Autistischer Schüler mit ADS

  • Mir kam noch ein Gedanke, der für keinen schön ist, aber zu dem ich persönlich wohl im Notfall greifen würde.

    Wenn es akutes selbstgefährdendes Verhalten gibt (Kopf schlagen gehört für mich definitiv dazu), die Eltern das Kind nicht abholen wollen und das Verhalten von Lehrkräften und Schulbegleitung nicht unterbrochen werden kann (zeitnah), dann den Rettungsdienst rufen. Wer weiß, welche Verletzungen das Kind sich dabei zugezogen hat, die wir von Außen vielleicht gar nicht sehen können.

  • Wenn die Eltern euch erzählen, wir schlecht ihr seid, dann legt ihnen nahe, die Schule zu wechseln, sie finden sicher eine bessere.

    Ich wundere mich wirklich, was ihr euch bieten lasst. Der Schulleiter muss das Kind regelmäßig aus dem Unterricht holen und hat keine Idee, wie es weitergehen soll? Die Eltern haben keine Lust, das Kind abzuholen aber die Lehrer schauen zu, wie es die Mitschüler terrorisiert? Das Kind ist nicht in der Lage, am Unterricht einer Regelschule teilzunehmen aber seine Lehrkräfte tun nichts, als mit den Eltern zusammen auf eine Diagnose zu warten? Ich würde sagen, dann müsst ihr einfach damit leben, ihr verdient euch gegenseitig.

    Wir Lehrkräfte tun eine ganze Menge. Wir dokumentieren, was das Zeug hält. Leider ist es so, dass viele Verhaltensweisen anscheinend (sehr vorsichtig formuliert) wohl auf die Diagnose des Kindes zurückzuführen sind. Und dann heißt es, dass das Kind dann ja "nichts dafür kann". Ich sage mal so: wir werden angehalten, das Kind weiter zu unterrichten.

  • Ich kenne die genauen Gegebenheiten in NRW nicht, aber grundsätzlich holt euch Beratung vom zuständigen Förderzentrum. Dein Beitrag klingt leider so, als ob das Kind schon absolut in den Brunnen gefallen ist, aber es könnte hilfreich sein alle Beteiligten an einen Runden Tisch zu holen und noch einmal ganz klare Absprachen und Regeln zu definieren. Die Grundfrage sollte sein, ob es Momente und Situationen gibt, an denen der Schüler dieses Verhalten nicht zeigt. Ganz nach dem Motto: Wenn es etwas gut funktioniert, dann mach mehr davon. Wenn etwas schlecht läuft, dann mach etwas ganz anderes.

    Die Eltern stehen natürlich auch sehr unter Druck und scheinen nur das Beste für ihr Kind zu wollen und setzen sich sehr für ihn ein. Natürlich nicht in eurem Sinne, aber eigentlich ist das doch positiv?

    Schaut gemeinsam, wie ihr die Unterrichtswoche und den Unterricht anders gestalten könnt und kommt von den Gedanken der Ordnungsmaßnahmen weg. Nicht zur Strafe arbeitest du draußen, sondern z.B. montags dritte Stunde ist das fest in deinem Plan verankert. Ich empfinde auch ein Ampelsystem als hilfreich, dass ganz klar ist nach drei Verwarnungen passiert das. Bei Autismus sind Klarheit und feste strukturierte Abläufe das A&O.

    Mir ist klar, dass das Problem nicht lösen wird, aber das erste Ziel sollte sein, dass die Situation für euch ein kleines bisschen besser wird.

    Es sind alle beteiligt und involviert, die vom Thema eine Ahnung haben. Mit dem Jugendamt ergeben das 7 Leute / Zuständigkeiten, die da mitmischen. Ein Ampelsystem haben wir. Allerdings wird das vom Kind nicht akzeptiert

  • Danke dir für die aufmunternden Worte. Die Schulleitung ist involviert. Eigentlich ist dieses Kind bei uns überhaupt nicht beschulbar. Das sehen alle Beteiligten. Ich sage mal so: niemand hätte etwas dagegen, wenn das Kind die Schule wechselt. Wie kann ich als einzelne Lehrkraft erreichen, dass die Schulleitung das Kind der Schule verweist? Also langfristig? Geht das?

