Gymnasium oder BBS

  • Hey Leute,


    ich bin jetzt gerade Referendar für gymnasiales Lehramt in Ba-Wü mit den Fächern Englisch, Ethik und DaZ/DaF. Im Moment läuft hier bis Ende März die Anmeldephase für das Bewerbungsverfahren in den Schuldienst und es gibt die Option sich auch für berufliche Schulen zu bewerben. Ich habe keinerlei Erfahrung mit dieser Schulform und wollte mich daher mal erkundigen, wie so ein Lehramt an beruflichen Schulen für mich mit meinen Fächern aussehen könnte. Es wird ja immer gesagt, dass man an beruflichen Schulen bessere Einstellungschancen hätte, daher wollte ich diese Möglichkeit nicht von vornherein ausschließen. Ich habe schon ein paar Diskussionen hier gelesen, in denen Lehrer, die in ähnlichen Situationen waren, über Vor- und Nachteile von BBS bzw. allg. Gym gesprochen haben, aber ich habe mir noch kein richtiges Bild machen können. Ich kann vielleicht dazu noch sagen, dass ich mit dem Gymnasium, an dem ich bin, nicht wirklich warm werde. Ich habe früher in der Wirtschaft gearbeitet, was mir sehr gefallen hat, und das ist halt ein ganz anderes Arbeitsumfeld (zw. Kollegen, etc.) als am Gymmi.

    Das Naheliegendste wäre natürlich sich eine solche Schule im Umfeld mal anzuschauen, aber das ist im Moment wegen Corona nicht möglich und wer weiß, ob das noch bis vor Ende der Anmeldungsdeadline klappen wird.


    Daher würde ich hier gerne noch ein paar Fragen stellen:


    1. Ist diese Fächerkombination denn gefragt an BBS (ich habe gelesen, dass Ethiklehrer gesucht werden und DaZ kann bestimmt nicht schaden)?

    2. Was würde mich als Berufseinsteiger im Falle einer Einstellung denn für Schulformen innerhalb einer BBS erwarten: Nur berufliches Gym. oder ist alles möglich?

    3. Wenn mir das nicht läge, könnte ich dann nach ein paar Jahren versuchen an ein allg. Gym wechseln, oder kommt man dann nicht mehr zurück (so wie man sich das über Gemeinschaftsschulen erzählt)?

    4. Gibt es Lehrer hier, die in einer ähnlichen Situation waren und die mir von ihren Erfahrungen berichten könnten?


    Danke euch allen vielmals für eure Arbeit! :) Bleibt bitte Alle gesund und habt ein frohes neues Jahr! ;)

    LG,


    Bob :gruss:

  • Hallo,


    da ich auf dem Sprung bin, nur kurz zu deinen Fragen:

    1. Ist diese Fächerkombination denn gefragt an BBS (ich habe gelesen, dass Ethiklehrer gesucht werden und DaZ kann bestimmt nicht schaden)?

    Grundsätzlich ja! Die Fächer werden in jeder Schulart unterrichtet. Wenn du DaZ unterrichten willst, gehe eher an eine gewerbliche BS.

    2. Was würde mich als Berufseinsteiger im Falle einer Einstellung denn für Schulformen innerhalb einer BBS erwarten: Nur berufliches Gym. oder ist alles möglich?

    Grundsätzlich wirst du in allen sich an der Schule befindlichen Schularten eingesetzt werden.

    3. Wenn mir das nicht läge, könnte ich dann nach ein paar Jahren versuchen an ein allg. Gym wechseln, oder kommt man dann nicht mehr zurück (so wie man sich das über Gemeinschaftsschulen erzählt)?

    Theoretisch ja. Praktisch wirst du eher an der BS bleiben (müssen).

    4. Gibt es Lehrer hier, die in einer ähnlichen Situation waren und die mir von ihren Erfahrungen berichten könnten?

    Nicht ganz ähnlich, da ich bereits das Ref an einer BS gemacht habe, aber einen kleinen Bericht kann ich trotzdem nachher kurz schreiben.


