Angemessene Reaktion auf massive Provokation?

  • aber dies beduetet ja letztlich, dass einige Lehrer Maßnahmen durchsetzen müssen (oder nicht dürfen), die sie persönlich für richtig finden und dass sie damit pädagogisch unglaubwürdig wirken.

  • Ich muss doch sagen, dass ich etwas befremdet bin über die Reaktionen einiger Kollegen.
    Den Brief als Solchen finde ich schon eine Unverschämtheit, aber die Unterschrift der Mutter setzt dem ganzen die Krone auf. Wie Friesin schon sagte, es ist wichtig, dass man mit den Kollegen an einem Strang zieht, ich halte es aber für mindestens genauso wichtig, mit den Eltern auf einer Wellenlänge zu liegen. In diesem Fall würde ich mir an Bricks Stelle ziemlich vera*scht vorkommen und würde mir dieses auf keinen Fall bieten lassen. Cool bleiben kann ich an andere Stelle, aber nicht in diesem Fall.

  • Zitat

    Original von Basti zwei
    ..... Ein Lehrer genießt übrigens langfristig eher dann den Respekt der Schüler, wenn er sich nichts gefallen lässt. Es ist nicht hinzunehmen, dass ein Schüler einer Lehrerin so entgegentritt, wie es oben geschildert wurde! Einen Lehrer duzen, mit einem solchen Brief provozieren...? Ganz ehrlich, hier ist ein Schulverweis angebracht!
    Wir alle klagen über den schlechten Stand der Lehrer in der Gesellschaft; mit solcher "Toleranz" stützen wir ihn noch.


    Die Schülerin hat in ihrem Brief zwar als Anrede den Vornamen benutzt, danach jedoch die "höflichere" Sie-Form benutzt. Wäre ein derartiger Brief von einem Schüler der Oberstufe geschrieben worden, wäre ich mit der massiven Reaktion einverstanden. Hier handelt es sich jedoch um ein Mädchen aus Klasse 7, dessen Hormone derzeit Achterbahn fahren. Für diesen witzig gemeinten Brief sogar einen Schulverweis zu verhängen wäre IMHO eine Fehlreaktion, die dem Lehrer ein Echo der Klasse 7 bescheren wird, das er nicht vergisst. Pubertierende Kinder haben ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Dieser Schuss könnte nach hinten losgehen. Dann hat der Lehrer einen schlechten Stand in der Klasse - und jeden Respekt verspielt.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    2 Mal editiert, zuletzt von alias ()

  • Und du glaubst wirklich, Alias, dass Bricks seinen Respekt behält, würde er diesen Brief tolerieren? Ich wäre mir da keinesfalls sicher. Der Schuss könnte gewaltig nach hinten losgehen, nach dem Motto "mit dem kann man es ja machen".

  • Zitat

    Original von John2Können und sollen die Meinungen an einer Schule auch so unterschiedlich sein?


    Ja und nein.


    Nein, weil es für bestimmte Dinge, die öfter vorkommen, klare Absprachen geben muss: Wenn jemand einen Schneeball wirft und das qua Hausordnung verboten ist, muss es dafür die gleiche Strafe geben.


    Ja, wenn es Störungen im Unterricht oder ein bestimmtes Verhalten einer Lehrkraft gegenüber betrifft. Hier sollte derjenige im Rahmen seines Ermessensspielraums selbst entscheiden können, auch wenn ein Kollege das anders entschieden hätte. Auch Schüler dürfen lernen, dass Menschen verschieden sind und dass sie sich da ein Stück weit auch drauf einstellen müssen.


    Bei heftigeren Verstößen (in Bayern alles, was nach dem Verweis kommt) ist ohnehin zunächst der Schulleiter das Korrektiv, weil nur er Strafen dem Verschärften Verweis ausstellen kann. Falls es noch heftiger wird (Androhung der Entlassung, zeitweiser Ausschluss vom Unterricht in einem/allen Fächern, Entlassung) kann diese Entscheidung nur vom Disziplinarausschuss getroffen werden; auch dieses Gremium ist mindestens für die Dauer eines Schuljahres konstant, auch hier sollte es deshalb nur ein Maß geben.

