Fleisch-, Arbeitsbedingungen- und Bürgerkriegs-Diskussion (aus: Schulöffnungen)

  • ... Dabei ist gerade der nachhaltige Konsum etwas, was man durchaus auch als Statussymbol unserer sozioökonomischen Schicht betrachten könnte und als bewusstes Abgrenzungsmerkmal von anderen Bildungsschichten,...

    Na dann, lasst uns daran arbeiten, dass sich das ändert. Albern genug, dass es innerhalb "unserer Bildungsschicht" Leute gibt, die so denken :wacko:

  • Der Metzger hier macht neuerdings Werbung, dass er seine Schweine von einem örtlichen Bauern bezieht. Geschlachtet wird auch vor Ort. Das Rindfleisch ist Weidefleisch. Bio ist es nicht. Ist bei Hochlandrindern auf der Weide auch eigentlich wurscht, ob die ne Ökozertifizierung haben.

    Ich hab bei dem Metzger heute für 4 Weißwürste 3,78 bezahlt. Das ist genau doppelt so teuer wie beim Aldi (1,89). Dafür, dass die Schweine vor Ort aufgezogen und geschlachtet wurden und die Würste mindestens doppelt so lecker sind wie die bei Aldi, müsste das zumindest eigentlich für jeden Durchschnittsverdiener drin sein.

    Ich zahle hier vor Ort für 500g Hackfleisch vom relativ glücklichen Schwein (Rind kostet dasselbe) 7,50€. Keine Ahnung, was das bei Aldi oder Rewe kostet, aber mir kann niemand erzählen, dass die 3,75€ für 250g totes Tier für die Bolognese oder den Auflauf zu viel sind. Man muss nicht 7 Tage die Woche 500g Fleisch pro Person zu sich nehmen.

  • Gier fängt aber doch letztlich unten an und geht nur durch alle Einkommens- und Bildungsschichten durch; das einfach einer Gruppe anlasten zu wollen ist deutlich zu verkürzt, vor allem, da wir hier in Deutschland- anders als in anderen Staaten- eine vollwertige Demokratie haben, ergo etwas ändern können an politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen durch unsere Wahlentscheidung und durch unsere alltäglichen Entscheidungen, die eben geprägt sind von unseren Werten und Haltungen. Eben diese entscheiden dann halt auch darüber, ob man auch mit geringem Einkommen eher etwas nachhaltiger konsumieren möchte oder doch lieber Geld für Zigaretten oder Alkohol oder Statussymbole (die in allen sozioökonomischen Schichten ihre spezifische Ausdrucksweise, Ausgestaltungsform und Relevanz haben) etc. ausgibt.

    Dabei ist gerade der nachhaltige Konsum etwas, was man durchaus auch als Statussymbol unserer sozioökonomischen Schicht betrachten könnte und als bewusstes Abgrenzungsmerkmal von anderen Bildungsschichten, für die eben andere Statussymbole im Vordergrund stehen, die unter Akademikern durchaus auch zu gerümpften Nasen führen können (auch wenn man sie womöglich selbst ganz genauso praktiziert).

    Um Werte und Haltungen vorzugeben, die geselleschaftlich/moralisch erwünscht sind, gibt es unter anderem Gesetze. Die müssen so ausgestaltet sein, dass tote Lebewesen, die wir verzehren, nicht verramscht werden, nachdem sie ihr Leben lang gelitten haben.

    Das hat eigentlich nichts mit Statussymbolen zu tun und auch wenig mit der sozio-ökonomischen oder Bildungsschicht. Es gibt unzählige studierte Menschen, denen Nachhaltigkeit und Tierwohl vollkommen egal sind, zahlreiche studierte Menschen, die prekär beschäftigt sind und kaum über Mindestlohn verdienen und zahlreiche un-studierte, die sehr nachhaltig leben.

  • Ich hab bei dem Metzger heute für 4 Weißwürste 3,78 bezahlt. Das ist genau doppelt so teuer wie beim Aldi (1,89). Dafür, dass die Schweine vor Ort aufgezogen und geschlachtet wurden und die Würste mindestens doppelt so lecker sind wie die bei Aldi, müsste das zumindest eigentlich für jeden Durchschnittsverdiener drin sein.

    Aber nur wenn man generös darüber hinwegsehen kann, dass Weißwurst aus Kalb bestehen sollte...

