Schutz vor Amokläufern

  • Nach dem letzten Ereignis und den Maßnahmen an meiner Schule frage ich mich, ob und was das bringt.
    An meiner Schule dürfen wir ab nächster Woche die Schule nur noch über den (recht engen) Haupteingang betreten. Das hat die Polizei so beschlossen.
    Alle anderen Türen sind entweder Notfalltüren und nur im Notfall zu öffnen oder dienen nur zum Rausgehen.
    Ansonsten sind unsere Türen alle schön mit Nummern versehen worden, wir kriegen demnächst irgendwelche Handys mit einer Notfallnummer und es hängen in den Lehrerbereichen Notfallpläne aus.


    Zum Thema "Haupteingang": Wenn ich mich nicht täusche, sind bisher alle Amokläufer Teil der jeweiligen Schule gewesen. Der potentielle Amokläufer würde also auch bei uns mehr oder weniger fröhlich lächelnd durch den Eingang gehen und fertig. Weitere Kontrollmaßnahmen sind nicht vorgesehen. Das ist also doch (fast) völlig überflüssig.


    Eigentlich bringt doch nur Einschließen etwas, oder? Dann fliegt wenigstens nichts in meine Klasse ....

  • Meine Meining klingt vielleicht etwas hart, aber ich glaube wir müssen alle mit der Tatsache leben, dass sowas passieren kann. Nichts und niemand wird einen Amokläufer aufhalten!


    Zum Thema Schutz der Menschen in der Schule muss man sich allerdings schon etwas überlegen!


    Gruß
    Anna

  • Ich schließe mich dem an. Ich denke nicht, dass man Amokläufe wirklich verhindern kann. Man sollte generell mit offenen Augen durchs Leben gehen, Verhaltensweisen von Schülern genau beobachten und nie abtun.


    Ich denke man kann lediglich an den Schulen Absprachen treffen, was passiert oder wie man sich zu verhalten hat, WENN sowas passiert. Wie informiert man andere Klassen, damit man sich evtl. einschließen kann usw.! Wobei das natürlich kein Dauerzustand sein sollte, seine Klassen abzuschließen. Da rückt man zu Strukturen hin, die ich persönlich gar nicht schön finde. Nicht jede Schule verfügt über eine Durchsageanlage, wie es die eine "Amok- Schule" hatte, die als Codewort Koma durchgesagt haben. Sie haben damit Schlimmeres verhindern können (grausam war es trotzdem), aber bei mir an der Schule gibt es sowas nicht.


    Wobei ich es als sehr wichtig empfinde, dass man solche Themen im Kollegium anspricht. Oft gibt es ganz gute Ideen.


    Einen solchen Notfallkoffer haben wir auch. Allerdings ist der auf dem "Sicherheitskonzept" der Schule entstanden, wenn es um (Massen-) Schlägereien geht. Eine sehr empfehlenswerte Fortbildung, die in NRW angeboten wird. Wir haben im Kollegium eine Handyliste für Notfälle. Allerdings gibt es einige ältere Kollegen, die mit Handys nichts am Hut haben und sich auch vehement dagegen wehren. Das muss man auch akzeptieren, aber unsere Schüler werden daran gewöhnt, dass wir Lehrer Handys präsent haben (auch mal auf dem Pult liegen haben), falls mal etwas passiert.


    Sämtliche Türen, bis auf eine, zu verschließen, finde ich eher gefährlich. Wie du schon sagst, die Amokläufer sind ja Schüler der Schule und die würden durch eine Tür im geballten Strom der Schülerschaft die Schule betreten. Meiner Meinung nach bietet das doch noch mehr Angriffsfläche. Oder liege ich da falsch mit meiner Einschätzung?


    Liebe Grüße Mo

  • Schlimme Sache.. ich bin immer noch geschockt von dem, was quasi direkt vor meiner Nase passiert ist. Ich kenne einige Schüler an dieser Schule und auch einige Lehrer.


    Offensichtlich kann man es den Schülern vorher nicht wirklich ansehen. Wer hat nicht schon den einen oder anderen Schüler angeschaut und sich gedacht, mit dem stimmt irgendwas nicht.. sind ja auch nicht alles potentielle Täter. Ich finde das durchaus schwierig, obwohl ich schon mit offenen Augen durch meine Schule gehe.


    gab es bei euch schon den Fall, dass Schüler via Internet (mails. Messenger etc. ) von anderen bedroht wurden bzw. dass so Sachen angedroht wurden? Wie seid ihr damit umgegangen bzw. was wurde unternommen?

    Wenn ich so bin,
    wie ich bin,
    bin ich
    ich !

