ZDF-zoom: Was in Schule schiefläuft

  • In Bayern muss jeder Student ein Orientierungspraktikum an Schulen absolvieren - eine Hürde ist das mMn nicht.

  • Ich selber habe bei Professor Seibert studiert (ist schon ein paar Jährchen her) und kann nicht nachvollziehen, wieso gerade er anderen vorwirft nicht gut genug auszubilden. Ich fand seine Veranstaltungen damals für die Unterrrichtspraxis in keinster Weise gewinnbringend und was er inhaltlich von sich gab, würde ich als "Dampfplauderei" bezeichnen.
    Aber vielleicht hat er ja dazu gelernt und macht seine Sache jetzt überragend.

  • Ich finde die Vorstellung, dass der Staat entscheidet, welcher Bürger aus Gesinnungsgründen zu welchem Beruf zugelassen wird oder nicht ... befremdlich.

  • Im regulären Lehramt wäre das auch nicht schlecht, aber das würde ja die ganzen Schulen mit Praktikanten überfluten. Das geht leider auch nicht.

    Wieso geht das nicht? Hier wird's ja so gemacht, also geht es wohl.



    Ich finde die Vorstellung, dass der Staat entscheidet, welcher Bürger aus Gesinnungsgründen zu welchem Beruf zugelassen wird oder nicht ... befremdlich.

    Nach meiner "Gesinnung" hat mich im Assessment auch keiner gefragt. Da wurde vor allem geschaut, wie man sich in Diskussionsrunden verhält und im Orientierungspraktikum ging es drum rauszufinden, ob man halbwegs vernünftig mit den Jugendlichen umgeht oder sie lieber fressen würde. Es gab schon ein paar Sozial-Zombies, die direkt wieder aussortiert worden und das finde ich mehr als in Ordnung. Es ist überall sonst ein vollkommen normales Vorgehen, dass der potentielle Arbeitgeber sich im Einstellungsgespräch versucht ein Bild von der Person zu machen, die bei ihm anheuern will. Warum sollte der Staat dieses Recht nicht auch haben, vor allem wenn es um Berufe geht, in denen man den ganzen Tag mit Menschen arbeiten muss? Wer hier Polizist werden will, muss auch einen Berufseignungstest bestehen.

  • Problem ist halt, dass der Beruf wahnsinnig komplex ist. Wie will man da eine Eignung überprüfen?Das gelingt ja mehr oder weniger nicht mal im Referendariat.

    Naja, es gibt halt wirklich Leute, die in meinen Seminaren sind und bei Referaten so dermaßen stottern, dass der Dozent sie beruhigen muss. Eine gewisse Nervosität mag ja legitim sein aber zum Teil ist das schon krass. Zudem gibt es auch eine Menge emphatischster Ar*********, die jetzt schon (im Studium) extrem abfällig über ihre zukünftigen Schüler herziehen, dass ich mich frage, aus welchen Gründen diese Leute Lehrer werden wollen. O-Ton eines Komillitonen in einem Seminar über Sozialpsychologie auf die Frage, warum er gerne Mittelschullehrer werden will: „Als MS-Lehrer hat man es später schon gechillt. Vor allem mit Sport als Hauptfach.“. :autsch:

  • Solche Unterrichtssituationen wie bei 2:30 min und bei 6:00 min entstehen nur, weil dort keine starken Lehrer mit konstruktiver Grundhaltung (nach Hattie) vor der Klasse stehen? Soll dies die Schlussfolgerung der Sendung sein?

    Nein, das ist zu eindimensional gesehen. Am Schluss heißt es, dass die Politik Schule und Lehrer stärken soll, statt ihnen mehr aufzubürden. (gezeigtes Negativbeispiel: Maulkorb für Schlleiter)
    Bei dem Hattiebeispiel ging es um viel Geld, das in die Hand genommen werden muss. Ebenso bei dem Rütlicampus. Da ging's auch um multiprofessionelle Teams und ein anderes Konzept.


    Zur gezeigten Grundschulklasse:
    Viele der gezeigten Kleinen - ich vermute eine 2. Klasse - haben ein großes Problem mit der Selbststeuerung.
    Je kleiner, desto deutlicher merkt man das in dieser Art, wie man es im Film gesehen hat. Ich kann nur vermuten, wie diese Kinder ihre Freizeit verbringen und wie es um das häusliche Umfeld in Bezug auf Förderung der Konzentrationsfähigkeit zuhause bestellt ist.


    So kommen übrigens immer mehr Erstklässler in die Schule. Vielleicht kann man erahnen, was unsere Erst- und Zweitklasslehrer an Erziehung leisten müssen, damit die Kids einigermaßen schulfähig werden. Manchmal klappt es mehr, manchmal weniger. Und wenn eine Klasse in der Grundschule wie die Beispielklasse öfter einen Lehrerwechsel hatte, dann wirkt sich das deutlich aus.


