich über die Schule ein festgelegtes, bezahltes Kontingent. Für meinen Sohn habe ich vor Jahren privat bezahlt. Leider weiß ich nicht mehr, was ich damals bezahlt habe. Ich weiß nur noch, dass die Diagnostik und eine CD mit den ganzen Arbeitsblättern und begleitenden Übungen im Preis inbegriffen war. Die Blätter mussten dann zu Hause ausgedruckt werden.
    Ob damit allerdings die grammatikalischen Probleme beseitigt werden, bezweifle ich sehr.
    Viel Glück, Tootsie

  • ich mich nicht ausreichend auf einen solchen Fall ausgebildet fühle


    Wenn Schüler "Fälle" sind und Gymnasiallehrer sich für Lernschwierigkeiten "nicht ausreichenden ausgebildet" sehen ... Fängt ja schon klasse an.



    Auf meine Bitte, das trotz allem überprüfen zu lassen, da es das Beste für das Kind sei


    Warum, was bringt diese Etikettierung denn? Höchstens, dass man sagt, seht her, es ist eh nichts zu machen, also stellen wir die Förderung ein ...



    Bitte ich ihn also darum, einen Satz mit "du" und "einen Brief schreiben" zu bilden, kann er das nicht korrekt ausführen.


    Mit Verlaub, aber was ist denn das für eine Form des Grammatikunterrichts?!


    Wichtig wäre doch, zu schauen, welche Probleme der Schüler in seinem authentischen kommunikativen Handeln hat, und nicht bei irgendwelchen abstrusen und unkommunikativen "Grammatikübungen".
    Von einer Diagnose dieser Schwierigkeiten ausgehend erfolgt dann die Förderung wie bei jedem Schüler mit entsprechenden Schwierigkeiten, ob mit oder ohne Etikett "Legasthenie"/"LRS"/"Dyslexie"/etc. - v.a. kommunikations- und interessenorientiert.



    Problematisch war letztes Mal auch die Wortbildung. In der Aufgabe ging es darum, dass viersilbige Wörter gebildet werden sollten - pro Zeile waren verschiedene Silben gegeben und es sollten sinnvolle Wörter gebildet werden.


    Wofür braucht man im Alltag Kompetenzen, die bei einer solchen Aufgabe gefördert werden? Das ist m.E. doch reine Zeitverschwendung.
    Viel wichtiger wäre ein differenzierte Darstellung seiner sprachlichen Fähigkeiten und Schwierigkeiten in eigenen (mündlichen und schriftlichen) Texten, denn daran sollte sich die Therapie orientieren.

  • Zitat von Plattenspieler

    für Lernschwierigkeiten "nicht ausreichenden ausgebildet"


    Mag ja sein, dass Lernschwierigkeiten (z.B. LRS) in deinem Studium viel Platz eingenommen haben - in meinem war so etwas (so gut wie) kein Thema. Dass es z.B. so etwas gibt wie die HSP habe ich erst in der Schule kennengelernt - anwenden (mangels Ausbildung) möchte ich das aber nicht. Ich habe aber gesehen, dass man problemlos eine Fortbildung zum Thema LRS (oder auch Dyskalkulie) machen kann. Kostenpunkt rund 3000 Euro, über mehrere Semester hinweg. Bis meine Schule entschieden hat, dass sie die Fortbildung finanziert - und ich das dann abgeschlossen habe (neben der vollen Stelle), sind wohl noch einige Schüler ohne Förderung in der Schule.
    Was spricht also dagegen, sich außerhalb - bei Menschen, die dafür ausgebildet wurden - Hilfe zu holen? Bei uns übernimmt dies der psychologische Dienst des Schulträgers (dort kann dann eine umfassende Diagnose, die auch einen psychologisch fundierten Intelligenztest sowie soziale Auswirkungen mit einschließt, getroffen werden). Man wartet zwar auf einen Testtermin, aber ist das LRS-Ergebnis da, gibt es gleich auch die Beratung & Finanzierung für die individuelle Förderung (denn: in der Schule werden Förderstunden - egal für welches "Problem" - erst erteilt, wenn der reguläre Unterricht abgedeckt ist. Rate mal, wie viele Förderstunden dort übrig bleiben).


