Noch ein Grund mehr, keine Klassenfahrten mehr zu machen

  • Wie es ohnehin oft passiert, dass auf dem Weg bis zum Urteil der Tatvorwurf mehrfach reduziert wird. Auch hier wird sich noch zeigen, ob aus dem versuchten Totschlag nicht wundersamerweise gefährliche Körperverletzung werden wird.


    Wenn wir schon dabei sind: Der Kollege war ja kurz nach der Tat laut Medienberichten wieder dienstfähig. Wer weiß, am Ende kommt vielleicht "leichte Körperverletzung" heraus? Das sollte man beobachten.


    Und ich betone noch einmal: JEDER Kollege, JEDE Kollegin muss aus diesem Fall seine eigenen Konsequenzen ziehen. Letzendlich steht man auf einer Klassenfahrt mehr oder weniger alleine da, allen "Keiner darf verloren gehen"- und "Alle mitziehen"-Sprüchen vom grünen pädagogischen Tisch zum Trotz.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Icch finde es immer wieder erstaunlich, wie locker Kollegen dann trotzdem weiterhin zum Dienst gehen.
    Ich würde mich da erstmal sehr lange krnakschreiben und dann ggf. versetzen lassen. Nicht als Drückeberger und endlich ein Grund gefunden, sondern weil ich das psychisch nicht verkraften würde.


    Der betreffende Kollege sollte das nicht auf die leichte Schulter nehmen, denkbar sind neben körperlichen auch psychische Schäden, die sich eventuell erst längerfristig zeigen. Auf jeden Fall sollte er sich schleunigst zu unabhängigen medizinischen Gutachtern begeben (d.h. sich nicht auf die arbeitsmedizinischen Gutachten der Schulbehörde verlassen) und sowohl dem Strafverfahren als Nebenkläger beitreten, um vollen Einblick in die Prozessakten zu bekommen, als auch unverzüglich Zivilklage gegen den Schüler erheben wegen Schmerzensgeld sowie der eventuell eintretenden langfristigen Schäden (wird er aufgrund des Vorfalls dienstunfähig, sollte er auf jeden Fall versuchen den Schüler wegen des Einkommensausfalls in Regress zu nehmen).


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag

    Ich muss sagen, dass mich dieser ganze thread etwas peinlich berührt.
    Wenn ein Lehrer einen Schüler misshandelt und das dann in der Zeitung steht, kommen hier zum Teil dieselben Leute und erklären, dass und warum sich das auf gar keinen Fall auf die ganze Lehrerschaft übertragen lässt und wieso man aus solchen Vorfällen nicht den Schluss ziehen kann, die ganzen Lehrer strenger zu kontrollieren und zu überwachen oder zu meiden - das sei unzulässige Generalisierung usw.


    Was ja auch richtig ist.


    Und ehrlich, liebe Leute: wer dieses komplett gestörte Verhalten eines einzelnen Schülers bei der nächsten Klassenfahrt dem Schullleiter gegenüber als Argument nicht auf Klassenfahrt zu fahren verwendet - "Chef, ich will nicht mit dem Schnürsenkel erwürgt werden" - macht sich schön zum Vollhorst.


    Ich bin kein Fan von Klassenfahrten, ich halte sie vom Aufwand und Nutzen her für völlig unverhältnismäßig. Wer mich kennt, weiß das. Aber die latent peinlichen Verallgemeinerungstendenzen und die großen Vergeltungsgesten mit in diesem thread finde ich -- unangenehm und leicht infantil.


    Hier hat ein Mensch eine Straftat begangen.
    Zufällig auf einer Klassenfahrt. Hätte auch an jedem anderen Tag und Ort stattfinden können.
    Daraus kann man überhaupt keine Schlüsse über Klassenfahrten ziehen.



    Wenn man sich über Klassenfahrten unterhalten will, dann gerne - nur bitte an allem anderen als diesem Beispiel.
    Man könnte mal die Überstunden zählen, die man nur dadurch macht, oder den Einfluss, den das nächtliche Nichtschlafen und der 24std. Dauereinsatz auf die Lehergesundheit haben und das versuchen, gegen den Nutzen - wenn er denn existiert - den man später in den Klassen davon hat, aufrechnen. Man könnte darüber sprechen, oder versuchen mal eine ordentliche empirische Datenlage dazu zu bekommen, wie nachhaltig die (angeblichen) positiven Veränderungen durch Klassenfahrten sind. Und ob die dann wirklich den Stress durch den Arbeitsaufwand und den dann auch noch folgenden Stress durch das Aufarbeiten der liegen gebliebenen Arbeit und ggf. der Organisation der eigenen Familie/Kinderbetreuung zu Hause aufwiegen. Usw usf.