    Lg,

    Mrs Pace

  • Ich habe genau deine Fächerkombination an einer BS in Ba-Wü. Ich kann dir aber leider erst heute Abend oder morgen antworten. :)

  • Hallo,

    ich habe auch Studium und Ref für Gym gemacht und bin nun an einer Berufsschule.

    An meiner Schule werde ich in allen Schulformen eingesetzt, ich weiß aber auch von anderen BS, die Gym-Lehrer nur im BG und max. FOS einsetzen. Das kommt wohl auf die Schule bzw. Schulleitung an.

    Wenn du in allen Schulformen eingesetzt werden solltest, kann DaZ auf keinen Fall schaden bzw. ist vermutlich gern gesehen.

    Nicht zu unterschätzen an BS ist, dass du mit Englisch nahezu jedes Schuljahr korrekturintensive Abschlussprüfungen abzunehmen hast, oft auch parallel.

    Was stört dich an deinem Gym?

  • Danke Alterra ! Also müsste man die Art des Einsatzes an der jeweiligen Schule immer erfragen, wenn ich das richtig verstehe. Gar nicht so leicht auf dieser Informationsbasis eine Entscheidung über einen Schulformwechsel zu treffen, der wie MrsPace sagte - falls es denn über dieses erste Bewerbungsverfahren mit der Planstelle an einer BS klappen würde - ziemlich endgültig sein könnte. Alterra Kann ich dich vielleicht fragen, warum du letzten Endes an einer BS gelandet bist?


    An der Schule selbst stört mich nichts direkt, ich bin an einer sehr netten Schule mit sympathischem Kollegium. Mir fällt nur auf, dass die Haltung vieler KuK in Bezug auf die SuS (auch vom Workload, ich bin an einer G8-Schule) nicht wirklich mit dem übereinstimmt, was ich ganz persönlich als pädagogisch sinnvoll empfinden würde. Es wird eher mit Druck und Kontrolle gearbeitet und wenig Raum für Innovation gegeben oder mit den SuS auf Augenhöhe interagiert. Diese Sicht auf die Dinge kann aber auch von meiner Situation als Refi gefärbt sein, daher möchte ich jetzt noch kein Urteil fällen. Jedenfalls schaue ich mich gerade um, was es noch für Alternativen gibt. Ich habe sehr interessiert die Diskussionen hier im Forum zu dem Thema BS vs. Gym verfolgt. :)


    Und ich vermisse ein bisschen, dass man nicht, wie in meinem vorherigen Kollegenteam zusammen auf ein Ziel hin arbeitet, sondern an der Schule Alle so für sich einzeln nebeneinanderher arbeiten. Aber das ist wirklich sehr subjektiv und daher hier vermutlich nicht so relevant. Ich wollte mit der Anmerkung eher sagen, dass ich mir außer der besseren Aussicht auf eine Stelle auch Gedanken mache, wo ich eventuell besser reinpassen könnte :)


    Danke euch für eure Beiträge! :)

  • Hallo,


    so, jetzt komme ich zum Antworten. Erstmal zu deinem zweiten Beitrag:


    Also müsste man die Art des Einsatzes an der jeweiligen Schule immer erfragen, wenn ich das richtig verstehe.

    Ja, wobei dir die Schule da erst kurz vor knapp zuverlässige Auskünfte geben kann. Was die Schulleitung im August plant, kann dann bei Schulbeginn im September wieder ganz anders aussehen. Generell musst du damit rechnen, dass du in jeder Schulart eingesetzt wirst. Und als "Neuling" wirst du jetzt auch sicher nicht die Rosinen vom Kuchen abbekommen sondern erstmal das nehmen müssen, was "übrig" ist. Aber das geht idR jedem Neuling so und wäre an jeder anderen Schulform ähnlich.

    ziemlich endgültig sein könnte

    Endgültig insofern als dass du selbst wohl nicht mehr zurück ans AG wollen würdest. Ich wüsste jetzt zum Beispiel ad hoc keinen Kollegen der erst an der BS gelandet ist und dann später zurück ans AG ist. Theoretisch ist es natürlich möglich, ja. Aber praktisch kommt es in meiner Erfahrung wie gesagt nicht vor.


