Lehrerkind- Wo hat der Beruf deiner Eltern sich in deinem Leben spürbar ausgewirkt?

  • Vater: Elektroingenieur (teilweise auch in der Lehre/Uni tätig gewesen)


    Mutter: Lehrmeisterin Schweißer und danach viele andere stellen (Bürgermeister; Bauaufsicht beim Gleisbau; Abteilungsleitung in der Verwaltung)


    Beide zusammen waren in ihren Leben genau vier Wochen arbeitslos.


    Bis zur Beendigung meines Studiums durfte ich mir immer anhören wie viel besser und weniger faul mein älteres Gesxhwisterteil war.

    Mit Übergabe meines 1. Staatsexamens bekam ich dann den Spruch „Glückwunsch, wir hätten nicht gedacht dass du das packst und dann noch so schnell und gut.“.


    Insgesamt gings immer drum, keinen anderen die Schuld für versagen/rückschläge zu geben oder einfach mal nichts zu machen.

    „Ein untätiger Mensch ist ein fauler Mensch!“ hab ich oft gehört.


    Es wurde immer drauf geachtet das man sich halbwegs frei entfalten konnte (Sport, Lesen, Mitentscheidung bei Urlauben etc). Leistung war aber wirklich wichtig und ich hab oft graue Haare produziert weil ich meist nicht freiwillig gelernt habe (ging auch ohne gut und Abi mit 2,0 gemacht)

    Heißt aber nicht, dass es teilweise auch sehr liebevoll miteinander von statten ging.



    Meinen Eltern ist und war immer wichtig, dass man Verantwortung übernimmt und nicht darauf wartet das einem irgendwer hilft. Harte Schule, aber hilfreich in vielen Lebenslagen wie ich selbst schon mitbekommen habe. Es wäre alles netter gewesen mit ein bisschen mehr Lob oder weniger Leistungsdruck. So richtig herzlich können aber beide nicht bei uns Kindern weil sie es nicht anders gelernt haben…dafür lieben sie ihre Enkelkinder und meine Frau 😊

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Oh, ich kann schon auch aus der heutigen Perspektive noch sagen, dass ich mindestens die ersten 14 Jahre definitiv nicht schön aufgewachsen bin. Über Einzelheiten schreibe ich hier ausnahmsweise nicht* ;) Bei allem Übel hatte ich von zu Hause aber nie den Druck, irgendwas besonders gut zu müssen. Das Motto war immer, Hauptsache das Kind tut irgendwas. Irgendwann hat Mama dann auch eingesehen, dass Kind sowieso das macht, was ihm passt und das offensichtlich so schlecht auch gar nicht ist. Als meine Mama gestorben war hat mich am meisten geärgert, dass es uns nie gelungen ist, sie aus ihrem verdammten Tran einfach mal rauszubekommen. Sie hat ihr ganzes Leben lang versucht immer für alle anderen alles gut zu machen und sich selbst darüber leider vergessen.


    *Ich glaube, den alkoholkranken Bruder hatte ich irgendwo schon mal erwähnt.

    :troest:

  • Ich bin meinen Eltern unendlich dankbar, dass ich aufs Gymnasium und später studieren durfte

    Es ist schon krass, wie unterschiedlich sowas gehen kann. Ich habe es öfter schon geschrieben, meine Mama wollte das gar nicht, das hat sie beunruhigt. Das Gymnasium habe ich meiner Klassenlehrerin der 4. Klasse Primar zu verdanken. Ich bedaure es zutiefst, dass die so früh gestorben ist und ich mich habe nie bedanken können. Wir waren aus meiner Klasse nur 5 Kinder, die die Empfehlung bekamen und nur eins davon hatte Akademikereltern. So ist das mit den Zufällen, die das ganze Leben prägen können. Ein Jahr vorher oder nachher wär's eine andere Lehrperson gewesen und ziemlich sicher eine andere Entscheidung.