    Wenn man den Unterricht wegen der Heterogenität so individuell gestalten muss, braucht man wesentlich mehr Personal in einer solchen Klasse. Gerade die Schwachen, auf die man aktuell kein Auge haben kann, flippen dann gerne aus, weil sie auf Hilfe angewiesen sind und dann wegen Überlastung des Lehrers keine Hilfe bekommen können.


    Das einzige, was meiner Meinung nach an der Erziehung liegt, ist, dass die Kleinen nicht wissen, wie sie mit dem Lehrer umgehen können. Szenen wie "Im Ernst?" sind noch harmlos gegen das, was heute einem an Respektlosigkeit in Klassen begegnen kann. Es muss nun viel Erziehung in der Grundschule und natürlich auch später stattfinden, was auch Meidinger betont.

  • Wieso geht das nicht? Hier wird's ja so gemacht, also geht es wohl.


    Nach meiner "Gesinnung" hat mich im Assessment auch keiner gefragt. Da wurde vor allem geschaut, wie man sich in Diskussionsrunden verhält und im Orientierungspraktikum ging es drum rauszufinden, ob man halbwegs vernünftig mit den Jugendlichen umgeht oder sie lieber fressen würde. Es gab schon ein paar Sozial-Zombies, die direkt wieder aussortiert worden und das finde ich mehr als in Ordnung. Es ist überall sonst ein vollkommen normales Vorgehen, dass der potentielle Arbeitgeber sich im Einstellungsgespräch versucht ein Bild von der Person zu machen, die bei ihm anheuern will. Warum sollte der Staat dieses Recht nicht auch haben, vor allem wenn es um Berufe geht, in denen man den ganzen Tag mit Menschen arbeiten muss? Wer hier Polizist werden will, muss auch einen Berufseignungstest bestehen.

    Na ja, der Eignungstest bei der Polizei zielt aber auf gewisse Grundfertigkeiten und Fähigkeiten ab, die in dem Beruf gebraucht werden. Sport, Rechtschreibung, Allgemeinbildung... Da geht es jetzt wenig um soziales, was auch nicht wirklich die Aufgabe eines Polizisten ist. Da kann ich die Eignung somit schon zumindest in einem gewissen Maß überprüfen.
    Beim Lehrer, das wissen wir doch alle, ist das schwierig. Natürlich kann man schauen, dass er mit Kindern umgehen kann. Das macht dann aber immer noch keinen guten Lehrer aus. Beispiele hat wahrscheinlich schon jeder genügend erlebt. Andersrum sicherlich genauso. Fachlich top und super vorbereiteter Unterricht, aber irgendwie passt es dann menschlich nicht.
    So etwas kann man meiner Meinung nach nicht ansatzweise überprüfen. Das klappt. Wie ich oben beschrieben habe, teilweise nicht mal im Referendariat.

  • Von meinen Fachleitern wird mir Empathie und eine sehr angenehme Lernatmosphäre zugesprochen.
    Gerade Ersteres ist aus FL Sicht sehr wichtig im Lehrerberuf, zumindest sollte da ein gewisser Grundstock vorhanden sein.
    Ansonsten sollte man mMn selbstkritisch sein und sein eigenes Handeln hinterfragen. Wenn ich zu lasch oder zu harsch bin im Umgang mit den SuS bekomme ich das bald zu spüren und muss ggf. nachjustieren und das für jede Klasse und jede Schulart aufs Neue.
    Da lerne ich ständig dazu aber meine Klassen waren bisher alle relativ angenehm.


    Das Video finde ich aber schon erschreckend. Als Seiteneinsteiger in der Erwachsenenbildung wäre ich wohl sehr überfordert, zumal man dort mit Druckmittel wie Noten etc. wohl nichts bewirken kann.
    Da sind dann mehr psychologische Skills gefragt.

  • Ich möchte auch auf den Eingangsbeitrag zurückkommen, da ich die Dokumentation jetzt erst gesehen habe.


    Das Hauptproblem, das ich sehe, ist, dass das Schulsystem (inkl. der darin unterrichtenden Kolleginnen und Kollegen) größtenteils irgendwo in den 50er Jahren stecken geblieben ist. Ein weiteres Problem ist, dass viele Menschen Lehrer werden, die sich überhaupt nicht für diesen Beruf eignen. Dazu die Rigidität des Beamtentums bzw. des Öffentlichen Dienstes... Damit hat man den Salat.


    Die Kinder/Jugendlichen sind nicht schlimmer als früher. Mit Migration und Integration hatte Deutschland immer zu tun.