    Ich selbst würde zum Beispiel auch nie ans Allgemeinbildende Gymnasium wollen obwohl ich zwei allgemeinbildende Fächer unterrichte. Die Arbeit mit den Eltern schreckt mich doch sehr ab. Auch kann ich mit jüngeren Schülern (bis 12 Jahre) eher nicht so. Ich kann mich da einfach nicht so einfühlen. Mit jungen Erwachsenen (so ab 15 Jahre), mit denen man teilweise schon vernünftige und reflektierte Unterhaltungen führen kann, komme ich weitaus besser zurecht.

    Ich war nur sehr kurz an einem AG für eine Zusatzlehrprobe in der Unterstufe. Diese habe ich eigentlich nur gemacht, weil ich mir den Auslandsschuldienst offen halten wollte. Und nicht deshalb weil ich u.U. mal ans AG will. Da wurde ich wie eine Aussätzige behandelt. "Das ist die vom Beruflichen". Dass sie nicht "Igitt, schnell weg!" gesagt haben, ist alles.

    Die Kollegen an der BS erlebe ich hingegen als größtenteils bodenständig und umkompliziert, oft aber auch sehr kernig und direkt und es herrscht oft ein etwas rauer Ton/Umgang. Ich finde das aber angenehmer, als das was mir meine Freundinnen vom AG oft berichten.

    Es wird eher mit Druck und Kontrolle gearbeitet und wenig Raum für Innovation gegeben oder mit den SuS auf Augenhöhe interagiert.

    Das habe ich auch so wahrgenommen. Das liegt nicht an der Tatsache, dass du Referendar bist..

    Und ich vermisse ein bisschen, dass man nicht, wie in meinem vorherigen Kollegenteam zusammen auf ein Ziel hin arbeitet, sondern an der Schule Alle so für sich einzeln nebeneinanderher arbeiten.

    Das wird an der BS allerdings größtenteils auch so sein. Es wird sicher einzelne Kollegen geben, mit denen du produktiv zusammen arbeiten kannst, das wird aber eher die Ausnahme bleiben.



    Ansonsten: Auf was du dich definitiv einstellen musst, ist dass das Schülerklientel ein ganz anderes ist. Da hast du oft viele Schüler aus bildungsfernen Haushalten bei denen das Interesse an Schule generell eher weniger ausgeprägt ist. So kommt es zu hohen Fehlzeiten die einen hohen Aufwand an Verwaltung verursachen. In meiner BFR-Klasse (Berufsfachschule Fahrzeugtechnik) sind nominell 13 Schüler angemeldet. Regelmäßig am Unterricht teilnehmen tun allerdings nur 10 Schüler.


    Die Klassen sind oft sehr heterogen, manche mehr, manche weniger. Darauf muss man sich einstellen und damit muss man umgehen können. Daher sollte man auch seine fachlichen Ansprüche wie man sie vllt vom Gymnasium gewohnt ist, stark herunterschrauben. Was du in einer Gymnasialklasse vielleicht in einer Doppelstunde schaffen würdest, dafür brauchst du in einer vergleichbaren BS-Klasse mindestens die doppelte Zeit. Generell würde ich dir auch empfehlen, eher handlungsorientiert und schülerzentriert zu unterrichten. Für mehr als 10 Minuten Lehrervortrag reicht die Aufmerksamkeit in BS-Klassen selten aus.