  • Ich bin in der Gaststätte meiner Eltern aufgewachsen. Insofern sind mir haushälterische Arbeiten seit der Kindheit vertraut und auch heute koche ich gerne und nehme mir die Zeit, für mich zu kochen. Gurkensalat habe ich mit fünf Jahren schon in der großen Schüssel gemacht und konnte das Rezept natürlich auswendig. Meinen Vater sah ich quasi nur zwei Stunden am Tag mittags und am Samstag, der unser Ruhetag war. Da gab es das normale Familienleben. Sonntag und alle Feiertage waren für uns normale Arbeitstage, nur dass ich nicht in die Schule musste und die anderen Geschäfte geschlossen hatten.

    In meiner Familie bin ich das einzige Kind mit akademischem Hintergrund. Als Grundschüler war mir klar, dass ich wie meine älteren Geschwister erst einmal auf die Hauptschule gehe und dann auf die Realschule, da ich es ja nicht anders kannte. Meine Eltern schickten mir aber aufs Gymnasium, da ich in der Grundschule die entsprechenden Noten hatte. Was war das auf dem Gymnasium toll - im Pausenverkauf einen Automaten zu haben, aus dem sogar in einem Plastikbecher Suppe (Brühwürfel-Buillon) herauskam. Kam ich als Jugendlicher von der Schule nach Hause, war es völlig normal, dass ich im Mittagsgeschäft mithalf. Fachliche Unterstützung konnten mir meine Eltern am Gymnasium nie geben, da sie selbst diese Kenntnisse überwiegend nicht hatten. Auch sonst hatten sie vom Schulbetrieb nicht viel Ahnung. Schulaufgaben etc. habe ich meinen Eltern nie vorgelegt und sie hatten auch nie danach gefragt. Die guten Noten zeigte ich ihnen nicht und die schlechten entsprechend auch nicht. Es gab zweimal im Jahr das Zeugnis und da gab es keine schlechtere Note als 4. (Das die 4 bisweilen knapp war, haben sie nie erfahren. :saint:) Elternabende etc. waren kein Thema, weil sie abends im Geschäft arbeiteten. Daher waren wir Kinder abends auch alleine zuhause, was ich aber nicht als Problem empfunden habe. Vielleicht liegt es daran, dass ich gerne alleine bin. Gravierende Probleme gab es in der Schulzeit nicht, ich habe soweit funktioniert, wobei in der Mittelstufe natürlich auch mal schlechte Noten dabei waren. Viele meine Lehrer kannten meine Eltern dennoch, da einmal in der Woche Lehrerstammtisch bei uns war und da gab es sicher den einen oder anderen Austausch über den kleinen Sarek. Wenn ich die Probleme und Päckchen einiger meiner Schüler heute sehe, wird mir im Nachhinein erst klar, wie problemlos ich eigentlich durch meine Schulzeit gekommen bin.

    Im Studium ging es gerade so weiter. Ich pendelte von zuhause täglich in die Unistadt, und wenn ich zuhause war, half ich im Geschäft mit, wobei meine Mitarbeit auch immer professioneller wurde. Im Jahr vor meiner Abschlussprüfung fiel meine Mutter aus gesundheitlichen Gründen aus und ich übernahm ein dreiviertel Jahr lang den Service weitgehend alleine und lernte nebenbei für die Prüfungen. Hat alles funktioniert und meine Eltern waren dann auch im Ruhestand angekommen. Jetzt bin ich so alt, dass die Häfte meines Lebens ohne Gastronomie so lange ist wie zuvor die in der Gastronomie.

    Bei entsprechendem Anlass berichte ich meinen Schülern von meinen Geschwistern, die (und deren Kinder) alle kein Abitur haben und dennoch sind sie ihren Weg gegangen und auch in ihren Berufen erfolgreich.

  • Wie und wo hat der Beruf eurer Eltern- gleich ob diese nur letztlich Lehrkräfte waren oder nicht- spürbar in eurem Leben ausgewirkt? (Beruf bitte nennen, damit wir möglichst viel zum Mitschmunzeln oder auch Nachdenken bekommen.)