    Zitat

    Warum, was bringt diese Etikettierung denn? Höchstens, dass man sagt, seht her, es ist eh nichts zu machen, also stellen wir die Förderung ein ...


    Macht man das bei euch so? Finde ich ein merkwürdiges Vorgehen...

  • Auch wenn ich den Jungen und seine Leistungen nicht kenne, hört es sich nicht nach einer klassischen Lese-Rechtschreib-Schwäche an. Für Kinder mit LRS liegen die Schwierigkeiten nämlich wie der Name schon sagt, beim Lesen und in der Rechtschreibung. Alle anderen Bereiche müssen dabei ganz "normal" ausgebildet sein. Nach deinen Beschreibungen hat der Junge Probleme Arbeitsaufträge zu verstehen und die Aufgaben richtig zu bewältigen. Jeder Schüler hat da ein eigenes Tempo und dein Nachhilfeschüler scheint eben viel Zeit zu benötigen. Ich gehe mal davon aus, dass der Junge die Schwierigkeiten nicht hat, weil er eine andere Muttersprache hat. Auf welche Schule geht er denn?


    Anstatt wahllos irgendwelche Aufgaben zu pauken, würde ich den Schwerpunkt eher auf die Arbeitsmethoden legen. Z.B. das Aufgabenverständnis. (Einen Arbeitsauftrag mehrere Male lesen, die Aufgabe anschauen, Bilder und Beispiele betrachten, die wichtigsten Wörter isolieren, den Arbeitsauftrag mit eigenen Worten wiedergeben). Oder mit dem Jungen üben, wie eine Aufgabe anschließend noch einmal kontrolliert werden kann. Oder wie er für einen Test üben kann (Lernkärtchen, Zusammenfassungen schreiben). Oder das Nachschlagen üben. Dann ist er nicht direkt aufgeschmissen, wenn er in der Schule nicht weiß was zu tun ist, sondern kann sich nach und nach immer besser selber helfen.

    Bitte ich ihn also darum, einen Satz mit "du" und "einen Brief schreiben" zu bilden, kann er das nicht korrekt ausführen. Noch schlimmer wird es, wenn es um die Vergangenheitsform geht. Wie kann ich dem Jungen hier helfen? Es bringt ja nichts, wenn er das jetzt stur auswendig lernt, oder?

    Hast du ihm denn ein Beispiel vorgemacht? Es klingt so, als ob er überhaupt nicht weiß, was er tun soll. Generell würde ich nicht zu viel auf einmal machen, sprich die Vergangenheitsform erst einmal komplett weglassen. Er scheint ja schon mit der einfachen Konjugation nicht zurechtzukommen. Kindern, die sehr unsicher sind, hilft auch das Auswendiglernen.

  • Zitat von Cambria

    Auf welche Schule geht er denn?


    Da Marry aus Brandenburg kommt, wüde ich ganz stark vermuten, dass der Junge in der 5. Klasse der Grundschule ist.
    (Und ich würde auch vermuten, dass Marry eher weniger Erfahrungen hat mit Schülern der 5./6. Klasse. Marry: Schüler dieser Altersstufe haben (im Vergleich zu Schülern der 7. Klasse) noch recht große Probleme beim Erfassen von Aufgabenstellungen, in der Rechtschreibung, Grammatik etc. Da muss man immer noch sehr kleinschrittig, mit Beispiel etc. vorgehen (angefangen bei der Hilfe, wie die Überschrift zu einer Aufgabe aus dem Buch lautet und mit welcher Farbe sie unterstrichen werden könnte) - trotzdem scheint der Junge (im Vergleich zu anderen 5. Klässlern, die ich so aus dem Unterricht kenne) zusätzliche Hilfe zu benötigen...)

  • Vielen Dank schon einmal für die zahlreichen Antworten.


    Wie Bear schon richtig erkannt hat, besucht der Schüler eine Grundschule, da diese in Brandenburg bis zur 6. Klasse geht. Ich bin gerade erst mit meinem Studium fertig geworden, habe noch kein Referendariat absolviert und dementsprechend wenig Unterrichtserfahrung, v.a. in dieser Altersstufe. Zwar hatte ich in meinem Praxissemester bereits eine 6. Klasse im Fach Deutsch, doch traten dort solche Probleme nicht auf. Auch in meinem Studium wurde uns nie etwas über LRS, Dyskalkulie o.ä. erzählt (was schon schlimm genug ist).


