Lesemütter

  • Hallo!
    Ich würde mal gerne eure Meinung zu Lesemüttern hören.
    Einmal die Woche kommen drei Mütter in meine Klasse, die mit den Kindern in Kleingruppen lesen, d.h. die Kinder wählen aus einer Auswahl einen ihrem Leseniveau entsprechenden Text aus, lesen ihn für sich (beliebig oft, bis sie meinen, ihn verstanden zu haben), lesen ihn dann einer Mutter vor und beantworten von ihr Fragen zum Verständnis.
    Nun sprach mich Anfang der Woche die Konrektorin der Schule an, dies wäre für die Leseentwicklung der Kinder schädlich, da es erwiesen sei, dass Kinder zu Beginn nicht laut lesen sollten. Genau genommen dürfte nie (!) laut gelesen werden. Netterweise kam sie völlig unerwartet einfach in die Lesestunde geplatzt und verwickelte mich während des Unterrichtes (!!) in eine (sehr einseitige) Diskussion


    Mit dem zweiten Teil der Aussage (bzgl. des lauten Vorlesens) hat sie insofern natürlich Recht, dass man Kinder nicht unbekannte Texte vorlesen lassen soll, da dies die Sinnentnahme extrem erschwert.
    Allerdings habe ich gelernt, dass bekannte Texte, deren Inhalt die Kinder verstanden haben, durchaus vorgelesen werden können. Da die Kinder in meiner Klasse die Texte vorher mehrfach lesen dürfen und erst dann vorgelesen wird, halte ich das Ganze nicht für schädlich. Besonders auch deshalb, weil die Kinder sich drum reißen, vorlesen zu dürfen, d.h. hier wird auch ein großer Teil für die Lesemotivationsförderung getan.


    Nach der oben beschriebenen Stunde verwickelte die Konrektorin dann noch die Lesemütter für eine ganze Zeit in ein Gespräch über ein ihrer Meinung nach gutes Leselernkonzept - genauen Inhalt kenne ich nicht, allerdings scheint dieses Konzept definitiv jedes laute Vorlesen zu verbieten - wodurch sie mein Vorgehen natürlich ziemlich "runterzog".
    Insgesamt empfinde ich das als ziemlich unverschämt: In meinen Unterricht zu platzen (sie hatte wohl vorher gehört, wie ich einer Kollegin von den kommenden Müttern erzählt habe), mich dort darauf hinzuweisen, dass sie dieses Vorgehen für nicht sinnvoll hält und dann nach der Stunde noch einmal die Mütter anzupassen und diese zu belabern.
    Wenn sie das Vorgehen nicht für o.k. hält, kann sie es mir ja sagen, aber doch bitte in einem 4-Augen-Gespräch! Ich war völlig perplex, konnte gar nicht antworten (sie fiel mir eh immer ins Wort) und um mich rum standen die Kinder, die Fragen hatten, denen ich aber nicht helfen konnte, da mich die Konrektorin zutextete.


    Arbeitet ihr auch mit Lesemüttern? Wie genau macht ihr das? Lasst ihr tatsächlich nie - wirklich nie- etwas laut vorlesen?



    LG


    Sina

  • Hallo Sina,


    ich mache es genau so wie du. Und nach allem, was ich gelernt habe und nach meinen bisherigen Erfahrungen halte ich das auch für richtig. So.

    Auch bei mir ist es so, dass einmal in der Woche eine Lesemama kommt und die Kinder (ebenfalls 1. Klasse) ihr einen kleinen geübten Text vorlesen.
    Immer, wenn es mir möglich ist, lasse ich auch einzelne Kinder zu mir kommen und mir vorlesen. Gleichzeitig mache ich auch ganz viele Übungen zur Sinnentnahme und lasse die Kinder dabei aber leise für sich lesen.


    Fest steht, dass es schwieriger ist, einen Sinn zu entnehmen, wenn man laut vorliest (geht einen ja selbst schon mal so), andererseits muss man trotzdem verstehen, was man vorliest, sonst könnte man es ja nicht richtig betonen.


    Ich habe im Seminar lediglich gelernt, dass man Kinder nicht in die Situation bringen soll, ungeübte Texte laut vorzulesen. Das leuchtet mir auch ein. Warum man nun grundsätzlich nicht laut lesen sollte, kann ich erstmal nicht nachvollziehen.
    Schließlich ist auch gutes Vorlesen eine Fähigkeit, die es zu lernen gilt und gleichzeitig erfahre ich viel über das Vorgehen der Kinder beim Lesen und eventuelle Fehler (z.B. Buchstabendreher, Buchstabenvertauschungen etc.).