    Ausnahme hier ist vielleicht das Berufliche Gymnasium. Je nach Richtung (TG, WG, SG, etc.) liegen die Interessen der Schüler für dein Fach vllt günstig. Meine TGler sind top in Mathe. Interessiert, fit, fleißig. Aber frag mal meine Deutsch-Kollegin. ;) Am SG hingegen konnte ich mit Mathe keinen Blumentopf gewinnen.


    Fazit: Gerade wenn du "aus der Wirtschaft" kommst, kann ich dir die BBS nur ans Herz legen. Ich glaube, du wirst dich da wohl fühlen. Falls du DaZ benutzen möchtest, schaue eher nach Gewerbeschule, wie gesagt.

  • Nicht zu unterschätzen an BS ist, dass du mit Englisch nahezu jedes Schuljahr korrekturintensive Abschlussprüfungen abzunehmen hast, oft auch parallel.

    Das würde ich so nicht sagen, denn es ist nur der Fall, wenn du in Bildungsgängen eingesetzt wirst, in denen es eine Abschlussprüfung in Englisch gibt. An der BBS, an der ich unterrichte, gibt es selbige nur in unseren vier Klassen der FOS Klasse 12 (das sind aber relativ kleine Klassen mit in den letzten Jahren max. 22 SuS), dann natürlich das Englisch-Abi im BG (da haben wir, seit diese Schulform bei uns vor 15 Jahren eingerichtet wurde, jedes Jahr zwei bis drei "Leistungskurse" und ein bis zwei "Grundkurse") sowie eine Fachschulklasse, die auch eine Abschlussprüfung in Englisch haben. Von daher gibt es bei uns mehrere KuK, die nicht jedes Schuljahr Englisch-Abschlussprüfungen oder -Abi-Klausuren korrigieren müssen.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ich wüsste jetzt zum Beispiel ad hoc keinen Kollegen der erst an der BS gelandet ist und dann später zurück ans AG ist. Theoretisch ist es natürlich möglich, ja. Aber praktisch kommt es in meiner Erfahrung wie gesagt nicht vor.

    Wir hatten tatsächlich mal eine Kollegin, die Gymnasiallehramt studiert hatte und auch an einem allgemeinbildenden Gymnasium ihr Referendariat gemacht hatte. Nach dem Ref kam sie dann zu uns, ist aber nur zwei Jahre geblieben und dann wieder an ein allgemeinbildendes Gymnasium gewechselt. Das wird aber vor allem daran gelegen haben, dass sie Deutsch- und Biologielehrerin war und bei uns hauptsächlich in Deutsch eingesetzt wurde (Bio hatte sie - wenn ich mich richtig erinnere - nur zwei Doppelstunden, was auch daran liegt, dass dieses Fach nur in wenigen unserer Bildungsgänge unterrichtet wird).

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  • Ansonsten: Auf was du dich definitiv einstellen musst, ist dass das Schülerklientel ein ganz anderes ist. Da hast du oft viele Schüler aus bildungsfernen Haushalten bei denen das Interesse an Schule generell eher weniger ausgeprägt ist. So kommt es zu hohen Fehlzeiten die einen hohen Aufwand an Verwaltung verursachen. In meiner BFR-Klasse (Berufsfachschule Fahrzeugtechnik) sind nominell 13 Schüler angemeldet. Regelmäßig am Unterricht teilnehmen tun allerdings nur 10 Schüler.


    Die Klassen sind oft sehr heterogen, manche mehr, manche weniger. Darauf muss man sich einstellen und damit muss man umgehen können. Daher sollte man auch seine fachlichen Ansprüche wie man sie vllt vom Gymnasium gewohnt ist, stark herunterschrauben. Was du in einer Gymnasialklasse vielleicht in einer Doppelstunde schaffen würdest, dafür brauchst du in einer vergleichbaren BS-Klasse mindestens die doppelte Zeit. Generell würde ich dir auch empfehlen, eher handlungsorientiert und schülerzentriert zu unterrichten. Für mehr als 10 Minuten Lehrervortrag reicht die Aufmerksamkeit in BS-Klassen selten aus.