  • Der letzte Amoklauf hat beim Thema "Schutz von Schulen" ja auch noch einmal eine ganz neue Problematik aufgeworfen: verschanzt man sich, wenn es z.B. nach einem Molotow-Cocktail brennt oder evakuiert man unter dem Risiko, mit seiner Klasse dem Amokläufer direkt in die Arme zu laufen?

  • Zitat

    Original von Mohaira
    Allerdings gibt es einige ältere Kollegen, die mit Handys nichts am Hut haben und sich auch vehement dagegen wehren.


    Ja klar, die scheiß Lehreregomanie muss ja immer hofiert werden, egal welche Sachzwänge im Raum stehen... :rolleyes:


    Zitat

    Sämtliche Türen, bis auf eine, zu verschließen, finde ich eher gefährlich


    Das ist es auch. Es brennt an Schulen sehr viel öfter, als dass es zu Amokläufen kommt. Eine aktionistische Maßnahme gegen Amokläufe, die mögliche Fluchtwege bei einem Brand blockiert ist sinnlos und notfallstrategisch falsch. Überhaupt ist es ja ganz richtig, dass Amokläufer im Regelfall von "innen" kommen, also müssen Notfallmaßnahmen von der Prämisse ausgehen, dass der Amokläufer schon da ist, und dass aus der Lage heraus möglichst viele Menschen erstens alarmiert und gesichert und zweitens die Polizei möglichst schnell informiert und herangeführt werden kann.


    Amokläufe lassen sich nicht verhindern, auch bei bester pädagogischer Vorarbeit muss ihre Möglichkeit als Lebenseventualität hingenommen werden. Wahrscheinlich ist das klügste, sich auf sie wie auf schwere Unglücksfälle vorzubereiten: eine prinzipielle Gelassenheit zu entwickeln (wie wahrscheinlich ist ein Amoklauf eigentlich?), Kommunikation und Maßnahmen für den Notfall zu planen und diesen Notfall regelmäßig zu üben - das reduziert im Zweifelsfall die Opfer an Menschenleben, jedes Menschenleben zählt.


    Zitat

    verschanzt man sich, wenn es z.B. nach einem Molotow-Cocktail brennt oder evakuiert man unter dem Risiko, mit seiner Klasse dem Amokläufer direkt in die Arme zu laufen?


    Ich denke jetzt mal in militärtaktischen Begriffen (das passt zur Fragestellung wahrscheinlich besser als pädagogische Erwägungen) - bei unvorhersehbarer Einzellage muss man einen klaren Kopf behalten und die taktischen Prinzipien gegen die konkrete Lage abwägen. Bei Schusswaffengebrauch ist oberstes Prinzip, die Sichtbarkeit von Menschen zu minimieren. Wer gesehen wird, auf den kann geschossen werden und der stirbt. Als Lehrer bist du verantwortlich, die Lageentscheidung für deine Klasse zu treffen und die Schüler zu führen, also musst du die Situation einschätzen: brennt es schon? Sind Schüsse gefallen? Wie wahrscheinlich ist es, dass eine direkte Gefahr durch den Brand entsteht? Ist es möglich, einen Fluchtweg zu finden, der eine Begegnung mit dem Amokläufer unwahrscheinlich macht?


    Du musst einfach entscheiden. Wenn du falsch entscheidest, hast du falsch entschieden - das ist das Risiko, aber mit dem musst du leben. Aus Angst vor einem Fehler eine Entscheidung zu verweigern, ist allerdings der schwerste Führungsfehler, den man überhaupt begehen kann.


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • Zitat

    Original von neleabels


    Das macht nichts. Es ist durchaus möglich solche renitenten Kollegen per Dienstanweisung zur Teilnahme an und zur Qualifikation für Notfallmaßnahmen zu verpflichten. (Was denken die sich eigentlich!?! Scheiß Lehreregomanie...)


    Naja, eine 110 zu wählen wird ja jetzt keinen überfordern... Das ist ja nur telefonieren...


    Zitat

    Original von neleabels
    Maßnahmen für den Notfall zu planen und diesen Notfall regelmäßig zu üben - das reduziert im Zweifelsfall die Opfer an Menschenleben, jedes Menschenleben zählt.


    Das hab ich mir auch überlegt, aber jüngere Schüler, denke ich, versetzt man damit nur in Panik...