    Und: das Vorgehen deiner Konrektorin finde auch ich reichlich unverschämt, unprofessionell, unkollegial und unpädagogisch.


    Lass dich nicht unterkriegen,
    Ronja

    Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.

  • Ich hab keine Lesemütter, aber andere an meiner Schule schon. Die arbeiten so ähnlich wie du, glaube ich.
    Ich habe von dieser Theorie noch nie was gehört...allerdings unterrichte ich Deutsch fachfremd, liegt's daran??
    Bei mir lesen die Kinder seit der ersten Klasse geübte Sachen laut vor (mittlerweile auch ungeübte Texte, Klasse 3). Wie soll man denn sonst erkennen, mit welchen Buchstabenverbindungen ein Kind Schwierigkeiten hat ("Pfl" usw.)? Für mich war das auch immer schön, dadurch die Fortschritte mitzukriegen. Und ab Klasse 2 haben wir dann auch auf die Betonung geachtet.
    Ein großes HÄH? und ?( von hier.


    Das Verhalten deiner Konrektorin find ich unmöglich. Sollte das wieder vorkommen: mit dem Hinweis auf effektiv zu nutzende Unterrichtszeit die Diskussion sofort abbrechen, deine Bereitschaft für pädagogische Gespräche nach Schulschluss erklären. Und tschüß.


    Steht bald mal wieder ein Elternabend an? Da könntest du noch einmal dein Konzept vorstellen, falls du jetzt ein blödes Gefühl wegen der zugetexteten Mütter hast.

  • Ich bin auch der Meinung, dass Vorlesen eine spezielle Fertigkeit ist, die nur einen Teil der Lesefähigkeiten ausmacht, und dass dieser Fertigkeit im allgemeinen in der Schule zu großes Gewicht beigelegt wird.


    Ferner, dass "Laut lesen" eine überflüssige Fertigkeit ist, die in der Schule nur in speziellen Fällen der Einzelförderung gepflegt werden sollte.


    Hauptgewicht sollte auf dem stillen sinnentnehmenden Lesen liegen.


    Wer das Glück hat, mit Lesemüttern arbeiten zu können, kann und sollte n a t ü r l i ch mit den Kindern, die das gerne machen, Texte einüben und vorlesen (lassen). Da ist die Runde kleiner, vertrauter, auch schüchterne Kinder trauen sich vielleicht. Kinder, die sich nicht trauen, würde ich niemals zum Vorlesen zwingen; ich würde ihnen stattdessen Fragen zur Sinnentnahme stellen.


    Ein guter link für Tipps zum Lesenüben (nicht nur für) Mütter findet sich hier:


    http://www.uwewiest.de/Eltern/rat%20an%20eltern.html


    Bablin


    PS Das Verhalten deiner Vorgesetzen ist absolut indiskutabel!

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

    Einmal editiert, zuletzt von Bablin ()

  • Hallo,


    meiner Meinung nach ist lautes Lesen sehr wichtig für die Grundschüler.
    In meiner 1. Klasse wird immer wieder und viel laut gelesen. Nur auf diese Weise kann ich kontrollieren, ob auch genau gelesen wird. Die Kinder machen das übrigens sehr gerne.


    Mich würde aber interessieren, wie das mit den Lesemüttern genau abläuft.


    Liebe Grüße


    Trulli

  • Hallo!


    Erst einmal danke für eure Antworten - sie haben mich schon ein bisschen bestätigt.