    Das kann ich absolut unterschreiben!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ich unterrichte wie gesagt genau deine Fächerkombi an einer BS in BW. Mit Englisch und Ethik hast du ganz gute Chancen, aber du musst unter Umständen trotzdem mobil sein. In besonders beliebten Gegenden könnte es schwierig werden, gleich etwas zu bekommen. Aber es ist nicht unmöglich. Mein Rat: nicht allzu wählerisch sein. :)


    An einer BS wirst du definitiv in jeder Schulart eingesetzt. Das trifft vor allem auf Englisch zu. Ethik wird wiederum oft "nur" am beruflichen Gymnasium unterrichtet, aber immer öfter auch an der Berufsfachschule und am Berufskolleg. Selten auch an der Berufsschule. Ich habe gleich in meinem ersten Jahr Ethikkurse in der Eingangsklasse, in der J1 und in der J2 bekommen. Das war hart, aber irgendwie auch ganz cool, da ich gerne in der Oberstufe unterrichte. Manche Schulen bieten auch den Wahlkurs Philosophie an.


    Die Unterrichtsthemen in Ethik ähneln den Themen des allgemeinbildenden Gymnasiums. Da ist - was die Oberstufe angeht - wirklich kaum ein Unterschied auszumachen. In Englisch sieht die Sache aber ganz anders aus. Es ist deutlich weniger literarisch angelegt. Du wirst in keiner Schulart englische Literatur behandeln mit Ausnahme vom beruflichen Gymnasium vielleicht. Und selbst da kommen die meisten KollegInnen gar nicht dazu, da es schlicht nicht prüfungsrevelant ist. Das fand und finde ich immer sehr schade. Ich lese mit meinen Klassen trotzdem immer mal wieder Auszüge aus Romanen, da ich das sehr wichtig finde. In der Eingangsklasse reserviere ich sogar jedes Jahr ein paar Wochen, um einen Jugendroman zu thematisieren. :) Das ist aber auch sehr stark abhängig von den Klassen. SG-Klassen sind in der Regel sprachaffiner als TG-Klassen. Aber auch da gibt es Ausnahmen.


    Für mich war das allgemeinbildende Gymnasium nie wirklich eine Option. Ich wusste immer, dass ich mit älteren SuS arbeiten wollte. Das war mir vor allem in Ethik wichtig, da ältere SuS einfach schon "weiter" und reflektierter sind als Kinder.


    Falls du noch Fragen hast, beantworte ich sie dir gern.

  • Ach und was das Schülerklientel angeht: Ja, es stimmt schon, was MrsPace sagt. Aber ich habe an meiner Schule auch schon unglaublich starke Klassen gesehen, vor allem in der Oberstufe. Teilweise waren sie deutlich stärker als die SuS, die ich vom allgemeinbildenden Gymnasium kenne. Einige von ihnen sind ja auch 1-2 Jährchen älter, wenn sie ihr Abitur machen. Das macht manchmal einen großen Unterschied.


    In den anderen Schularten gilt aber wirklich das, was meine Vorrednerin gesagt hat. Menschlich komme ich mit diesen SuS jedoch super klar. Schwache SuS sind halt nicht zwangsläufig "schwierige" SuS. Letztere gibt es an jeder Schule und an jeder Schulart IMO.

  • Probleme mit den Schülern hat man dann, wenn man sich selbst für was Besseres hält und den Schülern regelmäßig (verbal oder non-verbal) zu verstehen gibt, das man nichts von ihnen hält und ihnen nichts zutraut. Klar sind das teils noch Jugendliche/Heranwachsende, aber Menschen sind sie trotzdem. Wie es in den Wald rein schallt, so schallt es raus. Und besonders Schüler an der BBS sind dafür empfänglich, weil ihnen eben teils schon das ganze Leben erzählt wird, dass sie eigentlich für nix taugen. Nur auf die Hauptschule geschafft, da wartet Harz4, usw.

