6. Klasse - Schulpflicht erfüllt

  • Hallo,


    ich habe einen Schüler, der jetzt nach der 6. Klasse die Schulpflicht erfüllt hat und Verlängerung beantragen muss.
    Da ich neu an der Schule bin, weiß ich nicht, wie das Kollegium da eingestellt ist. Die Klasse besteht das (große) Kind, ist nicht auffällig und kein Störenfried. Quali halte ich für unwahrscheinlich, Hauptschulabschluss nicht sicher aber im Bereich des Möglichen.


    Aber: Es sind noch drei lange Jahre und den Hauptschulabschluss kann man in anderen Einrichtungen auch nachmachen und nebenbei wird da noch bei der Lehrstellensuche geholfen. Vielleicht bestünden dort ja für das Kind mehr Chancen, ins Berufsleben einzusteigen?


    In welche Richtung soll ich denn jetzt beraten? Ich weiß es wirklich nicht. ?(?(


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Hallo Tina,


    ich habe in meinem früheren Arbeitsgebiet mit Jugendhilfeeinrichtung zu tun gehabt, die sich solcher Kinder annehmen.


    Da gibt es z.B. das CJD.


    Aber wer um himmelswillen hat da nicht schon früher etwas getan? Ich kann ja verstehen, dass man eine Ehrenrunde dreht, vielleicht sogar 2, aber gleich 3 Ehrenrunden?


    Da hätte man schon viel früher etwas tun müssen oder evt. überprüfen müssen, welche Ursachen für das schleppende Fortkommen vorliegen.


    Aber eine besondere Jugendhilfeeinrichtung wäre vermutlich das Beste für ein solches Kind, zumal dort auch oft noch Berufsausbildungen angeboten werden und besondere Unterstützung gegeben wird.


    Ich drücke Dir die Daumen, dass ihr das Richtige für das Kind findet.


    Doris

  • Hallo,


    Zitat

    Aber wer um himmelswillen hat da nicht schon früher etwas getan?


    Na ja, so viel kann man da ja auch nicht tun - sonderpädagogischer Förderbedarf besteht jedenfalls nicht. Ich habe ihn auch dieses Jahr erst bekommen - und habe jetzt den Salat.


    Dummerweise ist es noch ein wirklich lieber Junge, der momentan alles tut, um ins nächste Jahr zu kommen.


    Und ich muss jetzt irgendwie verklickern, dass er vielleicht nicht bleiben darf - grauenvoll.


    Wie wahrscheinlich ist es denn, dass er in einer fördernden Einrichtung zu einem Schulabschluss kommt - oder zu einer Berufsausbildung?


    Lieb und willig ist er ja - und auch in gewissen Grenzen lernfähig - ich würde mir wirklich wünschen, dass das noch irgendwie gut ausgeht.


    LG
    Tina

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  • Zitat

    Dummerweise ist es noch ein wirklich lieber Junge, der momentan alles tut, um ins nächste Jahr zu kommen.


    Und ich muss jetzt irgendwie verklickern, dass er vielleicht nicht bleiben darf - grauenvoll.


    Hallo Tina,


    setzt Dich jemand unter Druck oder kommt der Druck aus Dir selbst ?


    Steck doch alle Energie darein, dem Jungen bei Euch in seiner relativen Wohnumgebung zum Hauptschulabschluss zu verhelfen. Überzeug "das Kollegium", wie lieb er ist und dass er am besten bei Euch bleibt.
    Der Antrag und die Genehmigung zum Verbleib in der Regelschule sind hoffentlich auch in Bayern nur Formsache in diesem Fall.


    In den 3 1/2 Jahren könnt Ihr noch viel motivieren, Erfolgserlebnisse vermittel und möglich machen.


    Aber trotz Deiner Positivbeschreibung fragst Du nicht nach weitern Hilfen bei Euch, sondern nach der Möglichkeit, ihn "los zu werden". Das erscheint mir pädagogisch sehr seltsam !


    Trotzdem kann ich nicht ausschließen, dass es für den Jungen noch bessere Möglichkeiten gibt. Aber das ist dann die Suche nach Noch-Besserem und nicht die Suche nach "Abschiebemöglichkeiten".


    Besprich den Fall frühzeitig und offen mit Deinem Schulleiter und wirb für ein Verbleiben !