    Mit den Lesemüttern handhabe ich das so: Die Kinder treffen sich in einer Kleingruppe mit einer Mutter (ca. 4 Kinder). Eine Mutter betreut die schwächeren, eine die mittleren und eine die besseren Leser. Jede Gruppe hat ein vorgegebenes Textkontigent (leichte, mittelschwere, schwere Texte). Die Kinder wählen einen, üben das Lesen (gerade die schwächeren brauchen auch beim stillen Lesen oft noch ein bisschen Hilfe, da sie nicht sicher sind in der Buchstabenerkennung und Lautzuirdnung), dürfen ihn dann vorlesen (was alle mit Begeisterung machen) und beantworten dann mündlich gestellte Fragen zum Text bzw. kommen mit der Lesemutter ins Gespräch über den Text. Dabei zeigt sich, ob die Kinder den Sinn des gelesenen verstanden haben. Hat ein Kind auf diese Weise einen Text "bearbeitet", wird dies vermerkt. Sind alle Texte der jeweiligen Kategorie erlesen worden, rückt das Kind in eine "höhere" Gruppe. Die Kinder, die jetzt schon die schwierigen Texte alle gelesen haben, arbeiten danach an anderen Lesematerialien (ohne Lesemütter). Da dies mittlerweile relativ viele sind, ich ihnen die Arbeit mit den Lesemüttern aber nicht vorenthalten möchte, denke ich darüber nach, das System ein wenig zu ändern bzw. zu erweitern, indem ich einen "Lesetext der Woche" aufgebe, der zu Hause geübt werden soll und dann vorgelesen werden kann - wahlweise könnten die Kinder auch aus einem Buch ihrer Wahl vorlesen.
    Ganz zufrieden bin ich mit dieser Änderung noch nicht. Ich muss noch einmal darüber nachdenken.
    Vielleicht habt ihr Tipps, wie man noch vorgehen könnte - erzählt doch einfach mal von eurer Arbeit mit Lesemüttern!


    LG


    Sina

  • Ich habe mal irgendwo im Netz ein Fachgespräch gelesen, bei dem Brügelmann, Eichler, Reichen und Metze sich über solche und ähnliche Fragen ausgetauscht haben.


    In der Tat war Reichen derjenige, der lautes Vorlesen als VERBOTEN und sehr schädlich ansieht.


    Die anderen sehen das weitaus differenzierter.
    Mal schauen, ob ich das Gespräch noch finde, ich habe es mir auf jeden Fall gespeichert.


    Petra



    edit:


    gefunden!


    http://www.wilfriedmetze.de/Soest.pdf

  • Hallo!


    Danke für den Link, Petra!
    Jetzt erinnere ich mich auch wieder an diese Diskussion, hatte sie mal überflogen, werde sie mir jetzt aber angesichts der "aktuellen Lage" mal genau lesen, um im Gespräch mit der "Kollegin" argumentieren zu können.


    Übrigens basiert ihre Meinung nicht auf Reichen.


    LG


    Sina

  • Hallo Sina,


    hast du Lesemütter auch schon in der 1. Klasse eingesetzt oder erst in der zweiten?
    Stehen euch dann verschiedene Räumlichkeiten zur Verfügung oder seid ihr nur im Klassenzimmer,(was ich mir allerdings schlecht vorstellen kann) ?


    LG Trulli

  • Der genannte fachliche Austausch ist unter anderem hier zu finden:


    http://www.wilfriedmetze.de/Soest.pdf


    Zum lauten Lesen äußern sich die Herren auf Seite 5. (Alles übrige ist auch lesenswert, find ich.)


    Heitere Frühlingsgrüße, Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Hallo, Trulli!


    Ja, ab Klasse 1 arbeite ich mich Lesemüttern. Obwohl der Klassenraum relativ klein ist, ist eine Gruppe im Raum und eine auf dem Flur (und dort von der Konrektorin "erwischt" worden). Die anderen Kinder arbeiten an etwas anderem, während die Lesegruppen lesen. Nach einer Weile wird dann gewechselt.


    LG



    Sina

  • Zitat

    Elaine schrieb am 16.04.2005 10:24:
    Lesen würden sie durch das Schreiben erlernen, wenn sie das erst könnten, ergebe sich das Lesen von alleine... (ca. 2. Schuljahr)


    ich habe zur zeit das erste mal eine erste klasse und wir (meine kolleginnen auch) arbeiten "zweigleisig", lesen durch schreiben und unterstützen dies begleitend (buchstaben nochmal einführen, etc.).
    ich habe mit den kinder auch erst keine leseübungen gemacht und dann auf einmal (rund um weihnachten etwa) konnten fast alle lesen! der wahnsinn! ich war ganz baff.
    scheint also schon so zu funktionieren, wie reichen sich das gedacht hat. ein schüler (von sechs) kann es noch nicht wirklich, aber ich habe hoffnung, das er nachzieht.