    Beruf eigentlich weniger, sondern das, was ich in der Kindheit so mitbekommen habe. Meine Eltern haben beide einen bäuerlichen Hintergrund. So halfen sie oft noch ihren Eltern, wenn bäuerliche Arbeiten anstanden. Meine Eltern hatten ein paar wenige Felder, die sie zuerst um Geld zu sparen und später hobbymäßig - wir hatten große Vorräte von geernteten Sachen - bewirtschafteten. Als Kind war ich bei den Arbeiten auf dem Feld oft dabei und wir spielten, als wir noch jünger waren, z.B. zwischen Rüben, die von den Großeltern in Handarbeit bearbeitet wurden und erfanden die interessantesten Spiele auf einem normalen Acker. Irgendwie hat sich da Fantasie entwickelt, so mein Eindruck. Als wir älter waren, mussten wir allerdings mit aufs eigene Feld helfen, wovor wir uns leider nicht drücken konnten ("Mit aufs Feld müssen" war ein Dauerthema - Ausnahme war, wenn wir rumjammerten, dass wir so viel für die Schule tun müssen), denn das war manchmal ganz schön anstrengend. Man sagt mir viel Durchhaltevermögen nach. Vielleicht habe ich es hier gelernt?


    Meine Mutter hatte z.B. die Fähigkeit, banale Sachen, Wanderungen und vieles spannend zu machen. Ich habe mich z.B. gefreut, dass wir bei einem Picknick an einen idyllischen Ort eine Dose (die gab's bei uns nie) auf dem Spirituskocher erwärmt haben. Ich rieche jetzt noch den Spiritus, so hat sich das bei mir eingeprägt. (Sarek hat mich bei seiner Schilderung daran erinnert.)

    Als Lehrerin zeigte sich oft mein besonderer Bezug zur erlebten Natur und dem bäuerlichen Leben. Wenn z.B. in der Schule die Jahreszeiten anstanden, erinnerte ich mich besonders an die Erlebnisse auf dem Bauernhof und in der Kindheit. Gerade Grundschullieder- und Lesetexte erinnerten mich daran. Meine Naturverbundenheit nahm in der Kindheit den Anfang.


    Gewisse Charaktereigenschaften von meinem Vater finde ich schon mir. Nach einer Drogerie -Lehre schulte er um (das müssen so 2-3 Jahre gewesen sein) und war dann schlussendlich Beamter in einem Amt. Sein privates Schriftwesen hielt er im wahrsten Sinne des Wortes gut in Ordnung. Er hatte nämlich viele Ordner. Diese Art von Ordnung ist bei mir dasselbe und auch bei meinen Schülern war mir Ordnung und Übersicht nicht gleichgültig.

    Mein Vater war zusätzlich noch Hobbymusiker und förderte bei meinen Geschwistern und mir die musikalische Ausbildung. Das hat mich ganz schön geprägt, denn ich habe Musik als Fach studiert. Das Üben war als Kind manchmal lästig, aber jetzt finde ich es toll, dass ich so aus dem FF Musik machen kann.


    Meine Eltern wollten mich übrigens trotz guter Noten in der Grundschule auf Anraten meines Klavierlehrers, der Realschullehrer war (ich war nicht immer die fleißigste Klavierschülerin), auf die Realschule schicken, denn ein Mädchen heiratet so oder so. ;) Ich bin meiner Grundschullehrerin sehr dankbar, dass sie sich für mich eingesetzt hat, damit ich aufs Gymnasium komme. Mein Vater sagte zu mir - seine Worte höre ich jetzt noch: "Ich kann dir höchstens in der 5. oder 6. Klasse helfen, mache mir später keine Vorwürfe." Er hat meine Aufsätze mit seinem Beamtendeutsch korrigiert, denn ich hatte einige Schwierigkeiten im Ausdruck, weil wir Dialekt sprachen und ich das Hochdeutsche nur aus Büchern und aus der Schule kannte. Das Fernsehen steckte noch in seinen Anfängen. Meine Mutter hat mir aber auch geholfen, obwohl sie nur die Hauptschule gemacht hat. Sie hat mit mir als erstem Kind aufgehört in einer Fabrik zu arbeiten. Man konnte immer zu ihr kommen und sich abhören lassen. Lerntechniken waren ja damals noch nicht so bekannt.


