Nachtermin zur Schulaufgabe stellen - oder nicht?

    • Offizieller Beitrag

    ich sehe es auch so wie Meike.


    Das Problem ist: die Strafe hat juristisch keinen Bestand. Selbst wenn sie in der Schulordnung steht.


    Wenn man die Schülerin bestrafen will (was ich in der Situation eh nicht würde), muss man unterscheiden zwischen der Leistungsbewertung und der "Strafe", darf aber Leistungsbewertung (also die Note) und die Strafe für das "Nichtabmelden" nicht miteinander kombinieren. Etwas anderes wäre ggf. ein echtes Schwänzen, dann wäre die Arbeit woh eine 6. Aber ein "Schwänzen" liegt hier ja nicht vor.


    kl. gr. Frosch

    • Offizieller Beitrag

    Ich weiß, dass es ähnliche Fälle gibt, in denen Gerichte für die Schüler entschieden haben - nein, ich habe keinen Link parat. Wahrscheinlich könnte man's googeln. Mit der juristischen Lage - die sicher auch nicht ganz aus der Luft gegriffen ist - will ich aber hier auch gar nicht argumentieren. Ich hätt auch ohne diese pädagogisch so reagiert, wie ich weiter oben gesagt habe - ich finde die schulische Leistung hat mit dem Termin nichts zu tun und ich finde die Härte unangemessen. Ich kenne nunmal keine 11jährige, die den Zaharzt (chirurgen/orthopäden/whatever)termin mit den Worten: "Nein, Mama, wenn wir uns über die Regeln hinwegsetzen, dann werden es andere auch tun!" verweigert und der Frau Mama sodann die Schulordnung verliest. Wenn meine Mama mir mit 11 gesagt hat "Morgen gehst du um 10 Uhr zum Zahnarzt", dann bin ich da hingetrabt, im Wahn, dass das Schulische schon geregelt sei.
    Aber gut, vielleicht war ich auch eine selten unkritische und elternhörige 11jährige... :tongue:

  • Ich kenne aber genügend 11-Jährige, die gesagt hätten "Du Mama, da schreiben wir Schulaufgabe."


    Ich kenne auch genügend 11-Jährige, die - wenn der Lehrer am Montag nochmal dran erinnert, dass am Mittwoch Schulaufgabe ist - sagen würden, dass sie da einen Arzttermin jetzt plötzlich haben.


    Ich kenne sonst keine 11-Jährige, die (und das ist jetzt zugegeben eine neue Info, die ich auch erst heute bekommen habe) zur Mama, die durchaus Bedenken bzgl. des Termins und der Schulaufgabe hatte (beide wussten also von der Überschneidung) sagt: "Kein Problem, ich kann die Schulaufgabe in einer Parallelklasse mitschreiben." Sowas ist NIE gesagt worden, sonst hätte ich ja wohl gewusst, dass da ein Arzttermin im Raum steht.
    Es sieht also so aus dass
    -beide von der Überschneidung wussten
    - Mama sogar Bedenken hatte
    - Töchterchen mit einer unwahren Behauptung die Mama davon überzeugt hat, dass man an diesem Tag fehlen kann.


    Interessant finde ich auch die Frage der juristischen Bewertung - denn genau das haben einige Kollegen/Kolleginnen ebenfalls gesagt (es wäre juristisch nicht durchsetzbar). Interessant allerdings, dass bisher weder diese Kollegen/Kolleginnen noch die Schulleitung noch ich dazu wirklich aussagekräftige Belegstellen gefunden habe(n). Dafür eine ganze Menge Schulen, die explizit in ihren Elterninfos genau dieses Vorgehen (keine Befreiung bei voraussehbarem Termin = Note 6) ankündigen und wohl auch so halten.
    Andererseits mag die juristische Lage auch auf Grund der verschiedenen Ländergesetze durchaus unterschiedlich sein.

  • In Bayern geht da juristisch gar nichts. Anders sieht es aus, wenn die Schülerin am Jahresend enicht oder nur auf Probe versetzt wird: Dann kann man tatsächlich klagen. Und wie diese 6 da interpretiert wird, kann ich nicht voraussagen.


    Ansonsten und im vorliegenden Fall kann man Beschwerde bei der Behörde einreichen. Das kann man immer. Wie die reagiert, hängt sehr vom Einzelfall ab. Für Lehrer und Schule bedeutet das: Stellungnahmen schreiben.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Zitat

    Original von Meike.
    Ich weiß, dass es ähnliche Fälle gibt, in denen Gerichte für die Schüler entschieden haben - nein, ich habe keinen Link parat.