    Gruß
    Anna

    2 Mal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • :evil: BEi uns an der Schule wurde so viel geklaut, dass wir angewiesen sind, usnere Wertsachen wie Geldbörsen, Autoschlüssel, Handys etc. im Lehrerzimmer in unseren Fächern einzuschließen.
    Dennoch stht in unserem Notfallplan, welche Telefonnummer wir in einem solchen Notfall anrufen sollen :evil:


    Aber gut, ich entspanne mich wieder, eher stürzen wir bei einem Erdbeben ein, als dass wir von einem Amoktäter überfallen werden.

  • @Prinz:
    Mein Handy ist immer in meiner Tasche und immer lautlos, aber immer eingeschaltet. Die Tasche ist nie unbeaufsichtigt und so schlimm ist es jetzt bei uns ncihtz, dass sie einem was aus der Tasche nehmen während des Unterrichts. Selbst bei einem Handyverbot für Lehrer (das war ja auch schon im Gespräch sowie "Störsender"...) würde ich immer meines mitnehmen.
    Es ist halt wie so oft: Der gesunde Menschenverstand muss ran, sonst bricht das System zusammen- Vorschrift hin oder her...
    Gruß
    Anna

  • Zitat

    Original von annasun
    Das hab ich mir auch überlegt, aber jüngere Schüler, denke ich, versetzt man damit nur in Panik...


    Man kann sich natürlich entscheiden, auf Notfallübungen zu verzichten, um Schüler nicht zu verängstigen. Wenn es dann allerdings zu einem Notfall kommt, werden aufgrund dieser pädagogischen Rücksichtnahme ohne Übungen mehr Menschen sterben. Die billigende Inkaufnahme dieser Tode ist dann die Schuld, die DU auf dich geladen hast. Sie sind DEINE Verantwortung.


    Wärest du wirklich bereit, so eine Entscheidung bewusst zu treffen?


    Nele

  • Zitat

    Original von neleabels
    Die billigende Inkaufnahme dieser Tode ist dann die Schuld, die DU auf dich geladen hast. Sie sind DEINE Verantwortung.


    Wärest du wirklich bereit, so eine Entscheidung bewusst zu treffen?


    Nele


    Nein, sicher ist es nicht meine Schuld, dass Kinder in meiner Schule sterben, sondern die des Mörders.
    Wenn dann muss man es richtig machen bzw. "üben": Tür zusperren, verrammeln üben, das heißt Regale davorschieben (lassen), alle in die richtige Ecke auf den Boden, alle leise sein, Licht aus, Handy holen... Willst Du das alles üben?
    Das oben beschriebene würde ich tun und hab das oft durchgedacht und mit anderen besprochen. Mit meiner Klasse üben werde ich das sicher nicht.


    Gruß
    Anna

  • Zitat

    Original von annasun
    Nein, sicher ist es nicht meine Schuld, dass Kinder in meiner Schule sterben, sondern die des Mörders.


    Das ist billig. Das ist genauso, als wenn du argumentierst, "ich will keine Feuerübungen abhalten. Wenn es brennt, ist es nicht meine Schuld, dass Kinder verbrennen, das ist die Schuld des Feuers." Dass du keine moralische Schuld trägst, ist klar. Dennoch trägst du die Verantwortung, wenn durch deine Unterlassung mehr Menschen sterben, als unvermeidbar.


    Zitat

    Wenn dann muss man es richtig machen bzw. "üben": Tür zusperren, verrammeln üben, das heißt Regale davorschieben (lassen), alle in die richtige Ecke auf den Boden, alle leise sein, Licht aus, Handy holen... Willst Du das alles üben?
    Das oben beschriebene würde ich tun und hab das oft durchgedacht und mit anderen besprochen. Mit meiner Klasse üben werde ich das sicher nicht.


    Die richtigen Maßnahmen bei Amokläufen sind nicht so sonderlich kompliziert - Regale verschieben, muss man sowieso nicht. Es genügt, dass Kinder wissen, dass sie sich unter den Bänken verstecken müssen. Ess muss geübt werden, zwischen einem Feueralarm und einem Amokalarm zu unterscheiden. Es muss geübt werden, dass sich Kinder auf dem Gang sofort in einen Klassenraum flüchten, wenn ein Alarmsignal ertönt. Es muss geübt werden, dass Schüler im Zweifelsfall per Handy Notrufe absetzen und WAS sie dabei zu sagen haben. Es muss geübt werden, dass Lehrer sofort richtig reagieren - jawohl, Lehrer müssen auch üben. Ich habe zu oft kuhäugige Handlungsunfähigkeit bei Kollegen bei Feueralarmübungen gesehen, als dass ich da prinzipiell auf schnelle, entschlossene Reaktion bauen würde.