    Nur ist die Welt heute aber halt eine andere als "in den guten alten Zeiten" und wer nicht bereit ist, "mitzugehen", sich immer wieder neu Gedanken zu machen, sich auch selbst immer wieder zu reflektieren und zu hinterfragen; wer nicht progressiv und kreativ mitgestalten möchte sondern sich laufend über "die Zustände heutzutage" beschwert ohne Verantwortung übernehmen zu wollen, der wird nicht nur im Schulsystem scheitern sondern generell vermutlich irgendwann depressiv.


    Ich habe allen Ernstes Kolleginnen und Kollegen, die meinen, sie könnten heute noch so unterrichten, wie sie es vor 20, 30 Jahren getan haben. Ich habe Kolleginnen und Kollegen, die unterrichten eine Klasse seit zwei Jahren und haben immer noch mit den Namen der Schülerinnen und Schüler Probleme.


    Dabei hat man (in seinem kleinen Mikrokosmos Klassenzimmer) doch so viele Gestaltungsmöglichkeiten. In der Regel ist man doch nur seinem eigenen Gewissen und dem Lehrplan unterworfen. Und selbst bei letzterem gibt es je nach Fach noch reichlich Gestaltungsmöglichkeiten.


    Ich kann das, was Hattie sagt, nur doppelt unterstreichen! Wir unterrichten junge Menschen, nicht Fächer. Wir unterrichten keine Klassen sondern Individuen, die auch individuell wahrgenommen und wertgeschätzt werden möchten. Respekt und Freundlichkeit sind keine EInbahnstraßen. Jemand, der seinen Schülern laufend erzählt, was für Nulpen sie sind, erwartet nicht ernsthaft, dass im Unterricht alle stillsitzen, brav zuhören und ihre Hausaufgaben machen. DIe allermeisten Schüler lernen immer noch für den Lehrer, auch wenn sie es nie zugeben würden.


    Mein persönliches Fazit zu diesem Video: Ich scheine auf dem richtigen Weg zu sein, werde unbeirrt meine Arbeit weitermachen und geduldig aber aktiv darauf warten bis ich in eine Position komme, in der ich etwas verändern kann. Denn so kann es in der Tat nicht weitergehen. Und ich möchte mich nicht darüber beschweren sondern Verantwortung übernehmen.

  • ...weil sich alles nach einer jungen und (über)motivierten Berufseinsteigerin anhört. Wenn ich richtig liege führe ich das gerne weiter aus. ;)

    Berufseinsteigerin a la maximal fünf Jahre im Schuldienst? Da muss ich dich leider enttäuschen.


    Aber ich weiß, was du vmtl sagen willst und ich kenne diese Kritik. Ich schrieb nicht umsonst "unbeirrt weiter machen". Mit Leuten, die sich "mit dem System abgefunden haben", kommt man aber halt leider nicht weiter. Mit Leuten, die immer nur aus Resignation zu Allem Ja und Amen sagen werden, wird sich nichts verändern.


    Live and let live.

  • Aber Schulpädagoge Seibert sagt doch im Filmbeitrag: "Es geht um die Liebe zum Kind."

    Wohin die "Liebe zum Kinde", der "pädagogische Eros" und der Kollaps der professionellen Grenze zwischen Lehrer und Schüler führt, haben die Vorfälle an der Odenwaldschule aufgezeigt...

  • Mein persönliches Fazit zu diesem Video: Ich scheine auf dem richtigen Weg zu sein, ...

    Ich sehe da auch großes Potential bei dir!


    Dann erkläre doch konkret zur Unterrichtssituation im Film, wie du das anstellst, dass
    - das eine Kind nicht auf dem Tisch hospitalisierend rumrutscht
    - fünf Kinder nicht zeitgleich mit dir schmusen wollen
    - das Heft des Schülers nicht zerissen wird
    - die Kinder sitzen bleiben und ruhig sind
    - nicht absichtlich mit dem Stuhl gekippelt wird
    - Tritte und Gerangel unterbleiben
    - das heulende Kind zeitgleich getröstet wird.


    Meine Hochachtung an den Kollegen, der sich hier hat filmen lassen! Wie beschämend, hier so hilflos dargestellt zu werden. Mich kotzt an dem Film an, dass für den pädagogischen Laien und Zuschauer das Gefühl aufkommen kann, dass deutsche Lehrer die letzten Flachpfeifen sind und man nur ein Konzept aus Übersee übernehmen müsste, damit der Unterricht wieder funktioniert. Lehrer müssen sich im deutschen Fernsehen vermummen, damit sie als "Nestbeschmutzer" nicht sanktioniert werden. Die wahren Ursachen für die Problematik werden aus politischen Gründen gedeckelt.