  • Da wir sich ein Kind mit ASS (noch nicht Schulkind) haben, tut mir schon sehr weh, wenn ich das lese. Das Problem ist doch, dass für diese Kinder eigentlich nirgendwo ein richtiger Platz ist. Und dass die Diagnosen viel zu spät gestellt werden und damit den Kindern frühe Hilfe verwehrt ist.

    Inklusion als Sparmaßnahme auf den Rücken aller Kinder, Lehrer und Eltern. Eine passende Umgebung und Förderung kostet halt Geld.

    Gibt es denn bei euch Schulen, die eine echte Alternative sind? Fachberater für Autismus gibt es auch in einigen Regionen, die bei der Schulwahl helfen. Ich glaube ohne dass man mit den Eltern auf den gemeinsamen Nenner kommt, dass das Kindeswohl an erster Stelle stehen muss, wird man nicht arbeiten können. Autismus schließt Erziehung ja nicht aus. Aber Autismus erfordert leider ein großes Durchhaltevermögen in Sachen Erziehung. Wenn das Kind Autismustherapie erhält (geht erst mit Diagnose), dann können auch Therapeuten in die Schule kommen und beraten. Die Wartelisten sind aber genau so lang wie die Wartelisten für Spz und Kjp. Von dem Verdacht bis zur Therapie vergehen gut 2 ungenutzte Jahre…

    Das ist ja das Dilemma. Das Kind bei uns an der Schule gehört vom Intellekt her nicht auf eine Förderschule. Ein klares Nein. Wir haben bei uns an der Schule stets gute (!) Erfahrung mit ASS-Kindern gemacht. Die konnten wir bisher immer gut integrieren. Sie haben Schulbegleitungen, mit denen wir positiv zusammenarbeiten konnten. Dieses Kind hier sprengt aber alles, was wir erlebt haben. Schulbelgeitungen halten es mit dem Kind nicht aus. Echte alternative Schulen im Umkreis haben wir leider nicht.

  • Es wundert mich, dass das Kind ohne offizielle Diagnose überhaupt eine Schulbegleitung bekommt. Beim Träger anrufen und beantragen, dass man jemand mit Erfahrung im Autismusbereich braucht. Das wird bei uns auch viel zu oft geduldet, dass die Schulbegleitungen untätig herumsitzen und zuschauen.

    Oh ja. Das haben wir alles. Das Jugendamt ist auch mit im Boot. Gute Leute sind halt schwer zu kriegen...

  • Und dann wechseln die Kinder an die weiterführende Schule und Diagnosen verschwinden dank Datenschutz, der die Weitergabe verhindert, in der Versenkung. Wir starten dann leider oftmals wieder von vorn.

    So ist es bei uns auch gelaufen. Grundschule / Umzug und wir haben dann ein quasi unbeschulbares Kind bekommen

  • Kinder und Jugendliche mit Autismusspektrum neigen meiner Erfahrung nach zu für uns extremem Verhalten, z.B. wenn sie Reizüberflutet sind.

    Daher wäre eine Frage, wie kann man dies im Rahmen des Unterrichts verhindern. Würde es dem Kind helfen z.B. teilweise mit Kopfhörern oder in einem anderen Raum zu arbeiten etc.

    Also auch ähnlich wie joshija geschrieben hat, schauen, was und wann es gut ist und was vielleicht auslösende Situationen sind.

    Bei akuter Selbst- und/oder Fremdgefährdung sollten meiner Meinung nach zusammen mit Schulleitung und ggf. Eltern, Jugendamt etc. vorab klare Maßnahmen besprochen werden und diese dann auch durchgezogen werden.