    Den Tipp mit den Aufgabenstellungen und dem Einüben von Methoden finde ich sehr gut, das werde ich mal versuchen. Ich hatte bisher immer den Eindruck, als hätte er die Aufgabe zwar verstanden, aber könne sie nicht entsprechend umsetzen, aber vielleicht täuscht das auch. Ich werde mal mehr mit Farben, Unterstreichungen etc. in den Aufgabenstellungen arbeiten und mit ihm die Aufgabenstellung vorher genau klären, also auch ein Beispiel geben. Ich hoffe, dass es dann besser klappt.


    Mir ist auch klar, dass Grammatikaufgaben solcher Art, die völlig vom Kontext losgerissen und ohne jeglichen Lebensweltbezug sind, nicht zur Ausbildung von Sprachkompetenz geeignet sind. Ich muss diese Aufgaben aber leider mit ihm machen, da sie Hausaufgabe sind oder von den Eltern vorgegeben wurden. Trotzdem möchte ich das Beste daraus machen, weswegen ich hier schrieb.
    Ich werde auch versuchen, mich mal mit der Deutschlehrerin in Verbindung zu setzen, da sie den Schüler bereits länger kennt und hoffentlich auch mehr Erfahrungen hat. Ich hoffe auch, dass ich dann gemeinsam mit ihr gezielter an den Problemen arbeiten kann. Ich find's nur etwas schwierig, weil ich nicht weiß, wo ich ansetzen soll. Dass es keine typische LRS ist, habe ich mir schon gedacht, doch habe ich bisher auch den Ursprung des Problems nicht erkennen können. In Mathe läuft es bei ihm z.B. auch sehr gut, die Aufgabenstellungen versteht er prima und das Vorgehen kann er auch gut umsetzen und die Aufgaben richtig lösen. Hier treten auch weniger Konzentrationsprobleme auf - in Deutsch oder Englisch ist er immer schnell müde und erfüllt die Aufgaben nicht mehr konzentriert und gründlich.


    Und Plattenspieler: Es geht nicht darum, ihm einen Stempel aufzusetzen, um ihn dann mit seiner Schwäche untergehen zu lassen, sondern um gezielte Förderung. Dafür muss man aber erst einmal wissen, wo seine Probleme liegen. Ich hoffe, dass ich die Eltern noch von entsprechenden Tests überzeugen kann. Mein Freund hat selbst früher eine starke LRS gehabt, wurde jahrelang entsprechend in seiner Freizeit von ausgebildeten Fachkräften gefördert und kann nun sehr viel besser lesen und schreiben. Er hat zwar gerade bei Fachtexten noch immer Probleme, aber im Alltag, also bei Sms oder E-Mails, merkt man ihm gar nichts an. Es bringt also durchaus etwas. Und ich denke auch, dass ihr eure Schüler im sonderpädagogischen Bereich auch nur fördern könnt, wenn ihr die Schwächen analysiert und die "Störung" herausgefunden habt. Es redete nie jemand von einer "Etikettierung" und anschließendem Fallenlassen.

  • Natürlich sollen die Schwächen (aber auch Stärken) des Schülers differenziert diagnostisch erfasst werden. Aber doch bitte auf linguistisch-pädagogischer Ebene und nicht, indem man den Jungen zu einem Psychologen oder - noch schlimmer - Mediziner schickt, der dann defizitorientiert ein wie auch immer geartetes "Krankheitsbild" feststellt, zu den genauen Schwierigkeiten des Jungen und der angemessenen Förderung dann auch nicht viel sagen kann.

  • Aber doch bitte auf linguistisch-pädagogischer Ebene und nicht, indem man den Jungen zu einem Psychologen oder - noch schlimmer - Mediziner schickt, der dann defizitorientiert ein wie auch immer geartetes "Krankheitsbild" feststellt, zu den genauen Schwierigkeiten des Jungen und der angemessenen Förderung dann auch nicht viel sagen kann.