  • 500g Gehacktes gibt es beim Discounter teils für unter 2 Euro.

    Das hat noch nie jemand kaufen müssen. Ich hab lange genug von 600 - 700 Euro im Monat gelebt, selbst damit ist es nicht nötig. Schau Dir einfach an, wie hoch der jährliche pro Kopf Konsum ist, dann weisst Du, woran man sparen kann. Die Leute kaufen das weil es da ist und wenn's weg ist, kaufen sie es eben nicht mehr. Kein Grund irgendein moralisches Fass für die armen Leute aufzumachen.

  • Es ist doch ganz einfach. Für die Tierhaltung müssen Standards festgelegt werden, die bestimmen den Preis, nicht umgekehrt.

  • Fleisch ist wirklich eins der wenigen Konsumgüter, bei dem man sich problemlos einschränken kann. Es gibt andere Bereiche, in denen man als Niedrigverdiener schnell mal im Dilemma sitzt. Kleidung z. B. Die muss man halt haben und allzu oft wird sie unter ausgesprochen fragwürdigen Bedingungen hergestellt.

  • Es gibt andere Bereiche, in denen man als Niedrigverdiener schnell mal im Dilemma sitzt. Kleidung z. B. Die muss man halt haben und allzu oft wird sie unter ausgesprochen fragwürdigen Bedingungen hergestellt.

    Diese Arbeitsbedingungen interessieren die meisten Leute leider noch weniger als Tierhaltung und Fleischproduktion. Bangladesh ist weit, weit weg. Hauptsache der Schrank ist dank Primark & Co übervoll.


    Diese ausbeuterischen Arbeitsbedingungen ermöglichen, dass man am täglichen Bedarf gut sparen und sich stattdessen Luxus leisten kann.

  • Ich wollte überhaupt nicht schreiben, dass das ein geringeres Problem ist. Ich sehe hier nur das grössere Dilemma für Leute mit wenig Geld. Jeder von uns war mal Student und jeder von uns hat dazumals wahrscheinlich die Klamotten bei H&M gekauft. Vermutlich eher, als sich jeden Tag ein Steak in die Pfanne zu hauen.

  • Ich hätte nicht gedacht, dass ich jemals "früher-Reden" schwingen würde, aber doch, jetzt mag ich das tun

    Früher, als wir Kinder waren hat man Klamotten von Geschwistern oder Nachbarn aufgetragen. (Ging natürlich nur, weil das Zeug nicht nach 5x Tragen auseinander gefallen ist...)


    Als zum Corona-Beginn klar wurde, dass Medikamente knapp werden hab ich ja die leise Hoffnung gehegt, dass Umdenken stattfindet. Aber das ist nach 3 Monaten schon wieder vergessen. Man muss ja nicht die Uhr zurück drehen, aber einen neuen Weg von Nachhaltigkeit finden. I have a dream und so...

  • Ich hätte nicht gedacht, dass ich jemals "früher-Reden" schwingen würde, aber doch, jetzt mag ich das tun

    Früher, als wir Kinder waren hat man Klamotten von Geschwistern oder Nachbarn aufgetragen.

    Ja, als Kind hab ich auch Klamotten aufgetragen die andere abgelegt hatten. Ich schrieb von Studenten-Zeit, da trägt man eher seltener anderer Leute Klamotten auf. Natürlich gab's da auch diejenigen, die ständig neues Billig-Zeugs hatten und diejenigen, die die gleiche Jeans halt mehrere Jahre anhatten.



    Als zum Corona-Beginn klar wurde, dass Medikamente knapp werden

    Die waren vorher schon knapp und keinen hat's interessiert. Merkte man in der Schweiz übrigens viel deutlicher als in Deutschland, weil's bei uns halt mit den Importen wegen der Verzollung länger dauert.

  • Umdenken ist schwierig in einer sehr egogetriebenen Gesellschaft. Aber steter Tropfen höhlt den Stein...

  • Ich schrieb von Studenten-Zeit, da trägt man eher seltener anderer Leute Klamotten auf.

    :lach: Ich dachte, die mittellosen Soziologen und Germanisten kriegen die abgetragenen Anzüge der BWLer und nähen dann Flicken auf die Ellenbogen, wenn diese abgewetzt sind.