    Liebe Meike, das kann in einem wirklich "ähnllichen" Fall definitiv so nicht passiert sein. Die Erteilung einer Note wie im vorliegenden Fall ist Verwaltungshandeln. Verwaltungshandeln ist gerichtlich NICHT überprüfbar.
    Gerichtlich überprüfbar sind nur Verwaltungsakte (Abgangszeugnisse, Prüfungen, Versetzungen, Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen nach dem jeweiligen Schulgesetz). WENN die Schülerin nicht versetzt würde und die Eltern dagegen klagten, könnte ein Gericht auch untersuchen, ob die Note in Nighthawks Fach korrekt zustande gekommen ist. Dazu müsste die Note versetzungsrelevant sein (also im positiven Sinne ist der Schülerin ein evtl Ausgleich entgangen, im negativen hat die Note Mitanlass zum Nichtversetzung gegeben). Dass das passiert, ist aber mehr als unwahrscheinlich. Wir haben hier schon tausend Mal erwähnt, dass es am SJ-Ende die Möglichkeit gibt, die Umstände der 6 bei der Endnotenermittlung zu berücksichtigen. Entweder ist also die Versetzung so oder so gefährdet oder die ganze Sache spielt weder rechtlich noch für die Versetzung eine Rolle. Mir geht langsam der Hut hoch, dass diese Argumentation konsequent übergangen wird.
    Gerichte überprüfen nur, ob die Note formgerecht und frei von nicht zur Sache gehörenden Erwägungen gebildet wurde.
    Nach dem bayerischen Schulrecht - so hier unstrittig dargelegt - führt das Fernbleiben ohne triftigen Grund zur Note ungenügend. Der Einwurf unseres k.g. Frosches verkennt völlig die Sachlage: Es geht hier nicht um eine Strafe, sondern um eine das Verwaltungshandeln bindende Vorschrift. Strafen in der Schule sind im rechtlichen Sinne entweder pädagogische Maßnahmen (z.B. Strafarbeiten) oder Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen (z.B. Nachsitzen, Schulausschluss). Um BEIDES handelt es sich hier NICHT! Mag sein, dass die Erteilung einer Ungenügend als Strafe empfunden wird, juristisch ist sie das nicht.


    Und Meike - unter Deutschlehrern - ein Faktenargument, das auf persönlich Erfahrung und Einschätzung beruht, ist ja nun eher schwachbrüstig. Dir müsste doch auch klar sein, dass bei der Hinnahme einer solchen Argumentationsart jeder Recht anders auslegen wird. Der eine Finanzbeamte meint dann wohl auch bald, dass man nach einem Todesfall keine Erbschaftssteuer fristgerecht abführen könne, weil die Situation der eigenen Erfahrung nach zu belastend sei. Der andere beharrt auf den Vorschriften... Irgendwie sehe ich bei einem solchen Vorgehen von Behörden mein Rechtsstaatempfinden schwinden.


    Ich weiß, wir sind als Lehrer nicht nur Verwaltungsbeamte. Aber pädagogische Überlegungen, eine bindende Vorschrift "auszusetzen", sollten aus obigen Gründen schon belastbarer sein als eine sehr umstrittene Auffassung, was 11jährige können oder nicht. Wenn die Schülerin hochgradig sensibel wäre, irgendwelche gravierenden Vorfälle im Elternhaus passiert sind usw. bestünde bestimmt die Gefahr, dass das Wohle der Schülerin gefährdet wäre. Dann kann ich auch aufgrund meine Fürsorgepflicht und pädagogischen Verantwortung (juristisch sogar belastbar) die 6 nicht erteilen. Ich sehe hier aber keine besondere Härte. Sorry - kann mich auch in das Kind reinfühlen und weiß, dass es die Note bestimmt nicht toll aufnimmt. Aber das auszuhalten, gehört auch zu unserem Job.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

    • Offizieller Beitrag

    Herr Rau:

    Zitat

    Ansonsten und im vorliegenden Fall kann man Beschwerde bei der Behörde einreichen. Das kann man immer. Wie die reagiert, hängt sehr vom Einzelfall ab. Für Lehrer und Schule bedeutet das: Stellungnahmen schreiben.


    Das meinte ich mit "juristisch" nicht haltbar. Das man wegen der Note nicht vors Gericht zieht, war mir klar. Ich dachte auch eher an Beschwerden bei der BezReg. Sorry, habe den Beitrag recht spät geschrieben. ;)


    Timm: ich denke mal, dass ich nicht der einzige bin, der die Sachlage verkennt. Betroffene Schüler (und Eltern) werden es auch als Strafe auffassen, selbst wenn es das juristisch nicht ist.
    Aber selbst wenn es keine Strafe ist? Es ist definitiv keine "Leistungsermittlung". Und nur für eine "ermittelte Leistung" kann man Noten vergeben. Deshalb bleibe ich dabei: eine 6 ist angemessen, wenn der Leistungsstand nicht entsprechend ist oder wenn (aus unentschuldbaren Gründen, also unentschuldigtes, nicht nachvollziehbares Fernbleiben) kein Wort zu Papier gebracht wurde.


    Beides trifft hier nicht zu.