    Grüße - auch an den/die SchulleiterIn, gemo

    Glückliche Kinderaugen machen glücklich !
    "Lehren" = beim Lernen unterstützen + "Erziehen" ist noch wichtiger als "Stoff" vermitteln.

  • Zitat

    Aber trotz Deiner Positivbeschreibung fragst Du nicht nach weitern Hilfen bei Euch, sondern nach der Möglichkeit, ihn "los zu werden". Das erscheint mir pädagogisch sehr seltsam !


    Es erschiene auch seltsam, wenn Tina das irgendwo geäußert hätte.
    Das hat sie aber nicht getan, also bitte keine solchen Unterstellungen.
    JJ

  • Hallo,


    ein gewisser Druck ist da natürlich da - nämlich der Druck, die verantwortungsvollste und beste Lösung für den Schüler zu finden.


    Hier ist eine Menge zu bedenken und soll ja dann zu einem Einstieg ins Berufsleben führen.


    Die Verlängerung ist nicht nur eine kleine Formsache sondern beileibe nicht gewiss und liegt auch nicht in meiner Hand. Die Frage ist auch, ob´s dem Schüler nützt oder er nicht in einer berufsorientierten Einrichtung sogar bessere Chancen hätte als bei uns. ?????


    Ein kleiner Einblick in meine zahlreichen Überlegungen:


    - selbst bei Verlängerung ist ein Schulabschluss ungewiss
    - ein Junge aus unserem Bekanntenkreis ging auch nach der 6. ab und hat jetzt einen Ausbildungsplatz über eine Maßnahme bekommen - das leistet die Hauptschule nicht
    - er wird 18 bis er den Hauptschulabschluss hat - da haben andere Abi
    - der Junge ist meiner Meinung nach entwicklungsverzögert - wie entwickelt er sich weiter? Wird er dem Stoff in den nächsten Jahren überhaupt gewachsen sein? Er tut sich ja jetzt schon schwer, trotz Wiederholung
    - die Eltern können wenig Unterstützung bieten - sprechen schlecht deutsch und arbeiten Vollzeit
    - Kind ist willig, aber nicht sehr leistungsfähig
    - eigentlich sollte aber jeder eine Chance bekommen
    - bietet ein schlechter Hauptschulabschluss nicht weniger als intensive Betreuung bei einer berufsorientierten Maßnahme?


    ...............


    Liste lässt sich noch fortsetzen. Also bitte keine Vermutungen, ich wollte hier nur "loswerden", darum geht es in keinster Weise. Fördermaßnahmen habe ich mit 9 Förderstunden in meiner Klasse überproportional viele - das ist auch nicht immer der Stein des Weisen.


    LG
    Tina

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Tina,


    gibt es denn bei euch in der Nähe solche Einrichtung? Hat der Junge sich schon mal eine angesehen? Vielleicht gibt es ja eine, die ihm gefällt, wo er gerne hin möchte, und wo auch beim Übergang ins Berufsleben geholfen wird. Gibt es in eurer Schule Möglichkeiten, den Übergang ins Berufsleben zu erleichtern? (Kontakte zu Unternehmen, Sozialpädagogen oder so). Das könnte die Entscheidung erleichtern.
    Hier in der Region gibt es das "produktive Lernen", das sind Hauptschulen, in denen die Schüler (viele ehemalige Schulverweigerer, viele mit mehreren "Ehrenrunden") mehrere Tage pro Woche in einer Praxisstelle arbeiten und dann teilweise dorthin vermittelt werden können. Das geht momentan aber erst in der 9. Klasse los und ist eventuell etwas Bundeslandspezifisches.


    Grüße,
    Conni

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Hallo Tina,


    ich kann dazu nur sagen, dass die Möglichkeit in ein CJD zu kommen über das Arbeitsamt geht. Der Junge, die Eltern oder auch die Schule sollten sich schleunigst ans Arbeitsamt wenden. Die Plätze für dieses Jahr sind wohl eh schon weg. Es ist auch ein eher langer Weg um dort aufgenommen zu werden.
    Mein Sohn ist auf Grund von der Rehamaßnahme des Arbeitsamtes dort hin gekommen. Es ist schulisch ok, obwohl er als Rückenkranker permanent unterfordert ist, weil viele Sonderschulkinder dort sind.
    Leider sind dort auch viele Kinder die schon mal den Wohnort im Gefängnis hatten, dort machen Drogen die Runde und ich würde heute alles dafür machen, mein Kind nicht dort hin zu geben. Aber das ist zu spät, er macht mit 18 eh was er will. Muss ja auch nicht in jeder Einrichtung so sein. Aber dein lieber Schüler, wäre dort eben vielen sochen Gefahren ausgesetzt.