  • Das würde ich so nicht sagen, denn es ist nur der Fall, wenn du in Bildungsgängen eingesetzt wirst, in denen es eine Abschlussprüfung in Englisch gibt.

    Und damit wären wir wieder mal bei den Unterschieden von Schule zu Schule bzw BL zu BL: Englisch-Abschlussprüfungen für alle Schüler gibt es bei uns im BG (Ausnahmen s.u.), FOS, BFS, jede Schulform mindestens 5-zügig pro Jahrgang, plus einzelne Fachklassen. Das macht bei uns pro Durchgang ü 15 Abschlussklassen mit Englisch aus, in Deutsch sind es noch mehr. Daher gibt es bei uns wirklich nicht einen E bzw D Lehrer, der keine Abschlussprüfungen hat. Aber es ist ja schön zu hören, dass es an anderen Schulen auch mal stressfreier läuft.


    An meiner Schule würdest du als Ethik-Lehrer in wirklich allen Schulformen eingesetzt werden - hättest aber - außer einzelne im BG - keine Abschlussprüfungen.

    Ich denke, dass du durch Lesen hier im Forum schon einen guten Einblick davon gewonnen hast, wie unterschiedlich alles laufen kann. Du wirst leider nie die Garantie bekommen, dass du durch den Wechsel an eine BS deine pädagogische Haltung mehr ausleben kannst. Es gibt sicher auch allgemeine Gymnasien, die deiner Haltung entsprechen. Es gibt mit Sicherheit aber auch BS, die rigider sind.

    Ich habe mich z.B. dadurch an diese Schulform verlaufen, weil eine gute Freundin von mir BS-Lehrerin war bzw ist und mir so viel Positives berichtet hat, dass ich das Hineinschnuppern gewagt habe. Ich sage ganz ehrlich, dass ich vorher keine Ahnung von dieser Schulart hatte. Ich selbst bin auch als Schüler auf einem allg Gym gewesen, dann Studium und Ref sowie befristete Verträge eben auch an allg Gymnasien. An meiner BS hat mich dann das beistert, was du tw auch suchst: Kooperation unter den Kollegen. Aber es gibt eben keine Garantie dafür und ich denke, dass es auch allg Gyms mit diesen Voraussetzungen gibt.


    OT: Gibt es in BaWü unterschiedliche Abiprüfungen für allg Gyms und BG? In Hessen sind diese identisch. Hier müssen die BG Schüler auch entweder Mathe oder 1.Fremdsprache (also zu 99,99% Englisch) als Prüfungsfach wählen, und da Mathe eher weniger beliebt ist, machen min 75% eines Jahrgangs Englisch.

  • Englisch-Abschlussprüfungen für alle Schüler gibt es bei uns im BG (Ausnahmen s.u.), FOS, BFS, jede Schulform mindestens 5-zügig pro Jahrgang, plus einzelne Fachklassen. Das macht bei uns pro Durchgang ü 15 Abschlussklassen mit Englisch aus,

    Boah, das ist ja der Wahnsinn! :crying:

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • OT: Gibt es in BaWü unterschiedliche Abiprüfungen für allg Gyms und BG? In Hessen sind diese identisch. Hier müssen die BG Schüler auch entweder Mathe oder 1.Fremdsprache (also zu 99,99% Englisch) als Prüfungsfach wählen, und da Mathe eher weniger beliebt ist, machen min 75% eines Jahrgangs Englisch.

    Ja, wir haben unterschiedliche Prüfungen, außer in Deutsch, glaub ich. Da überschneiden sich die Aufgaben teilweise. In Englisch und Ethik schreiben meine SuS aber definitiv ein anderes Abitur.