    Warum sollte man auch ein Kind mit kognitiven Problemen auch zu den Experten schicken, die sich damit auskennen. :whistling:
    Es ist ja nicht so, dass ein Psychologe in seinem Studium genau lernt wie das menschliche Gehirn funktioniert und am besten beurteilen kann, wenn etwas nicht in Ordnung ist... :whistling:


    Plattenspieler, Deine Arroganz gegenüber den eigentlichen Experten ist anmaßend. Ein Psychologe studiert das menschliche Gehirn sowie kognitive Prozesse und ein Mediziner kann auch organische Ursachen entdecken, die bei starker Intelligenzminderung durchaus oft vorhanden sind.


    Und, dass zu einer Diagnose erstmal erhoben werden muss, in welchen Bereichen anormale kognitive Leistungen erbracht werden ist doch selbstverständlich.
    Wenn Du Probleme beim Atmen hast und zum Arzt gehst willst Du doch auch, dass er feststellt, was das Problem beim Atmen ist und nicht, was alles gut funktioniert im Körper. Defizitorientierung ist nichts negatives sondern sehr sinnvoll.
    Dann kann man versuchen diese Defizite abzubauen und massiv gegenzusteuern.


  • Plattenspieler, Deine Arroganz gegenüber den eigentlichen Experten ist anmaßend. Ein Psychologe studiert das menschliche Gehirn sowie kognitive Prozesse und ein Mediziner kann auch organische Ursachen entdecken, die bei starker Intelligenzminderung durchaus oft vorhanden sind.


    Und, dass zu einer Diagnose erstmal erhoben werden muss, in welchen Bereichen anormale kognitive Leistungen erbracht werden ist doch selbstverständlich.
    Wenn Du Probleme beim Atmen hast und zum Arzt gehst willst Du doch auch, dass er feststellt, was das Problem beim Atmen ist und nicht, was alles gut funktioniert im Körper. Defizitorientierung ist nichts negatives sondern sehr sinnvoll.
    Dann kann man versuchen diese Defizite abzubauen und massiv gegenzusteuern.


    Silicium,


    ich finde vielmehr, deine Herablassung und Arroganz gegenüber der Pädagogik ist anmaßend? Denkst du, wir lernen gar nichts im Studium?
    Denkst du, wir müssten nicht auch die medizinischen und psychologischen Grundlagen der für unsere Fächer relevanten Bereiche erwerben?


    Dass bei dir das pädagogische Studium leider wenig gebracht hat, ist ja nicht neu und zeigt sich hier wieder einmal (so du das Ausgangsposting überhaupt gelesen hast); denn hier handelt es sich mitnichten um ein Kind mit kognitiven Beeinträchtigungen oder gar einer "starken Intelligenzminderung", sondern um ein Kind mit sprachlichen Schwierigkeiten.
    Und in der Diagnostik und Therapie sprachlicher Schwierigkeiten sind Sprachdidaktiker/Sprachheilpädagogen nun einmal intensiver und besser ausgebildet als Psychologen und Mediziner, deren linguistische Grundlagenkenntnisse oft erschreckend gering sind.


    Die Defizitorientierung bei organischen Problemen ist auch nicht 1:1 auf die von Schulleistungsschwierigkeiten zu übertragen, da sie bei letzteren nachweislich zu einem schlechteren Selbstkonzept und somit erheblich mehr weiteren Schwierigkeiten auch hinsichtlich der Motivation, die Schwierigkeiten zu überwinden, führt.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn Schüler "Fälle" sind und Gymnasiallehrer sich für Lernschwierigkeiten "nicht ausreichenden ausgebildet" sehen ... Fängt ja schon klasse an.


    Die Verknüpfung "Schüler=Fall" stammt von Dir und ist dem Ausgangssatz nicht explizit nur so (und nicht etwa auch mit anderen Deutungsmöglichkeiten) zu entnehmen.
    Und ja, Gymnasiallehrer sind für Lernschwierigkeiten wie LRS, Dyskalkulie, AD(H)S etc. NICHT ausreichend ausgebildet. Sich das einzugestehen ist für mich keine Schande.
    Und nein, es gehört nicht zu meinen Aufgaben, mich zum Allrounder weiterzubilden, der für jeden Fall (um bei dem Begriff zu bleiben) an Lernschwierigkeiten vorbereitet ist.