    Aber es ist wie immer im Leben, man kann nur einen Weg gehen, ob der andere besser gewesen wäre, wird man nie erfahren.


    Bei drei Ehrenrunden, gibt es keinen sonderpädagogischen Förderbedarf, wie geht denn das, ich als Nichtlehrer sehe da viel Förderbedarf.


    LG Birgit

  • Hi,


    stimmt, an das Arbeitsamt sollte man sich wohl mal wenden. Bei uns gibt es auch schulische Möglichkeiten, die Praxisklassen - aber da kann er nicht mehr rein, da muss man im letzten Schulbesuchsjahr sein und das ist er ja jetzt schon.


    In die berufsorientierten Fördermaßnahmen kommt man bei uns eigentlich ganz gut rein - die Tochter meiner Nachbarin hat sich da mal eben kurz vor Schuljahresbeginn angemeldet und problemlos noch einen Platz bekommen. Allerdings sind diese Nachbarn für mich der Inbegriff von asozialem Gesindel und vermutlich noch mehr von der Sorte dort. Da hätte er in der Schule natürlich ein geschützteres Umfeld. Wobei wieder andererseits der Sohn einer Freundin auch dort war - und der wurde dort wirklich gut gefördert und hat jetzt eine gute Stelle trotz Förderschule.


    @ Legata: Nee, da bestand wirklich kein sonderpädagogischer Förderbedarf - das ist nur, wenn Kinder dem Unterricht nicht folgen können - nicht, wenn man in Werken einfach nichts macht und da eine Sechs kassiert. Sonderpädagogischer Förderbedarf ist für Schüler die nicht können, nicht für Schüler, die zeitweise einfach nicht wollen. Die Klasse bestehst du bei uns mit bis zu drei 5ern und einem Notendurchschnitt bis 4,0 - also nicht wirklich schwer zu erreichen.


    Die Misere ist wohl teilweise selbstverschuldet, dennoch sollte man doch auch Schülern zugestehen, dass sie Fehlverhalten einsehen und Verhalten ändern können.


    Ich bin im Moment wieder mehr auf der Suche nach Argumenten für´s Bleiben - ich hatte ja schon Schüler, die in der 9. 18 wurden - das ist auf jeden Fall vom Gesetz her möglich.


    LG
    Tina

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    Einmal editiert, zuletzt von Tina34 ()

  • Zitat

    Tina34 schrieb am 20.02.2005 09:42:
    Sonderpädagogischer Förderbedarf ist für Schüler die nicht können, nicht für Schüler, die zeitweise einfach nicht wollen.


    Gewagte Aussage. ;)


    Wie auch immer halte ich es ehrlich gesagt für wenig sinnvoll diesen Schüler weiter in der Regelschule zu halten. Er ist hoffnungslos überaltert, wenn er in 9. Schulbesuchsjahren gerade einmal die 6. Klasse erreicht hat. Wenn er bis jetzt noch nicht komplett frustriert ist, kann ich mir nicht vorstellen, wie man das die nächsten Jahre umgehen will. Es sei denn, da liegt wirklich ein eklatante Entwicklungsverzögerung vor. Dann ist die Frage, ob du an deiner Schule die Rahmenbedingungen hast, ihm die entsprechende Förderung zukommen zu lassen. Nach dem, was ich bisher so aus deinen sonstigen Postings rausgelesen habe (Klassengröße z.B.) scheint mir das eher nicht der Fall zu sein. Gibt es sonstige Förderangebote für entwicklungsverzögerte Kinder an deiner Schule?