    Bei uns müssen die BG Schüler in Mathe und ihrem Profilfach ins Schriftliche. Dann haben sie noch die Wahl zwischen Deutsch oder Englisch. Schüler des SGs und des WGs kommen aber nicht drum herum, mindestens eine Fremdsprache als Prüfungsfach zu wählen (schriftlich ODER mündlich). Das kann dann aber auch die zweite Fremdsprache sein (also nicht zwangsläufig Englisch). SuS des BGs mit einem anderen Profilfach (also z.B. das BTG oder EG) können in einer Fremdsprache eine Prüfung ablegen, müssen es aber nicht. Das führt immer wieder dazu, dass nur circa die Hälfte dann auch wirklich Englisch wählt. Ob SuS Englisch als Prüfungsfach wählen, hängt dann von verschiedenen Faktoren ab. Zum Beispiel wie die Noten bisher ausgefallen sind und ob sie mit einem anderen Fach womöglich doch besser bedient wären.


    Allerdings erfährt unsere Oberstufe gerade eine Umstrukturierung. Das heißt die oben genannten Regelungen gelten nur noch ein paar Jahre.

  • Wow, fantastisch!!! Tausend Dank für eure super informativen Antworten! :top: Dieser Thread und die anderen Diskussionen zu diesem Thema, die im Forum sind, haben mir wirklich weiter geholfen! Ich glaube, ich habe jetzt dank euch einen ganz guten Überblick über die Unterschiede gewonnen. 8)


    Jetzt muss ich mir, sobald Corona es zulässt, einfach mal ein paar Berufsschulzentren (mit BG etc.) kontaktieren und anschauen. Auch super interessant zu hören, dass, obwohl beide Schulformen (allg. Gym und berufl. Gym) zur allgemeinen Hochschulreife führen, doch andere Abiprüfungen haben.


    Also nochmal: Super vielen Dank für all eure Beiträge hier! Das ist ein echt tolles Forum mit einer tollen und sehr hilfsbereiten Community!


    LG, Bob :gruss:

  • Auch super interessant zu hören, dass, obwohl beide Schulformen (allg. Gym und berufl. Gym) zur allgemeinen Hochschulreife führen, doch andere Abiprüfungen haben.

    Das ist aber halt nicht in allen Bundesländern und allen Fächern der Fall. Hier in Niedersachsen nehmen wir am Zentralabitur teil, d. h. in Deutsch, Englisch, Mathe haben unsere BG-SuS dieselben Abi-Prüfungen wie die SuS des allg. Gymnasiums. Da es sich aber ja um "berufliche" Gymnasien mit unterschiedlichen Schwerpunkten handelt, ist logischerweise der jeweilige Schwerpunkt bzw. das Profilfach auch das Hauptprüfungsfach für die Abiturient*innen am BG.

    Ich wünsche dir viel Erfolg für deine berufliche Zukunft!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Das ist aber halt nicht in allen Bundesländern und allen Fächern der Fall. Hier in Niedersachsen nehmen wir am Zentralabitur teil, d. h. in Deutsch, Englisch, Mathe haben unsere BG-SuS dieselben Abi-Prüfungen wie die SuS des allg. Gymnasiums. Da es sich aber ja um "berufliche" Gymnasien mit unterschiedlichen Schwerpunkten handelt, ist logischerweise der jeweilige Schwerpunkt bzw. das Profilfach auch das Hauptprüfungsfach für die Abiturient*innen am BG.

    Ich wünsche dir viel Erfolg für deine berufliche Zukunft!

    Nur eine kleine Anmerkung dazu: In Ba-Wü nehmen die SuS auch am Zentralabitur teil und zwar am Zentralabitur des beruflichen Gymnasiums. Es gibt sozusagen zwei Versionen des Zentralabiturs. Eine für das allg. Gymnasium und eine für das BG. Alle SuS des beruflichen Gymnasiums schreiben dieselbe Prüfung.

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