  • Bei mir entstünde eine solche Eigendynamik erst gar nicht. Was da beobachtet werden konnte bzw. hier von dir beschrieben wird, sind nämlich alles Symptome. Und die Kolleginnen und Kollegen kämpfen jeden Tag aufs Neue gegen die Symptome an, ohne die Ursache je zu erörtern geschweige denn anzugehen. Dass da im Elternhaus auch sicher Einiges schief gelaufen ist, sei davon unbenommen.


    Du erinnerst dich vielleicht an die Klasse, die ganz zu Beginn gezeigt wurde in der es vergleichsweise gesittet zuging? In dieser Klasse war die Klassenlehrerin zwei Jahre kontinuierlich am Werk. Die anderen Klassen hatten offenbar einige Lehrerwechsel gehabt... Und das sind sicher keine anderen Kinder als in den Chaos-Klassen...


    Meines Erachtens steht und fällt es mit der Klassenleitung wie die Klasse funktioniert (oder eben auch nicht). Aber auch wenn die Klassenleitung keinen guten Job macht, ist man meines Erachtens nicht vollständig ausgeliefert, sofern man bereit ist, sich die Mühe zu machen. (Bin ich je nach Schulart auch nicht immer, muss ich zugeben. Für eine Stunde pro Woche in der BS reiße ich mir jetzt nichts auf...)


    Edit: Das mit dem Bericht aus Australien fand ich auch nicht so gut. Man hätte da genauso eine Klasse aus Deutschland nehmen können, in der Hattie's (ohne Apostroph sieht es komisch aus...) Konzept umgesetzt wird.

  • Dem stimme ich zu Freakoid!


    Dazu kommt, dass in der gezeigten Klassen eine spezielle Grundschulproblematik aufgezeigt wurde, wie ich versucht habe, in Nr. 47 darzustellen.


    In einer (solchen) Grundschulklasse kann man nicht mit Sekundarstufenmaßnahmen kommen, wie schon Pustekuchen in Nr. 49 beschrieben hat.


    Nachtrag, weil ich den Post jetzt erst gelesen habe:


    Bei mir entstünde eine solche Eigendynamik erst gar nicht. Was da beobachtet werden konnte bzw. hier von dir beschrieben wird, sind nämlich alles Symptome. Und die Kolleginnen und Kollegen kämpfen jeden Tag aufs Neue gegen die Symptome an, ohne die Ursache je zu erörtern geschweige denn anzugehen. Dass da im Elternhaus auch sicher Einiges schief gelaufen ist, sei davon unbenommen.

    Da muss ich widersprechen! Das ist das typische Denken ohne genau den Hintergrund zu wissen, so nach dem Motto: Bei mir läuft alles besser, häufiger bei Sekundarstufenlehrer (vor allem Gymnasiallehrer hat man den Eindruck) anzutreffen.

  • Und du beurteilst meine Denkweise ohne mich zu kennen... Ist das besser?


    Zum Einen hat es nichts aber auch gar nichts mit Konkurrenzdenken zu tun. Warum auch? Inwiefern stehe ich als BBS-Lehrerin in Konkurrenz zu einer GS-Lehrerin? Das sind Welten, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben.


    Und doch gibt es auch an den BBS diese Klassen. Nur da bleibt es halt nicht beim Stuhl-Kibbeln, weil die Schüler eben älter sind...


    Edit: Mit "Maßnahmen" komme ich überhaupt nicht. Höchstens mal ne Doppelstunde Nachsitzen, wegen verpasstem Unterrichtsstoff. Aber das war's.


    Ich öffne regelmäßig meinen Unterricht für Kolleginnen und Kollegen meiner eigenen und auch von anderen Schulen (nach Erlaubnis der SL). Du kannst gerne auch mal vorbeikommen.

  • Natürlich kann man schauen, dass er mit Kindern umgehen kann. Das macht dann aber immer noch keinen guten Lehrer aus.

    Ich dachte ich hätte erklärt, worum es bei der Berufseignung geht: ob man die Person grundsätzlich auf junge Menschen loslassen kann. Ob da ein guter Lehrer im fachdidaktischen Sinne draus wird, spielt erst mal keine Rolle.



    Bei mir entstünde eine solche Eigendynamik erst gar nicht.

    Ich glaube da unterschätzt Du die im Film gezeigte Situation ziemlich. Es sind Kinder, die von zu Hause offenbar nicht den geringsten Funken an Sozialkompetenz mitbringen. Da fängst Du als Lehrperson bei absolut Null an und nicht in dem Zustand, in dem wir mit den 15 - 19jährigen arbeiten. Da haben vor uns eben Unterstufenlehrer und hoffentlich die Eltern schon einiges an Erziehungsarbeit geleistet. Mit Deinem Beitrag Nr. 50 bin ich trotzdem vollends einverstanden. :)

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