    Meine Mutter war sozial eingestellt (sie half in der Kirchengemeinde mit) und hasste Streit und Auseinandersetzungen. Sie wollte mit allen Nachbarn gut auskommen und hat alle Versuche, die in Richtung Missgunst und Streit gingen, abgewiegelt. Natürlich ist sie, als wir Jugendliche waren, um Auseinandersetzungen mit uns nicht herumgekommen, denn da hatten wir unseren eigenen Kopf.

    Die soziale Ader habe ich wahrscheinlich durch sie mitbekommen und Streits zettele ich auch nicht unbedingt an.


    Kindheit und Eltern haben mich geprägt, es gibt Ähnliches, aber auch Verschiedenes. Man entwickelt sich weiter, trifft Menschen, die einem wieder neue Impulse geben usw. Man bleibt nicht stehen. Außerdem entdecke ich Dinge an mir, wo ich keine Ahnung habe, wo das herkommt (von früher).

  • Mein Vater hat sich komplett aus der Schule herausgehalten und meine Mutter ging nur bis Klasse 6 auf die Elternabende, weil so gut wie alle anderen Eltern damals Akademiker waren und sie sich da nicht wohl gefühlt hat. Wir mussten als Kinder viel helfen, alle Wege mit dem Rad oder zu Fuß erledigen, sind schon mit 12 allein zu Ärzten gegangen und wenn meine Mutter im Krankenhaus war (was öfter der Fall war), konnte ich als Teenie komplett meinen 11 Jahre jüngeren Bruder versorgen, den Haushalt führen und meinem Vater die Hemden bügeln.

    Als ich selbst Kinder hatte, sagten meine Eltern : "Bei euch kommen die Kinder immer zuerst". Ja, ich würde mir keinen Pelzmantel kaufen, wenn das Geld knapp ist, das stimmt. Und ich finde es selbstverständlich, dass man zuerst auf die Kinder schaut.


    Bis ich achteinhalb war, haben wir bei den Großeltern in einem "Lothringer" Bauernhaus gelebt. Das war der schönste Teil meiner Kindheit. Es gab Schweine, Hühner, Katzen, anfangs noch Kühe. Wald und Feld gehörten uns, meiner Schwester, meinen Kusins und den Kindern der Straße. Bullerbü. Wir hatten ein Baumhaus am Waldrand. Hier habe ich mit 11 meine erste Zigarette geraucht. Meine Kusins waren damals schon 15 und hatten die irgendwo geklaut. In den Sommerferien waren wir alle bei Oma und meiner Tante, die gegenüber wohnte. Hier war die Freiheit.

    In der Kleinstadt, in die wir gezogen sind, waren die Schule und das Helfen zu Hause. Meine Mutter hat meine Schwester und mich mit 20 und 22 bekommen, war bei Oma noch das Kind und hat dann viel geweint, als wir damals ausgezogen sind. Sie war 30, mein Vater 39, meine Schwester 10 und ich 8. Wir Kinder mussten die Mutter trösten und hatten selbst Heimweh. Es ist immer noch so. Meine Mutter ist die Prinzessin und ich fühle mich schlecht, weil ich denke, ich kümmere mich zu wenig. Wenn ich anrufe, kann es aber sein, dass sie nach 3 Sätzen auflegen will, weil sie aufs Klo muss oder der Kaffee durch ist. Plane ich es, sie zu besuchen, was in jeden Ferien und auch an Wochenenden der Fall ist, kann es sein, dass sie plötzlich was anderes im Sinn hat und ich muss darauf Rücksicht nehmen.

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