GEWERKSCHAFT ja oder nein???

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    Warum ist da nicht mehr an Mobilisierung gelungen? M. E. wird nicht mehr deutlich, welche Aktion wirklich Breitenwirkung bringen soll.


    Tja, das ist eine sehr gute Frage. Irgendwas in der Lehrerpsyche oder der Beamtenpsyche macht uns gleichzeitig duldungsfähiger oder handlungsunfähiger oder ... ich weiß es auch nicht so genau.


    Breitenwirkung? Wir hätten mehr Macht als wir jemals annehmen würden.


    Nehmen wir mal das Beispiel LUSD. Meine erweiterte Schulleitung plus Informatiklehrer haben in Zeiten des Zentralabis pro Mann pro Jahr mehr als 200 Überstunden gemacht, damit die Schüler a) richtige Zeugnisse und b) ein Abiturzeugnis bekommen, und überhaupt zum Abi gemeldet sind. Ging mit dem Pprogramm eben nicht. Musste in nächtelanger Arbeit von Hand einzeln getan werden. Das KM hat nix unternommen außer zu verlangen, dass es gehen MUSS.


    Wie oft haben alle geseufzt "Man müsste den Karren mal richtig vor die Wand fahren lassen!"


    Ja, genau! Stellen wir uns mal vor ein kompletter Jahrgang hessischer Abiturienten hätte im Mai tatsächlich kein 13. Klasse Zeugnis und im Juni kein Abizeugnis gehabt!
    DAS hätte aber sowas von in jeder Zeitung gestanden, die Eltern wären Amok gelaufen, zu Recht, und hätten zu tausenden vor'm Landtag in Wiesbaden getsanden und verlangt, dass das Mistding SOFORT funktioniert oder sofort in den Müll geschmissen wiird. Das hätte sich niemals (!) so lange gezogen.
    Wir arbeiten immer noch mit der LUSD und aus dem KM kam jetzt immerhin die Anerkennung DASS es nicht funkioniert - 2008 gibt es vielleicht eine bessere Version. Bis dahin schieben alle weiter jährlich 200 Überstunden...


    So sind wir. Wir retten, was nicht zu retten ist - weil wir nicht langfristig denken oder weil wir meinen, das können wir doch diesem Jahrgang nicht antun (und tun es damit 10 oder mehr weiteren Jahrgängen an). Dasselbe wie in "ich kann heute nicht demonstrieren, ich muss korrigieren!"


    ?(:rolleyes: Tscha... Watt machma degegen?
    Meike


  • Tja, woran liegt's?


    Mehrere Gründe sehe ich auf jeden Fall:


    Viele Lehrer und Lehrerinnen haben so eine Art "Schuldkomplex" (bin kein Pyschologe). Der äußert sich in Dingen wie: "Das können wir den Kindern nicht antun", ""Die Kinder können doch nichts dafür", "Uns geht''s doch noch vergleichsweise gut [Da frage ich mich: Verglichen mit wem? Den Lehrern in Sierra Leone? Den Praktikanten, die nach der Uni für 500€/Monat jobben?]".


    Angst: Vor den Kindern, den Eltern, der Behörde, der Schulinspektion, der Öffentlickeit ["alles faule Säcke"]...


    Tendenz zur Selbstausbeutung: Statt zu fordern, dass man diesen Beruf mit voller Stundenzahl vernünftig(!) in der zur Verfügung stehenden Zeit ausüben kann (46,5 Std./Woche, s. Mummert&Partner, dann aber OHNE Zusatzarbeit in den Ferien), REDUZIEREN viele Kollegen und Kolleginnen ihre Stundenzahl, um mit der Arbeit hinterherzukommen. Das senkt natürlich den Stundenlohn noch weiter.


    Fehlende gegenseitige Unterstützung, fehlende Solidarität: Statt gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen, diskutiert man lieber über die "Einheitsschule". Aber auch so ganz triviale Dinge: Da wird kein Küchendienst gemacht, man hat ja so viel zu tun, und solange es irgendein Kollege tut... (siehe Thread im Off-Topic). Oder keine Zeit, nach dem Unterricht einmal 5 oder 10 Minuten über fachliche oder pädagogische Fragen zu reden (verstärkt natürlich auch bei den Schülern den Eindruck vom Halbtagsjob, wenn die Lehrer früher aus der Schule raus sind, als die Schüler...).


    Also eine echt "Gemengelage" von Problemen, wie man heutzutage so schön sagt.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Hallo liebe Leser,
    ich bin möchte auch in die Gewerkschaft (GEW) eintreten - aber ich verstehe die Rechnung der Mitgliedsbeiträge nicht so ganz.
    "0,75% der 6. Stufe" - bei meiner Rechnung kommen da irgendwie um die 25 € pro Monat raus, was mir relativ hoch erscheint.
    Kommt das hin? Zahlt ihr auch soviel?

  • Nach dieser Tabelle wären 17,62 € pro Monat zu zahlen, falls du mit 75% nach A12 besoldet wirst:
    http://www.gew-hessen.de/filea…abelle_neu_ab_07_2009.pdf


    Im Beitrag eingeschlossen sind zwei monatliche Zeitschriften mit aktuellen Beiträgen zur Bildung (GEW-Landesverband und GEW-Bundesverband), Berufsrechtschutz und Schlüsselschutz, kostenlose Fortbildungen, die Vertretung unserer Interessen in der Politik und bei Gehaltsverhandlungen ...