    Aber bitte nicht diese Schnürsenkelklassenfahrts-meme...

  • Hier hat ein Mensch eine Straftat begangen.
    Zufällig auf einer Klassenfahrt. Hätte auch an jedem anderen Tag und Ort stattfinden können.
    Daraus kann man überhaupt keine Schlüsse über Klassenfahrten ziehen.


    Meike, ich hoffe du merkst, dass diese Aussage völliger Unsinn ist. Ich habe noch nichts gehört von Schülern die Lehrern im Schulgebäude oder auf der Straße mit Schnürsenkeln auflauern. Es war die besondere Situation einer Klassenfahrt, wo man eben nicht einander ausweichen kann und den ganzen Tag zwangsweise miteinander verbringen muss, die das ganze erst ermöglicht hat.


    Ehrlich gesagt, mir geht diese ganze Relativiererei ("Einzelfälle", "Hätte auch an jedem anderen Tag und Ort stattfinden können") gegen den Strich. Der Kollege hat seinen Erziehungsauftrag ausgeübt (Handy weggenommen) und wurde dafür fast getötet. Aber in dieser Gesellschaft gehört das Schulterzucken und der Übergang zur Tagesordnung bei solchen und ähnlichen Fällen ja mittlerweile zum guten Ton.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Typischer Spiegel-Dummschwatz. Die Polizei ermittelt nicht "wegen versuchten Totschlags", sondern wegen des tätlichen Angriffs. Die Beurteilung, ob das versuchter Totschlag, versuchter Mord (das würde ein bayerischer Richter vermutlich feststellen), ein schlechter Scherz (das würde ein Bremer Richter vermutlich feststellen) oder was auch immer war, obliegt dem Richter, der das Ganze aburteilt. Auch der Staatsanwalt macht da in der Anklage nur einen Vorschlag.



    Viele Grüße
    Fossi

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • @ Nele und @ Annie111: Genau!


    Höflich, direkt. Keine Verklausierung in Pseudo-Fragen oder Geschwurbel, wie bei Cornelsen.


    Möchte nicht mal jemand verraten, wie das geschmähte Werke aus dem Hause Cornelsen denn eigentlich heißt? Danke.



    Viele Grüße
    Fossi

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Zitat Mikael :

    Zitat

    Es war die besondere Situation einer Klassenfahrt, wo man eben nicht einander ausweichen kann und den ganzen Tag zwangsweise miteinander verbringen muss, die das ganze erst ermöglicht hat.

    Das ist genau der Knackepunkt ! 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Zitat

    Typischer Spiegel-Dummschwatz. Die Polizei ermittelt nicht "wegen versuchten Totschlags", sondern wegen des tätlichen Angriffs. Die Beurteilung, ob das versuchter Totschlag, versuchter Mord (das würde ein bayerischer Richter vermutlich feststellen), ein schlechter Scherz (das würde ein Bremer Richter vermutlich feststellen) oder was auch immer war, obliegt dem Richter, der das Ganze aburteilt.


    Natürlich ermitteln die Polizei bzw. die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Totschlags bzw. des entsprechenden Verdachts. Und natürlich geben Sie damit die Richtung der Anklage und auch die Richtung einer evtl. Verurteilung vor. Das hat nichts mit "Dummschwatz" zu tun (zumindest nicht von Seiten des "Spiegels".)


    Zum Thema "jmd. nicht auf Klassenfahrt mitnehmen" noch ein paare interessante Details:


    Zitat

    Nach der Würgeattacke auf einen Lehrer ist der mutmaßliche Täter, ein 14-jähriger Schüler, am Donnerstag nicht zur polizeilichen Vernehmung erschienen. Die Polizei wird den Fall deshalb nach eigenen Angaben jetzt an die Staatsanwaltschaft Hannover übergeben. Diese werde den Schüler voraussichtlich zur Befragung einbestellen. Die Polizei hatte gegen den Schüler aus Bad Pyrmont Ermittlungen wegen versuchten Totschlags aufgenommen.