    Sorry, ich bezog mich gar nicht auf deinen Beitrag, ich finde das nur alles so frustrierend, wenn man zuguckt, wie die Menschheit sich selbst torpediert und alle Zerstörung des Lebens in Kauf nimmt.

  • Dass die Menschheit sich gerne selbst torpetiert, ist leider wahr. Mir fällt da spontan das Thema technischer Fortschritt in Zusammenhang mit 1984 und co. ein - statt dass man sich das als abschreckendes Beispiel nimmt, scheint man sich in langsamen Schritten dem eher anzunähern :/ .

  • Wollsocken80: Ich verrat dir jetzt mal ein Geheimnis. Ich bin schon ganz schön alt, bald A 14 und trag aber immer noch anderer Leute Klamotten auf. Ich kaufe eigentlich alle Kleidung und Schuhe secondhand. Hier gibt es einen Sozialladen, in dem gebrauchte Sachen zugunsten des Kinderschutzbundes verkauft werden. Die haben üblicherweise Kindersachen und Spielzeug, machen aber zweimal im Jahr einen Damenverkauf. Zum Teil hochwertige, superedle und eigentlich sauteuere Sachen für wenig Geld. Ich schlage da immer total zu. Meine Kinder statte ich auch da aus. Ansonsten schau ich bei eBay, Kleiderkreisel/ubup oder auch mal in einem kommerziellen Secondhandladen. Auch sonst kaufe ich nach Möglichkeit gebraucht, z.B. Möbel über EbayKleinanzeigen.

  • Ja... Und dann hat's halt ein anderer irgendwann einmal gekauft. Ich bin auch kein sehr verschwenderischer Mensch und ja, Du hast recht, man kann in allen Bereichen optimieren. Aber ich bleibe dabei, dass es bei Lebensmitteln wirklich sehr einfach geht und einfacher als in anderen Bereichen.

  • Also der thread titel, der macht schon nachdenklich.


    Zu Bürgerkriegsszenarien ... nein, da sag ich wirklich gar nix zu.


    Zum Thema Lebensmittel und Produktionsbedingungen. Die aktuelle Bayerstory ist wirklich ein Paradestück.


    Juni 2018 Monsanto für US$63bn eingekauft. 06/2020 litigation settlement für US$10.1- 10.9bn. Historisch betrachtet der größte jemals geschlossene US Vergleich (laut NYT), und nur 75% aller Klagen sind dadurch gedeckt, aber da sind die glimpflich rausgekommen wenn das so abgesegnet wird. Für mich der größte Skandal der sich seit Ende des 18ten Jahrhunderts, dem Beginn der Chemie als Wissenschaft, jemals ereignet hat. Der Vergleich enthält keinerlei Eingeständnis von Schuld bzw. Fehlverhalten.


    Shareholder value hat auch hier Dominanzfunktion bekommen, und nur deshalb haben wir so Pervertierungen wie Warenterminspekulationen mit Agrarrohstoffen gesehen. Damit werden dann die Preise für Grundnahrungsmittel angeheizt, desweiteren Wetten auf Hungerkatastrophen, und wenn diese eintreffen werden Gewinne eingesackt.


    Tja, und da sind wir dann auch schon beim Thema "Fluchtursachen bekämpfen".


    P.S.

    Zeigt dies doch deutlich wie hoch die vernetzte Komplexität ist.


    Jedoch, egal wie komplex, lösbar sind Missstände immer nur wenn der politische Wille dazu in nicht korrumpierter Form, also dem Gegenteil von Monsanto-Minister Christian Schmidt, vorliegt, und genau da setzten sie bei mir ein, die nagenden Zweifel.

  • ...hättest du auch noch meinen anderen Post gelesen wüsstest du, dass ich das überhaupt nicht vertrage und es auch gar nicht so selten ist

    Es ist völlig unerheblich, warum du gewisse Dimge nicht isst, um zu merken, dass Titulierungnen wie "Zeug" und "Quatsch" keine adäquaten Bezeichnungen für Lebensmittel sind.


    ohne entsprechende Vorbehandlung sind sämtliche Hülsenfrüchte ungenießbar oder sogar gefährlich

    Stimmt. Bohnen muss man kochen. Jetzt sind wir aber erstaunt.


    Und - du kannst Steak nicht mit Grünkohl vergleichen.

    Doch, kann ich. Und ich werde ziemlich viele Unterschiede festsstellen.