    Aber da die Aussicht auf einen Abschluss wie du sagst eher ungewiss ist, scheint es mir pädagogisch gesehen generell nicht wirklich sinnvoll, ihn weiter an der Regelschule zu beschulen, da man ihn ja offensichtlich schon 3 Ehrenrunden hat drehen lassen. Es wird für mich übrigens überhaupt nicht greifbar, wie es dazu kam. Nur wegen einer 6 in Werken? Als Sonderschullehrerin behaupte ich ja gerne mal so Dinge wie es gibt kein Kind, das einfach so nicht will. ;)


    Das ist natürlich wirklich nicht dir zu Lasten zu legen, dass es soweit kam, sondern ich erwähne das nur, um meine Skepsis zu begründen, ihn weiter in einer allgemeinen Schule zu beschulen. Ganz offensichtlich wurde er bislang da nicht erreicht und ich kann mich nicht vorstellen, dass sich das in den nächsten drei Jahren ändern wird.


    Wie sieht's bei euch aus mit BVJ? Oder noch besser, gibt es bei euch Förderlehrgänge? Die sind speziell für Jugendliche konzipiert, die aufgrund von Sozialisationsdefiziten und fehlender Berufsreife mit einer Ausbildung noch überfordert sind.
    Habt ihr ein Berufsausbildungswerk am Ort? Dann erkundige dich evtl. dort nach den bestehenden Möglichkeiten für Jugendliche, die für ihre berufliche Bildung besondere Hilfen bedürfen.
    Auch Doris' Tipp kann ich nur unterstreichen.


    Vielleicht noch ein allgemeiner Tipp zur Entscheidungsfindung: Nehmt euch (ich sage bewusst euch - vielleicht hast du ja eine Kollegin, mit der du das zusammen machen kannst?) die Zeit und stellt Förderziele für den Jungen auf. Wenn ihr euch darüber im Klaren sein, wird es einfacher zu entscheiden, an welchem Ort er diese Ziele am Besten erreichen kann.


    Liebe Grüße,
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Hallo,


    na ja, es ist wie gesagt gar nicht einfach. Woran es jetzt genau lag, kann ich auch eher vermuten als mit Bestimmtheit sagen - ich kenne den Schüler ja noch nicht so lange.


    Bei der Einschulung hatte er wohl nur geringe Deutschkenntnisse, blieb einmal in der Grundschule hängen. Dann zweimal in der HS 5. Klasse + 6. unter anderem wegen Fächern wie Werken und Reli - und war nach eigenen Aussagen faul.


    Aber: Dieses Jahr in den Sachfächern nicht schlechter als befriedigend, einmal sogar gut - mit Lernen ist also durchaus ansprechende Leistung drin. Und jetzt bitte keine Vermutungen auf Hochbegabung - so toll jetzt dann auch wieder nicht.


    In den Kernfächern ist er halt schwach - und es wird immer schwerer. Andererseits - dreimal 5 darf man ja haben.


    Nee, frustriert ist er in keinster Weise - er weiß ja selbst, dass er die letzten Jahre sich nicht überanstrengt hat.


    Wenn ich andererseits bedenke, wie der Stoff in der 9. ist - nicht unbedingt einfach, da käme er im Moment null mit. ???


    Wiederum andererseits - wenn er die nächste Klasse nicht besteht, darf er eh nicht mehr weiter verlängern und man hätte es wenigstens probiert.


    Ach, ich weiß ja auch nicht recht - sonst war es immer einfacher, die Schüler früher zu entlassen, weil die Leistungen so miserabel waren, dass sich die Entscheidung aufgedrängt hat.


    Zusätzliche Fördermaßnahmen gibt es bei uns definitiv nicht groß. Und von meiner Seite: 28 Schüler, mehrere problematisch, 29 Stunden - alles neu für mich - da ist die Welt an Einzelbetreuung nicht drin - und da gibt´s wenn, auch noch dringendere Fälle.


    LG
    Tina

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  • Hallo,
    in dieser Serie von Beiträgen gibt es ja viele Widersprüche, die ich jedenfalls nach über 30 Jahren Schulerfahrung so sehe:


    1. Mangelde deutsche Sprachkenntnisse anfangs der Grundschule. Was ist denn seine Muttersprache ? Wieviele Sprachfehler rechnet Ihr ihm heute noch - wegen seiner anderen zu-hause-Sprache - an ?


    Bei uns in Hessen stände ihm mit anderer Muttersprache eine besondere Förderung und eine besonders "gnädige" Fehlerberücksichtigung zu - zumindest nach dem Text des Schulgesetzes.