    Zitat

    Der Gymnasiast ist vorläufig vom Schulbetrieb ausgeschlossen und darf das Gelände und die Schule nicht betreten. Ob der Schüler das Humboldt-Gymnasium dauerhaft verlassen muss, soll im Laufe der kommenden Woche entschieden werden. Der Vorfall war laut Schedlitzki nicht der erste, bei dem der Junge wegen Körperverletzung auffällig wurde. Bei den vorherigen Taten sei er allerdings noch nicht strafmündig gewesen.


    Zitat

    Am Abend sei es dann zu einem weiteren Konfliktgespräch gekommen, der Vater des Schülers habe sich geweigert, seinen Sohn abzuholen.


    http://www.ndr.de/nachrichten/…ahrt,klassenfahrt148.html


    Da weiß man doch schon fast alles. Über den Schüler. Und darüber, wie man an deutschen Schulen mit Körperverletzungen umgeht. Da sollte doch jeder Kollege noch ein paar Cornelsen-Bücher lesen, um sein eigenes Verhalten zu optimieren.

  • Es täte mich nicht wundern, wenn vor dieser Klassenfahrt emotionale Gespräche geführt wurden nach dem Motto: "Wir müssen den Jungen aber mitmehmen. Es ist gut für ihn die Klassengemeinschaft eine Woche zu erleben. Es wird ihm helfen. Wir können ihn doch nicht ausschließen." Und das - ich vermute weiter und lasse mal Erfahrungen aus unserem Institut einfließen - reichlich bekannt war, dass der Schüler Ärger machen würde und seine Mitnahme nur Stress für die Kollegen bedeuten würde.


    Just my 2 Cents.



    Nun ergänzt durch folgende Info von unter uns:


    Der Vorfall war laut Schedlitzki nicht der erste, bei dem der Junge wegen Körperverletzung auffällig wurde. Bei den vorherigen Taten sei er allerdings noch nicht strafmündig gewesen.


    Hatte ich recht? *g*

    • Offizieller Beitrag


    Meike, ich hoffe du merkst, dass diese Aussage völliger Unsinn ist. Ich habe noch nichts gehört von Schülern die Lehrern im Schulgebäude oder auf der Straße mit Schnürsenkeln auflauern. Es war die besondere Situation einer Klassenfahrt, wo man eben nicht einander ausweichen kann und den ganzen Tag zwangsweise miteinander verbringen muss, die das ganze erst ermöglicht hat.


    Ehrlich gesagt, mir geht diese ganze Relativiererei ("Einzelfälle", "Hätte auch an jedem anderen Tag und Ort stattfinden können") gegen den Strich. Der Kollege hat seinen Erziehungsauftrag ausgeübt (Handy weggenommen) und wurde dafür fast getötet. Aber in dieser Gesellschaft gehört das Schulterzucken und der Übergang zur Tagesordnung bei solchen und ähnlichen Fällen ja mittlerweile zum guten Ton.


    Gruß !


    Nein, diese Aussage ist eine ganz normale Einschätzung, und daran, wie vielen sie gefällt, stelle ich beruhigt fest, dass die Verschwörungstheoretiker noch in der Minderzahl sid. Das beruhigt mich sehr...
    Und ja, es ist auch schon in Schulgebäuden zu Übergriffen gekommen - von Schülern auf Lehrer und von Lehrern auf Schüler. Die Tatsache, dass du bisher noch von keinen Schnürsenkelattacken gehört hast, ist darauf zurückzuführen, dass diese sehr selten vorkommen. Sowohl auf Klassenfahrten als auch anderswo. Und genau deswegen lässt sich aus dieser Schnürsenkelattacke auch kein Generalurteil über die Gefährlichkeit von Klassenfahrten ableiten.


    Hörst du eigentlich Xavier Naidoo ;) ??