    Grünkohl schmeckt btw durchaus, aber nur wenns richtig kalt ist und mit Mettenden, Pinkel und/oder Kasseler dazu, also sicher nicht ohne Fleisch.

    Geschmackssache. Man stirbt aber nicht, wenn man mal den Geschmack von Gemüse als solches erlebt. Nicht nur den, der mit Speck und Wurst und Überbackkäse plattgehauen wurde. Muss man nicht probieren, ist aber meine Empfehlung.


    Es ging mir um die Fleischalternativen, also "Pseudo-Fleisch".

    Nein, gibt es nicht. Solcherlei hast du nie erwähnt. Zumindest nicht in erkennbarer Form. Vielleicht solltest du neben deinem 'Rumgemecker über "Zeug" und "Quatsch" mal versuchen, dich sachlich auszudrücken.


    Fleischersatz-Produkte ersetzen Fleisch auch in seienr typischen Verwendung. Das meiste ist irgendwie Kurzgebratenes, dass man mal eben in die Pfanne haut. Das hat durchaus seine Berechtigung, wird auf Dauer aber langweilig.


    Es gibt da mittlerweile ein recht umfangreiches Angebot. Mir mir will nicht spontan in den Kopf kommen, dass du soviel davon probiert hättest, dass du belastbare Daten für hättest, dass das alles nicht schmecke oder ungesund sei. Und Rügenwalder und Co bauen ihre Produktion in dem Bereich nicht deshalb aus, weil niemand dergleichen kauft oder isst. Nee, die haben da die Tür zu einem attraktiven Markt aufgestoßen.


    Hier mahne ich dann auch zur Vorsicht bei der Auswahl. Insbesondere wenn Soja oder Hühnerei im Spiel ist, griffe ich eher auf Bio-Produkte zurück.


    Und - wenn ich manche Preise für Gemüse in der letzten Zeit so sehe, frage ich mich, ob die alle den Knall nicht gehört haben, oder ob das "nur" an den coronabedingten Ausfällen der osteuropäischen Erntehelfer liegt... wobei dann die "Schuldigen" ja auch woanders sitzen (die "oben", die den Hals nicht voll bekommen). Wenn ich sehe was die mittlerweile für nen simplen China- oder Blumenkohl haben wollen... ja was soll denn das?

    Dazu nur soviel. Die Produktion und der Vertrieb von Lebensmitteln verursachen Kosten, die man im Preis wiederfindet (neben anderem). Wer nicht bereit ist einen angemessenen Preis zu bezahlen, bekommt auch nur die entsprechend niedrige Qualität und die weniegr tollen Produktionsbedingungen. In Deutschland sind die Lebensmittelpreise verglichen mit den Nachbarländern relativ niedrig. Insofern sind wir im uropäischen Ausland auch dafür bekannt, dass bei uns Qualität kein Rolle spielt und man zu uns den "Schrott" liefern kann, den die anderen nicht wollen.


    Dann habe ich mal von einer Statistik gelesen, dass in Deutschland mehr Geld für Medikamente ausgegeben wird als für Lebensmittel. Leider ohne Quelle, trotzdem erscheint's mir glaubhaft.


    Soviel dazu. Die Zeiten, in denen ich darüber diskutiert habe, ob an strukturellem Antisemitismus doch etwas dran sein könnte, sind vorbei.


    Und jetzt weiß ich immer noch nicht, warum dir die triviale Erkenntnis, dass Menschen keien Karnickel sind, so wichtig war, dass du sie weiderholen musstest.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    2 Mal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Es ist mit der Milch ganz ähnlich. Inzwischen gibt es eine unüberschaubare Menge an Alternativen, und gerade Hafermilch ist heiß begehrt. Wofür braucht man Milch? Nicht für Kalzium, das kriegt man auf andere Weise besser, z. B. durch Brokkoli oder Mineralwasser. Ich brauche Milch für meinen Tee, und da tut es Hafermilch genauso, es gibt ja sogar aufschäumbare. Und für das Müsli, das ohnehin zum größten Teil aus Haferflocken besteht.


    Hier zeigt sich, dass man umdenken kann. Vorausgesetzt, jemand klärt einen darüber auf, dass Milch in aller Regel nicht von glücklichen lila Kühen auf der Alm kommt, sonder ebenfalls Tierleid und Klimaschaden verursacht.

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