  • Zitat

    Original von EffiBriest
    Und du glaubst wirklich, Alias, dass Bricks seinen Respekt behält, würde er diesen Brief tolerieren? Ich wäre mir da keinesfalls sicher. Der Schuss könnte gewaltig nach hinten losgehen, nach dem Motto "mit dem kann man es ja machen".


    Ich habe nicht von "tolerieren" gesprochen, sondern für eine pädagogisch abgewogene Reaktion plädiert. Falls für diesen Brief ein (auch zeitlich befristeter) Schulverweis verhängt würde, bekäme man diese Entscheidung im Ernstfall vom Verwaltungsgericht als "nicht angemessen" um die Ohren gehauen.

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    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Ich bin mir sicher, dass (falls die Unterschrift echt ist) eine Respektlosigkeit seitens der Mutter fast schon zwangsläufig dazu führen muss, dass das Mädchen mich nicht ernst nimmt - wenn keine Reaktion erfolgte, was ja gar nicht zur Diskussion steht.
    Und wenn das der Fall ist, wird sie wahrscheinlich das Fach auch nicht mehr ernst nehmen und entsprechend wenig investieren, was entsprechend Folgen haben könnte.


    Morgen bin ich in der Klasse, mal sehen, ob ich auf den Brief angesprochen werde.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von alias


    Hier handelt es sich jedoch um ein Mädchen aus Klasse 7, dessen Hormone derzeit Achterbahn fahren. Für diesen witzig gemeinten Brief sogar einen Schulverweis zu verhängen wäre IMHO eine Fehlreaktion, die dem Lehrer ein Echo der Klasse 7 bescheren wird, das er nicht vergisst. Pubertierende Kinder haben ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Dieser Schuss könnte nach hinten losgehen. Dann hat der Lehrer einen schlechten Stand in der Klasse - und jeden Respekt verspielt.


    was bedeutet denn hier "die Hormone fahren Achterbahn" ? Das passt für mich überhaupt zu dem Anlass, bei so einem Ausdruck hätte ich erwartet, dass sie z.B.einen Liebesbrief geschrieben hätte.


    Die gesamte Klasse wird auf eine Reaktion des Lehrers warten. Das Gerechtugkeitsempfinden der gesamten Klasse wird erwarten, dass ein Lehrer auf eine solche Unverschämtheit deutlich Stellung bezieht. Andernfalls fährt die ganze Klasse Achterbahn-- und zwar mit dem Lehrer.

  • Zitat

    Original von Friesin
    ....
    was bedeutet denn hier "die Hormone fahren Achterbahn" ? Das passt für mich überhaupt zu dem Anlass, bei so einem Ausdruck hätte ich erwartet, dass sie z.B.einen Liebesbrief geschrieben hätte.
    ....


    Um das zu verstehen, helfen Kenntnisse in der Entwicklungspsychologie des Jugendalters....

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    Heinrich Böll

  • Ich sage persönlich nichts mehr zu meiner Reaktion, die wahrscheinliclh (wie gesagt je nach Schule und "Muss" - Schulen sind da halt verschieden) anders ausgefallen wäre als bei den meisten hier.


    Anmerken wollte ich aber nun doch noch nach Verfolgen der letzten paar Seiten nach meinem letzten Post: Warum muss man sich hier teilweise anhören, man wäre unpädagogisch oder würde eine dumme Entscheidung fällen etc.? Wer hat hier eigetnlich das RECHT zu bestimmen (!) was richtig und falsch ist?


    Jeder Lehrer darf im Rahmen des Schulgesetzes und seinen - laschen oder genauen seitens der Schule gegebenen - Vorgaben handeln. Ob er nun damit sich peinlich macht, zu hart / zu weich / zu ... gibt ist seine eigene Entscheidung. Und nach Hinweisen hierzu wurde doch in der Ursprungsfrage gebeten.


    Ich finde es ehrlichgesagt absolut respektlos, hier im Forum Kollegen, die man gar nicht kennt zu unterstellen, sie hätten überhaupt keine Ahnung vom Umgang mit Schülern (völlilg unabhängig von der eigenen und der anderen Einstellung, das ging hier schon in beide Richtungen). DAS find ICH persönlich ziemlich heftig und anmaßend.