    Vielleicht kann er z.B. auch nur Mitschreiben, wenn er daran erinnert wird, dass er mitschreiben sollte. Einen solchen Schüler hatte ich leider auch schon. Er hatte bei uns keine Schulbegleitung mehr, wir haben auch erst nach Wochen erfahren, was eigentlich los ist. Da war er leider schon der Außenseiter der Klasse und all unsere Bemühungen waren leider vergebens, sodass er die Schule dann verlassen hat.

    Das Kind schreibt gar nichts mit. Also nichts. Gar nichts.... :) Wir haben in der kommenden Woche nochmal ein Gespräch, welche Maßnahmen wir überhaupt durchsetzen können. Da die Eltern das schulische System allerdings auch mal torpedieren, wird es schwierig. Den Raum verlässt das Kind leider nicht. Kopfhörer funktionieren nicht. Haben wir auch getestet

  • Mich wundert, dass die andren Eltern noch nichts unternommen haben, wenn es da so krass abgeht.

    Zeigt der Schüler denn entsprechende Leistungen? Schreibt er Tests mit?

    Und mich würde auch interessieren, wie das Kind an eine Schulbegleitung kommt, so ganz ohne Diagnose.

    In Bayern braucht es dazu ein Gutachten eines Kinder- und Jugendpsychiaters, die Eltern beantragen beim Jugendamt damit dann die Schulbegleitung.

    Es kommt an eine Begleitung, weil sein Verhalten so extrem ist. Die anderen Eltern und die Kinder sind sehr verständnisvoll. Teils zu verständnisvoll ...

  • ASS ist generell kein Grund, ein Kind der Schule zu verweisen.

    Anders ist es aber, wenn ein Kind laufend nachhaltig den Schulalltag stört und sich und andere gefährdet.

    Dafür braucht es keine Diagnose, sondern Dokumentation und Klassenkonferenz.

    Genau. Und genau so eine Konferenz hat leider (trotz akribischer Dokumentation) noch nie stattgefunden. Da eben das Verhalten auf die ASS zurückgeführt wurde und es somit von oberster Instanz an unserer Schule es dann anscheinend nicht für eine Konferenz reicht.

  • Danke dir. Ich habe Kontakt mit dem Lehrerrat aufgenommen. Mal sehen, ob die mich unterstützen, Ich habe jetzt erst mal auf Fürsorgepflicht argumentiert. Aber es ist eine Idee, das mit der Überlastungsanzeige zu probieren. Ich danke dir sehr

  • Das Kind bei uns an der Schule gehört vom Intellekt her nicht auf eine Förderschule.

    Es gibt auch viele Förderschulen mit Regelschullehrplan.

    Für mich klingen die Schilderung deutlich nach einem sonderpädagogischen Förderbedarf im emotional-sozialen Schwerpunkt.

    Leider ist es so, dass viele Verhaltensweisen anscheinend (sehr vorsichtig formuliert) wohl auf die Diagnose des Kindes zurückzuführen sind. Und dann heißt es, dass das Kind dann ja "nichts dafür kann".

    Ich dachte, es gibt noch gar keine Diagnose? Und selbst wenn es einige Diagnose gibt, heißt das doch nicht, dass man nicht an den Auffälligkeiten arbeiten kann (im Gegenteil) oder dass der Schüler deshalb alles darf?

  • Wir informieren uns gerade über Schulen für unser Kind. Und Kollegen von den Förderschulen in der Umgebung haben alle ganz klar gesagt: kein Schulabschluss an ihrer Schule. In der Theorie ja, aber alle Schüler ohne geistige Beeinträchtigung seien an Regelschulen. Selbst Förderschulen für motorische Entwicklung oder wie das heißt. Davor haben Eltern Angst! Wir sehen das gelassen, denn wenn es für eben Schulabschluss mal reichen sollte, dann halt später am BK. Dauert nur länger.

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