    2. 3 x sitzengeblieben, davon in 5 und 6 gleich in zwei Jahrgängen nacheinander, Hauptschulabschluss ungewiss - und trotzdem die Behauptung "ganz klar kein sonderpädagogischer Förderbedarf" ! Ist dies ordnungsgemäß und von den speziellen Fachleuten überprüft worden ?
    Ich behaupte, hier hat jemand große Lücken - aber nicht nur der Schüler !


    3. Wie "ganz schön schwer" wird es denn bei Euch in Bayern in der 9 in der Hauptschule ?


    4. Es war anfangs von einem braven "großen Jungen" mit Entwicklungsverzögerungen die Rede, der niemanden stört.


    Ich verstehe die ganze Hysterie und das viele widersprüchliche Geschwätz um den Bub nicht.
    Weil es für mich bis jetzt ein anonymer "armer Bub" bei einer "armen überforderten Lehrerin" ist, bekomme ich ein verärgertes Ohnmachtsgefühl.
    Hab den Mut und schicke mir mal eine persönliche Mail. Die Adresse findest Du in meinem Profil.
    Mir scheint immer noch, Du solltest die ganze Energie, die Du hier in die Suche nach einem "Anderswo" - enschuldige - verschwendest, in die Förderung dieses Jungen stecken. Fasse mal einen positiven Entschluss zu Deinem pädagogischen Engagement im konkreten Fall.


    5. Bei uns in Hessen könnte er in einer "Förderschule" (=Sonderschule) den Hauptschulabschluss anstreben.


    PS: Was ist CJD ? Falls es "Christliches Jugend-dorf" ist, so handelt es sich um einen privaten Träger, der viel Geld kostet, das auf Antrag vom Jugendamt über KJHG § 27 übernommen werden MUSS. CJD hat die verschiedensten Einrichtungen - von Spezial-Internaten für Hochbegabte über Legasthenie-Zentren bis hin zu "Hilfsschulen". Hat da mal wieder jemand nur seinen eigenen Fall gesehen und Allgemeingültiges behauptet.


    Viele Grüße, gemo

    Glückliche Kinderaugen machen glücklich !
    "Lehren" = beim Lernen unterstützen + "Erziehen" ist noch wichtiger als "Stoff" vermitteln.

  • Lieber gemo,


    zum einen bin ich beileibe keine "arme überforderte Lehrerin" sondern stehe seit Jahren glücklich und zufrieden im Schuldienst. Dämliche Seitenhiebe darfst du dir sparen, ich weiß, was ich leiste.


    Hier handelt es sich eben nun mal um eine für mich neue Konstellation, für die ich mit Für und Wider eine vernünftige Lösung finden will. Eine Standardantwort gibt es hier nicht. Es handelt sich schließlich bei jedem Kind um ein Einzelschicksal.


    Ganz konkret: Die Muttersprache ist russisch, hier gibt es bei uns die ersten zwei Jahre Sondermöglichkeiten (Deutsch als Zweitsprache bzw. Deutsch wird nicht in den Versetzungsschnitt eingerechnet, Förderkurse etc.) Nach 10 Jahren Aufenthalt in D gibt es definitiv nichts mehr, diese Kinder werden in der Statistik meines Wissens nach nicht einmal mehr als Aussiedler geführt.


    Der sonderpädagogische Förderbedarf wurde in der Grundschule getestet und bestand nicht. Eine weitere Überprüfung des sonderpädagogischen Förderbedarfs in der Hauptschule wurde von den Eltern abgelehnt. So einfach ist das. Meiner Meinung nach besteht er auch nicht, der Junge kommt mit.


    Das Sitzenbleiben hätte er sich sparen können, wenn er in den Jahren zuvor so gearbeitet hätte wie jetzt, so einfach ist das.


    In der 9. denke ich beispielsweise an Themen wie "Demokratie, Wahl, europäische Institutionen" oder in Deutsch an Stellungnahme und Aufruf, bzw. in Mathe an den Satz des Pythagoras und Bruchgleichungen - und da muss ich sagen - nee, das würde er definitiv im Moment nicht packen.