    Es ist völlig ok zu sagen, wie man selbst handeln würde (wie gesagt, KEINER von euch kennt diese Schülerin, das darf man nicht vergessen; KEINER von euch hat auf dem Schirm, wie die Vorgaben und Stimmungen an der Schule sind [wobei ich mittlerweile vertanden haben, dass das einigen völlig egal ist])... aber andere in ihrer Profession zu degradieren, nur weil man der Meinung ist, der eigene Standpunkt sei der richtige?!


    Ich spreche dabei ganz bewusst keine bestimmten Namen an, die hab ihc mir auch biem Lesen gar nicht gemerkt. Ist mir nur so als generelle Stimmung total schlecht aufgefallen.

  • Zitat

    Original von alias
    Pubertierende Kinder haben ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Dieser Schuss könnte nach hinten losgehen. Dann hat der Lehrer einen schlechten Stand in der Klasse - und jeden Respekt verspielt.


    Kinder haben in der Regel ein sehr ausgepraegtes Gerechtigkeitsempfinden, ob das nun sie selbst, andere Schueler oder gar den Lehrer betrifft. Das geht so weit, dass Schueler in meiner Klasse Sanktionen fordern, wenn andere sich daneben benehmen und unseren Unterricht stoeren oder die Regeln brechen. Und wer schreit da am lautesten? Meine kleinen Chaoskinder, die selbst staendig Aerger haben. :D Sie kennen die Regeln sehr genau, wissen, wann sie gebrochen werden und erwarten dann, dass ich reagiere. Alles andere waere nicht gerecht... Denn wozu hat man denn Regeln, wenn man sie einfach uebergehen kann?
    Den Respekt verliert man, wenn man untaetig bleibt und zu tolerant ist. Neben dem Gerechtigkeitsempfinden haben Kinder schliesslich auch ein Verlangen nach Regeln und Grenzen. Wenn man diese erklaert, ist das meist kein Problem und viele Dinge sind fuer Kinder verstaendlich und einsehbar.
    Den Respekt in meiner Klasse verspiele ich nicht, wenn ich Erwartungen durchsetze und Sanktionen folgen lasse. Den Respekt verspiele ich, wenn ich's mir zu leicht und einen auf verstaendnisvollen Kumpel mache. (Ich hab's dieses Jahr einmal schleiffen lassen und das Resultat war gar nicht lustig...)


    Vielleicht ist das mit den Aelteren ja etwas anders und die ticken nicht ganz so. Meine sind schliesslich erst 10. :D

  • Ich hatte die Erläuterung von Basti2 zum "Schulverweis" überlesen. In Ba-Wü wäre dies ein zeitlich befristeter Ausschluss vom Unterricht. Diese Konsequenz halten wohl alle für unangebracht.


    Die IMO adäquate Reaktion wurde ja bereits genannt: Ein pädagogisches Gespräch mit Eltern und Schulleitung sowie eine persönliche Entschuldigung des Mädchens.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Hui, die Pädagogen unter sich ;)


    Wenn ich mal zusammenfassen darf: alle Beiträge besagen, dass eine Antwort kommen muss. Keiner fordert, den Brief zu ignorieren. Ich meine sogar, dass alle Beteiligten den Kontakt zu den Eltern herstellen wollen. Das ist doch schonmal was!


    Einziger Unterschied ist die Art der "Antwort/Konsequenz". Ich wage jetzt einfach mal zu behaupten, dass es verschiedene Wege gibt, die alle ihre Berechtigung haben.


    Vielleicht ist es sogar wichtiger, dass der Weg authentisch ist und zur Lehrperson passt als irgendwelche entwicklungspsychologischen Hintergründe zu stark zu betonen (so sinnvoll das Wissen darüber natürlich ist). Will sagen, der eine Lehrer erreicht mit einem humorvollen Antwortgedicht mehr als jede fiese Nachsitzerei (inkl. Respekt). Umgekehrt könnte ich mir auch gut einen Lehrertyp vorstellen, der sich mit einem Gedicht total lächerlich macht ...


    Da ich derzeit an zwei Schulen arbeite, würde ich sogar meine Lehrperson aufteilen: an meiner Stammschule witzel ich gern mal rum und löse die meisten Konflikte mit Humor, an meiner Abordnungsschule muss ich gerade SEHR klare Grenzen ziehen. Die Vergehen sind dabei die Gleichen.