    Zitat


    Warum, was bringt diese Etikettierung denn? Höchstens, dass man sagt, seht her, es ist eh nichts zu machen, also stellen wir die Förderung ein ...


    Das ist eine ziemliche Unterstellung und nicht an der Sache orientiert.



    Würde man bei Dir ähnlich moralisierend argumentieren, müsste man die Gegenfrage stellen, ob Du Dich ob Deiner Ausbildung für den moralisch überlegenen oder hochwertigeren Lehrer erachtest.


    Gruß
    Bolzbold

  • Denkst du, wir lernen gar nichts im Studium?


    Denkst du, wir müssten nicht auch die medizinischen und psychologischen Grundlagen der für unsere Fächer relevanten Bereiche erwerben?

    Ja genau,aber eben nur die basalen Grundlagen! Damit ihr da nicht völlig im Dunkeln tappt, wenn ihr mit kognitiven Störungen und Verhaltensstörungen konfrontiert werdet. Das ist doch auch völlig normal von einem fremden Bereich, der zwar eine Rolle spielt für den eigenen Beruf, nur einen kleinen Teil zu lernen. Woher also immer wieder diese Überschätzung?


    Ein Mediziner lernt im Studium auch nur basale Grundlagen der Chemie, was aber auch wichtig ist: Damit er z.B. die Konzentration einer Kochsalzlösung zur Injektion im Zweifel selber berechnen kann und grob Ahnung hat von den Stoffwechselvorgängen. Oftmals reichen die basalen Kenntnisse zur Bewältigung der auftretenden Probleme.
    Beileibe hat ein Mediziner aber keine vergleichbare Ahnung von Biochemie, und Pharmakologie wie die entsprechenden Experten. Frag einen allgemeinen Mediziner mal, ja selbst einen Onkologen, wie eine bestimmte Chemotherapie auf molekularen Ebene funktioniert. Frag einen Mediziner allein nur basale chemische Zusammenhänge, selbst da wird es enorme Lücken geben. Ist auch in Ordnung, er ist ja eben auch Mediziner und kein Chemiker, auch wenn Mediziner basale Kenntnisse in Chemie benötigen.


    So wird man als Sonderschullehrer eben auch basal in Psychologie und Medizin geschult, manchmal mag das ja auch ausreichen für eine Diagnostik kognitiver Probleme, wie auch ein Mediziner nicht immer gleich den Pharmazeuten anrufen muss, wenn es um die Wirkungsweise eines Medikaments geht, aber wie kann man da wie Du behaupten die eigentlichen Experten seien in so einem Fall besser nicht zu kontaktieren, weil sie sinngemäß "keine Ahnung haben".

    zu den genauen Schwierigkeiten des Jungen und der angemessenen Förderung dann auch nicht viel sagen kann.

    Zulässig wäre eine Formulierung wie: "Man braucht ja nicht gleich die Experten einschalten (Psychologen z.B.), auch meine Ausbildung reicht für eine Diagnostik aus."
    Das kann auch durchaus gut angehen, wie eben auch ein Mediziner selber eine physiologische NaCl Lösung zustande bringt und man dafür nicht extra zum Chemiker gehen muss. Aber als Mediziner zu sagen: "Och nee, lass bloß den Chemiker nicht die Kochsalzlösung herstellen, der kann das nicht" ist halt völlig falssch herum!


    Ergänzung zu Deinem Zitat: Und natürlich können die Experten dazu etwas sagen! Es gibt sogar auf Diagnostik von Dyskalkulie und Lese- Rechtschreibschwäche spezialisierte Psychologen, aber die stehen natürlich weit unter Deinem Wissen, nicht wahr?

    2 Mal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Zulässig wäre eine Formulierung wie: "Man braucht ja nicht gleich die Experten einschalten (Psychologen z.B.), auch meine Ausbildung reicht für eine Diagnostik aus."


