Beiträge von Antimon

    In einem privat(wirtschaftlich)en Setting bezahlt mich ein Schüler, dass ich ihm eine Fremdsprache oder ein Musikinstrument beibringe

    An einer staatlichen Schule zahlen dich die Eltern mit ihren Steuergeldern. "Das Land" will an der Stelle überhaupt nichts von dir. Es gibt eine Laufbahnverordnung und Lehrpläne, das kommt alles nicht vom Himmel gefallen sondern wird bei uns zumindest in entsprechenden Arbeitsgruppen erarbeitet und am Ende dem Bildungsrat zur Verabschiedung vorgelegt. Die Noten- und Laufbahnverordnung definiert, wer zu uns ans Gymnasium und die Fachmittelschule übertritt und unter welchen Voraussetzungen die Abschlüsse gegeben werden. Verpflichtet bist du den Schüler*innen und deren Eltern. Diese "das Land" Denke ist schon arge Beamtenmentalität. "Dem Land" bist du an ganz anderen Stellen verpflichtet. Schau ins Personalrecht und deinen Arbeitsvertrag, da steht es drin, was "das Land" von dir will.

    Ich habe noch nie erlebt, dass jemand erst in der Mittelstufe überraschend in Mathe schwach wurde

    Natürlich ist das nicht so. Rumgedreht gibt's das schon. Aber auch nicht in dem Sinne, dass jemand, der mit 15 nicht Bruchrechnen kann mit 18 plötzlich Einstein ist.

    Ich habe aktuell eine Schülerin in der 4. Klasse, die man nach der Primar mal ins Niveau E gesteckt hat, weil es in der Mathe nicht gelangt hat. Sie ist der Meinung, dass sei eine Fehleinschätzung, weil sie bei mir in den Naturwissenschaften 3 Jahre lang mit einer 5 durchgekommen ist. Ich habe sie aber drei Jahre lang darauf hingewiesen, dass ich die Schwäche im analytischen Denken sehr wohl bei entsprechenden Aufgaben sehe. Dann fing es an mit... Huch, ich habe Bauchschmerzen, ich kann nicht zur Prüfung kommen. Es war irgendwann sehr offensichtlich, dass sie sich nur mehr Zeit zum Lernen rausschinden will. Seit der 4. Klasse ist sie bei mir attestpflichtig und siehe da, im Abschlusszeugnis steht noch knapp eine 4.5. Die Biochemie am Ende hat sie fast noch auf eine 4.0 versenkt, da läuft halt alles zusammen. Und wenn man in der Mathe keine Ahnung vom Logarithmus hat, kann man auch keine Titrationskurven auswerten, schon gar nicht von Aminosäuren mit protolysefähigem Rest.

    Es soll das ZIEL sein, dass möglichst alle möglichst alles verstehen

    Das ist nicht das Ziel, nein. Dann ist das Niveau nicht angemessen. 1. sind nur etwa 80 - 90 % der Schüler*innen, die aus der Sek I zu uns kommen, überhaupt fürs Gym bzw die Fachmittelschule geeignet, 10 - 20 % gehen dann halt wieder. 2. setze ich für eine 6 üblicherweise bei 90 % der Gesamtpunktzahl einer Prüfung an und mit etwa 55 % ist eine 4.0 erreicht und das ist genügend. Natürlich versteht nicht jeder alles, es sind ja nicht alle gleich intelligent. Ich verstehe auch nicht alles, was ich an der Uni so lernen könnte und ich bin jetzt schon nicht ganz auf den Kopf gefallen.

    Nö, in meinem BL bereitet der Lehrer die Abiprüfung vor was das ganze dann vollends ad absurdum führt

    Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wir schreiben keine zentralen Prüfungen, im Schwerpunktfach stellt für alle Kurse im Jahrgang oft nur eine Lehrperson pro Schulhaus die Prüfung. Die geht halt durchs kantonale Ressort und es kommt immer wieder vor, dass Prüfungen zurückgezogen werden müssen, weil das Niveau zu flach ist. Ich habe persönlich schon dafür gesorgt, dass eine eingestampft werden musste weil der Anspruch bei Weitem nicht mit meiner Prüfung vergleichbar war. Da seid ihr schon selber dran schuld, wenn ihr das mit euch machen lasst. Weniger Rumjammern wäre mal ne Massnahme.