    sabi

    • Offizieller Beitrag

    Hallo sina,


    ich habe im Seminar auch gelernt, dass Lesemütter und lautes Lesen sinnvoll sind. Und zwar nicht unbedingt, damit Kinder gut vorlesen oder gut laut lesen können. (Dieses laute Lesen vor der ganzen Klasse finde ich schrecklich in den unteren Jahrgangsstufen und in den höheren Klassen der Grundschule auch bei leseschwachen Schülern. Das wurde im Seminar auch als ungünstig, weil bloßstellend für die Schüler hingestellt.) Was ich aber in der 1. Klasse beobachtet habe und z.B. auch bei einem meiner leseschwachen Viertklässler sehe: Die Kinder lesen von sich aus (mittel)laut, auch wenn es eigentlich um eher stilles Lesen für sich selber geht. In Klasse 1 taten sie das, als sie gerade erst Buchstaben zusammen ziehen konnten, vermutlich müssen sie hören, was sie lesen??? Und mein Viertklässler liest laut, um sich das bereits Gelesene besser merken und den Sinn besser verstehen zu können. Das kann er bei leisem Lesen auch gar nicht. In diesen Fällen sollten Kinder laut unserer Seminarleiterin Zuhörer haben. Keine wertenden Zuhörer, sondern welche, für die gelesen wird und die auch mal helfen. Dafür sind Lesemütter gut geeignet, eventuell eben auch mit einzelnen sehr schüchternen Kindern.


    Leider war die Quelle nie auffindbar... (10 Rechte des Noch-Nicht-Lesers hieß das und war angeblich mal ein kostenloses Faltblatt von Cornelsen.)


    Grüße,
    Conni

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Hallo sina,


    in der 1.Klasse meines großen Sohnes (jetzt 3.Kl.) haben wir nach ca. 1/2 Jahr mit den Lesestunden begonnen. Die Kinder wurden nach Lesekompetenz und Sympathie aufgeteilt. Dadurch, dass die Kinder zusammen mit ihren Freunden/Freundinnen in einer Gruppe waren, hatten sie auch keine Hemmungen beim Vorlesen. Anfangs hatten wir Texte, die die Kinder vorher schon kannten, nach und nach brachten immer mehr Kinder Bücher von zu Hause mit, die dann reihum vorgelesen wurden. Wir waren im Schnitt sechs Elternteile bei 24 Kindern und konnten auch den Flur und einen Nebenraum nutzen (das eigene Kind war jeweils bei einer anderen Mutter in der Gruppe).


    Die Kinder hatten wirklich sehr viel Spaß an den Lesestunden und für mich als Mutter war es auch schön zu wissen, die Kinder bei ihrem Leselernvorgang unterstützt zu haben.


    In der 2.Klasse wurden die Lesestunden nicht mehr angeboten, da unsere Kinder einen anderen Klassenlehrer bekamen. Jetzt, in der 3.Klasse, springen wir Mütter manchmal ein, wenn 1-2 Tage vorher feststeht, dass sonst Stunden ausfallen würden. Dies ist besonders der Fall, wenn die Anmeldewoche der Schulanfänger ist oder wenn Lehrer mit ihren Klassen auf Klassenfahrt sind.


    Bei meinem kleinen Sohn (1.Kl.) werden wir auch bald Lesestunden einführen, da haben wir aber nächste Woche erst mal eine Besprechung, wie die Lehrerin sich den Ablauf vorstellt etc.


    Mein Fazit: Lesestunden sind sinnvoll und nützlich für Kinder, Lehrer und Eltern. Je mehr Unterstützung Kinder beim Lesenlernen erfahren, desto besser können sie ihre Fähigkeiten weiterentwickeln.


    Das Verhalten der Konrektorin finde ich übrigens auch sehr fragwürdig.



    Liebe Grüße



    bine

  • Du sprichst ein heißes Eisen an, das ich gestern abend recht hitzig mit Kolleginnen diskutiert habe.
    In Fibeln wie Konfetti, Startfrei und Tinto wird kaum auf das Lesen eingegangen, keine Übungstexte angeboten, vielleicht auch gestaffelt Silbenlesen.... . Das ist fast der Ansatz von Reichen "Lesen durch Schreiben", es darf nicht laut vorgelesen werden, Lesetechnik wird nicht geübt.


    Alle Ansätze basieren m.E. auf dem Spracherfahrungsansatz. Was sie abe rnicht beinhalten, dass Kinder untersch. Spracherfahrungen mitbringen - Kinder mit keinen müssen also stark gefördert werden, damit sie überhaupt Fortschritte machen, was u.U. auch ein Lernen nach dem Prinzip der kleinen und kleinsten Schritte beinhalten kann.
    Damit mir Lesen Spaß macht, darf es nicht mehr so mühsam sein, ich muss also Übung haben. Habe ich vielleicht Richtungsprobleme, so fällt mir das Einhalten der Leserichtung sehr schwer und ich muss das trainineren. Fahre ich dann nur den Ansatz des Lesen durch Schreiben in Reinform, so haben die Kinder m.E. nach keinen Erfolg.