    *schulterzuck*


    kl. gr. Frosch


    *zurückzieh und eine Arbeit korrigier, bei der alle 30 Schüler mitgeschrieben haben*

    • Offizieller Beitrag


    Und was ist mit einer "Spick- 6" ?

    • Offizieller Beitrag

    Spick-6? Das würde für mich hierunter fallen:

    Zitat

    eine 6 ist angemessen, wenn der Leistungsstand nicht entsprechend ist


    Denn wenn der Leistungsstand angemessen wäre, hätte man ja nciht spicken müssen.


    Hast aber recht, ich hätte es schreiben sollen.


    kl. gr. frosch

  • Zitat

    Original von kleiner gruener frosch



    Timm: ich denke mal, dass ich nicht der einzige bin, der die Sachlage verkennt. Betroffene Schüler (und Eltern) werden es auch als Strafe auffassen, selbst wenn es das juristisch nicht ist.
    Aber selbst wenn es keine Strafe ist? Es ist definitiv keine "Leistungsermittlung". Und nur für eine "ermittelte Leistung" kann man Noten vergeben. Deshalb bleibe ich dabei: eine 6 ist angemessen, wenn der Leistungsstand nicht entsprechend ist oder wenn (aus unentschuldbaren Gründen, also unentschuldigtes, nicht nachvollziehbares Fernbleiben) kein Wort zu Papier gebracht wurde.


    Ich akzeptiere deine Auffassung. Allerdings ist sie irrelevant. In B-W ist klar geregelt, wie zu verfahren ist:



    In Bayern scheint das ähnlich geregelt zu sein. Das Ministerium ist aufgrund des Schulgesetzes ermächtigt, eine Verordnung zur Notengebung zu erlassen. Hier teilt man deine Meinung nicht. Es ist dein gutes Recht, darüber anders zu denken, trotzdem bist du an die Verordnung gebunden.
    Übrigens interessant, dass Arztbesuche nicht einmal unter den Beurlaubungsgründen aufgeführt sind. Da mache ich jetzt ein anderes Fass auf: Aber die Pflicht zum Schulbesuch ist in den Landesverfassungen fest gelegt. Die Damen und Herren in Weiß stellen aber ihre persönliche Planung des Tagesablaufs über Verfassungsrecht. Würden wir Lehrer so etwas machen, bekämen wir da bestimmt deftig einen eingeschenkt!!!

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    • Offizieller Beitrag

    Was mich in diesem Thread die ganze Zeit erstaunt, ist die extrem unterschiedlichen Sichtweise der Lehrer in den verschiedenen Bundesländern. Während es in Bayern und BaWü ja anscheinend ganz klare Vorschriften gibt, wird es in NRW normalerweise anders gehandhabt. Ich habe es bisher im Schulumfeld nur dann erlebt, dass eine 6 für eine versäumte Arbeit gegeben wurde, wenn der Schüler keine Entschuldigung vorgelegt hat oder wenn Attestpflicht bestand und der Schüler kein Attest vorlegte.
    Täusche ich mich oder gibt es eine solch klare Regelung in NRW nicht?

  • Es scheint tatsächlich stark unterschiedliche Vorschriften und Gesetzeslagen zu geben - Hawkeye hat ja schon vorgeschlagen, mal einen Vergleichs-Thread zu erstellen bzgl. solcher Vorschriften (Notengebung, Schulaufgabenzahl, Absenzen usw.)


    Ich glaube auch langsam fast, dass sich die Lehrerpersönlichkeiten (z.B. eben das, was als richtig, pädagogisch oder notwendig und angemessen eingestuft wird) je nach Vorschriftenlage und Umfeld unterschiedlich entwickelt - siehe die Ansichten hier.


    Meike: Nochmal, das Mädchen bekommt die 6 nicht, weil sie einen Arzttermin wahrgenommen hat, sondern weil es versäumt wurde, sich dafür entprechend befreien zu lassen. Damit gilt ihre Abwesenheit als unentschuldigt.


    Ich habe die ganze Woche mit mir gerungen, wie ich entscheiden soll (die Schulleitung hat mir das dann abgenommen ... worüber ich nicht unbedingt glücklich bin). Mit der Info, dass das Mädchen allerdings selbst die Zweifel ihrer Mutter bzgl. Schulaufgabe und Termin mit einer Falschbehauptung zerstreut hat, wäre ich auch zu dem Entschluss, dass es keinen Nachtermin gibt, gekommen.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Nighthawk


    Ich glaube auch langsam fast, dass sich die Lehrerpersönlichkeiten (z.B. eben das, was als richtig, pädagogisch oder notwendig und angemessen eingestuft wird) je nach Vorschriftenlage und Umfeld unterschiedlich entwickelt - siehe die Ansichten hier.


    Das habe ich mir auch schon überlegt. Es scheint zumindest einer von vielen Faktoren zu sein.

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