    Hm, ich schließe mich an, dass dies eben nciht die Experten sind, weil LRS keine Krankheit ist!


    Ergänzung zu Deinem Zitat: Und natürlich können die Experten dazu etwas sagen! Es gibt sogar auf Diagnostik von Dyskalkulie und Lese- Rechtschreibschwäche spezialisierte Psychologen, aber die stehen natürlich weit unter Deinem Wissen, nicht wahr?


    Du scheinst davon bisher wirklich wenig in deinem Studium gehört zu haben, sonst wüßtest du, dass darum schon lange gestritten wird, ob LRS eine Krankheit ist und die Psychologen dafür zuständig sind oder eben keine Krankheit sondern eine Entwicklungsverzögerung und die Pädagogen dafür zuständig sind.


    Ich würde sagen, Fettnäpfchen getroffen hier!

  • Wie schön dein Beitrag, Silicium, wieder einmal inhaltlich an meinem vorbei- statt darauf eingeht ...


    Interessant auch, wie dein Denken in Hierarchien zu funktionieren scheint. Als gäbe es immer nur mehr - weniger / besser - schlechter anstatt unterschiedliche Herangehensweisen.


    Und frag mal die Psychologen und v.a. die Mediziner nach ihren pädagogischen Grundlagen ... aber halt: Die sind ja völlig überflüssig, wenn es um die Arbeit mit Kindern geht.


    Übrigens gibt es auch auf "LRS"/Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb spezialisierte Pädagogen. :)


    Und (auch an Botzbold): Ich habe nie davon gesprochen, 'mein' Lehramt wäre höherwertig. Im Gegenteil; ich habe hier überhaupt nicht die unterschiedlichen Lehrämter thematisiert, sondern den Unterschied einer psychologischen Diagnostik und Therapie zu einer linguistisch-pädagogisch orientierten, die nach meinem Verständnis alle Lehrer (für sprachliche Fächer) leisten können.

  • Hm, ich schließe mich an, dass dies eben nciht die Experten sind, weil LRS keine Krankheit ist!

    Achso, Psychologen sind also nur zuständig für Krankheiten! Das ist ja interessant, ich dachte immer die beschäftigen sich auch mit der Erforschung nicht krankhafter kognitiver Vorgänge. Vielleicht hat mir meine ehemalige Mitbewohnerin ja auch Mist erzählt und hat in Wirklichkeit tatsächlich nur etwas über psych. Krankheiten gelernt und sich alles andere ausgedacht.


    Wenn also Psychologen ausschließlich Experten für psychische Krankheiten sind (welche Krankheit behandeln denn dann Wirtschafs- und Organisationspsychologen eigentlich?), hast Du natürlich recht.
    Ich glaube aber Deine Vorstellung vom Psychologiestudium ist ziemlich falsch, also könntest Du zu Dir selber sagen: Fettnäpfchen getroffen hier! ^^

  • Ich glaube aber Deine Vorstellung vom Psychologiestudium ist ziemlich falsch, also könntest Du zu Dir selber sagen: Fettnäpfchen getroffen hier!


    Hm, lass mich überlegen, ich habe Psychologie studiert, das gehörte bei uns nämlich dazu zum Studium. Aber ich bleibe dabei, dass die Psychologen dort die falschen Ansprechpartner sind, weil es eben keine Krankheit ist und sie ihre Zuständigkeit aber mit der Krankheit begründen!


    Aber ich denke, mit dir zu diskutieren ist zwecklos, weil du von allem Ahnung hast und sowieso wir alles falsch gelernt haben.

  • Hm, lass mich überlegen, ich habe Psychologie studiert, das gehörte bei uns nämlich dazu zum Studium.

    Was gehörte dazu, dass man ausschließlich zuständig war für Dinge die mit psychischen Krankheiten zutun hatten?
    Hast Du eigentlich ein Diplom in Psychologie?


    Okay, angenommen Du bist die Expertin und Psychologen sind nicht zuständig für die Diagnostik von LRS. Was zur Hölle erlaubt sich dann diese dreiste Diplompsychologin? Macht die doch einfach gar eine ganze Praxis auf, die spezialisiert ist auf LRS!


    http://www.lernpsychologische-praxis.de/

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