    Ich habe im Ref. eine Klasse begleitet, die so gelernt hat, in einem sehr schwachen Einzugsgebiet mit 80 % und mehr Migrationsanteil. Es wurde nicht Lesen geübt und zu Hause las also auch keiner. Von 24 Kindern konnten zum Ende des ersten Schuljahres nur 6 Kinder mehr schlecht als recht lesen.
    Im zweiten Schuljahr übernahm eine andere Lehrerin die Klasse und übte mit Silben und trainierte richtig, innerhalb von 8 Wochen konnten bis auf 4 Kinder alle recht flüssig lesen - mit täglicher Hausaufgabe und Lesemütter und Übunhgszeit.


    Ähnliche Beobachtungen mache ich bei meinem Sohn. Ich höre, wer alles zu Hause übt, gutes Einzugsgebiet, nämlich fast alle. Die Lehrerin meint wahrscheinlich, es liegt an der Methode. ... Bestimmt gibt es auch einige Kinder, die freiwillig lesen, wenn es geschnackelt hat, aber genauso viele Kinder, die Anregung und leichten Druck dazu brauchen (nämlich die, denen es nicht so leicht fällt).


    Was hat das nun mit deinen Lesemüttern zu tun? Ich denke , dass das laute Vorlesen nicht dazu dient, dass die Kinder kontrolliert werden, sondern, dass sie ermuntert werden zu lesen (ist doch auch zu Hause zu beobachten, dass Kinder die Aufmerksamkeit mögen, wenn sie arbeiten). Gerade bei ganz schwachen Kindern, die aus einem nicht-literalen Elternhaus kommen, halte ich diese Begleitung für sehr wichtig. Sie lernen, Lesen ist etwas wert. Ich habe es auch schon erlebt, dass Kinder bei den typischen Methoden, das leise Lesen herauszufordern, viele Strategien entwickelten, nicht Lesen zu müssen (z.B. ein zerschnittener Satz musste zusammengefügt werden, dass Kind verglich aber nur die Schnittstellen). Bei Lesemalblätter schaute das Kind bei den anderen Kindern ab, so dass es erst spät auffiel, dass es nciht las. Nur wenige Worte wurde erlesen....


    Wenn man "nur" leise üben lässt, finde ich eine Lesediagnostik, die aber sehr aufwendig ist, noch viel wichtiger, als wenn man laut lesen lässt und sich vielleicht über die Geschichte austauscht.


    Ich habe übrigens nicht nur geübte Texte in Lesegruppen erlesen lassen. Ganz schwache Kinder habe ich zu mir genommen und wer scheu hatte, vorzulesen, musste erst einmal mit mir zusammen in einzelarbeit lesen und bekam dann in der Zeit wirklich Lesemalblätter. War eine best. Lesefähigkeit erreicht, habe ich es noch nie gehabt, dass ein Kind nicht in eine Lesegruppe wollte - im Gegenteil.


    Leider ist kaum Fachliteratur zum Thema lesen vorhanden.


    Für "althergebrachtes Lesen", wo es wirklich trainiert wird, ist die neue Fibel aus dem Mildenbergerverlag zu zitieren.
    Ein Modell zur Entfaltung der Lesefähigkeit findet sich in dem Diagnosematerial zu Dani hat Geburtstag (siehe Bücherempfehlung). Dieses Modell ist analog zum Phasenmodell des Schriftspracherwerbs angelegt (logographemisch...).


    Ich würde meine Konrektorin (und evt. die Rektorin vielleich tmit einer pPerson meiens Vertrauens zusammen) zu einem Gespräch bitten und zuerst anbringen, dass es nicht sein kann, vor Eltern auf diese Art einen Methodenstreit auszuführen. Ich würde dann anregen, einen Elternabend zu veranstalten (denn die Elternschaft ist alarmiert), auf dem du deinen methodisch-didaktischen Ansatz begründest und sie ihren.
    Ich denke, wenn du dich gut darauf vorbereitest hast du viel bessere Argumentationsstränge als sie. Letztendlich hast du die Methodenfreiheit und sie kann dir da gar nicht hereinreden.
    flip