    Ne. Das ist Katholisch direkt neben Evangelisch. Das KANN nicht Bayern sein. Da achtet man schon noch auf Zucht und Ordnung! :aufgepasst:

    (Ich weiss, wo das ist, aber ich habe keine brauchbaren Fotos.)

    Ich vertrete gerade einen länger erkrankten Kollegen in 2 Klassen. Selbstverständlich bereite ich komplett den Unterricht vor, obwohl er "nur" eine OP hatte und sonst belastbar ist. Aber wir sind verschieden, ich könnte seinen Unterricht nicht halten. Es sind jetzt meine Klassen und er macht Reha, damit er bald vollständig genesen zurück kommt. Das ist für uns alle besser, als hin und her, mal er, mal ich.

    Bei meinem Unfall im Herbst 2021 war es so, dass ich in meiner damals 1. Klasse bereits ein fertiges Kapitel samt Aufgaben ins OneNote verteilt hatte. Ich habe mit der stellvertretenden Kollegin kurz geschrieben, ich hatte nämlich angefangen mit der Klasse mündliche Noten zu machen. Die hat sie dann nach meinem Schema weitergeführt und mit eigenen Ergänzungen die restlichen Seiten aus meinen bereits verteilten Unterlagen abgearbeitet. Das geht weil wir grade im Anfangsunterricht eigentlich alle +/- das gleiche machen. Die Kollegin zeigt halt andere Experimente oder erklärt lieber an anderen Beispielen. Das ist mir doch wurscht, die wird schon wissen, was sie tut. In Physik hatte ich mit einer Klasse grade ein Kapitel abgeschlossen, der stellvertretende Kollege hat dann einfach mit irgendwas weitergemacht, was ihm sinnvoll schien. Ist mir auch völlig wurscht, der wird schon wissen, was er tut. Der Vorteil am OneNote ist, ich konnte dann hinterher sehen, was gemacht wurde und musste nicht gross rumfragen. Die Kollegen haben in der Zeit auch Prüfungen mit meinen Klassen geschrieben, die kamen im Schnitt genau gleich raus wie bei mir.

    Im Frühjahr 2023 ist besagte Kollegin dann kurz vor der Matura in den Mutterschutz gegangen, ich habe ihre Abschlussklasse für die letzten 2 Wochen Unterricht und die darauf folgenden mündlichen Abschlussprüfungen übernommen. Ich habe Abschlussprüfungen mit Schüler*innen gemacht, die 4 Jahre lang gar keinen Unterricht bei mir hatten. Prüfungsschnitt war eine 4.8. Natürlich ging das problemlos. Ich weiss doch, dass die Kollegin ihr Zeug korrekt macht und dank OneNote habe ich ja auch schauen können, was ich erwarten kann. Rumgedreht weiss ich auch was ich fragen kann und wie ich fragen muss, damit was Gescheites bei rauskommt.

    Was uns beiden, also sowohl der Kollegin als auch mir, leider aber auch passiert ist, ist ein Kollege in der Stellvertretung, der eine riesen Schweinerei veranstaltet hat. Ja, das gibt es schon und das ist dann hinterher mühsam. Was man aber auch sehen muss: Abschlussprüfungen in der Sek II haben die Schüler*innen nicht nur in einem Fach, sie sind nicht "verloren", wenn es bei einer Lehrperson halt nicht so gut geht. Und als erkrankte Lehrperson ist das nicht meine Schuld, auch wenn ich es sicher noch so ärgerlich finde. Die bei mir betroffene Klasse hat mir aus der Zeit einen Projektbericht zur Korrektur abgegeben, den ich halt entsprechend bewertet habe. Ich wusste ja, da sind Lücken drin, für die sie nichts können, also kann ich die nicht als Fehler bewerten. Drauf geschissen. Ein Schüler hat versucht mit mir rumzudiskutieren, aber das ging am Ende auch irgendwie. Dieses Schuljahr habe ich von besagtem Kollegen (Kollege ist er eben nicht mehr) eine Abschlussklasse übernommen. Die Löcher, die ich ausgegraben habe, sind riesig, wir habe sie so gut es ging gestopft. Im Juni machen sie Abschlussprüfungen bei mir und die werden gut herauskommen. 19jährige sind keine kleinen Kinder mehr. Denen kann man schon was zutrauen und sie haben auch Verständnis für dumme Situationen, wenn man vernünftig mit ihnen spricht.