  • Ah ja, aber selbstverständlich sind Schnürsenkelattacken von Schülern gegen Lehrern auf Klassenfahrten wahrscheinlicher als in sonstiger freier Wildbahn, oder wie du es ausdrückst "an jedem anderen Ort und Tag". Ereigniswahrscheinlichkeiten treten immer seltener ein, wenn man ihre Voraussetzungen verallgemeinert. Deswegen werden sie aber nicht irrelevant, erst recht nicht für die Voraussetzungen, für die sie gelten.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

    • Offizieller Beitrag

    Die Threadüberschrift lautet: NOCH ein Grund MEHR ... sicherlich nicht der einzige Grund, aber wer schon jetzt lieber nicht auf Klassenfahrt fährt, hat möglicherweise ein Argument mehr.


    Möglicherweise, weil der Einzelfall an sich ja - wie zurecht angesprochen - noch kein Grund ist. Aber je nach Schule (Schulleitung) fahren anscheinend doch einige von uns mit dem Gefühl auf Klassenfahrt, nicht die volle Rückendeckung zu haben bzw. Schüler mitnehmen zu müssen, die man eigentlich lieber daheim lassen würde.


    Allerdings nicht vergessen: Die meisten Angriffe auf Lehrer, von denen ich bisher gelesen habe, fanden an der Schule statt ...


    Ich sehe das auch so. Dieser Vorfall hätte so oder ähnlich auch in der Schule stattfinden können. Jetzt wird er hier einfach instrumentalisiert von Kollegen, die Gründe suchen, sich Klassenfahrten zu entziehen.


    PS: War letzte Woche wieder einmal selbst mit 3 BzB-Klassen auf Klassenfahrt. War turbulent, aber auch sehr erfolgreich.

  • Ich sehe es auch so, dass der Vorfall mehr ein Anlass als eine Ursache ist, sich erneut gegen Klassenfahrten zu stemmen. Ich meine, man sollte sich mehr auf die tatsächlichen Gründe beziehen: a) Lehrer sind keine Gratisreiseveranstalter. b) Der Arbeitsaufwand, der Zusatzstress und die Belastung sind durch nichts und abernichts, auch nicht durch leuchtende Kinderaugen zu rechtfertigen.


    Nele

  • Der Unterschied ist der, dass sich auf Klassenfahrten SuS und L 24/2 auf der Pelle sitzen. Was sich durch den "gewohnten Umgang" miteinander an einem Unterrichtsvormittag aufbaut, danach bis zum nächsten Tag aber auch wieder abbauen kann, hat auf der Klassenfahrt keinen "Entspannungszeitraum". In einer Schule, vorallem noch bei Fachlehrerprinzip, ist das A-loch vorne an der Tafel längstens nach 1-2 Stunden für den Rest des Tages wieder verschwunden. Das gilt auf Klassenfahrt nicht mehr und für SuS, die sich ihre Begleitlehrer nun mal nicht aussuchen können und im Umgang mit ihnen auch nicht gerade sehr flexibel sind, kann das grenzwertig werden. Das ist ein Grund, wieso sich diese Klientel in Zug oder Bus auf die Bänke im hintersten Winkel verzieht.


    meike: Das funktioniert vice versa genauso, so what?

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

    • Offizieller Beitrag

    Der Unterschied ist der, dass sich auf Klassenfahrten SuS und L 24/2 auf der Pelle sitzen. Was sich durch den "gewohnten Umgang" miteinander an einem Unterrichtsvormittag aufbaut, danach bis zum nächsten Tag aber auch wieder abbauen kann, hat auf der Klassenfahrt keinen "Entspannungszeitraum". In einer Schule, vorallem noch bei Fachlehrerprinzip, ist das A-loch vorne an der Tafel längstens nach 1-2 Stunden für den Rest des Tages wieder verschwunden. Das gilt auf Klassenfahrt nicht mehr und für SuS, die sich ihre Begleitlehrer nun mal nicht aussuchen können und im Umgang mit ihnen auch nicht gerade sehr flexibel sind, kann das grenzwertig werden. Das ist ein Grund, wieso sich diese Klientel in Zug oder Bus auf die Bänke im hintersten Winkel verzieht.


    Es kann aber auch anders rum gehen, man lernt den nervenden Schüler mal von einer ganz anderen Seite kennen, auf einmal zeigt er vielleicht Sozialverhalten, das man ihm nie zugetraut hätte. Oder man erfährt Dinge, die einem bisher verborgen blieben. Man muss es dann aber eben auch zulassen und sich auch einmal von der liebgewonnenen vorgefassten Meinung wieder trennen.

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