    Ist auch egal - meine Frage ist im Grunde noch immer - nützt der mögliche Hauptschulabschluss dem Kind überhaupt was oder ist der Start ins Berufsleben nicht über eine andere Einrichtung leichter??? Ich für meinen Teil habe großen Respekt vor der Leistung der Leute, die dort arbeiten.


    CJD gibt es bei uns nicht, einige andere Einrichtungen, beispielsweise von Kolping, wo Praktika absolviert werden, noch nicht vorhandenes Basiswissen vermittelt wird und engagiert versucht wird, eine Ausbildungsstelle zu finden - was auch oftmals gelingt. Teilweise können die Schüler sogar dort eine Ausbildung machen.


    Auf eine Förderschule kommt er bei uns definitiv nicht mehr - die Schulpflicht ist ja erfüllt.


    LG
    Tina

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  • Hallo,

    ich habe dazu das gefunden:


    Art. 38: Freiwilliger Besuch der Hauptschule
    1Ein Schulpflichtiger, der nach neun oder zehn Schulbesuchsjahren den erfolgreichen Hauptschulabschluss oder den qualifizierenden Hauptschulabschluss nicht erreicht hat, darf in unmittelbarem Anschluss daran auf Antrag seiner Erziehungsberechtigten in seinem zehnten oder elften Schulbesuchsjahr die Hauptschule besuchen; in besonderen Ausnahmefällen kann die zuständige Schule auch den weiteren Besuch in einem zwölften Schuljahr genehmigen. 2Die Aufnahme kann insbesondere abgelehnt werden, wenn zu erwarten ist, dass durch die Anwesenheit des Schülers die Sicherheit oder die Ordnung des Schulbetriebs oder die Verwirklichung der Bildungsziele der Schule erheblich gefährdet ist. 3Während des freiwilligen Besuchs der Hauptschule nach Satz 1 ruht die Berufsschulpflicht.


    Jetzt ist die Frage, ob es sich wohl hier um einen besonderen Ausnahmefall handelt. ???????????


    LG
    Tina

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    Einmal editiert, zuletzt von Tina34 ()

  • Liebe Tina,


    ich hoffte, Du würdest aufgrund meiner Anführungszeichen die Bemerkung eben nicht als "dämlichen Seitenhieb" empfinden. Aber inhaltlich bist Du in der Tat nicht weit davon weg.


    Gleich zu Deiner Endfrage im Posting vorhin:


    Nach Deinen Beschreibungen des Jungen ist von heute aus gesehen NICHT mit besonderen Schwierigkeiten zu rechnen, die von ihm ausgehen.


    Wenn der Junge nach 11 Schulbesuchsjahren aussichtsreich nur ein Jahr vor dem Hauptschulabschluss stehen wird, wird das ja wohl "ein besonderer Ausnahmefall" sein - erst recht auf dem erst jetzt genannten Hintergrund "Russisch als Muttersprache", wobei Du nicht klar sagst, ob er Russe oder "deutscher Spätaussiedler" ist.
    Der Staat will doch offiziell, dass möglichst alle einen Schulabschluss erreichen.


    Nach dem Wortlaut der von Dir wiedergegebenen Vorschrift - Du schreibst nicht, von was dies Art. 38 ist - "darf (er) auf Antrag ... in seinem zehnten und elften Schulbesuchsjahr die Hauptschule besuchen; in besonderen Fällen kann die zuständige SCHULE auch den weiteren Besuch in einem zwölften Schuljahr genehmigen."
    Die zuständige Schule seid zur Zeit IHR. Bei uns in Hessen entscheidet der Schulleiter ganz allein über die "Aufnahme" - ein Wort in Deinem bayerischen Text, das mir gar nicht zutreffend erscheint, weil es um einen "Verbleib" geht. Nach dem Vorschriftstext ist der Antrag NUR EINMAL - und zwar jetzt vor Beginn des 10. Schulbesuchsjahres - zu stellen. Der Antrag sollte sich gleich bis auf das zwölfte Schulbesuchsjahr beziehen und auch so VON EUCH ENTSCHIEDEN werden. Sollte der Junge sich später dauerhaft im Sinne des Satzes 2 fehlverhalten, kann er immer noch von der Schule verwiesen werden. Aber jetzt brauchen er und die Eltern ein sichere Perspektive und keine von-Jahr-zu-Jahr-Entscheidungen.