    beim lehrerberuf opfert man sich für andere auf, man muss dauernd seine eigenen bedürfnisse zurückstecken, dich ankreischen lassen, schüler zu etwas zwingen, worauf sie null bock haben

    Das finde ich schon eine reichlich problematische Einstellung. Ich schrieb hier mal, ich hätte kürzlich einen 20jährigen rund gemacht, der nicht in der Lage ist zu respektieren, dass er mich nicht vollquengeln muss, wenn ich in einer ernsthaften Stresssituation bin. Daraufhin meinte mindestens eine Person, ich könne doch meine "schlechte Laune" nicht an dem armen Bub auslassen. 1. Hatte ich gar keine "schlechte Laune" sondern ein technisches Problem mit der ausgefallenen Abluft und 2. habe ich auch gegenüber dem 20jährigen einen Erziehungsauftrag wie du ihn erst recht gegenüber einem 8jährigen hast. Die jungen Menschen *müssen* lernen, dass nicht nur sie "Bedürfnisse" haben. Ich bin alt und weise, natürlich lasse ich auch beim 20jährigen noch einiges stehen, was ich einem gleichartigen Kollegen gnadenlos um die Ohren hauen würde. Aber der verhält sich mir gegenüber einfach nicht respektlos. Ich habe den gleichen 20jährigen übrigens letztens dann einfach vor die Tür gesetzt. Ich habe nämlich gar keine Lust drauf mir von dem schlechte Laune machen zu lassen.

    Es geht nicht unbedingt darum, dass ich etwas nicht weiß.

    Es ist oft eher das Problem, es ist jedoch leider oft das Problem, dass ich merke, dass eine Erklärung nicht wirklich ankommt und mir spontan keine bessere/passendere einfüllt. (anzumerken ist, dass die Klasse sehr leistungsschwach ist, was sie für mich didaktisch herausfordernd macht)

    Ja, das ist grundsätzlich so, dass die tieferen Leistungsniveaus oftmals herausfordernder zu unterrichten sind. Gerade in Physik sind doch aber die Fehlvorstellungen der Schüler*innen DAS zentrale Thema der fachdidaktischen Ausbildung. Es gibt sehr gute Literatur dazu, das bekannteste Buch dürfte dieses hier sein:

    https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-57270-2

    Es ist schon ziemlich genau das, was da beschrieben wird, was einem real im Unterricht auch jeden Tag begegnet. Also hast du Instrumente an der Hand um dich drauf einzurichten. Ansonsten hilft: Zuhören. Wenn falsche Antworten oder "seltsame" Fragen kommen, frag nach, was sich die Schülerin dabei gedacht hat. Du musst mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen. Reich die Frage an den nächsten weiter, ermutige sie, ihre Gedanken zu äussern. Und bleib an der Realschule beim Phänomen und Experiment. Ich unterrichte selbst Physik an der Fachmittelschule, das ist das gleiche Leistungsniveau. Du kannst in der Physik so viel mit den Händen machen, ich empfinde den Unterricht wesentlich einfacher zu gestalten als mein eigentliches Hauptfach Chemie.

    Ich suche dann nach Fehlern, markiere diese und schreibe mit wenigen Worten was nicht stimmt und worauf geachtet werden soll/muss.

    Das nennt man nach meinem Verständnis "Positivkorrektur". Man schreibt hin, was falsch ist und wie es hätte richtig sein sollen. Korrekte Lösungen kommentiere ich natürlich nicht, wozu auch, wenn es ja korrekt ist. Kann sein, dass ich eine Bemerkung bezüglich der Form mache oder bei guten Schüler*innen auf irgendeinen Grenzfall oder so hinweise.

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