    Ich habe die Mitgliedschaft noch nie bereut, bin besser informiert als meine Kollegen ohne GEW und verdanke der Rechtsauskunft der GEW schon ein Mehrfaches meiner bisherigen Beiträge ;)

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

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  • Ich gehöre keiner Lehrergewerkschaft an, sondern nur der Vereinigung der KorrekturfachlehrerInnen. Prinzipiell halte ich es für sinnvoll, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Mittlerweile sitzen aber längst nicht mehr alle LehrerInnen in einem Boot, weil das Problem der Lehrerarbeitszeit nicht gelöst bzw. von den großen Gewerkschaften - trotz gelegentlicher Lippenbekenntnisse, gerade auch jetzt wieder vor der NRW-Wahl - unter den Teppich gekehrt wurde. Es ist mir schleierhaft, wie eine große Lehrergewerkschaft sich dagegen sträuben kann, sich für die Abschaffung des veralteten Deputatsmodells, das seit über hundert Jahren existiert und die gegenwärtigen Arbeitsbelastungen überhaupt nicht mehr widerspiegelt, einzusetzen und Lehrerarbeitszeit transparent zu machen!

    • Offizieller Beitrag

    Weil bisher keiner ein wirklich gerechteres Modell entwickeln konnte - wie man auch an X threads hier im Forum zu dem Thema sieht, bei dem auch unter den usern hier keine auch nur ansatzweise Einigkeit darüber besteht, was nun gerecht wäre, wer nun am meisten belastet ist, und wie das nun aussehen könnte.


    Überlässt man es den Regierungen, wird das höchstens so aussehen, dass bei den "belasteteren" Lehrern (wer war das nochmal gleich?) die Arbeitszeit bleibt und die der "nicht so belasteten" (welche Fächer und Schulformen waren das nochmal schnell?) erhöht werden. Dahin gehende Signale kommen aus allen Ministerien.


    Wofür sich die Gewerkschaften sehr wohl schon immer einsetzen, ist eine Arbeitszeitverkürzung und weitere Entlastungen für alle.

  • Hallo,


    ich habe mich bewusst gegen eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft entschieden, gehöre aber dem Altphilologenverband an. @ Justus Jonas: Das ist keine suspekte Vereinigung, sondern ein Zusammenschluss von Altsprachenlehrern, der Fortbildungsangebote macht (regional und überregional) und die Interessen der alten Sprachen vertritt Man erhält auch regelmäßig Mitgliedszeitschriften. Als ich im Referendariat war, kamen auch in einer Stunde Vertreter von GEW und Philologenverband, um ihre Verbände vorzustellen - eine Konkurrenz-Aktion, bei der v.a. der Vertreter der GEW durch ein sehr unangenehmes, aggressives Auftreten auffiel! Ich fühle mich trotz fehlender Gewerkschaftszugehörigkeit genau so gut informiert wie meine Kolleginnen und Kollegen, die in der Gewerkschaft sind. V.a. die Forderungen der GEW entsprechen auch nicht meinen Überzeugungen hinsichtlich der Zukunft des Gymnasiums.

  • Gerechte Modelle wird es wahrscheinlich nie geben, die Gruppen- und Einzelinteressen stehen massiv dagegen.


    In Baden-Württemberg glaubte man, das Problem der Arbeitszeigerechtigkeit - kostenneutral, versteht sich - dadurch lösen zu können, dass man das "Spreizdeputat" eingeführt hat. Das heißt, dass der Schulleiter einer "belasteten" Lehrkraft bis zu zwei Wochenstunden erlassen kann, wenn er gleichzeitig "weniger belasteten" Kollegen die Stunden zusätzlich aufbürdet. Damit ist der schwarze Peter an die Einzelschule heruntergereicht. - Ich kenne (in meinem Landesteil) keinen einzigen Schulleiterkollegen, der dieses "Modell" praktiziert.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    In Baden-Württemberg glaubte man, das Problem der Arbeitszeigerechtigkeit - kostenneutral, versteht sich - dadurch lösen zu können, dass man das "Spreizdeputat" eingeführt hat. Das heißt, dass der Schulleiter einer "belasteten" Lehrkraft bis zu zwei Wochenstunden erlassen kann, wenn er gleichzeitig "weniger belasteten" Kollegen die Stunden zusätzlich aufbürdet. Damit ist der schwarze Peter an die Einzelschule heruntergereicht. - Ich kenne (in meinem Landesteil) keinen einzigen Schulleiterkollegen, der dieses "Modell" praktiziert.

    Genau das meinte ich - dieser Mist entlastet die Ministerien von der Verantwortung, lässt sie im goldenen Lichte der Veränderungswilligkeit erstrahlen und die goldene A*fahrkarte hat die Schulleitung, die sich dann überlegen darf, welche Kollegen dieses Jahr stinkbeleidigt durch die Schule laufen und alle bisher übernommenen Zusatzaufgaben aus Protest (und ZU RECHT) wieder abgeben. Das spaltet das Kollegium, erstickt Engagement, treibt einen Keil zwischen Schulleitungen und Kollegium und ist auch inhaltlich nicht zu handhaben.


    Das einzig gerechte Modell ist: weniger Arbeit und kleinere Klassen für alle.


    Man könnte zusätzlich auch, wie in England, die Korrekturen auf externe Korrekteure und Korekteusen verlagern, die sich freiwillig dafür melden. Masochisten oder Menschen, die gerade mal mehr Kohle brauchen, können sich dann mit dem Rotstift austoben.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Zitat

    Original von Meike.
    Man könnte zusätzlich auch, wie in England, die Korrekturen auf externe Korrekteure und Korekteusen verlagern, die sich freiwillig dafür melden. Masochisten oder Menschen, die gerade mal mehr Kohle brauchen, können sich dann mit dem Rotstift austoben.


    Au ja.... was dem Poli-tkiker der Ghostwriter, ist dem Lehrer sein Ghostchecker....


    Haben will! Aber subito.
    Falls einer vorbeikommt und ich nicht da bin:
    Die Arbeiten liegen auf dem Schreibtisch!

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

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