    Es ist jetzt höchste Zeit, dass Du, Tina, den Fall mit pädagogischem Wohlwollen mit Deiner Schulleitung besprichtst und an deren pädagogisches Wohlwollen apellierst. Dabei ist dann auch zu klären, wer in Bayern eine solche Entscheidung zu treffen hat - der Schulleiter, die jetzige Klassenkonferenz, die Gesamtkonferenz, die Schulkonferenz ? Lass Dir sagen/zeigen, wo die entsprechenden Regelungen stehen. Bitte erwarte nicht, dass jemand von weit her sie für Dich im Internet sucht. In Eurer Schule muss das gesamte bayerische Schulrecht für Dich als betroffene Lehrerin einsehbar sein.


    Es sollte so schnell wie möglich in der Schule eine zu den Akten zu nehmende offizielle Entscheidung für die nächsten drei Jahre getroffen werden.
    Die Ferndiagnosen und Spekulationen hier im Net führen zu nichts mehr.


    Den Antragstext wirst wohl Du selbst am besten im Gespräch mit den Eltern und dem Jungen ordentlich formulieren müssen.


    Da fällt mir auf: ich erinnere mich nicht, dass Du schon mal von Wunsch und Wille des Jungen und der Eltern berichtet hast. Ist das für Dich völlig unwichtig ?


    Hast Du Dich denn nun inzwischen nach anderen Möglichkeiten in zumutbarer Entfernung erkundigt ?
    Scheinbar kennst Du keine - also bleibt doch sowieso nur der Verbleib an Eurer Schule, der halt der Form halber beantragt werden muss.


    Das weitere Fragen deutschlandweit nach bayerischen Möglichkeiten in Deiner - uns unbekannten - Gegend ist sinnlos.
    DU musst Dich jetzt der Anforderung, konkrete Schritte vor Ort zu machen, stellen !
    Und es muss eine Möglichkeit gefunden werden, die diesem jungen Menschen bestmöglich aber auch zumutbar einen Schulabschluss ermöglicht.


    Viele Grüße, gemo

    Glückliche Kinderaugen machen glücklich !
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  • Hallo Tina,


    vielleicht habe ich das überlesen. Aber war der Junge in den letzten 1 - 1 1/2 einmal bei einem Schulpsychologen gewesen. Da könnte man doch mit entsprechenden Tests herausfinden, ob er das Potential für den Hauptschulabschluss hat oder nicht.


    Als Mutter hätte ich in so einem Fall gewisse Probleme, mich in so einer wichtigen Entscheidung alleine auf das Einschätzungsvermögen einer Lehrerin zu verlassen. Nicht dass ich Lehrern nicht zutraue, ein Kind einzuschätzen, aber es besteht doch die Möglichkeit, dass sie sich irren.


    Ich habe ziemlich Schwierigkeiten nachzuvollziehen, dass es im Interesse des Kindes liegen soll, ihn nicht auf der Schule zu lassen, wenn er sich doch so verbessert hat.



    Liebe Grüsse,


    füchsle

  • Zitat

    füchsle schrieb am 23.02.2005 16:15:
    Aber war der Junge in den letzten 1 - 1 1/2 einmal bei einem Schulpsychologen gewesen. Da könnte man doch mit entsprechenden Tests herausfinden, ob er das Potential für den Hauptschulabschluss hat oder nicht.


    Als Mutter hätte ich in so einem Fall gewisse Probleme, mich in so einer wichtigen Entscheidung alleine auf das Einschätzungsvermögen einer Lehrerin zu verlassen. Nicht dass ich Lehrern nicht zutraue, ein Kind einzuschätzen, aber es besteht doch die Möglichkeit, dass sie sich irren.


    Hallo Füchsle,


    es gehört eigentlich nicht zu den Aufgaben eines Schulpsychologen, Schüler dahingehend zu überprüfen, ob sie in der Lage sind, den Hauptschulabschluss zu erreichen. Bestehen da Zweifel muss ein sonderpädagogisches Überprüfungsverfahren angeordnet werden.