  • Ich bin ja keine Grundschullehrerin und habe von den fachdidaktischen Lesenlerndingen wenig Ahnung. Ich kann also nur aus eigener Erfahrung sprechen. Ich erinnere mich, dass wir selbst als Schüler die Lesestunden bei Müttern sehr genossen haben - es hat einfach etwas mit Aufmerksamkeit. die einem entgegen gebracht wird zu tun.
    Außerdem habe ich eine Cousine, die jetzt im ersten Schuljahr ist - sie war Weihnachten noch in der Buchstaben aneinanderreih-Phase und hat dennoch mit einer Begeisterung vorgelesen, die absolut umwerfend war. Im Laufe der Weihnachtstage hat sie sicherlich jedem Erwachsenen etwas vorlesen wollen - sowohl aus ihrer Lesefibel, als auch aus meinem Kochbuch, wobei da das sinnentnehmende Lesen bei Gerichten wie Auberginengratin wirklich schwierig war .
    Was ich damit sagen will: Ich glaube, Erstklässler, die gerade Lesen lernen sind darauf absolut stolz und wollen dies auch zeigen. Man wird sie gar nicht daran hindern können Dinge laut vorzulesen, warum dann also nicht dieses natürliche Bedürfnis in den Unterricht integrieren???

  • Hallo!


    Ich setze ab nächster Woche auch Lesemütter in meiner ersten Klasse ein und bin am Überlegen, was die Mütter mit den Kindern machen sollen. Das Lesen klappt bei den meisten Kindern verständlicherweise noch nicht so recht (nach neun Wochen Schule)...ist es sinnvoll, dass die Mütter den Kindern vorlesen? Kommt ja im Unterricht oft zu kurz! Vielleicht lassen sie die Kinder noch dazu malen? Was meint ihr? Es handelt sich immer um Zeitspannen von maximal zwanzig Minuten, weil dann die Gruppen wechseln.


    Ich freu mich über Tipps!

  • Hallo,


    ich habe eure Beiträge mit großem Interesse gelesen, da ich bisher noch nicht mit Lesemüttern gearbeitet habe, dies aber demnächst (vermutlich im neuen Halbjahr) tun möchte. Deshalb bin auch ich für alle Tipps und Erfahrungsberichte dankbar! Interessant wäre auch, was sich in der Praxis als nicht ganz günstig erwiesen hat.


    Im Übrigen soll man doch die Eltern in die Schule holen und wenn möglich in den Lernprozess einbinden. Als Lesemütter/-väter ist das doch gut möglich! Ein wichtiger Nebeneffekt dürfte auch sein, dass die Eltern mitbekommen, wie die Kinder lesen. Eine Mutter war mal der Meinung, ihre Tochter liest sehr gut - bis sie in den Unterricht kam und gehört hat, wie andere Kinder vorlesen.


    Lesen geht bei uns in Niedersachsen zu 1/3 in die Deutschzensur ein. Und da ist nicht nur leise lesen gemeint! :)


    Schön ist doch auch, dass man sich intensiver um einzelne Kinder kümmern kann und wirklich Zeit zum Zuhören hat!

  • Hallo!
    Jetzt habe ich auch nochmal eine Frage zu dem Thema: ich habe morgen die zweite "Lesemutti-Stunde" in meiner ersten Klasse. Hab es letztes mal so gemacht (und auch wieder so geplant), dass sich eine Mutter etwa 10 Minuten mit einem einzelnen Kind beschäftigt (in einem Extraraum). Das Kind bekommt dafür ein paar unbekannte Sätze, zur Hilfe nimmt es die Anlauttabelle mit. Je nach Leistungsstand sollen nun alle Sätze, nur einige Sätze oder einzelen Wörter zusammen mit den Müttern erlesen werden.
    Nun haben einige von euch geschrieben, dass man den Kindern keine unbekannten Texte geben soll. Ich finde bei geübten Texten aber die Gafhhr sehr groß, dass die Kinder nur auswendig gelernt haben. Die Gefahr der Bloßstellung der schwächeren Leser entfällt ja bei meiner Methode, da sie ganz alleine mit den Müttern sind. Bei den Kindern kam das Konzept gut an. Meint ihr, ich sollte trotzdem lieber auf geübte Texte umsteigen?

    Was du nicht kennst, das, meinst du, soll nicht gelten? Du meinst, daß Phantasie nicht wirklich sei? Aus ihr erwachsen künftige Welten: In dem, was wir erschaffen, sind wir frei. (Michael Ende)

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