    Insofern finde ich es sinnvoll, hier _seinen_ Weg darzustellen (ruhig mit gemachten positiv/negativ Erfahrungen), aber dem Ursprungsschreiber immer die Möglichkeit einzugestehen, die für sich passende Antwort selber zu finden. Pädagogische Rezepte gibt es eben nur sehr sehr wenige... leider!

  • schlauby: Vielen Dank für deinen Beitrag. Du bringst es auf den Punkt. Alle, die ein wenig Berufserfahrung haben, kennen unterschiedliche Klassen und unterschiedliche Charaktere der Kollegen. Was in dem einen Fall adäquat ist, muss es eben im anderen nicht sein. Welche Handlungsmöglichkeiten es gibt, haben wir ja auf der Selbstoffenbarungsebene mehr als ausreichend beleuchtet.
    Das einzige, was mir wichtig war, ist, dass man sich einen Handlungsspielraum nach oben offen lässt. Auch an Gymnasien gibt es noch größerer Probleme als dieses Pamphlet.


    Unnötig finde ich es allerdings auch, auf Teufel komm raus eine Diskrepanz zwischen den eigenen Sanktionen und den angedachten der Kollegen zu konstruieren. Wir halten alle eine Reaktion für notwendig, die neben dem Elternkontakt irgendwo zwischen erweiterter Nacharbeit und Nachsitzen mit und ohne Eintrag/schriftlichen Verweis liegt. In meinen Augen bewegt sich das genau in dem vom Schlauby benannten Korridor und wird anlassbezogen bestimmt seine Wirkung haben.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Zitat

    Original von Timm
    Alle, die ein wenig Berufserfahrung haben, kennen unterschiedliche Klassen und unterschiedliche Charaktere der Kollegen. Was in dem einen Fall adäquat ist, muss es eben im anderen nicht sein. [...]
    Das einzige, was mir wichtig war, ist, dass man sich einen Handlungsspielraum nach oben offen lässt. Auch an Gymnasien gibt es noch größerer Probleme als dieses Pamphlet.


    Das glaube ich auch!
    In diesem Fall, das könnt ihr nicht wissen, weil ihr nicht dabei gewesen seid und ich es bisher nicht geschrieben habe, fällt die Option, der Sache auch mit Humor zu begegnen, für mich persönlich flach, habe ich bei einem ähnlichen Anlass vor einigen Wochen probiert, hat das Mädchen nicht kapiert und das Ergebnis ist bekannt.
    Ich gehe davon aus, dass meine Schulleitung die Eltern morgen schriftlich einladen wird. Ich berichte dann mal über den weiteren Verlauf.

  • Gut, das ist dann natürlich ein ganz anders Faß. KLar wird man nun einen anderen Weg beschreiten, wenn der eine nicht gefruchtet hat :)

  • Zwischenstand:


    Ich bin noch nicht dazu gekommen, mit der Schülerin ein ernstes Wort zu reden, mache ich aber im Laufe der Woche.


    Die Unterschrift der Eltern ist echt, die Familie hat sich anscheinend belustigt und den Brief insgesamt angeblich gar nicht ernst gemeint.
    Das Mädchen wird von mir getadelt, die Eltern werden im Tadel ebenfalls angesprochen werden. Sie war gestern bei mir, um sich zu erkundigen, ob ein Anruf, der von unserer Schulnummer an die Eltern ging, von mir kam, es war nämlich keiner da. Ich habe das bejaht und daraufhin ist das Mädchen gegangen, ohne ein weiteres Wort zu sagen.

  • Es ist echt nicht zu fassen, mit was für unverschämten Leuten man sich als Lehrer rumschlagen muss. So ein Machwerk als (Akademiker-)Eltern auch noch belustigt zu unterschreiben... das macht mich sprachlos. Das schlimme ist, das die meisten Leute mit so einer Einstellung auch noch problemlos durchs Leben kommen. Traurig.

    • Offizieller Beitrag

    Ich seh das ähnlich - ich würde den Ball relativ flach halten. Je größer man das aufbauscht, desto eher ist das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Lehrkraft dauerhaft gestört (so fragwürdig ich das Signal auch finde, das sie mit der Unterschrift unter diesem Pamphlet für ihr Kind setzen). Das ist dieser eher dümmlich-pubertäre denn massive Provokationsversuch nicht wert. Da gibt es echt Dinge, die in ner anderen Liga spielen....

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