    Davon abgesehen wird jeder Sonderschullehrer oder Schulpsychologe ein fundiertes Gutachten nur aufgrund der kompetenten Einschätzung des Klassenlehrers erstellen können. Natürlich ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass sich der Lehrer in der Einschätzung seiner Schüler irrt, aber die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gutachten, welches rein auf Testergebnissen basiert, einen falschen Schluss zieht, ist deutlich höher. ;)


    Zu deiner Beruhigung sei auch gesagt, dass eine solche Entscheidung über den Verbleib des Schülers an der Schule innerhalb einer Klassenkonferenz beschlossen wird, an der alle das betreffende Kind unterrichtenden Lehrer und die Schulleitung sich beraten und dann entscheiden.
    Natürlich sind päd. Entscheidungen oftmals nicht ganz so einfach in die Schubladen richtig oder falsch aufzuteilen, doch besteht die Gefahr nicht, dass eine Entscheidung aufgrund einer Fehlschätzung eines einzelnen Lehrers zustande kommt.


    LG
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Hallo Mia,


    zu allererst will ich Dir sagen, dass mir Dein Spruch am Ende Deiner Beiträge im Forum am besten gefällt. Glückwunsch !


    Wenn Du den Beitrag von "füchsle" gelesen hast, nehme ich an, dass Du auch meinen Beitrag vorher ("gemo") gelesen hast.


    Bist Du Lehrerin in Bayern?
    Woher weißt Du ansonsten so sicher, dass der anstehende Beschluss von der "Klassenkonferenz" getroffen wird - hoffentlich nach guter Beratung ?


    Ohne exakte Kenntnis der bayerischen Regelungen - am besten selbst gelesen - sollten keine Behauptungen hier in den Raum gestellt werden, die als sichere Tatsachen erscheinen, aber in Wirklichkeit unzutreffende "Gerüchte" sein können.


    Seit meinem ersten Dienstjahr vor über 35 Jahren beeindruckt mich immer wieder, wieviel mündlich ungenau und oft sogar falsch, wieviele "Gerüchte" meistens zum Gefallen der Lehrerschaft und zum Nachteil der Schüler und Eltern im Bereich Schule verbreitet werden - was ich von Deinem Beitrag mangels genauem Wissen in diesem Fall nicht sagen kann.


    Ich für meinen Teil bin Lehrer für und im Interesse der Schüler geworden - ich musste erfahren, dass ich dabei leider oft in den Augen der Kollegen mangelder Lehrersolidarität geziehen wurde - ich nenne es sogar mangelden "Chor-Geist".
    Mit dieser Konfrontation habe ich inzwischen zu leben gelernt - und bleibe bei dem, was ich selbst denke.


    Dein Beitrag in dieser never-ending-story von tina34 gibt mir Gelegenheit, dies zu schreiben. Ich glaube, an speziell Deinen Beiträgen, Mia, habe ich nichts dagegen zu stellen. Also fühl' Dich nicht persönlich angesprochen - so manche Leserin so mancher Leser mag sich betroffen fühlen.


    Mit herzlichem Gruß, gemo

    Glückliche Kinderaugen machen glücklich !
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  • Hallo,


    die Neverending-Story wird im März zu Ende sein. Der Wunsch des Schülers und der Eltern ist, zu bleiben. Den Beschluss trifft die Lehrerkonferenz, wobei natürlich der Klassenlehrer die wesentlichen Fakten am besten kennt und versucht, die Belange des Kindes zu vertreten. Das Verfahren habe ich schon oft erlebt - wie gesagt aber noch nicht nach der 6. Klasse.


    Ich denke, dass ich mich für ein Bleiben einsetzen werde, zumal durch den frühen Termin bei Ablehnung immer noch genug Zeit bleibt, eine Alternative zu finden.


    Im Übrigen wäre jetzt ein positives sonderpädagogisches Gutachten gänzlich kontraproduktiv - das würde ja bedeuten, dass der Hauptschulabschluss nicht erreicht werden kann. Und die Förderschule nimmt in dem Alter bei uns niemand mehr!! Entscheidend für die Verbesserung ist für mich hier in dem Fall allein der Wille des Schülers - er hat beschlossen, diese Klasse zu bestehen und schon funktioniert es - Schwächen sind zwar noch da, aber keine schlechten Noten mehr in eigentlich einfachen Fächern.


    War aber trotzdem gut, sich hier auseinanderzusetzen - schon als Vorbereitung auf eventuelle Gegenargumente.


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

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