    Ja, das kann man alles üben. Zwei oder drei Schulstunden pro Halbjahr. Das ist alles und es gibt keine Rechtfertigung, darauf zu verzichten.


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • Es würde mich mal interessieren, wie andere GS-Lehrkräfte das sehen. Neles Meinung kennen wir ja jetzt, ich schließe mich an. Ich habe derzeit eine vierte Klasse und würde/werde wohl im Klassenzimmer das alles üben lassen. Ich muss nur noch die Eltern vorwarnen.


    Wie sehr ihr das und was werdet ihr machen?



    Bibo

  • Ich denke, für Grundschulen ist das Problem auch weniger gravierend, oder?
    Wird wohl kaum ein Viertklässler mit ner Kniffte in die Schule stürmen...??? ?(

    They'll never know the lovely dance,
    Can never feel the touch of night,
    For tame birds sing a song
    Of freedom while the wild birds fly.

  • An die Viertklässler habe ich auch nicht wirklich gedacht. Aber selbst die sollen ja auch irgendwann älter werden. Und Eltern im Erwachsenenalter soll es ja auch meistens zu den Kindern geben.



    Mir ist schon klar, dass Schulen mit höheren Klassen aller Wahrscheinlichkeit nach Ziel eines Amoklaufs werden. Andererseits gab es auch diesen Amoklauf: Amoklauf im Kindergarten
    Und der Täter war ja auch kein gewalttätiger Vierjahriger. ;)



    Bibo

  • Ich denke, dass es für GS "problematisch" werden kann, wenn sich weiterführende Schulen anschließen. In Bayern gibt es ja zu Hauf Volksschulen, bei denen dann auch größere Schüler anwesend sind, die theoretisch amoklaufen könnten. Aber ich denke auch, dass man sich nicht verrückt machen darf. Man sollte die Gefahr nicht unterschätzen und auch die Kinder auf Notsituationen vorbereiten, aber man sollte es so halten wie mit anderen gefährlichen Situationen im Leben und hoffen, dass man nie in eine solche Situation kommt. Es kann einem immer und überall etwas passieren, man sollte aber nicht daran denken, was passieren kann, wenn man vor die Tür geht.. Das macht einen auf Dauer nur kaputt, so ist es auch mit den Amokläufen an Schulen, man sollte für alle Eventualitäten vorbereitet sein, aber nicht permanent in Angst leben.


    Was haltet ihr eigentlich von Durchsagen über "Frau KOMA" (Rückwärts Amok), für den Ernstfall? Das war nach dem vorletzten Amoklauf im Gespräch, ob und wo es realisiert wurde, weiß ich aber nicht.

  • Bei uns gibt es eine klare Anweisung der Polizei:


    Amoklaufsituationen werden NICHT geübt


    Gruß
    Super-Lion

  • @ Niggel:
    Wir haben uns auf eine Durchsage für den Fall der Fälle geeinigt.


    @ Super-Lion:
    Wäre es nicht die Entscheidung der Schule, bzw. der Lehrkraft, ob etwas geübt wird? ?(



    Bibo

  • Amoklaufsituationen zu üben - also das Schulhaus möglichst schnell zu verlassen - könnte bereits beim Üben zu mehr Verletzten führen, als ein Amoklauf verursachen könnte.


    Bei der Brandschutzübung übt man die Fluchtwege und das zügige, remplerfreie Gehen. Das sollte genügen.


    Ergänzend ließe sich wohl eine "Erdbebenübung" ansetzen, bei der geübt wird, wie man sich richtig unter die Tische setzt. Damit wäre dann - ohne Amokangst - auch diese Sicherungsmaßnahme eingeübt.


    By the way: Erdbeben sind häufiger als Amokläufe:
    http://www.bgr.bund.de/cln_092…968__node.html?__nnn=true


    Erdbeben in Deutschland in den letzten 40 Jahren mit Magnitude > 2.5:
    [Blockierte Grafik: http://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Seismologie/Bilder/ger__quake__1968__k,property=default.png]

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Durchsagen wie "Frau Koma" finde ich den größten Schwachsinn, das weiß doch jeder gleich, was die Stunde geschlagen hat...
    Eine versteckte Durchsage, also die nur den Lehrern bekannt ist, halte ich für besser.
    Allerdings fällt mir grade ein... Was ist, wenn es in der großen Pause passiert?


    OK, ich habe keine Ahnung. Frau Koma finde ich trotzdem bescheuert, weil dann auch der Amokläufer bescheid weiß und vielleicht erst recht durchdreht?

    They'll never know the lovely dance,
    Can never feel the touch of night,
    For tame birds sing a song
    Of freedom while the wild birds fly.

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